Otto Wolfskehl

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Otto Wolfskehl

Otto Wolfskehl

Quelle: Wikipedia, Artikel dort: „Otto Wolfskehl“

Otto Wilhelm Nathan Benjamin Wolfskehl, Rufname: Otto (* 9. November 1841 in Darmstadt; † 17. August 1907 ebenda) war ein aus einer jüdischen Patrizierfamilie stammender deutscher Bankier und Politiker im Großherzogtum Hessen. Er ist der Vater des Dichters Karl Wolfskehl.


Otto Wolfskehl wurde 1920 in Darmstadt geboren. Er war Diplom-Physiker und gehörte zur kernphysikalischen Beraterrunde der Bundesregierung. Am 06. Juni 1958 wurde er in den Freimaurer-Orden in der Johannis-Loge »Zum flammenden Schwert« zu Darmstadt aufgenommen. Am 08. Mai 1959 fand seine Aufnahme in den II. Grad und am 21. April 1960 in den III. Grad statt.

Am 01. Juli 1966 zog er aus beruflichen Gründen nach Kassel und wurde Vorstandsmitglied der Stadtwerke Kassel. Wichtige Unternehmungen in Kassel mit seiner maßgeblichen Mitwirkung waren: Umstellung von Stadtgas auf Erdgas, Bau der Müllverbrennungsanlage und der Hallenbäder Süd und Mitte, Ausbau der Wasserversorgung, Einrichtung von Blockheizkraftwerken usw. Otto Wolfskehl wurde am 12. September 1966 in der Johannis-Loge »Zur Freundschaft« zu Kassel angenommen. Von 1968 bis 1980 war er Wortführender Meister der Andreas-Loge »Ignis Sacer« zu Kassel.

Von 1969 bis 1972 füllte er das Amt des Redners der Johannis-Loge »Zur Freundschaft«. 1973 erhielt er die Weihe zum Tempelmeister und Ritterkommandeur mit dem Roten Kreuz. Von 1985 bis 1987 Wortführender Kapitelmeister des Kapitels »Coronata« zu Frankfurt am Main. Er verstarb 01. Februar 1987.

Familie

Otto Wolfskehl entstammt einer ursprünglich im Hessischen Ried ansässigen alten jüdischen Patrizierfamilie, die sich nach dem Ort Wolfskehlen benannte. Sein Vater war der Bankier und Inhaber des bis 1881 bestehenden Bankhauses Heyum Wolfskehl & Sohn in Darmstadt, Joseph Carl Theodor Wolfskehl, seine Mutter Johanna geborene Kaulla (1820–1894) eine Tochter des Stuttgarter Hofbankiers Nathan Wolf Kaulla.

Otto Wolfskehl heiratete 1868 in erster Ehe Paula geborene Simon (1845–1876), eine Tochter des Bankiers und Kommerzienrats Israel Simon in Hannover. Das Paar hatte drei Kinder: den Sohn Karl, der ein bekannter Dichter wurde und ins Exil gehen musste, die Tochter Margarete (1862–1925), später Ehefrau des Generalleutnants Karl Freiherr von Preuschen, und den Sohn Eduard Wolfskehl (1864–1943). Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete Otto Wolfskehl 1878 die Pianistin Lilli Schulz (1841–1920).

Der Mathematiker Paul Wolfskehl war sein Bruder.


Berufliche Laufbahn

Otto Wolfskehl besuchte ein Darmstädter Gymnasium und studierte ab dem Sommersemester 1859 zunächst an der Universität Heidelberg und dann in Paris Rechtswissenschaften. Nach dem frühen Tod des Vaters 1863 trat er in das väterliche Bankgeschäft Heyum Wolfskehl & Sohn ein, das in der Rheinstraße 4 angesiedelt war. Er wurde von seinem Großvater und von seinem Onkel Moritz Wolfskehl (1811–1872), der inzwischen zum Hofbankier avancierte, in das Bankgeschäft eingeführt. Bis 1881, dem Zusammenschluss mit einer anderen Bank, war Otto Wolfskehl dessen Direktor.

Wolfskehl war zudem von 1873 bis 1875 Mitglied der Großherzoglichen Handelskammer in Darmstadt, von 1876 bis 1880 stellvertretender Präsident der Handelskammer, schließlich 1881 Präsident der Handelskammer in Darmstadt. Von 1879 bis 1885 bekleidete er das Amt eines Handelsrichters. Außerdem war er nach deren Gründung im Jahr 1903 langjähriger Aufsichtsratsvorsitzender der Hessischen Landeshypothekenbank.


Politisches und gesellschaftliches Engagement

Otto Wolfskehl gehörte der Nationalliberalen Partei an. In den Jahren von 1874 bis 1907 war er Mitglied der Darmstädter Stadtverordnetenversammlung und dort lange Zeit Vorsitzender des Finanzausschusses. Von 1875 bis 1897 war er Mitglied der zweiten Kammer der Landstände des Großherzogtums Hessen und auch dort als Vorsitzender des Finanzausschusses tätig. Von 1884 bis 1897 hatte er das Amt des Vizepräsidenten der zweiten Kammer inne. Das ihm von Großherzog Ernst-Ludwig angebotene Amt des Finanzministers lehnte er ab. Im Februar 1897 verließ er im Zuge antisemitischer Attacken den Hessischen Landtag.

Wolfskehl gilt als Pionier des Eisenbahnwesens durch seine Förderung der Preußisch-Hessischen Eisenbahngemeinschaft und als eine der treibenden Kräfte beim Erhalt und der Erweiterung der Technischen Hochschule Darmstadt im Jahre 1876, 1882 und in den 1890er Jahren. Durch die von ihm betriebene Übernahme des privaten Gaswerks in Darmstadt in Stadtbesitz war er einer der Gründer der Südhessischen Gas- und Wasser AG. Er war Mitgründer der Landeshypothekenbank im Jahre 1902/03. Zusammen mit Carl Merck (Unternehmer) und anderen Darmstädter Persönlichkeiten gründete er 1864 den Bauverein für Arbeiterwohnungen. Als Vorstandsmitglied des Zentralvereins für Arbeiterwohnungsfürsorge war er Mitgründer des Darmstädter Bauvereins.

Otto Wolfskehl war Gründer mehrerer Stiftungen und langjähriger Vorsitzender des 1832 gegründeten Musikvereins Darmstadt. Er förderte den Ausbau der Darmstädter Mathildenhöhe. Seine liberalen Grundüberzeugungen werden deutlich, indem er sowohl als Unterstützer der zu seiner Zeit aufkommenden Darmstädter liberalen jüdischen Gemeinde genannt wird und ebenso als maßgeblicher Förderer des Baus der Darmstädter evangelischen Johanneskirche.


Ehrungen

Inhaber des Großkomturkreuzes des Großherzoglich Hessischen Philipps-Ordens. Die Otto-Wolfskehl-Straße in Darmstadt (heute: Goebelstraße) war nach ihm benannt; der Wolfskehl’sche Park war ehemals im Besitz der Familie. Otto Wolfskehl lehnte die ihm angetragene Erhebung in den Adelsstand ab. Das im Jahre 2013 eingeweihte Gästehaus der TU Darmstadt am Standort Lichtwiese erhielt am 16. Juni 2014 den Namen Otto Wolfskehl-Haus.


Literatur

  • Stadtlexikon Darmstadt, Hrsg. v. Historischen Verein für Hessen im Auftrag des Magistrats der Wissenschaftsstadt Darmstadt. Stuttgart: Theiss Verlag 2006, S. 1006-1007.
  • Eckhart G. Franz: Juden als Darmstädter Bürger. Darmstadt: Roether 1984, S. 240–244 und S. 378.
  • Zum 75. Todestag. Otto Wolfskehl. In: IHK. Starkenburger Wirtschaft 1982, S. 280.
  • Ernest Hamburger: Juden im öffentlichen Leben Deutschlands. Regierungsmitglieder, Beamte und Parlamentarier in der monarchischen Zeit 1848–1918. Tübingen: Mohr 1968, S. 335.
  • Erwin Viefhaus: Hochschule – Staat – Gesellschaft, in: 100 Jahre Technische Hochschule Darmstadt, Jahrbuch 1976/77, Darmstadt 1977, S. 57–111.

Siehe auch