Traktat: Absalom-Logengeschichte 5

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Absalom-Logengeschichte von H.-P. Meißner

Traktat: Absalom-Logengeschichte 5

Von H.P. Meißner


5. Exkursion Die Geschichte der Loge ABSALOM das FM-Geschehen im Umfeld zw. 1748 u. 1765 und wie wir „zu den drei Nesseln“ gekommen sind

In den AM 7/2010 begannen meine Ausführungen zur Geschichte unserer Loge.
Vornehmlich habe ich die nicht detaillierten Anmerkungen seit dem Initiationstag, am 6.12.1737, so darzustellen versucht, daß junge Brr. außer Informationen auch eine Empfindung über die Bedeutung unserer Loge ABSALOM erhalten, bevor sie später tiefer in die Geschichte unserer Loge und der FM selbst einsteigen.
Letztendlich sollte man wissen, wo man „zu Hause“ ist.

Wir haben erfahren, dass sich nach dem 6.12.1737 im deutschen Raum, innerhalb weniger Jahre, in Hamburg, Berlin, Dresden und Bayreuth Logen zu Mutterlogen, letztlich zu GLLn entwickelten. Dabei galt es zu berücksichtigen, daß eine erhebliche Zahl der Brr. in den Logen „Angenommene“ waren. Hatten sie doch zuvor in England oder Frankreich ihre Aufnahme in den Bund erlebt. Als einziges offizielles Dokument der GL von London und Westminster standen den Logen die 1723 von Anderson herausgegebenen und 1738 überarbeiteten Constitutions of Freemasons ( Die Alten Pflichten ) zur Verfügung. Von der engl. GL genehmigte Ritualanweisungen gab es nicht. Alles wurde mündlich weitergegeben!
Anfänglich orientierte man sich an den von ABSALOM praktizierten Arbeitsanleitungen.

Sowohl der Einfluss der „Angenommenen“ als auch das Streben nach „richtiger Interpretation“ des Kerns der FM und dessen Vermittlung, bei fehlenden Instruktionsdokumenten der engl. GL [Großloge], führten in Folge zu einem Wirrwarr in der Auslegung und Vermittlung der FM Idee.

Die Maurerei war von England aus nach Frankreich gekommen. Dortige Logengründungen erfolgten anfänglich in Paris und dem Umfeld. Die Zeit des absolutistischen Ludwigs des XIV. Im Gegensatz zu England, das mit der Aufklärung herausragende wissenschaftliche Erkenntnisse produzierte, vergeudete die französische Intelligenz ihre Zeit in Leichtlebigkeit. In Folge wurde der FM-Gedanke dem dortigen Zeitgeist angepasst. In den Logen wurde „höfisches Gepräge, mit imaginären Titeln der Brr., dazugehöriger Kleidung und angepasster Ritualauslegung“ gefrönt. Man begnügte sich nicht mehr mit dem in den drei Graden beinhaltetem Gedankengut der FM.
Dem französischen Zeitgeist entsprechende Auslegungen führten zu abgestuften Hochgrad-Systemen wie der Schotten- und der Tempelherrenmaurerei, beide ca. 1740/42, und seit 1754 dem Clermontschen Kapitel; alle Systeme sind französischen Ursprungs.

( Unter der sich bis heute erhaltenen Schottenmaurerei; auch als Andreasmaurerei bezeichnet, verbirgt sich die Bearbeitung von solchen Graden, welche entweder als die ersten oder letzten der so genannten höheren Grade gesehen werden, in welcher „der Abschluss der höheren Kenntnis“ erteilt wird. Der Andreasgrad ist der unserem engl. System aufgepfropfte 4. Grad.)

( Die Templermaurerei basiert auf der Legende, dass mit der Vernichtung des Templerordens durch den franz. König Philipp des Schönen, 1307, und der späteren Hinrichtung ihres GM Jacques de Molay, 1313, einige der Vernichtung entgangene Tempelritter nach Schottland entkommen konnten und wichtige Geheimnisse ihres Ordensmeisters in dort errichtete Bauhütten retten konnten. Nach der bis heute trotz intensivster Forschung durch nichts zu belegenden Legende, sollte hier die FM ihren Ursprung und Inhalt erhalten haben.)

Wie das so ist, lieb gewonnenes Gedankengut widersetzt sich schwerlich Erkenntnissen, die bei rationaler Bearbeitung eigentlich einer veränderten Beurteilung unterliegen müssten. Um die folgelogische Verwirrung der FM Brr. in deutschen Landen zu komplettieren, erreichte 1760 das 1754 in Paris entstandene Hochgrad-System des Clermontschen Kapitels unseren Raum. Dieses System beinhaltete neben dem 4. Schottengrad zusätzliche drei weitere. Die des :

5. Grades – „Erwählter Ritter vom Adler “;
des 6. Grades – „ Erlauchter Ritter;
vom 7. Grad – „Erhabener Erlauchter Ritter“.

Das Kapitel nannte sich: Kapitel der auserwählten Brüder des jerusalemischen Ritterordens; später: Ritterorden von Jerusalem.

Aus belegter Kenntnis heraus wissen wir, das beide Systeme, vor allem aber das der Templer, der Ausgangspunkt für die nachfolgende, von dem schlesischen Adeligen v. Hund und Altengrotkau, wieder durch französischen Einfluss, seit 1755 die im deutschen Raum verbreitet Strikte Observanz war. Ein in vielen Graden hierarchisch strukturierte System, geprägt von Scharlatanerie, theatralischer Kostümierung, Ritterspielerei und obskurer Inhalte, dem sich, aus heutiger Sicht kaum verständlich, eine Vielzahl von Logen ab 1765 unterwarf.)

Die damals wuchernden Hochgradsysteme haben im Zeitraum von etwa 1742 bis 1765 ihre Auswirkungen gehabt. Begünstigt durch aus deutschen Landen in Frankreich Aufgenommene, oder durch die politischen Wirren in den deutschsprachigen Raum emigrierte Franzosen. Sie, und die zuvor Genannten übten in den deutschen Logen einen maßgeblichen Einfluss aus. Kümmerte sich die engl. GL doch wenig um das FM Geschehen auf dem Kontinent. Damalige waren zu sehr mit sich und ihrem Einfluss auf die FMrischen Auslegungen in ihrem Weisungsbereich beschäftigt.
Die Entwicklung der Schotten- und vor allem der Templermaurerei und die damit verbundenen Folgen warfen die anfängliche Ordnung, mit der sich die deutschen Logen aus den einzel-nen Zentren heraus entwickelt hatten, vollkommen durcheinander.

Es herrschte Wirrwarr.

Auch die englische Provinzialloge von Hamburg und Niedersachsen konnte sich dem Chaos nicht entziehen! Seit dem 27. Nov. 1744 beherbergte Hamburg die Schottenloge: „Schmettau“. Sie war durch den Grafen v. Schmettau zu Stande gekommen, der zuvor in Berlin ebenfalls eine Schottenloge initiiert hatte. Der Loge war nur eine kurze Existenz beschieden. 1745 folgte die zweite: „Judica“, die hatte nur bis Nov. 1764 Bestand.
1757 wurde der in Halle aufgenommene Br. v. Exter in unserer Loge durch den MvSt. Gottfried Jac. Jänisch angenommen. Jänisch und v. Exter sorgten für erhebliche Verwirrung in der Loge. Griff doch die Suche nach neuen Orden und Geheimnissen um sich.

Am 22. Mai 1760 zeigte der GM der engl. Privinzialloge von Hamburg und Niedersachsen, A. Luttmann an, dass er auf eigenen Wunsch von seinem Amt entlassen werde und der von ihm vorgeschlagenen und von London akzeptierten Dr. med. G.J. Jänisch, MvSt. der Loge ABSALOM, neuer GM der Provinzialloge sei.

Im Juni 1762 wurde ein „Kapitel des Ritterordens von Jerusalem“, oder anders, ein Kapitel des ClermontschenSystems, in Hamburg eingerichtet und der neue GM Jänisch zu seinem Prior ernannt! Das hatte zur Folge, daß das sich in Jena bereits etablierte Hund`sch System der Strikten Observanz, den Emissär und Legaten Schubart, nach Hamburg entsandte, um die bisherige Freimaurerei zu beenden und sie der Strikten Observanz zuzuführen!

Es geschah Ungeheuerliches

Es geschah Ungeheuerliches: Der GM Jänisch löschte den Teppich, legte den Hammer nieder und verfügte, das alle bisher gegründeten Logen aufgehoben und auf ewig beendet sein! Im unmittelbaren Anschluss erklärte er alle Logen, jetzt im System der Strikten Observanz arbeitend, als wieder eingesetzt!

Eine der sich daraus ergeben habenden Konsequenz war die „ritterliche Namensgebung“ der Brr. sowie die Namenserweiterungen der betroffenen Logen. Eine der Eigenheiten im System der Strikten Observanz.
Jänisch nannte sich fortan „Eques ad urtica“ – Ritter von der Nessel v. Exter „Eques ad pino vivente“ – Ritter der lebenden Fichte

So ist unsere ehrenwerte Loge ABSALOM „zu den drei Nesseln“ gekommen.
Andere uns noch heute geläufige und geltende Ergänzungen aus der Zeit:
zur grünenden Fichte“; „zur Maienblume“; „zu den drei Sternen“; „zum Felsen“.

Der Steifzug zur Geschichte unserer Loge zw. 1737 und 1765 ist beendet.

Mit dem Konvent zu Wilhelmsbad, 1782, wurde die Strikte Observanz zu Grabe getragen.
Dem Chaos ein Ende bereitet.
Gab es doch zu der Zeit 9 verschiedene Hoch- und Höchstgrad-Systeme Verdiente Brr., wie der EMANUEL AStM. F.L. Schröder, der ABSALOM AStM. Bode, Herder und weiter haben es erfolgreich vermocht, die FM Lehre wieder an ihre ursprüngliche Basis zurückzuführen.

H.P. Meißner

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