Die Großlogen England Schottland und Irland

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Die Großlogen England Schottland und Irland

Quelle: Ammen, Michael / Bettag, Klaus / Snoek, Jan A.M.: Wurzeln der Freimaurerei - Aktuelle Forschungsergebnisse über ihre Vor- und Frühgeschichte, Band 1, Band 23, 2016 http://www.forschungsvereinigung-frederik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=70&Itemid=128

Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Ausgangsfrage: Woher kommt die moderne Freimaurerei?
Aus England, aus Schottland oder aus Irland?

Das Selbstverständnis dieser drei Großlogen

Die drei Home Grand Lodges (England, Schottland, Irland) verstehen sich als die einzigen aus eigenem Recht durch den Zusammenschluss von früher ohne Patent gegründeten älteren Logen gegründet. Aus ihrer Sicht müssen alle anderen Großlogen auf der Welt durch den Zusammenschluss von Logen entstanden sein, die ein letztlich auf eine von ihnen (auch indirekt) zurückgehendes Patent besitzen oder aber als Großloge ein solches besitzen.

Wichtige Dinge (wie z.B. die "Rules of Grand Lodge Recognition") werden von allen drei gemeinsam beschlossen. Auch wenn die 'Vereinigte Großloge von England' eigentlich erst 1813 gegründet wurde, versteht sie sich als die älteste Großloge der Welt weil ihre Vorgängerin auf das Jahr 1717 ( 24.6.1717) zurückgeht. Sie beansprucht daher eine gewisse Seniorität. Dass ihr das gelingt hat auch mit dem grundsätzlich unterschiedlichen Vorgehen bei Patenterteiluungen zu tun, also bei der Einsetzung und Anerkennung neu gegründeter Logen und Großlogen.

Ihr Vorgehen bei der Erteilung von Patenten

England hat von Anfang an ein konföderales System betrieben, das heißt sie haben Patente an Logen vergeben, die sich dann in ihrem Land zu selbständigen und unabhängigen Großlogen zusammenschlossen, die dann ihrerseits als selbständig und auf Augenhöhe mit der englischen Großloge anerkannt wurden. Das heißt in der Konsequenz, dass praktisch alle (regulären und anerkannten) Großlogen auf der Welt (außer Schottland und Irland) ein letztlich auf England zurückgehendes Patent besitzen.

Die Großloge von Schottland (GLoS) betreibt bis heute ein föderales System: Die von ihr patentierten Logen bleiben Mitglied der GLoS und bilden regionale Distrikte der GLoS, aber keine eigenen Großlogen.

Deshalb gibt es heute auf der ganzen Welt Logen, die der GLoS angehören (schwerpunktmäßig in den ehemaligen Kolonien), aber nur sehr wenige Tochterlogen der UGLE außerhalb Englands. Somit gibt es auch keine von Schottland gegründeten Großlogen.

Das erklärt die logenpolitisch hervorgehobene Stellung der United Grand Lodge of England (UGLE).

Die Großloge von Irland spielt international nur eine geringe Rolle. Die Gründe hierfür sind noch aufzuarbeiten.

Einiges zur Historie

England führt sich auf den 24.6.1717 zurück, ein historisch recht fragwürdiges Datum, da es nachweislich schon früher Freimaurerlogen gegeben hat.

Dann gibt es da noch Elias Ashmole, lange von England als der erste "Gentleman Mason" verkauft, der am 16.10.1646 in Warrington in eine Loge aufgenommen wurde. Dass es da bereits nachweislich Gentleman Masons in Schottland gab, wird von England ignoriert. Unter Gentleman Mason versteht man in der masonischen Historie Freimaurer, die keine “operativen Steinkünstler“ waren, sondern aus ganz anderen Berufsfeldern kamen: die sogenannten “spekulativen Freimaurer“, also das heute übliche.

Ebenfalls wird von England ignoriert, dass die Shaw-Statuten von 1598 und 1599 drei in Schottland existierende Logen namentlich benennen und erkennen lassen, dass an deren Zusammenkünften auch schon Vertreter anderer Logen teilnahmen (so z.B. Meister und Aufseher einer Lodge of Dunfirmline). Die Treffen, bei denen die Statuten verhandelt wurden, fanden in der Loge St. Mary's Chapel in Edinburgh statt, die es heute noch gibt (Matrikel Nr. 1).

In England entstanden feste Logen wohl erst um die hundert Jahre später. Zuvor trafen sich initiierte Freimaurer nur, um neue Mitglieder anzunehmen, ohne dass es eine feste Organisation gegeben hätte. Da in Warrington nach der Aufnahme von Elias Ashmole keine weitere Zusammenkunft stattfand, ist eine Loge, die ihn aufgenommen hätte, eben historisch auch nicht belegt.

Andererseits: Was die Rituale betrifft, unterscheiden sich England und Schottland und wohl auch Irland nur wenig. Das ist auch nicht verwunderlich, denn die Entwicklung ist eng miteinander verwoben.

Die Entwicklung des dreigradigen Systems

Die symbolische Freimaurerei entwickelte sich im 16. und 17. Jahrhindert in England und Schottland, und zwar zunächst unabhängig voneinander. Im 17. Jh. gab es in Schottland die Tradition, dass, wer Steinmetzmeister wurde, zunächst vor der staatlichen Zunft (Incoorporation) seine Handwerksprüfung zum Master Mason ablegte und dann in der Selbstverwaltung der Steinmetze (Lodge) mit einem symbolischen Ritual zum Mitglied der Handwerkerschaft (Fellow of the Craft) aufgenommen wurde.

Gleichzeitig gab es in London einen elitären Kreis innerhalb der Zunft (Company), in den verdiente Steinmetzmeister mit einem symbolischen Ritual angenommen wurden, die Acception. Nach dem großen Brand von London (1666) lernten sich die beiden Systeme kennen. Die Schotten übernahmen den Londoner Grad als Einstiegs-Grad für das, was heute die Freisprechung der Gesellen wäre, nämlich die Eintragung in die Handwerksolle, unter dem Namen Entered Apprentice, wohingegen in London der schottische Grad des Master Mason or Fellow of the Craft den Mitgliedern der Acception als zusätzlicher Grad verliehen wurde. 1717 gab es dann in England und Schottland ein ähnliches, aber nicht identisches, System aus zwei Graden, dem Londoner und dem schottischen.

Nach Gründung der Ersten Groß-Loge in England behielt diese es sich selbst vor, den Meistergrad zu verleihen und bestimmte zudem, dass, wer Stuhlmeister werden wolle, diesen Grad besitzen müsse, sprach dabei aber vom Fellow (wir erinnern uns: damals war Fellow=Master). So machten ab Mitte der 1720er einige Logen aus der Not eine Tugend und machten sich ihre Fellows selbst, indem sie einfach das Ritual der Annahme etwas verkürzt wiederholten und dem Ganzen den Namen Fellow Craft gaben. In der Folge bürgerte sich für den verbliebenen ehemals schottischen Grad der gekürzte Name Master Mason ein, womit seitdem drei Grade bestehen.

In England kam es in den 1720ern zu gravierenden Änderungen im Ritual. Nicht nur die Teilung des Einstigs-Grades in zwei getrennte Grade, auch der andere (Meister-) Grad wurde tiefgreifend verändert und in zwei Grade gespalten. Aus Irland und Schottland zugereiste Freimaurer erkannten deshalb in der englischen Freimaurerei ihr System nicht wieder und nannten deshalb die Erste Groß-Loge abwertend die Modernisten (modernes). Sie schlossen sich in eigenen Logen zusammen und nahmen für sich in Anspruch, den alten Traditionen treu zu bleiben, weshalb sie sich die Alten Maurer (antients) nannten, was ein Euphemismus war, denn sie übernahmen z.B. von Anfang an das Drei-Grad-System. 1813 schlossen sich am Tag Johannes des Evangelisten diese beiden englischen GLn zur heutigen UGLE zusammen. In der Folge wurde ein völlig neues Ritual entwickelt, das heutige Emulation Ritual, nach dem in England die meisten, aber nicht alle, Logen arbeiten, ebenso wie die meisten Logen der GL BFG.

In Schottland ist die Situation anders. Dort schlossen sich 1736 nur gut 20 der über 100 bestehenden Logen zur GLoS zusammen. Die älteste (Kilwinning No. 0) wurde wahrscheinlich bereits 1190 gegründet und nahm faktisch schon im 17 Jh. Großlogenaufgaben wahr (deshalb auch "Mother" Kilwinning). Sie schoss sich mit ihren Tochterlogen erst 1807 der GLoS an. Es dauerte bis in die 1920er, ehe sich alle Logen der GL angeschlossen hatten. Noch heute gibt es unter dem Dach der GLoS eine Loge, die nur operativen Steinmetze aufnimmt.

Die GLoS, die aus dem Zusammenschluss teils uralter Logen entstand gewährt deshalb (in einem gewissen Rahmen) allen Logen völlige Ritualfreiheit. Man wird kaum zwei völlig identische Rituale in Schottland finden, aber die Unterschiede liegen weitgehend im Detail. Zudem besteht eine große Ähnlichkeit, z.T. Wortgleichheit, mit dem englischen Emulation-Ritual.


Weiterführende Literatur

Stevenson-Origins of Freemasonry.jpg
  • David Stevenson - The Origins of Freemasonry: Scotland's Century, 1590-1710
    Das (englische) Buch erschien 1990. Der Autor vertritt darin die These, dass die wahren Wurzeln der modernen Freimaurerei nicht in England lagen, sondern in Schottland.

    Im Klappentext heißt es:
    This is a classic account of the origins of freemasonry, a brotherhood of men bound together by secret initiatives, secret rituals and secret modes of identification with ideals of fraternity, equality, toleration and reason. Beginning in Britain, freemasonry swept across Europe in the mid-eighteenth century in astonishing fashion yet its origins are still hotly debated today. The prevailing assumption has been that it emerged in England around 1700, but David Stevenson demonstrates that the real origins of modern freemasonry lie in Scotland around 1600, when the system of lodges was created by stonemasons with rituals and secrets blending medieval mythology with Renaissance and seventeenth-century history. This fascinating work of historical detection will be essential reading for anyone interested in Renaissance and seventeenth-century history, for freemasons themselves, and for those readers captivated by the secret societies at the heart of the bestselling Da Vinci Code.

Siehe auch


Links