Freimaurerei im Werk von Theodor Fontane

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Gemälde von Carl Breitbach (1883).

Freimaurerei im Werk von
Theodor Fontane

Dieser Artikel untersucht freimaurerische Spuren im Werk des großen Dichters Theodor Fontane (1819–1898). Er gilt als literarischer Spiegel Preußens und als bedeutendster deutscher Vertreter des Realismus.

Autor: Petrus Profundus (Wien).

Siehe auch sein Wiki-Traktat über Freimaurerei und Transzendenz

Abstract

Weder nennen allgemein zugängliche Lexika zu Fontane Bezüge zur Freimaurerei, noch enthalten spezialisierte Lexika zur Freimaurerei Informationen zu Fontane. Dem gegenüber stehen mehrere Referenzen auf freimaurerische Themen, Symbole oder Begebenheiten im Werk von Fontane, die einzeln benannt werden. Dazu kommt eine allgemein menschenfreundliche und humane Grundhaltung Fontanes, die mit der Grundhaltung der Freimaurer übereinstimmt, sowie möglicherweise Vertrautheit mit Freimaurerei durch beide Großväter. Der Artikel ist primär für Literaturgeschichte, Ideengeschichte und Freimaurerforschung relevant, nicht aber für die Biographie Fontanes.

Schlüsselwörter

Fontane, Freimaurer, Loge, Orden, Symbole, Tempelritter.

Bekannte biographische Daten

Ob Theodor Fontane (1819–1898) Mitglied einer Freimaurer-Loge war oder in einem persönlichen Naheverhältnis zu Freimaurer-Logen stand, ließ sich im Zuge der vorliegenden Arbeit nicht eruieren. Weder das Internet-Lexikon „Freimaurer-Wiki“ (Zugriff 9.2.2017) noch die beiden Standardlexika zur Freimaurerei von Reinhold Dosch und Lennhoff/Posner verzeichnen jedenfalls einen eigenen Eintrag zu Theodor Fontane.

Gerlach nennt in seinem umfassenden Werk „Die Freimaurer im Alten Preußen 1738–1806. Die Logen in Berlin” (Seiten 494 und 520) im Abschnitt über „Die Mitglieder der Loge L’Amitié“ den Großvater Theodor Fontanes väterlicherseits, den Maler und Zeichenlehrer Pierre Barthelemy Fontane (1757–1826), sowie den Großvater Theodor Fontanes mütterlicherseits, Jean François Labry (1767–1810), beide mit der näheren Bezeichnung ihrer Mitgliedschaft in: „Die Mitglieder der Loge L’Amitié, Angenommene und Beförderte (Royale York de l’Amitié, Große Loge von Preußen genannt Royal York zur Freundschaft, Deputation De la Sagesse in Potsdam)”. Theodor Fontanes Vater, Louis Henri Fontane (1796–1867), wird dagegen nicht genannt. In seinen autobiographischen Erinnerungen „Meine Kinderjahre“ berichtet Fontane in kurzen Passagen auch von beiden Großvätern, erwähnt die Freimaurerei aber nicht.

Ein Eintrag zu Theodor Fontane selber findet sich auf Freimaurer-Wiki, Stichwort Loge [[Zum Goldenen Apfel (Dresden), laut dem die durch diese Loge 1859 gegründete Deutsche Schillerstiftung für in Not geratene Künstler unter anderem Theodor Fontane gefördert hätte, leider ohne weitere Details (Zugriff am 9. Februar 2017). Diese Stiftung existiert noch heute unter dem Namen „Schillerstiftung von 1859” - externer Link: http://www.schillerstiftung.de - und verzeichnet in der Tat Theodor Fontane als einen der von ihr Geförderten. Eine Gründung aus einer Freimaurer-Loge heraus erwähnt die Stiftung auf ihrer Webseite hingegen nicht (Zugriff am 11. Februar 2017).

Darauf basierend ist zumindest aber als Arbeitshypothese die Vermutung gerechtfertigt, dass Fontane in einem Freimaurer-freundlichen Umfeld aufwuchs bzw. schrieb und mit grundlegenden freimaurerischen Inhalten vertraut war. Dies wird nachstehend weiter gestützt durch die Grundhaltung Fontanes und durch Nachweis und Analyse von mehreren die Freimaurerei betreffenden Stellen in Fontanes Gesamtwerk (Autobiographisches und Romanwerk). Vorerst unberücksichtigt blieben Lyrik und Fragmente.

Die Grundhaltung Fontanes

Die allgemeine Grundhaltung von Fontane, die sein gesamtes Werk durchzieht, ist getragen von Wertschätzung für Mensch und Menschlichkeit, von Interesse an Personen mit all ihren menschlichen Stärken und Schwächen, und von grundsätzlichem Verständnis und Wohlwollen dem Menschen gegenüber. Diese Grundhaltung beinhaltet auch eine Absage an dezidiert große philosophische oder gesellschaftspolitische Systeme. Im Mittelpunkt steht für Fontane der Mensch.

Dies lässt sich implizit aus seinem literarischen Werk erschließen, wird von Fontane selber aber auch explizit formuliert. So schreibt Fontane in einem Vorwort zur zweiten Auflage der Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Erster Band, im Jahr 1864, wie ein Reisender in der Mark der Welt begegnen soll (Seite 14):

„Das Beste aber dem du begegnen wirst, das werden die Menschen sein, vorausgesetzt, daß du dich darauf verstehst, das rechte Wort für den »gemeinen Mann» zu finden. Verschmähe nicht den Strohsack neben dem Kutscher, laß dir erzählen von ihm, von seinem Haus und Hof, von seiner Stadt oder seinem Dorf, von seiner Soldaten- oder seiner Wanderzeit, und sein Geplauder wird dich mit dem Zauber des Natürlichen und Lebendigen umspinnen. Du wirst, wenn du heimkehrst, nichts Auswendiggelerntes gehört haben wie auf den großen Touren, wo alles seine Taxe hat; der Mensch selber aber wird sich vor dir erschlossen haben. Und das bleibt doch immer das Beste.“

Im weiteren Sinne ließe sich diese Forderung an einen Reisenden auf das Leben im allgemeinen übertragen; die Empfehlung wäre dann an den Menschen gerichtet, sich auf seiner Reise – durch das Leben – an das Menschliche zu halten.

Ein weiteres Zitat zu Fontanes Wertschätzung des „Humanen“ sei noch angeführt. Fontane meint, autobiographisch rückblickend (Von Zwanzig bis Dreißig, Abschnitt: Fritz, Fritz, die Brücke kommt, Kapitel 2: „Rat Kummer“. Des alten Rouanet Enkelin. ZD, S. 346.):

„Dies Vorherrschen des Humanen in der ganzen Oberschicht unserer Gesellschaft ist oder war wenigstens – denn es ist seitdem leider anders geworden – die schönste Seite preußischen Lebens, noch ein herrliches Erbteil aus den »armen Zeiten« her ...”

Diese Grundhaltung stimmt mit der Grundhaltung der Freimaurerei überein, die eine Absage an jeglichen Dogmatismus und eine starke Betonung von Humanität beinhaltet: So heißt es im Internationalen Freimaurerlexikon, Stichwort Humanität:

„... der Bund lehrt die Achtung vor dem Menschen und verpflichtet zur Menschenliebe. ... Der Freimaurer sieht in seinen Logen und bei seiner Arbeit von allen Trennungen ab, die das Leben geschaffen hat und wendet sich an den Menschen an sich.“

Fundstellen: Autobiographisches

(1) Meine Kinderjahre

Die biographisch früheste mir bekannte Nennung von Freimaurern im Werk Fontanes findet sich in „Meine Kinderjahre“. Fontane beschreibt seine Familie und seine Umgebung in Swinemünde (im heutigen Polen) und berichtet folgende Anekdote (Die Krauses, Seite 86):

„Neckereien derart waren es denn auch, denen sich mein Vater, freilich sehr durch seine Schuld, beständig ausgesetzt sah. Ich komme weiterhin darauf zurück. Hier nur schon so viel, daß man ihm eines Tages erklärte, ihn in den Freimaurerorden – zu dessen Mitgliedern (was aber meinem Vater unbekannt war) in Wahrheit kein einziger aus der Honoratiorenschaft gehörte – aufnehmen zu wollen. Er ängstigte sich etwas davor, weil er von »In Sarg legen« und dergleichen gehört hatte. Und nun kam schließlich der dafür festgesetzte Tag, und alle Prozeduren, wie sie der landläufigen Annahme der damaligen Nicht-Freimaurerwelt entsprachen, wurden in feierlicher Sitzung, bei Stockfinsternis und unter Ansprachen und Schwüren mit ihm vorgenommen. Er merkte nichts und wollt' auch nichts davon wissen, als ihm meine Mutter tags darauf erklärte, daß man ihn gefoppt habe. Schließlich gab er es zu, aber mit der durchaus versöhnlichen Bemerkung: »Dann haben sie's wenigstens gut gemacht.«”

Die Vertrautheit mit den Interna der Freimaurerei, insbesondere mit Details des dritten Grades („in Sarg legen“), fällt auf. Entweder unterstellt sie Fontane seinem Vater im Rückblick, oder es wurde explizit nach dem Ereignis in der Familie davon gesprochen, so daß Fontane aus Erinnerung berichtet, was sein Vater wußte oder gehört hatte. Auffällig ist des weiteren Fontanes rückblickender Kommentar („Meine Kinderjahre“ wurde erst 1892 begonnen), daß aus der damaligen „Honoratiorenschaft“ „in Wahrheit kein einziger“ Mitglied des Freimaurerordens gewesen sei. Das setzt voraus, daß Fontane darauf vertraut, von jedem einzelnen tatsächlich auch sagen zu können, ob er Freimaurer war oder nicht.

(2) Von Zwanzig bis Dreißig

Der Tunnel

Auch in „Von Zwanzig bis Dreißig“ berichtet Fontane „Autobiographisches“. An mehreren Stellen erwähnt er Freimaurer. So berichtet Fontane über den Dichterverein Der Tunnel, dem er selber angehörte (Abschnitt: Der Tunnel über der Spree, Aus dem Berliner literarischen Leben der vierziger und fünfziger Jahre, Kapitel 1: Der Tunnel, seine Mitglieder und seine Einrichtungen. ZD, S. 162–164):

“Der Tunnel, oder mit seinem prosaischeren Namen der »Berliner Sonntagsverein«, war 1827 durch den damals in Berlin lebenden M. G. Saphir gegründet worden. Diesem erschien in seinen ewigen literarischen Fehden eine persönliche Leibwache dringend wünschenswert, ja nötig, welchen Dienst ihm, moralisch und beinahe auch physisch, der Tunnel leisten sollte. [...] Um die Zeit, als ich eintrat, siebzehn Jahre nach Gründung des Tunnels, hatte die Gesellschaft ihren ursprünglichen Charakter bereits stark verändert und sich aus einem Vereine dichtender Dilettanten in einen wirklichen Dichterverein umgewandelt. Auch jetzt noch, trotz dieser Umwandlung, herrschten »Amateurs« vor, gehörten aber doch meistens jener höheren Ordnung an, wo das Spielen mit der Kunst entweder in die wirkliche Kunst übergeht oder aber durch entgegenkommendes Verständnis ihr oft besser dient als der fachmäßige Betrieb.
Und so bestand denn ums Jahr 1844 und noch etwa fünfzehn Jahre darüber hinaus der Tunnel, seiner Hauptsache nach aus folgenden, hier nach Kategorien geordneten und zugleich mit ihrem Tunnel-Beinamen ausgerüsteten Personen:”

deren eine Fontane explizit als Meister einer Johannis-Loge benennt:

“Dr. Adolf Widmann (Macchiavell), später Professor in Jena. Von 1866 ab bis an seinen Tod Meister der St. Johannis-Loge zur Beständigkeit.”

Bemerkenswert ist die spezifischen Referenz auf eine „Johannis-Loge“ (d.h. im Gegensatz zu freimaurerischen Hochgraden oder Freimaurer-ähnlichen Gruppen). Dies deutet auf Fontanes frühe Kenntnis der genauen organisatorischen Einordnung eines Meisters in einer Loge und der Johannis-Maurerei innerhalb der Freimaurerei. Bemerkenswert ist auch die Heraushebung dieser Rolle als Meister; die anderen Mitglieder des Tunnels sind lediglich durch ihre Berufsbezeichnungen beschrieben, nicht aber durch Mitgliedschaften in anderen Kreisen, Organisationen oder Verbindungen. Die Nennung der Freimaurer-Loge sticht hier deutlich heraus. Interessant ist schlussendlich, dass Fontane berichtet, im Tunnel sei jegliche „politische Debatte“ per Statuten verboten gewesen, eine Einrichtung, die er „klug und weise“ nennt (Seite 168). Ein ebensolches Verbot politischer Debatten ist noch heute in vielen Freimaurer-Logen aufrecht. Eine Parallele, die hier ausdrücklich nicht als Hinweis auf Freimaurerei gewertet werden soll und nur der Vollständigkeit halber erwähnt wird.

Bernhard von Lepel

Fontane charakterisiert später und in anderem Kontext seinen Jugendfreund Bernhard von Lepel mit folgenden Worten (Abschnitt: Der Tunnel über der Spree, Aus dem Berliner literarischen Leben der vierziger und fünfziger Jahre, Kapitel 8: Bernhard von Lepel. ZD, S. 321.):

“Eine Seite seines Wesens hab' ich noch hervorzuheben vergessen oder doch nur eingangs, bei Besprechung des Ganganelli-Gedichts, ganz kurz erwähnt. Es war dies seine Stellung zum Katholizismus. Er, der gütigste Mann von der Welt, war in dieser Frage ganz rabiat, und die viel zitierte, gegen Rom und Papsttum sich richtende Herweghsche Zeile: »Noch einen Fluch schlepp' ich herbei«, war ihm ganz aus der Seele gesprochen. Ich brauche kaum hinzuzusetzen, daß er, dieser antipäpstlichen Richtung entsprechend, auch eine »freimaurerische Größe« war. Er lebte zuletzt ganz in den Aufgaben dieses Ordens.”

Auffallend ist die Selbstverständlichkeit, mit der Fontane die Tatsache, dass jemand eine „freimaurerische Größe“ ist, bekannt ist und mit der er dies ausspricht. Nachdem Fontane auch wusste, dass das Leben seines Freundes von Lepel diesen Aufgaben, das heißt: der Freimaurerei, gewidmet sei, kann spätestens ab hier angenommen werden, dass Fontane mit Wesen, Inhalten, Zielen und auch zumindest einigen Personalia der Freimaurerei vertraut war. Auffallend ist darüber hinaus noch die Bezeichnung der Freimaurerei als „Orden“, eine Benennung, die manche, aber durchaus nicht alle freimaurerischen Obödienzen für sich verwenden. Diese Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland/Freimaurerorden ist eine der freimaurerischen Obödienzen, die heute zur Vereinigten Großlogen von Deutschland gehört. Sie wurde 1770 gegründet und war als eine von drei sogenannten altpreußischen Großlogen besonders in Preußen aktiv. Ob Fontane genau diesen Freimaurerorden im Blick hatte, sei hier dahingestellt.

(3) Fundstellen: Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Geheimgesellschaften

In den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ widmet Fontane eine ausführliche Beschreibung den Geheimgesellschaften. Sie findet sich unter der expliziten Kapitelüberschrift „Geheime Gesellschaften im achtzehnten Jahrhundert” und ist in zwei Teile gegliedert: “1. Schwindelorden”, “2. Illuminaten und Rosenkreuzer”. Bemerkenswerterweise fehlt die Freimaurerei, obwohl sie zumindest heute als typische Geheimgesellschaft gilt. Offensichtlich setzt Fontane hier bewusst einen Kontrast zwischen den genannten Vereinigungen als Geheimgesellschaften auf der einen und der Freimaurerei auf der anderen Seite.

Fontane beginnt mit einer allgemeinen Charakterisierung von Wesen und Motivation der Geheimgesellschaften, wohlgemerkt, der des 18. Jahrhunderts (Dieses und die folgenden Zitate: Fontane, Th., Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Havelland, Kapitel: Geheime Gesellschaften im achtzehnten Jahrhundert. WMB 2, S. 295–316.):

“Das vorige Jahrhundert war ein Jahrhundert der geheimen Gesellschaften. Der Absolutismus behinderte jede Kraftentwickelung, die Miene machte, selbständige Wege einschlagen zu wollen; die Kirche war starr; was Wunder, wenn der individuelle Ehrgeiz, der kein legitimes Feld fand, sich geltend zu machen, auf Abwege geriet und im Dunkeln und Geheimen nach Macht suchte. [...] das Wesen der Sache lag darin: Macht zu äußern in einer Zeit, wo das Individuum machtlos war.”

und fährt fort, zunächst die “Schwindelorden” im Blick:

“Zwei Strömungen wurden alsbald erkennbar, die, neben einem starken Beisatz von Egoismus und Menschlichkeit, einen prinzipiellen Gehalt und einen prinzipiellen Gegensatz repräsentierten. Alle diese Gesellschaften indes, die einen derartig ideellen Kern andauernd und in Wahrheit und nicht nur dem Namen nach hatten, bildeten weitaus die Minorität – das meiste lief auf Herrschsucht und Eitelkeit, auf Täuschung und unmittelbaren Betrug hinaus. Mit dieser letztern Gruppe der geheimen Gesellschaften, die, trotz ihres quantitativen Übergewichts, kamen und gingen, ohne eine Spur zu hinterlassen, die nichts waren als Modetorheit oder Modekrankheit, beschäftigen wir uns zuerst. Die Zahl dieser Gesellschaften, unglaublich zu sagen, ging vielleicht über hundert hinaus. Die meisten befanden sich in Bayern und am Rhein.”

Insbesondere Regensburg wird hervorgehoben, und Fontane benennt einige dieser Geheimgesellschaften, von denen er sich deutlich distanziert, zum Beispiel das Pyramidenspiel der „Dukatensozietät“ oder diverse Gaukeleien, die als Geschäft mit der Gutgläubigkeit und Neugier der Menschen betrieben wurden. Eher amüsant ist die Beschreibung eines ehemaligen Kellners, Schrepfer, der zunächst als „dienender Bruder“ einer Freimaurer-Loge angehörte, dann aber Geisterbeschwörungen inszenierte und Anhänger um sich scharte, und der dabei mit freimaurerischem Vokabular hantierte, wie etwa die Bezeichnung als „Bruder“. Ein Brief Schrepfers enthält die Anrufung „Der große Baumeister der Gottheit der Allmacht gehe vor uns über mit seiner Gnade!“, Schrepfer selbst zeichnet als „Schotte der Erkenntnis und Gewalt“, was unfreiwillig komisch wirkt. Auch Fontane sah das so, und charakterisiert Schrepfer mit der Bemerkung, er könne „... bei aller Begabung den Cafetier doch nie verleugnen“.

Mit mehr Ernst betrachtet Fontane die zweite Strömung, die der Illuminaten und Rosenkreuzer, deren erstere er durchaus wohlwollend charakterisiert und als „modifizierten, vielleicht potenzierten Freimaurerorden“ sieht:

“Der Hang nach Macht, der im absoluten Staate (außer im Dienste desselben) keine Befriedigung fand, schuf, so sagten wir, die Geheimbündelei überhaupt; der Hang nach Freiheit, der im absoluten Staate begreiflicherweise nicht besser fuhr als jener, schuf eine besondere Abzweigung, eine ideale Blüte der Geheimbündelei: den Illuminatenorden. Dieser Orden, auf seinen gedanklichen Kern angesehen, war kaum etwas anderes als ein modifizierter, vielleicht ein potenzierter Freimaurerorden, hätte also allen Anspruch darauf gehabt, neben diesem zu leben und zu wirken, auch wurde in der Tat um 1780 eine Vereinigung beider erstrebt; die besonderen Umstände aber, unter denen der neue Orden ins Leben trat, seine Rührigkeit, seine Aggression, seine Übergriffe führten rasch zu seinem Untergange, nachdem er, etwa ein Jahrzehnt lang, eine hervorragende politische Rolle gespielt und sich als ein Repräsentant jener Freiheitsströmung gezeigt hatte, die damals durch Europa ging.”

Der Hauptgrund für die wohlwollende Charakterisierung von Illuminaten und Freimaurern ist hier das Eintreten für Freiheit, also eine gesellschaftspolitische Ambition, nicht aber der Auftrag der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit oder des inneren Wachstums, die heute im Mittelpunkt vieler Freimaurerarbeiten stehen. Fontanes Augenmerk gilt ganz der gesellschaftlichen Wirksamkeit von Illuminaten und Freimaurern in der Welt.

Den Illuminaten als „feindlicher Bruder“ entgegengesetzt sieht Fontane die Rosenkreuzer, die er folgendermaßen einführt:

“Sehr wahrscheinlich, daß dieser Orden (die Illuminaten), wie so viele andere Verbindungen jener Zeit, ohne Sang und Klang und ohne ein Blatt in der Geschichte vom Schauplatz abgetreten wäre, wenn er nicht während der kurzen Dauer seiner Existenz eine Gegenströmung hervorgerufen hätte, die, berühmter werdend als der Illuminatenorden selbst, diesem alsbald einen Reflex der eigenen Berühmtheit lieh. Mit anderen Worten, das Illuminatentum wäre vielleicht vergessen, wenn nicht der geheimbündlerische Drang sofort einen feindlichen Bruder geboren hätte.”

Nach einem Abriss der Geschichte der älteren Rosenkreuzer und deren Wiederaufleben im 18. Jahrhundert folgt die Gegenüberstellung zweier gesellschaftlicher Strömungen, der rückwärtsgewandten und der modernen, in Fontanes Worten: der „Reaktion“, hinter der „Papismus oder Jesuitismus“ stecken könnten, und die gegen „Liberalismus“ und „gegen die Aufklärer und Freimaurer, gegen die Demokraten und Illuminaten“ agierten:

“Ob Papismus und Jesuitismus dahintersteckten, war damals fraglich und ist fraglich geblieben, aber um Reaktion, um einen Kampf gegen die Neologen und Ideologen, gegen die Aufklärer und Freimaurer, gegen die Demokraten und Illuminaten handelte es sich allerdings; die alten Elemente in Staat und Kirche, ganz wie in unsern Tagen, nahmen einen organisierten Kampf gegen den Liberalismus in allen seinen Gestalten und Verzweigungen auf. Nur die Organisation war verschieden, heute öffentlich in Kammer, Lehrstuhl, Presse, damals geheim in Orden und Brüderschaften. Jede Zeit hat ihre Kampfesformen; der Kampf bleibt derselbe.”

Diese Gegenüberstellung korrespondiert mit der in Fontanes Werk an vielen Stellen geäußerten Präferenz für den evangelischen Glauben, der ihm nicht nur als Überwindung des antiquierten Katholizismus und der Papsthörigkeit gilt, sondern der auch moderner und dem Volk Preußens angemessener und wesensnäher sei.

Freimaurerei erscheint hier als eingereiht in die Gruppe des Fortschritts, der Aufklärung, der Demokratie und der Moderne, und – gemeinsam mit den Illuminaten – als dem Rosenkreuzertum diametral entgegengesetzt.

Friedrich Wilhelm II. von Preußen

Wegen ihrer Ausstrahlung bis zu Friedrich Wilhelm II. von Preußen (1744–1797) sei noch auf dessen Neigung zum Rosenkreuzertum eingegangen. Das Freimaurer-Wiki kommentiert im Stichwort Gold- und Rosenkreuzer (Zugriff 9. 2. 2017):

“Die eigentlichen Initiatoren der Gold- und Rosenkreuzer waren Johann Christoph von Wöllner und Johann Rudolf von Bischoffwerder. Bischoffwerder gelang es, die Gunst des leichtgläubigen Kronprinzen Friedrich Wilhelm II. von Preußen zu erlangen, woraufhin Wöllner und er beschlossen, ihn zu täuschen: Theodor Fontane beschreibt 1873 in seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg, wie Friedrich Wilhelm im Belvedere des Schlosses Charlottenburg die Geister Marc Aurels, des Großen Kurfürsten und des Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz vorgeführt wurden, was ihn so beeindruckt haben soll, dass er außerstande gewesen sei, auch nur eine einzige Frage an die von einem Illusionisten und einem Bauchredner zum Leben erweckten großen Verstorbenen zu richten. Begeistert ließ sich der Kronprinz von Herzog Friedrich August am 8. August 1781 als Ormesus Magnus aufnehmen. Der Geisterzauber wurde daraufhin zur ständigen Ordenspraxis erhoben und mithilfe von Geisterapparaten (Laterna magica) des Hochstaplers Johann Georg Schrepfer durchgeführt, die nach dessen Tod in den Besitz Bischoffwerders gelangt waren.”

Die entsprechenden Passagen bei Fontane finden sich zum einen in seiner Beschreibung des Belvedere im Schloßgarten zu Charlottenburg (Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Havelland, Kapitel: Das Belvedère im Schloßgarten zu Charlottenburg. WMB 2, S. 177):

“In diesem Cabinette nun, nur durch zwei halb zurückgeschlagene Gardinen von dem Rundsaal getrennt, saß König Friedrich Wilhelm II. Es war in den ersten Jahren seiner Regierung. Eine Aufführung schien sich, mit einer Art von Feierlichkeit, vorzubereiten. Und so war es. In den goldbronzenen Wandleuchtern brannten ein paar Kerzen, aber ihr Licht, durch die schweren Gardinen zurückgehalten, fiel nur in einzelnen Streifen nach vorn hin in den Saal.
In diesem herrschte Dämmer. Der König hatte den Wunsch ausgesprochen, die Geister Marc Aurels, des Großen Kurfürsten und des Philosophen Leibniz erscheinen zu sehen. Und sie erschienen. Wie man dabei verfuhr, darüber bericht ich an anderer Stelle. Nur dies noch. Dem Könige war gestattet worden, Fragen an die Abgeschiedenen zu richten; er machte den Versuch, aber umsonst. Es gelang ihm nicht, auch nur einen Laut über die bebenden Lippen zu bringen. Dagegen vernahm er nun seinerseits von den heraufbeschworenen Geistern strenge Worte, drohende Strafreden und die Ermahnung, auf den Pfad der Tugend zurückzukehren. Er rief mit banger Stimme nach seinen Freunden; er bat inständig, den Zauber zu lösen und ihn von seiner Todesangst zu befreien. Nach einigem Zögern trat Bischofswerder in das Cabinet und führte den zum Tod Erschöpften nach seinem Wagen. Er verlangte, zur Lichtenau zurückgebracht zu werden, ein Wunsch, dem nicht nachgegeben wurde. So kehrte er noch während derselben Nacht nach Potsdam zurück.”

Später, bei seiner Beschreibung von Marquardt und dessen Besitzer, General von Bischofswerder, den Fontane ausdrücklich und missbilligend als Rosenkreuzer nennt, beschreibt Fontane die Besuche des Königs (Kapitel: Marquardt. WMB 2, S. 271–272):

“Zwischen diesem 17. Juli 1795 und dem 16. November 1797 lagen noch zwei Sommer, während welcher der König seine Besuche mehrfach erneuerte. Ob er eintraf, lediglich um sich des schönen Landschaftsbildes und der loyalen Gastlichkeit des Hauses zu freuen, oder ob er erschien, um »Geisterstimmen« zu hören, wird wohl für alle Zeiten unaufgeklärt bleiben. Die Dorftradition sagt, er kam in Begleitung weniger Eingeweihter, meist in der Dämmerstunde (der schon erwähnte Generaladjutant von Reder und der Geheimrat Dr. Eisfeld vom Militärwaisenhause in Potsdam werden eigens genannt), passierte nie die Dorfstraße, sondern fuhr über den »Königsdamm« direkt in den Park, hielt vor dem Schlosse und nahm nun an den Sitzungen teil, die sich vorbereiteten. Man begab sich nach der »Grotte«, einem dunklen Steinbau, der im Parke, nach dem rosenkreuzerischen Ritual, in einem mit Akazien bepflanzten Hügel (Sperrung im Original) angelegt worden war. Der Eingang, niedrig und kaum mannsbreit, barg sich hinter Gesträuch. Das Innere der Grotte war mit blauem Lasurstein mosaikartig ausgelegt, und von der Decke herab hing ein Kronleuchter. In diese »blaue Grotte«, deren Licht- und Farbeneffekt ein wunderbarer gewesen sein soll, trat man ein; der König nahm Platz. Alsbald wurden Stimmen laut; leiser Gesang, wie von Harfentönen begleitet. Dann stellte der König Fragen, und die Geister antworteten. Jedesmal tief ergriffen, kehrte Friedrich Wilhelm ins Schloß und bald darauf nach Potsdam zurück.
So die Tradition. Es wird hinzugesetzt, die Grotte sei doppelwandig gewesen und eine Vertrauensperson des Ordens habe von diesem Versteck aus die »musikalische Aufführung« geleitet und die Antworten erteilt. Daß die Grotte eine doppelte Wandung hatte, ist seitdem, und zwar durch den jetzigen Besitzer, der den Bau öffnete, um sich von seiner Konstruktion zu überzeugen, über jeden Zweifel hinaus erwiesen worden. Die Lasursteine existieren noch, ebenso der Akazienhügel.”

Fontane nennt hier zwei Mal die Akazie bzw. einen mit Akazien bepflanzten Hügel, an der ersten Stelle sogar gesperrt gesetzt, und zwar ohne weitere Erklärung für diese Sperrung. Nun ist ein mit Akazien bepflanzter Hügel auch im dritten Grad der Freimaurerei ein wichtiges Motiv. Denkbar wäre also, dass Fontane durch die Sperrung einen Bezug zur Freimaurerei hervorheben wollte, ohne diesen aber explizit zu benennen.

Schloß Rheinsberg

Auf seinem Rundgang durch Schloss Rheinsberg kommt Fontane unter anderem in das Arbeitszimmer des Kronprinzen Friedrich (später König Friedrich II., der Große, 1712–1786), und schreibt (Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Die Grafschaft Ruppin, Kapitel: Rheinsberg. WMB 1, S. 275.):

“Dies Arbeitszimmer liegt im rechten Flügel des Schlosses, und zwar in dem kleinen Rundturm, der den Hügel nach vorn hin abschließt. [...] Es ist ein Achteck, das mit drei Seiten in der Mauer steckt, während fünf Seiten frei und losgelöst nach vorn hin liegen. Das Ganze setzt sich abwechselnd aus Wand- und Glasflächen zusammen: vier Paneelwände, drei Nischenfenster und eine Glastür. [...] Über den Lehnstühlen aber, in ziemlicher Höhe, sind Konsolen mit den Büsten Ciceros, Voltaires, Diderots und Rousseaus angebracht. In die Holzbekleidung ist vielfach Spiegelglas eingelassen, während sich zu Häupten der Eingangstür allerlei Zeichen des Freimaurerordens befinden und abermals ein Pesnesches Deckengemälde den Plafond bedeckt. Dasselbe zeigt die Ruhe beim Studieren; ein Genius überreicht der sitzenden Minerva ein Buch, auf dessen Blättern man die Namen Horaz und Voltaire liest.“

Diese Stelle wird auch im Freimaurer-Wiki mit Berufung auf das Internationale Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932) im Stichwort Schloss Rheinsberg benannt und kommentiert:

„Schloß Rheinsberg, das Friedrich dem Großen als Kronprinzen von 1736—1740 als Aufenthalt diente, weist nach Theodor Fontane ("Wanderungen", I., 217) im Arbeitszimmer Friedrichs freimaurerische Embleme auf. Kekule v. Stradonitz ist den Angaben nachgegangen (vergl. "Bundesblatt", August 1928) und hat festgestellt, daß wirklich eine Reihe von Allegorien freimaurerischen Charakter tragen und auf Friedrich selbst als Freimaurer zurückzuführen sind.”

Eine ausführlichere Darstellung der freimaurerischen Aktivitäten auf Schloss Rheinsberg gibt Gerlach (Die Freimaurer im Alten Preußen 1738–1806, Band I: Die Logen in Berlin, S. 12 f.). Sie seien hier nur der Vollständigkeit halber zusammengefaßt:

„Friedrich lud im Frühjahr 1739 v. Oberg und Bielfeld nach Schloss Rheinsberg im Ruppiner Land ein, um eine Loge einzurichten – die erst später so genannte Loge première (1740 Loge du Roi) [...] Diese Rheinsberger Hofloge war die erste Freimaurerloge in Brandenburg-Preußen. Sie war eine Gesellschaft des aufgeklärten Freundeskreises um den Kronprinzen. ... Protokolle sind nicht überliefert. ... Die Loge du Roi schlief nach Kriegsbeginn 1741 ein.”

Samuel Rösel

Eine kurze die Freimaurerei betreffende Stelle findet sich in Fontanes Bericht über Professor Samuel Rösel (1769–1843), über den er schriftlich Erkundigungen einzog, die er in einem eigenen Kapitel “Wer war er? Ein Kapitel in Briefen aus aller Welt Enden” wiedergibt. Ein Briefpartner “H.W.” berichtet Fontane aus Rom am 21. Januar 1880 über Rösel unter anderem (Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Havelland. Kapitel: Wer war er? Ein Kapitel in Briefen aus aller Welt Enden. WMB 2, S. 252.):

“... Seine Beziehungen zu Goethe sind bekannt. Er war auch Freimaurer. Ich habe ihn nie anders gesehen als in schwarzem Frack und weißer Krawatte. Seine letzten Jahre waren nicht die glücklichsten. ...”

Dabei beziehen sich die Nennung des schwarzen Fracks und der weißen Krawatte offensichtlich auf die für die Arbeit in einer freimaurerischen Loge vorgeschriebene formelle Kleidung. Der Bericht von H.W. fällt insgesamt für Rösel nicht positiv aus, und auch der Verweis auf die Freimaurerei wirkt distanziert und ist kaum als positive Charakterisierung zu verstehen. Zu bedenken ist natürlich, dass sich hier Fontanes Briefpartner H.W. äußert, nicht Fontane selber.

Hoppenrade

Eine ebenfalls nur kurze Passage in seiner Beschreibung von Hoppenrade enthält eine weitere Anspielung auf Freimaurer (Erster Besuch in Hoppenrade. Die Legende von der Krautentochter. WMB 3, S. 143). Fontane beschreibt das Deckengemälde der Sakristei in der zum „verwunschenen Schlosse” von Hoppenrade zugehörigen Kapelle. Die Mischung aus vielerlei Symbolik mutet Fontane freimaurerisch an, was wohl bedeutet, konfus-synkretistisch-undeutbar:

“Die Kapelle selbst hatte den Umfang und fast auch das Ansehen eines Rokokosaales. Pfeiler und Decke waren weiß und golden und reiche Stuckornamente dazwischen. Unmittelbar über dem Altar befand sich die Kanzel, was auf Calvinismus deutete, sonst aber erschien alles katholisch, und zwar katholisch im zopfigsten Jesuitenstil, am meisten ein paar schrankartige, schräg ins Eck gebaute Chorstühle, die mit ihrem Gitterwerk und einem dahinter angebrachten Sitzplatze genau wie Beichtstühle wirkten. Ein elfenbeinernes, anscheinend italienisches Kruzifix steigerte noch diesen Eindruck, und wenn nicht das Kruzifix selbst, so doch der Ebenholzkasten, auf dem es stand, in dem nach Reliquienart ein Stückchen Seidenzeug lag mit einem Pergamentstreifen daran und der Inschrift: De vestimento Mariae. Dicht hinter dem Kruzifixe mündete von oben her der konsolartige Kanzelfuß und an ebendieser Stelle war auch ein Doppelwappen angebracht, eines davon das Bredowsche. Sonst fand sich nichts, was ein Interesse hätte wecken können, ausgenommen ein Deckenbild in der Sakristei, das zu dem Calvinistischen und jesuitisch Katholischen auch noch etwas Freimaurerisches hinzufügen zu wollen schien: ein Weltgott trug Zepter und Krone, dazu Sonn und Mond auf der Brust und Löw und Skorpion auf dem Gürtel; ein Engel aber kniete vor ihm und opferte dem Gott ein brennendes Herz. Alles rätselhaft. Auch dies Bild.”

Die dargestellte Szene ist, soweit erkennbar, dagegen nicht spezifisch freimaurerisch.

(4) Fundstellen: Aufenthalte in England und Schottland

Es fällt auf, daß Fontane in seinen Berichten aus England und Schottland (etwa in Jenseits des Tweed, in Briefen und Theaterkritiken) die Freimaurerei überhaupt nicht erwähnt. Es hätte sicher nahegelegen, etwa auf den Ursprung der Freimaurerei in England einzugehen, auf seiner Reise durch Schottland der kleinen Kirche von Rosslyn Chapel einen Besuch abzustatten oder die Schlacht von Bannockburn, die als Schlacht selbstverständlich kommentiert wird, auch im Hinblick auf die Freimaurerei zu besprechen. Beide, Rosslyn Chapel und die Schlacht bei Bannockburn sind – zumindest heute – Angelpunkte eines legendären Bezugs der Freimaurerei zum Orden der Tempelritter. Aber es ist natürlich möglich, dass diese Templerhypothese zu Fontanes Zeiten noch nicht populär war.

Im Vergleich zu den Wanderungen durch die Mark Brandenburg, in denen auch kleinere freimaurerische Details Erwähnung finden, ist dieses Übergehen jeglicher freimaurerischer Spuren oder Berichte bemerkenswert, und zumindest aus Reiseroute oder Gelegenheit zum Berichten nicht erklärbar.

(5) Fundstellen: Romane

Unterm Birnbaum

In der Kriminalgeschichte "Unterm Birnbaum" verwendet Fontane die Freimaurerei, als der Gerichtsvorsitzende Vowinkel Erkundigungen über Herr und Frau Hradschek, die in Verdacht geraten sind, ein Verbrechen verübt zu haben, einziehen möchte. Er tut dies bei seinem Logenbruder, dem evangelischen Pastor Eccelius (Seite 492):

“All dies kam zuletzt auch dem Küstriner Gericht zu Ohren, und wiewohl es nicht viel besser als Klatsch war, dem alles Beweiskräftige fehlte, so sah sich der Vorsitzende des Gerichts, Justizrat Vowinkel, doch veranlaßt, an seinen Duz- und Logenbruder Eccelius einige Fragen zu richten und dabei Erkundigungen über das Vorleben der Hradschecks einzuziehen.
Das war am 7. Dezember, und noch am selben Tage schrieb Eccelius zurück:
»Lieber Bruder. Es ist mir sehr willkommen, in dieser Sache das Wort nehmen und Zeugnis zu Gunsten der beiden Hradschecks ablegen zu können. ...”

Die Mitgliedschaft beider in einer Loge erklärt hier die daraus resultierende Vertrautheit, die beruflich genutzt wird. Auch die Anrede als „Bruder“ (in diesem und im folgenden Antwortbrief) ist – aus heutiger Sicht zumindest – stimmig freimaurerisch. Die Mitgliedschaft des Pastors Eccelius in einer Loge war vorher in folgendem Dialog der Eheleute Hradschek eingeführt worden (nachfolgend beginnend mit Frau Hradschek):

“»Sprich nicht so. Was weißt du davon? Ihr habt ja gar keine Religion. Und Eccelius eigentlich auch nicht. Aber er ist ein guter Mann, eine Seele von Mann, und meint es gut mit mir und aller Welt. Und hat mir zum Herzen gesprochen.«
»Ja, das versteht er; das hat er in der Loge gelernt. Er rührt einen zu Tränen. Und nun gar erst die Weiber.«
»Und dann halt ich zu ihm«, fuhr Ursel fort, ohne der Unterbrechung zu achten, »weil er ein gebildeter Mann ist. Ein guter Mann, und ein gebildeter Mann. Und offen gestanden, daran bin ich gewöhnt.«”

Schach von Wuthenow

In seinem Roman Schach von Wuthenow findet sich gleich zu Beginn ein Dialog über ein neues Theaterstück, das die Gesprächsteilnehmer folgendermaßen kommentieren (Seite 562):

»Was also heißt«, warf Alvensleben ein, »daß an der Aufführung selbst nicht länger mehr zu zweifeln ist.«
»Ich glaube, nein. Man hat den Hof dafür zu gewinnen oder wenigstens alle beigebrachten Bedenken niederzuschlagen gewußt.«
»Was ich unbegreiflich finde«, fuhr Alvensleben fort. »Ich habe das Stück gelesen. Er will Luther verherrlichen, und der Pferdefuß des Jesuitismus guckt überall unter dem schwarzen Doktormantel hervor. Am rätselhaftesten aber ist es mir, daß sich Iffland dafür interessiert, Iffland, ein Freimaurer.«

Hier ist vor allem der Kontrast zwischen den (guten) Freimaurern und den (schlechten) Jesuiten hervorstechend. In seiner Besprechung der Geheimgesellschaften hat Fontane diesen Kontrast erläutert, hier taucht er lediglich auf, um Romanfiguren und den Dialog zu charakterisieren.

Dieselbe Referenz auf Iffland als Freimaurer findet sich im einige Zeit später folgenden Dialog (Seite 602): ::“Der Prinz reichte dem Sprecher über den Tisch hin die Hand. »Recht, lieber Dussek. Ich liebe solch Eintreten. Erzählen Sie. Wie kam es?«

»Vor allem ganz unerwartet. Wie ein Blitz aus heitrem Himmel. Königliche Hoheit wissen, daß seit lange von einer Dekorierung die Rede war, und wir freuten uns, alles Künstlerneides vergessend, als ob wir den Orden mitempfangen und mittragen sollten. In der Tat, alles ließ sich gut an, und die ›Weihe der Kraft‹, für deren Aufführung der Hof sich interessiert, sollte den Anstoß und zugleich die spezielle Gelegenheit geben. Iffland ist Maçon (auch das ließ uns hoffen), die Loge nahm es energisch in die Hand, und die Königin war gewonnen.”

„Maçon sein” (d.h. Freimaurer), wird hier mit Macht und gesellschaftlichem Einfluß in Verbindung gebracht, indem die Loge offensichtlich – aus Sicht des Sprechers Dussek – in der Lage war, die Königin für ein Anliegen zu gewinnen.

Eine längere Passage in Schach von Wuthenow schließlich berichtet vom Ende der Tempelritter. Die Stelle enthält keinen expliziten Bezug auf Freimaurer, die Nennung von Tempelrittern ist andererseits aber auch durch den Gang der Handlung nicht zwingend motiviert, und die Stelle verdient so zumindest Beachtung, denn auf ebendieses Ende beziehen sich mehrere Grade der (Hochgrad-)Freimaurerei. Dialog zwischen Schach und Victoire, beginnend mit ersterem, anlässlich eines Ausflugs nach Tempelhof (Seite 588):

“»... Es ist erwiesen, daß wir Templer in diesem Lande hatten, und die Kirche hier mit ihren vorgotischen Formen mag sehr wohl bis in jene Templertage zurückreichen. Soviel ist glaubhaft.«
»Ich höre so gern von diesem Orden.«
»Auch ich. Er ist von der strafenden Hand Gottes am schwersten heimgesucht worden und eben deshalb auch der poetischste und interessanteste. Sie wissen, was ihm vorgeworfen wird: Götzendienst, Verleugnung Christi, Laster aller Art. Und ich fürchte, mit Recht. Aber groß wie seine Schuld, so groß war auch seine Sühne, ganz dessen zu geschweigen, daß auch hier wieder der unschuldig Überlebende die Schuld voraufgegangener Geschlechter zu büßen hatte. Das Los und Schicksal aller Erscheinungen, die sich, auch da noch, wo sie fehlen und irren, dem Alltäglichen entziehn. Und so sehen wir denn den schuldbeladenen Orden, all seiner Unrühmlichkeiten unerachtet, schließlich in einem wiedergewonnenen Glorienschein zugrunde gehen. Es war der Neid, der ihn tötete, der Neid und der Eigennutz, und schuldig oder nicht, mich überwältigt seine Größe.«
Victoire lächelte: »Wer Sie so hörte, lieber Schach, könnte meinen, einen nachgebornen Templer in Ihnen zu sehen. Und doch war es ein mönchischer Orden, und mönchisch war auch sein Gelübde. Hätten Sie's vermocht, als Templer zu leben und zu sterben?«
»Ja.«”

Verwendung des Johannistages

Im Gesamtwerk von Fontane, Autobiographisches und Romanwerk, finden sich auffällig viele Stellen, die auf den Johannistag, den 24. Juni, Bezug nehmen. An und für sich ist dies zunächst nur eine auf einen Heiligen rekurierende Bestimmung eines Tages, die in der ländlichen Welt und in früheren Zeiten durchaus gang und gäbe war. Der Kontext der einzelnen Fundstellen lässt zunächst nicht auf einen Bezug zur Freimaurerei schließen.

Es ist nun aber der Johannistag auch der höchste Feiertag der sogenannten Johannismaurerei, d.h. der Freimaurerei. Die häufige Nennung des Johannistags, verglichen mit nur seltenen Nennungen anderer Heiligentage als Datumsbezeichnung, lässt doch vermuten, dass Fontane diesen Tag absichtlich oft verwendet und als Johannistag benennt.

Die Fundstellen seien nachfolgend einzeln wiedergegeben. Zunächst solche Stellen, an denen das Datum gegeben war, und die nur durch die Benennung des 24. Juni als „Johannistag“ relevant sind:

“Etwa Ende Mai begann das Verpacken und Aufladen unseres inzwischen durch den Tod des Großvaters vermehrten Mobiliarvermögens, und als vier Wochen später die Nachricht kam, daß alles glücklich in der neuen Heimat angelangt sei, brachen wir am Johannistage 1827 auf, um selber die Reise dorthin zu machen.” (Meine Kinderjahre, Drittes Kapitel: Unsere Übersiedelung nach Swinemünde. Ankunft daselbst. MK, S. 32.)
“Der Herr »mit weisem Rat« aber war niemand anders als Friedrich Burggraf zu Nürnberg. Anfang Juni brach er aus seinen fränkischen Landen auf, war am 16. in Blankenburg am Harz und hielt am 22. seinen Einzug in Stadt Brandenburg. Am 24., St.-Johannistag, waren Adel und Städte bereits in Neustadt Brandenburg um ihn versammelt, um aus seinem Munde zu hören, daß er, Friedrich Burggraf zu Nürnberg, durch König Sigismund zum obersten Verweser und Hauptmann der Mark ernannt worden...” (Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Fünf Schlösser, 6. Kapitel: Burggraf Friedrich kommt ins Land, um sich huldigen zu lassen »zu seinem Gelde«. Die Quitzows lehnen sich auf und rufen die Pommern ins Land. WMB, S. 43.)

An folgenden Fundstellen war das Datum als solches nicht vorgegeben, und Fontane verwendet den Johannistag als schriftstellerisches Ausdrucksmittel:

“Es war grad am Johannistage, daß dieser Brief Obadjas in Krummhübel eintraf und, nach einigem Schwanken, wer denn eigentlich als Adressat anzusehen sei (denn es gab keinen Kirchen- und Gemeindevorstand von Wolfshau), von dem neuen Arnsdorfer Pastor unter Herzuziehung von Exner und Gerichtsmann Klose geöffnet und gelesen wurde. Selbstverständlich in großer Aufregung, an der alsbald das ganze Dorf teilnahm, vor allem die Wolfshauer. Wer irgend konnte, nahm Abschrift von dem Brief, auch Exner und Klose, da das Original zu den Akten mußte. ... Das war am Johannistag 1885.” (Quitt, Kapitel 37. GW 1, S. 448)
“Und unter Schellengeläute ging's nun durch die verschneite Stadt hin, über deren Schneedächern die Wimpel und Flaggen jetzt wieder flatterten und beinahe lustiger noch flatterten als um Johannistag und die Sommerzeit.” (Graf Petöfy, Kapitel 9. GW 1, S. 746)
“Den 24. Juni, Johannistag, sollte die Reise beginnen, aber am Tage vorher wollte Käthe den cercle intime noch einmal um sich versammeln, und so waren denn Wedell und ein junger Osten und selbstverständlich auch Pitt und Serge zu verhältnismäßig früher Stunde geladen worden.” (Irrungen Wirrungen, Kapitel 18. GW 2, S. 427.)
“Johannistag war, und ein sonniger blauer Himmel stand über ganz Angeln, am sonnigsten aber über Schloß Holkenäs.” (Unwiederbringlich, Kapitel 32. GW 2, S. 799. Bemerkenswert die Verwendung des Johannistags als Tag der Hochzeit zweier Protagonisten).
“Er war hinfällig gewesen all die Zeit über, und zu der Last seiner Jahre war schließlich auch noch die Last schwerer Krankheit gekommen. Als er aber vernommen hatte, daß »Schwarzkoppen, wenn Petersen bis Johannistag nicht wieder genesen sei, die Traurede halten solle«, da war er wieder gesund geworden und hatte denen, die zu Vorsicht und Schonung mahnen wollten, beteuert, daß er, und wenn's vom Sterbebett aus wäre, seine geliebte Christine wieder zum Glücke führen müsse. Das hatte alle Welt gerührt, ihm aber die Kraft seiner besten Jahre wiedergegeben, und da stand er nun so grad und aufrecht wie vor neunzehn Jahren, als er, auch an einem Johannistage, die Hände beider ineinandergelegt hatte.” (Unwiederbringlich, Kapitel 32. GW 2, S. 801.)
“Es war eine milde Luft, und wäre nicht der wilde Wein gewesen, der sich mit seinen schon herbstlich roten Blättern um einzelne Säulen von Schloß Holkenäs emporrankte, so hätte man glauben können, es sei wieder Johannistag und das schöne Fest, das ein Vierteljahr vorher ganz Angeln mit begangen hatte, werde noch einmal gefeiert.” (Unwiederbringlich, Kapitel 34. GW 2, S. 808.)
“Da feierten wir, es war am Johannistag, die Hochzeit von Anna Stach und Friedrich Böhnisch, und als wir bei unserem Mahl waren und erbauliche Lieder sangen, die, was dich vielleicht verwundern wird, von drei Violinen und einer Flöte begleitet wurden, da trat Kajarnak in den Brüdersaal und begrüßte uns.” (Vor dem Sturm, Kapitel 33. GW 3, S. 259. Bemerkenswert abermals die Verwendung des Johannistages als Tag einer Hochzeit. Ob mit dem „Brüdersaal“ ebenfalls ein Hinweis auf Freimaurer vorliegt (Freimaurer bezeichnen einander als „Brüder“) bleibt unklar.)
“Das alles war unterhaltlich und erheiternd für Effi. Gerade am Johannistag aber traf es sich, daß kurz vor elf Uhr vormittags, wo sonst der Verkehr vom Dampfschiff her am buntesten vorüberflutete, statt der mit Ehepaaren, Kindern und Reisekoffern besetzten Droschken aus der Mitte der Stadt her ein schwarz verhangener Wagen (dem sich zwei Trauerkutschen anschlossen) die zur Plantage führende Straße herunterkam und vor dem der landrätlichen Wohnung gegenüber gelegenen Hause hielt. Die verwitwete Frau Registrator Rode war nämlich drei Tage vorher gestorben...” (Effi Briest, Kapitel Kapitel 13. GW 4, S. 107. Bemerkenswert die Verwendung des Johannistages als Tag einer Beerdigung.)
“Im übrigen wurde der 24. Juni (Johannistag) als Abreisetag festgesetzt, und Roswitha half der gnädigen Frau beim Packen und Aufschreiben der Wäsche.” (Effi Briest, Kapitel 25. GW 4, S. 224)
“Frau Schmädicke kriegte wirklich die Anzeige, denn alles kam genauso, wie Thilde vorausgesagt hatte, und am Johannistage konnte die Hochzeit in einem ganz kleinen Saale des Englischen Hauses gefeiert werden.” (., Mathilde Möhring. GW 4, S. 642. Bemerkenswert abermals die Verwendung des Johannistages als Tag einer Hochzeit.)

Bemerkenswert ist, daß Fontane den Johannistag mehrmals prominent als Tag einer Hochzeit oder als Tag einer Beerdigung verwendet, was die Vermutung stützt, daß er diesen Tag in der Tat bewußt zur Heraushebung wichtiger Ereignisse eingesetzt hat. Aus Sicht der Freimaurerei hat der Johannistag keinen Bezug zu einer Heirat; ein Bezug zu einer Beerdigung hingegen wäre im Rahmen der Symbolik des III° der Johannismaurerei, wo eine Beerdigung Bestandteil des freimaurerischen Rituals ist, zumindest denkbar.

(6) Mehrdeutige Fundstellen

An einigen weitern Stellen in finden sich – möglicherweise – schwache Verweise auf Freimaurerei. „Möglicherweise“ deshalb, weil nicht von allen sicher gesagt werden kann, ob sie sich tatsächlich absichtlich auf Freimaurerei beziehen, oder ob die Passage lediglich den damaligen Sprachgebrauch wiederspiegelt. Auf einen solchen zeittypischen Sprachgebrauch zu achten ist geboten. Fontane spricht etwa von „Kneipereien“ und „kneipen“ auch dort, wo nur Trinkgelage unter jungen Männern gemeint sind, ohne sich dabei speziell auf Studentenverbindungen zu beziehen, für die das Wort „Kneipe“ heute fast ausschließlich Verwendung findet. (Siehe Fontane, Th., Von Zwanzig bis Dreißig, Kapitel 2. ZD, S. 39 und S. 41.). Nachfolgend einige Beispiele:

In "Meine Kinderjahre" berichtet Fontane von einem geselligen Abend (Kapitel 10. MK, S. 104): “Am oberen Ende der Tafel aber saß Kommerzienrat Krause und sagte, während er sich, als das Lied schwieg, zu meinem Vater wandte: »Sage mir, lieber Bruder, bei diesem Liede von Schill oder doch nach der Melodie von Schill ist mir mit einem Male wieder ›Bertrands Abschied‹ eingefallen.”. Etwas unvermittelt erscheint hier die Anrede als “lieber Bruder”, die nicht durch vorher Berichtetes gerechtfertigt erscheint. Als “Bruder” sprechen sich auch Freimaurer an.

An mehreren Stellen verwendet Fontane die Formulierung „von der „milderen Observanz““, manchmal mit, manchmal ohne Anführungszeichen für „mildere Observanz“. Beispiel 1 (Von Zwanzig bis Dreißig, Kapitel 2. ZD, S. 45): “In diesem Bilde, das bei Saß' Popularität sein Publikum fand, lebte – sozusagen von der »milderen Observanz« – ganz schon jene moderne Form des Witzes, wie sie im wesentlichen noch jetzt in Gültigkeit ist; ...”. Beispiel 2 (Der Stechlin, Kapitel 1. GW 5, S. 9): “Dubslav von Stechlin, Major a. D. und schon ein gut Stück über Sechzig hinaus, war der Typus eines Märkischen von Adel, aber von der milderen Observanz,...”. Die Wendung “milde Observanz” ist deutlich als Gegenstück zur Freimaurerei der „strikten Observanz“ konstruiert und wurde wohl zur damaligen Zeit auch allgemein so verstanden.

Auch die „Feuer- und Wasserprobe“, die in Schach von Wuthenow vorkommt, spielt zwar in der für ihre Freimaurer-Affinität bekannte Oper Die Zauberflöte eine prominente Rolle, findet aber bis heute auch im allgemeinen Sprachschatz Verwendung. „Ich frage Sie, lieber Schach, was würd aus uns, ganz speziell aus uns zwei Frauen, wenn wir uns innerhalb unsrer Umgangs – und Gesellschaftssphäre zu Sittenrichtern aufwerfen und Männlein und Weiblein auf die Korrektheit ihres Wandels hin prüfen wollten? Etwa durch eine Wasser – und Feuerprobe. Die Gesellschaft ist souverän. Was sie gelten läßt, gilt, was sie verwirft, ist verwerflich.” (Schach von Wuthenow, Kapitel 8. GW 1, S. 615)

Ob derartige Stellen belastbar sind, bzw. was aus ihnen geschlossen werden kann, soll hier offen bleiben. Sie sind lediglich der Vollständigkeit halber angeführt.

Conclusio

Zusammenfassend lässt sich über die Bezüge zu Freimaurerei im Werk von Theodor Fontane folgendes sagen:

  • Fontane spricht ausgesprochen frei über und von Freimaurerei, sowohl was persönliche Mitgliedschaften als auch was Organisation, Werte und Ziele von Freimaurerei angeht.
  • Fontane besitzt offensichtlich gute Kenntnis der Freimaurerei, etwa hinsichtlich ihrer Ämter, Kleidungsvorschriften, Lehrarten und Geschichte.
  • Fontane setzt Bezüge zur Freimaurerei in seinem Werk vergleichsweise oft ein, selbst wenn man eine im 19. Jahrhundert in Preußen größere allgemeine Offenheit der Freimaurerei gegenüber zugrunde legt. Mitgliedschaft in Freimaurer-Logen wird zum Beispiel zur Charakterisierung von Personen eingesetzt, Werte und Ziele der Freimaurerei werden aber auch explizit benannt und diskutiert. Der Feiertag der Johannis-Maurerei, der Johannistag (24. Juni), wird auffällig oft eingesetzt.
  • Explizit stellt Fontane im gesellschaftspolitischen Bereich die vorwärtsgewandte Freimaurerei den rückwärtsgewandten Kräften von Papsttum und Rosenkreuzertum und im moralischen Bereich die ehrliche und aufklärerische Freimaurerei den im 18. Jahrhundert grassierenden auf Gaukelei gründenden Geheimgesellschaften gegenüber.
  • Der Tenor gegenüber der Freimaurerei ist positiv. Fontane kann Freimaurerei aus mindestens drei Gründen in einem positiven Licht sehen:
  1. Seine allgemein menschenfreundliche und humane Grundhaltung stimmt mit der der Freimaurerei überein.
  2. Er kannte mehrere Freimaurer persönlich, auch seine Großväter waren Freimaurer.
  3. Er steht in dem – von ihm so erlebten – Kontrast zwischen rückwärtsgewandter Papsttreue und Mystizismus auf der einen und Modernität, Freiheit und Liberalismus auf der anderen Seite auf Seiten letzterer.


Siehe auch