Joanna Rajkowska

Aus Freimaurer-Wiki
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THE LIGHT OF THE LODGE

Unter diesem Titel beschäftigte sich die polnische Künstlerin Joanna Rajkowska zweimal in einer ebenso kreativen wie ambivalenten Weise mit der Freimaurerei: 2012 behandelte sie dieses Thema zum ersten Mal spielerisch im Kopenhagener ‚Art Festival’; 2014 folgte die Wiener Galerie ‚Charim’ mit denselben Sujets. Ambivalent? Ja: Einerseits bewundert Joanna Rajkowska die Symbole und Ideale der Freimaurer, andererseits fragt sie sich, ob deren Rituale und die Ideale noch zeitgemäß sind. Von Jens Rusch und Rudi Rabe.

WIEN 2014: Im Haus der alten ‚Wahren Eintracht’

Die Ausstellung in der Galerie Charim in der Dorotheergasse 12 im Stadtzentrum wartete mit einer versteckten historischen Pointe auf: Das Haus, in dessen erstem Stock die Galerie Charim untergebracht ist, war ab 1781 der Sitz der berühmten Wiener Loge Zur wahren Eintracht. Deren renommierter Stuhlmeister Ignaz von Born starb hier 1791. Dies wissen auch in Wien nur noch Spezialisten, und Joanna Rajkowska wird es wohl auch nicht erfahren haben. Ihre Kunstwerke auf eine geheimnisvolle Weise vielleicht doch?


Joanna Rajkowska: The Light of the Lodge, 2012; Copenhagen Edition; Neons, Aluminium Unique; (c) Joanna Rajkowska; courtesy Charim Galerie Wien
Der Neon-Schurz von Joanna Rajkowska im Hauptraum der Charim-Galerie; daneben ihr Neon-Altar.
Exhibition View © Joanna Rajkowska; courtesy Charim Galerie Wien
Hier variiert Joanna Rajkowska das Musivische Pflaster, das auf jedem Logen-Tapis zitiert wird.
Joanna Rajkowska (c): Carpet 600 x 300 cm, 100 % wool; courtesy Charim Galerie Wien.
Die Galerie hielt Plastikschuhe bereit, mit denen man den Teppich begehen konnte.
Mündet Joannas Musivisches Pflaster in ein Schwarzes Loch? Jedenfalls steht man, wenn man sich umdreht, sofort vor dem Schriftzug ‚error’. Alles ein Irrtum? Aber worin liegt der Irrtum?
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Was ist überhaupt ein Irrtum?? Gott weiß es: ER HAT (immer) RECHT.
(c) Joanna Rajkowska: GOD IS RIGHT, 2014; Object 5 curcuits of LED Christmas lights, steelframed Unique, 55 x 100 x 8 cm; courtesy Charim Galerie Wien
Hat Gott wirklich (immer) recht? Die Künstlerin lässt diese These rhythmisch im aufglühenden Sternenmeer versinken.
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Obwohl man darin blättern durfte: Auch die ‚masonische Bibel’ aus dem Besitz der Künstlerin klärt das nicht.
So ist das eben mit den Ambivalenzen: Joanna Rajkowska spielt auf diesem Klavier.
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KOPENHAGEN 2012: Ein lebendes Kunstwerk

Was in der Wiener Galerie nur als Endlosvideo gezeigt werden konnte, gab es in Kopenhagen live. Joanna Rajkowska ließ Frauen in schwarzen Umhängen immer wieder durch die Stadt ziehen: mit Feuer auf den Hüten.


Video mit der ‚Prozession’ der brennenden Hüte

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Video mit Joanna Rajkowska über 'ihre' Freimaurerei (2012)

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Übertragung des Videos vom Englischen ins Deutsche:

Ich bin eine Polin und halte mich gegenwärtig in London auf. Aber mein künstlerisches Fühlen und Tun kommt aus Osteuropa.

Als zum Beispiel im 19. Jahrhundert Polen keine eigene Staatlichkeit hatte, unterstützten die Freimaurer die polnischen Unabhängigkeitsbewegungen; ebenso die Sprache, die Bildung und Erziehung, die als nationale Institutionen gar nicht existierten. Außerdem waren die Freimaurer karitativ tätig.

Ich interessiere mich schon seit längerem für die Freimaurerei. Sie ist das am meisten europäische Kulturprodukt, das man sich vorstellen kann. Andererseits scheint sie heute ein wenig anachronistisch zu sein: mit all ihren Idealen wie Erziehung und Wohltätigkeit, mit ihren politische Ansichten. Das alles ist in einer gewissen Weise ein Produkt der französischen Revolution, und die Freimaurer folgen immer noch diesen Ideen. Gleichzeitig ändert sich aber Europa schnell. Auch unsere Kultur hat sich verändert.

Ich empfinde große Anerkennung, ja sogar Bewunderung für die Freimaurer. Doch frage ich mich, ob diese Ideale noch zeitgemäß sind. Damit beschäftige ich mich in meiner Kunst. Ich will diese Ambivalenzen zeigen: Auf der einen Seite die wunderschönen Bilder und Symbole der Freimaurer, wie der Altar, der Schurz; auf der anderen Seite sind die Rituale doch ziemlich altertümlich. Sie wirken anachronistisch; das ist evident. Es ist ein seltsamer Widerspruch, und mein künstlerisches Projekt basiert auf dieser Ambiguität.

Das Feuer auf den Hüten? Das sind einfach visuelle Zeichen. Entweder für brennende Gehirne oder das erleuchtet Sein oder die Verschwendung von Energie. Man kann das so oder so verstehen. Ich erkläre nicht, was es bedeutet.

Ich stelle nur Fragen, die uns alle betreffen: Wer sind wir heute in Europa mit dieser Ansammlung von Idealen, die den Kontinent über Jahrhunderte geleitet haben. Gelten Sie noch? Was geschieht mit Ihnen? Wie werden sie in die Idee von der Europäische Union übertragen? Das ist alles.

Die Anregung dazu hatte ich im vergangenen Sommer, in dieser Atmosphäre der langen Augustnächte, wenn man ausgeht, sich amüsiert, trinkt, und wenn man dann miteinander über etwas wirklich Wichtiges diskutiert. Aber nicht in einer Art, die uns zwingt, logisch zu argumentieren. Es ist einfach Spaß. Etwas, das die Leute genießen, wenn sie es tun und wenn sie so assoziieren können.“

Siehe auch:

Links:

Pressespiegel

  • Zukunftweisend mittelalterlich von ANNE KATRIN FESSLER... in der österreichischen Online-Tageszeitung derStandard.at: Sie interessiere sich für die Mehrdeutigkeit der Freimaurerei, "das europäischste Kulturprodukt, das man sich vorstellen kann", so Rajkowska in einem Interview: Auf der einen Seite verfolgen die Freimaurer Ideen der Aufklärung wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, auf der anderen gibt es jedoch diese mittelalterlich anmutenden Rituale. [...] Weiterlesen: derStandard.at