Rezension: Alexander Giese – Die Freimaurer

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Rezension: Alexander Giese – Die Freimaurer

Ein Klassiker reloaded

Mit einem kompakten Überblick: Auf gut hundert Seiten wird alles erklärt, was ein „Suchender“ oder wer auch immer sich für die Freimaurerei interessiert, wissen sollte; in einem Buch, das 1991 zum ersten Mal erschien und auch jetzt ein Vierteljahrhundert später in vierter Auflage immer noch gedruckt und verkauft wird. Von Rudi Rabe.

Warum schreibe ich Anfang 2016 eine Rezension über ein Buch, welches schon vor einem Vierteljahrhundert in die Buchhandlungen gekommen ist? Ungewöhnlich, ja. Aber leicht erklärt: Der Autor Alexander Giese, vielseitiger Autor und von 1975 bis 1987 zwölf Jahre lang Großmeister der ‚Großloge von Österreich’, ist vor wenigen Tagen im Alter von 94 gestorben. Ich kannte ihn. Und so nahm ich sein Buch, das ich vor vielleicht fünfzehn Jahren gelesen hatte, wieder zur Hand, um darin zu blättern. Ein Buch, das zwei Jahrzehnte älter ist als das Freimaurer-Wiki und daher in diesem nie rezensiert wurde. Und ich merkte gleich: Höchste Zeit, dass dies nachgeholt wird!

Alexander Gieses Buch 'Die Freimaurer - Eine Einführung' ist mit seinen kaum mehr als hundert Seiten längst ein Klassiker freimaurerischer Literatur; ein Buch, das in einer ebenso einfachen wie anspruchsvollen Sprache alles über die Freimaurerei erzählt, was wichtig ist. Einfach und kompakt geschrieben, detailreich und dennoch gut verdaubar, komplex und dennoch eingängig. Man spürt die Klaue des journalistischen Schriftstellers.

Erste Buchhälfte: Was ist die Freimaurerei?

Was ist ein Freimaurer? Was muss man sich unter einer Loge vorstellen? Unter einer Bauhütte, wie die Freimaurer ihre jeweilige Loge auch nennen? Ist das ein Verein wie alle anderen? Giese: „Das stimmt und stimmt nicht. Es stimmt, weil die einzelnen Logen im Vereinsregister des jeweiligen Staates eingetragen sind (also keine Geheimbünde sind, die ja illegal existieren). Es stimmt nicht, weil sie im Unterschied zu anderen Vereinen bestimmte Anforderungen an ihre Mitglieder stellt; um genau zu sein: Jeder, sobald er Mitglied ist, stellt sie an sich selbst. Das ‚Vereinsziel’ ist nämlich nicht Interessenvertretung, Geselligkeit, Ausübung einer speziellen kulturellen, sozialen oder sportlichen Aktivität, etwa die Pflege von Wissenschaft, Kunst und Kultur.“ Sondern: „Mit dem Eintritt in die Loge stellt sich dem Freimaurer die Aufgabe, ‚sein Leben zu ändern’, und zwar aus sich und von sich heraus, ohne sich dogmatischen Zwängen oder Vorschriften unterwerfen zu müssen. Das ist wohl eines jener Geheimnisse der Freimaurerei, die niemand erwähnt. Und die den Bund von anderen Vereinen unterscheidet.“ Die Freimaurerei ist, so zitiert Giese den Altgroßmeister der 'Vereinigten Großlogen von Deutschland', Jürgen Holtorf, eine „Verschwörung zum Guten“.

Mit der Beantwortung der Fragen, die damit zusammenhängen, beschäftigt sich Alexander Giese in der ersten Hälfte seines Buches: Was tun Freimaurer Geheimnisvolles in ihren Logen, Bauhütten und Großlogen? Wie ist das mit ihren Ritualen und Symbolen? Woher kommt diese ganze Bewegung eigentlich? Wie ist sie entstanden? Dazu passt auch eine Frage, auf die in anderen Freimaurerbüchern wenig eingegangen wird, nämlich wie dieser seltsame Begriff ‚Freimaurer’ überhaupt entstanden ist.

Woher kommt das Wort ‚Freimaurer’?

Vom englischen ‚freemason’: Das ist klar oder es wird klar, wenn man das Kapitel über die Geschichte der Freimaurerei gelesen hat. Wobei ‚mason’ im Englischen sowohl ‚Maurer’ als auch ‚Steinmetz’ oder ‚Steinbildhauer’ heißen kann; je nach Kontext. Letzteres wäre eine stimmigere Übersetzung gewesen. Aber es ist anders gelaufen.

Doch was soll dann der Wortteil ‚free’ davor? Dafür gibt es zwei Deutungen. Giese: „In alten Bau-Urkunden steht: ‚Sculptores Lapidum Liberorum’ ... Das bedeutet, dass die Rede von Maurern (Werkmaurern, operativen Maurern, Steinmetzen) ist, die einen ‚frei’, das heißt leicht zu bearbeitenden Stein als Werkstoff verwenden, vermutlich Sand- oder Kalkstein. Andere Erklärungen besagen, das Wort ‚frei’ deute auf gewisse Privilegien hin oder zeige an, dass die Freimaurer keiner der ortsgebundenen Zünfte angehörten. Damit würde übereinstimmen, das solche 'freemasons' verstreut im ganzen Lande lebten und zu wichtigen Großbauten in Massen zusammengezogen, gleichsam 'rekrutiert' wurden.“ Es gibt also zwei verschiedene Deutungen. Welche die richtige ist, wird wohl nie abschließend zu klären sein.

Zweiter Buchhälfte: Die Freimaurerei gibt es nur im Plural

Wenn man von DER Freimaurerei spricht, so ist das genau genommen eine Fiktion. Auch wenn die Logen über alle Grenzen hinweg eine ähnliche Geschichte, ähnliche Rituale und dieselben Werte haben, müsste man eigentlich von DEN ‚Freimaurereien’ sprechen, also in der Mehrzahl, jedenfalls wenn man die Bewegung international vergleicht. Dem widmet Giese die zweite Hälfte seines Buchs.

Sehr anschaulich stellte er die Unterschiede dar: zwischen England, der Wiege dieses Männerbundes, und Amerika und Frankreich und Italien und Deutschland und schließlich Österreich, der Heimat des Autors. Viele Unterschiede werden erkennbar, weil die Freimaurerei „kein monolithischer Block“ ist sondern sich bei allen Gemeinsamkeiten von Land zu Land verschieden entwickelte: zum Beispiel mehr politisch in Frankreich und in Italien, jedenfalls geschichtlich betrachtet, während „die deutschen Logen ... kaum politisch wirksam“ waren. Hingegen „entwickelten sie ein überaus reiches Innenleben und trugen so zu einer humanen Kultivierung der Männergesellschaft entscheidend bei.“

Eines jedoch hatten die ‚Freimaurereien’ aller Länder gemein: Despoten, Einparteiendiktaturen und intolerante Kirchen mit angemaßtem Deutungsmonopol mochten sie nicht. Wenn sie die Macht hatten, wurden die Logen fast immer verboten. Gut entwickelt hat sich die Freimaurerei nur in Demokratien.

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