Rezension: Helmut Reinalter – Aufklärungsdenken und Freimaurerei: Unterschied zwischen den Versionen

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* [[Rezension: Helmut Reinalter: Typologien des Verschwörungsdenkens]]
 
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Version vom 23. Juni 2018, 17:08 Uhr

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Helmut Reinalter – Aufklärungsdenken und Freimaurerei

Von der Aufklärung zum „reflexiven“ Aufklärungsdenken

Die Freimaurerei und die historische Aufklärung: Das mag ja interessant sein, aber wurde das nicht schon gefühlte hundertmal durchdekliniert? Und überhaupt: Was hat das noch mit dem 21. Jahrhundert zu tun? So könnte man empfinden, wenn man dieses Buch zur Hand nimmt. Und wenn man nicht weiß, dass ein bloßes Verharren in dieser so oft erzählten Geschichte wohl auch den Historiker Helmut Reinalter gelangweilt hätte. Von Rudi Rabe.

Nein, der ausgewiesene Experte für das 18. Jahrhundert, also für die hohe Zeit der historischen Aufklärung, richtet sich mit diesem Buch ja nicht an seine jungen Studierenden, die sich die Geschichte erst erarbeiten müssen, sondern über den Verlag der Zürcher Loge 'Modestia cum Libertate' an die Freimaurer. Also erklärt er uns nicht nur das Zeitalter der Aufklärung, vielmehr führt er diese große Idee zur Gegenwart weiter, und schließlich wagt er im letzten von fünf Kapiteln einen „aufgeklärten Blick in die Zukunft“. Im Buchtitel steht ja auch gar nicht ‚Aufklärung’ sondern ‚Aufklärungsdenken’: ein breiterer Begriff.

Aufklärungsdenken heute

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Und so weist uns der Autor darauf hin, dass ‚Aufklärungsdenken' heute nicht mehr bloß als die Anwendung „instrumenteller Vernunft“ verstanden werden kann, das mag im 18. Jahrhundert berechtigt gewesen sein, sondern als „kommunikative Verständigung zwischen Subjekten“ (Jürgen Habermas), als „plurale Vernunft“ (Wolfgang Welsch) unter Einbeziehung unserer Gefühle, die „Qualitätsurteile und als solche eine Gabe der Unterscheidung“ sind (Carola Meier-Seethaler).

Helmut Reinalter selbst spricht von „reflexiver Aufklärung“, ein Begriff, den er als Präsident der Freimaurer-Akademie der Großloge von Österreich entwickelte: Gefragt sei heute „keine neue Form der Verantwortungsethik“ sondern „das Prinzip der konkreten Humanität, das auf Menschen und ihre Mitgeschöpfe bezogen wird. Die Ethik einer konkreten Humanität schließt die Forderung nach einem humanen, menschlichen Vorgehen in der Lebenspraxis ein und kann sich nicht in der Analyse von Ethikformen erschöpfen.“ "Aus den ‚Alten Pflichten’ (1723) müssen ‚Neue Pflichten’ gemacht werden, die den Erfordernissen des 21. Jahrhunderts entsprechen. Wichtig sind zwar die Ziele und Ideen der Freimaurerei auch heute noch, breit ist aber mitunter die Kluft zwischen Anspruch, Tat und Wirklichkeit", schreibt der bekennende Freimaurer Reinalter der aktuellen Freimaurerei ins Stammbuch.

"Die Freimaurerei ist kein Kind der Aufklärung"

Das Buch besteht nur aus gut hundert Seiten. Dennoch enthält es wie alle Reinalter-Bücher sehr viele Details. Und genau genommen befasst es sich erst in der zweiten Hälfte mit der Aufklärung und dem Aufklärungsdenken. In der ersten gibt Reinalter einen breiten Überblick auf die vielen Vorstellungen, die es zur Frage, wie die Freimaurerei eigentlich entstanden ist, gab und gibt: ein pseudowissenschaftliches „Wirrwarr der Legenden und Hypothesen“. Wobei Reinalter klarstellt: „Die Aufklärung hat die Freimaurerei zweifelsohne mit ihren Ideen stark beeinflusst, wie umgekehrt die Freimaurerei auch manche Ziele des Aufklärungsdenkens verstärkt hat. Die Freimaurerei war aber kein Kind der Aufklärung. Deren Ursprünge gehen weiter zurück.“ Wie weit zurück, das scheint letztlich im zitierten Legendenwirrwarr unterzugehen. Bis hin zu dem immer wieder erstaunlichen Faktum, dass die Frage, warum die Freimaurer, also die freemasons, so heißen wie sie heißen, weiter ungeklärt ist: Darüber „wurde intensiv nachgedacht. Die Erklärungen sind allerdings nicht eindeutig.“

Und in diesem Zusammenhang noch ein (auf gut wienerisch gesagt) nettes ‚Schmankerl’: Reinalter macht uns darauf aufmerksam, dass die 1717 in London gegründete erste Großloge entgegen der masonischen ‚Lehre’ eigentlich gar „keine Großloge im modernen Sinn“ war, sondern nur eine Zusammenarbeit von vier Logen mit rotierendem Vorsitz.

Das Buch wurde von der Züricher Loge Modestia cum Libertate herausgegeben. Wie deren Stuhlmeister in einem Vorwort schreibt, ist es anlässlich 200 Jahre ‚Modestia’ das zweite Jubiläumsbuch. Das erste war vom Heidelberger Professor Jan Snoek die „Einführung in die westliche Esoterik für Freimaurer“.

Bezug über folgende Adresse:
ar@modestia.ch; oder: Modestia cum Libertate, Archivar, Lindenhof 4, 8001 Zürich. Preis: 30 Franken (etwa 25 Euro).

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