USA: Anti-Freimauerei

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Die Anti-Freimauerei in den Vereinigten Staaten damals und heute

Ein Überblick von Glenys A. Waldman, Bibliothekarin in der Bibliothek und im Museum der Großloge von Pennsylvania und Jeffrey Croteau, Manager der Bibliothek und des Archivs des Masonischen Museums des Schottischen Ritus in Lexington/Massachusetts: Die Zusammenfassung reicht vom frühen 19. Jahrhundert bis in die Jetztzeit (2013). Bearbeitung und Übersetzung von Peter Back-Vega, Direktor des Österreichischen Freimaurermuseums Rosenau.


Solange es die Freimaurerei gibt, solange gibt es auch ihre Gegner - aus denselben Gründen, aus denen viele andere Gruppen auch verfolgt werden: Gier, Neid und Eifersucht, die Unterstellung von Rücksichtslosigkeit (speziell der Anführer), Angst vor dem Unbekannten und die schlichte Suche nach einem Sündenbock.

Anders als in Europa kam die Feindschaft von einfachen Bürgern

Frühes 19. Jahrhundert: Eine sogenannte ‚cabinet card’ mit einem antifreimaurerischen Motiv. Das Plakat stellt die Freimaurer in die antichristliche Ecke, was in den religiös determinierten USA besonders gefährlich war und wohl auch noch ist. Solche ‚cabinet cards’ wurden oft wie Visitenkarten weitergereicht.

Etwas vereinfacht gesagt: In Europa hat sich die Ablehnung der Freimaurerei von oben nach unten entwickelt - ausgehend von Kaiser, Papst und Klerus.

In den USA war es umgekehrt: es kam von der Basis - wenn auch nicht von ungebildeten Leuten, besonders von Predigern. Sie predigten gegen die Maurerei, nannten sie eine Gegenreligion, die der Satan benütze, um die Kirchen, die Moral und sogar das amerikanische Rechtssystem über den Haufen zu werfen. Da auch die „Obrigkeit“ in den Gemeinden mitmachte, wurde aus dem moralischen Feldzug bald ein politischer.

Die Freimaurerei hatte sich in Amerika schon bald nach der Gründung der Englischen Großloge (1717) verbreitet: In Philadephia war sie 1730 angekommen. Benjamin Franklin wurde 1731 aufgenommen, 1734 war er schon Großmeister und stellte im selben Jahr eine amerikanische Ausgabe von Andersons „Constitutions of the Free-Masons“ von 1723 her.

Man muss in Betracht ziehen, dass die Vereinigten Staaten von Leuten gegründet wurden, die vor religiöser Verfolgung geflohen waren. Insofern hat Religion im amerikanischen Leben immer eine wesentliche Rolle gespielt: Pennsylvania beispielsweise wurde 1682 gegründet, als Penns „Heiliges Experiment“, in dem Toleranz ein Grundzug der Regierungspolitik war.

Religiöse Fanatiker waren (und sind) oft Freimaurer-Gegner

Oftmals waren es aber auch große Inbrunst auslösende „Erweckungsbewegungen“. Die zweite dieser Bewegungen setzte am Ende des 18. Jahrhunderts ein und dauerte bis zur Mitte des 19. Sie erfasste ganz Amerika, besonders den Nordosten und den Mittelwesten und weit über die Bildungselite Neuenglands hinaus auch die Armen und Ungebildeten. Ihr Zentrum lag im „ausgebrannten“ Westen New Yorks, so genannt, weil hier immer gleich alles mit Pech und Schwefel ausgetrieben wurde, durch die Verdammung aller „Unmoral“ - was immer das zu jener Zeit heißen mochte.

Man muss ebenfalls in Betracht ziehen, dass jegliche Art von Schwur, ganz abgesehen von Ordenskleidern oder Ritualen durch die Konfessionen, Gesellschaften, Vereinigungen, wie Quaker, Lutheraner, Mennoniten, Pietisten, Schwenkfelders oder Deutsche Reformierte strikt abgelehnt wurden. Diese Erweckungsbewegungen hegten auch eine latente Feindseligkeit gegen „Geheime Gesellschaften“ (wie die Illuminaten), die „die üblichen Verdächtigen“ waren.

Das Morgan-Buch 1827: Das geheimnisvolle Verschwinden des Autors löste eine Welle der Freimaurerfeindschaft aus, die bis gegen Mitte des Jahrhunderts anhielt.

Dazu gehört auch, dass die Anti-Freimaurer für soziale Gleichberechtigung eintraten, während die meisten amerikanischen Freimaurer der Zeit zur Elite gehörten, vermögend waren und in führenden Positionen in den Gemeinden.

Zündstoff lieferte die „Morgan-Affäre“ von 1826

William Morgan (1774 bis etwa 1826) lebte im schon erwähnten Pech und Schwefel-Bezirk. Sein plötzliches Verschwinden im September 1826 spielte den Gegnern der Freimaurerei mächtig in die Hände: 14 Hetzschriften gegen die Maurer gab es in den USA und fast wäre die Freimaurerei in Amerika dadurch vernichtet worden.

Der ‚Neu-England Antifreimaurer-Almanach’ von 1829: damals ein verbreiteter Träger des Antimasonismus. Text: „Einem ‚armen, blinden Kandidaten’ werden seine Pflichten klargemacht.“ Der Herausgeber Edward Giddins gibt sich als Royal-Arch-Maurer aus.

Was war geschehen? Morgan war ein Baumeister und diente unter dem Freimaurer und General Andrew Jackson bei der Schlacht um New Orleans. 1821 zog er nach York in Canada und arbeitete in einer Brauerei. Er scheint sich dort einiges über das Logenleben abgelauscht zu haben und hat es wohl auch geschafft, Logen zu besuchen; nirgends findet sich aber ein Nachweis, dass er je regulär aufgenommen worden wäre!

Die „Morgan Affaire“ begann damit, dass er drohte, ein masonisches Ritual zu veröffentlichen. Er war zu der Zeit in Batavia, New York, Partner des Druckers und Verlegers David C. Miller, der den „Republican Advocate“ herausgab. Beiden Männern war die Aufnahme in ein neues Royal Arch Kapitel verweigert worden. Elf Mitglieder von Logen in Batavia versuchten, Morgans Enthüllungen zu vereiteln, bis hin zu dem Versuch, Millers Druckerei niederzubrennen! Trotz alledem kam „Illustrations of Masonry, by One of the Fraternity, Who Has Devoted Thirty Years to the Subject“ (Illustrierte Darstellung der Freimaurerei, von einem, der sich der Bruderschaft dreißig Jahre lang gewidmet hat) bei Miller in Batavia, New York, Ende Oktober 1826 heraus. Da war Morgan schon einen Monat lang verschwunden!

Die Sache ist bis heute ungeklärt

Was nun wirklich mit ihm geschehen war, ist bis heute nicht geklärt. Die einen sagen, er sei in den Niagara geworfen worden, die anderen, man habe ihm 500 Dollar gegeben, nach Canada verfrachtet und dort freigelassen. Klar ist, dass er gekidnappt worden ist, ob er aber in einem sinnlosen Versuch die Publikation zu verhindern, umgebracht worden ist, ist nie bewiesen worden.

Jedenfalls bildete die Verbindung von religiösem Eifer und der Entführung eines, der etwas von den Freimaurern verraten wollte, eine gute Mischung für eine anti-Freimaurerische Bewegung: Anscheinend vertrugen sich Freimaurerei und redliche Bürgerschaft nicht miteinander.

Sogar eine Antifreimaurer-Partei bildete sich

Ein echter Kreuzzug begann, gepfeffert mit Verschwörungstheorien, der sich schon im folgenden Jahr zu einer politischen Partei formte. An die Spitze setzte sich John Quincy Adams ein notorischer Freimaurerfeind, der von 1825 bis 1829 Präsident war! Ihm folgte dann allerdings (bis 1837) Andrew Jackson, der 1822 bis 1824 Großmeister in Tennessee war.

Bis 1830 war aus den Anti-Freimaurern eine echte Opposition zu Jackson geworden, die die Freimaurerei zum Sündenbock für alles machte, zum Symbol für Korruption und einer Gefahr für die Demokratie. Obwohl die Anti-Masonic Party in den Wahlen 1832 nie wirklich eine Chance hatte (Jackson und der frühere Großmeister von Kentucky, Henry Clay, gewannen haushoch) trat hier doch zum ersten Mal eine ernst zu nehmende dritte Partei in der amerikanischen Politik auf.

Tausende verließen die Logen

Die Freimaurerei hat darunter merkbar gelitten: Tausende legten ihre Mitgliedschaft nieder, und Logen und Großlogen zogen sich ganz aus der Öffentlichkeit zurück. In Pennsylvania beispielsweise, wo 1810 45 Logen existierten, die schon 1820 auf 92 angewachsen waren, blieben 1837 wieder nur mehr 45 übrig! Die Anti-Masonic Party arbeitete bis 1843.

Doch nach diesen Jahren erholte sich die Freimaurerei wieder schnell: schon 1850 waren wieder 125 Logen in Pennsylvania aktiv. bis 1960 erreichten sie ihren höchsten Stand, mit fast 600 Logen und 257.000 Mitgliedern. Heute allerdings gibt es dort nur mehr die Hälfte an Mitgliedern und in den ganzen USA etwa 2 Millionen.

Reste von Anti-Freimaurerei gibt es bis heute

Eine Februarseite aus einem dieser Almanache: Ein fetter Freimaurer-Kapitalist mit Schurz und Hammer hat einem ausgehungerten Rezipienten (ein Hosenbein oben) eine Schlinge um den Hals gelegt. Der Dicke zum zögernden Dünnen: „Zieh ja nicht zurück – ich hab’ dich!“

Heute ist in den USA die Anti-Freimaurerische Haltung am stärksten bei Katholiken und bei den Baptisten im Süden ausgeprägt. Diese traten gemeinsam mit den Quakern (auch das ein Gegensatz zu Europa) für eine strikte Trennung von Staat und Kirche auf, weil sie die Dominanz der Church of England in der Regierung ausschalten wollten.

Ihr Eintreten für Glaubensfreiheit wurde zu einem der tragenden Prinzipien der Vereinigten Staaten. Heißt es doch schon im ersten Zusatz zur Verfassung (1789): Der Congress darf keine Gesetze erlassen, welche die Anerkennung, die Einführung oder Ausübung von Religionen betrifft, noch die Freiheit der Rede und der Presse einschränken, noch die Versammlungsfreiheit.

Zum Beispiel bei den Baptisten

Heute scheinen sich die Baptisten an diese historische Leistung nicht mehr zu erinnern, denn sie ließen sich 1985 in eine Attacke auf die Freimaurerei hineinziehen, als Dr. James Holly (dessen Vater und Schwiegervater Freimaurer waren!) mit einigen Gesinnungsgenossen bei der Southern Baptist Convention eine Resolution durchsetzte, dass Freimaurerei mit dem Glauben, der Botschaft und dem Leben als Baptist nicht vereinbar sei!

Dr. Gary Leazer wurde als Gutachter beigezogen, um der Convention zu einer abschließenden Meinung zur Freimaurerei zu verhelfen. Sein Ergebnis, mit dem Freimaurer und ihre Freunde gut leben können: - Freimaurerei tritt nirgends als Autorität auf - Einige ihrer „Lehren“ beziehen sich stark auf den Geist der Zeit, in der sie entstanden sind. - Freimaurerei ist keine Religion (obwohl sie als solche missverstanden werden kann), und sie unterliegt keinerlei kirchlichen Verwaltung.

Und bis heute sind es religiöse Fundamentalisten

Diese Erkenntnisse hatten sich die Baptisten von Dr. Leazer allerdings nicht erhofft und erwartet. Die Resolution wurde 1999 erneuert und Dr. Leazer gefeuert - er wurde Freimaurer! Er will klarmachen, dass nur einzelne religiöse Fundamentalisten und Extremisten gegen die Freimaurerei kämpfen. Sie wollen, dass jeder Mensch genauso glaubt und handelt wie sie. Wer das nicht tut, hat als Ungläubiger ausgeschlossen zu werden.

Anti-Freimaurerei ist bei den religiösen Gruppierungen durchaus noch virulent und wird es wohl auch weiter bleiben, aber im Moment ist es etwas ruhiger. Bei vielen Mitgliedern, ja bei ganzen Gemeinden spielt die Antihaltung zur Freimaurerei fast keine Rolle mehr: In Pennsylvania gibt es eine ganze Reihe enthusiastischer katholischer Maurer!


Dieser Artikel wurde dem Buch ‚Das Märchen von der Weltherrschaft’ von Peter Back-Vega entnommen. Es erschien 2013 im Metro-Verlag in Wien.

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