Verschwörungstheorien

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Verschwörungstheorien

Robert Anton Wilson: Lexikon der Verschwörungstheorien

Das Konzept der Konspirations-Theorien

Wirklich verrückte Verschwörungstheorien kann niemand wirklich widerlegen, denn sie alle haben eine seltsame Schleife in ihrer Konstruktion: Jeder Beweis gegen sie funktioniert nämlich gleichzeitig als Beweis für sie, wenn man die Dinge so sehen will. Daher überlebt jede Verschwörungstheorie jede Kritik, genau wie ihre Cousine die Theologie. Deshalb ist das Buch von Robert Anton Wilson eine gute Einstiegslektüre, wenn man sich denn gern auf diesen schlüpfrigen Pfad begeben möchte. Freimaurer waren und sind eine gute Projektionsfläche für Vermutungen und Vorwürfe, die man nicht gern tatsächlich belegen möchte. Dan Brown nutzt dieses Effekt genau wie Vorgänger, die einfach nur wenig greifbare Schuldige suchten. Sei es nun für den Vorwurf einer angeblich angestrebten Weltherrschaft, Kinderpornografie oder Klimawandel. Es gibt kaum noch etwas, wofür man nicht bereits Freimaurer verantwortlich gemacht hätte.

Typisches Beispiel: Das Verschwörungsmuster 33

33 mal Flachsinn, Schwachsinn, Blödsinn!
Von Rudi Rabe für ZEIT&MASS, die Mitgliederzeitschrift der Großloge von Österreich.

Waren es die Freimaurer???
Geretteter Bergmann mit Präsident Pinera

Darauf muss man erst einmal kommen: Dass auch die dramatische Rettung der 33 verschütteten Bergleute in Chile (im Herbst 2010) als Stoff für antifreimaurerische Verschwörungstheorien taugt. Die uruguayische ‚La Republica‘ faßte Spekulationen aus dem Internet zusammen: Offenbar glauben Verwirrte, dass dies ein maurerisches Ritual war.

Ausgangspunkt sind die 33 Grade des Schottischen Ritus. Aha: 33 Kumpel. Passt. Aber nicht nur das: Für die Bergung wurde 33 Tage gebohrt, und sie fand vom 12.10.2010 (12+10+10=32) zum 13.10.2010 (=33) statt.

Eine freimaurerische Inszenierung???

Konklusio: Alles wurde inszeniert, damit jemand vom 32. in den 33. Grad aufsteigen konnte. Wer? Präsident Sebastian Pinera natürlich. Hat er nicht selbst nach der Rettung auf die Quersumme hingewiesen?! Und darum hat er doch auch immer so glücklich gelächelt, erkannten die Verschwörologen scharfsinnig.

Oder war es eine jesuanische
33iger-Wunderverschwörung???

Eine Wiener Gratiszeitung und ein paar einfach gestrickte Onlinemedien übernahmen den Unsinn. Zusammen kamen sie auf zehntausende Leser. Schlichte Gemüter könnten es leider geglaubt haben.

Das Verschwörungsmuster um die Zahl 33 ist nicht neu: Der amerikanische Präsident Harry Truman habe für den ersten Atombombenabwurf Hiroshima ausgewählt, weil die Stadt auf dem 33. Breitengrad liege (was gemogelt ist). Und die Bombe wurde in der Nacht vom 5.8.1945 (5+8+1+9+4+5=32) zum 6.8.1945 (=33) abgeworfen (auch leicht gemogelt). Zum Dank ist er dann vom 32. in den 33. Grad aufgestiegen (mehr als gemogelt).

Oder tat Jesus ein 33iger-Wunder???

Ganz besonders Frommen passte es nicht, dass die wunderbare Bergleuterettung etwas mit den Freimaurern zu tun haben sollte. Nein, ganz anders: Jesus hat offenbar höchstpersönlich eingegriffen und ein 33iger-Wunder getan. Eine Art verkehrt proportionale Verschwörungstheorie.

Erklärung der spanischen Einschriften auf dem Bild rechts:
Eine spirituelle Glaubensbotschaft an die Menschheit:
33 verschüttete Bergleute - 33 wurden lebend gerettet - 33 Tage dauerte die Rettungsbohrung - am 13.10.10. Beginn der Rettung (= Quersumme 33) - aus 33 Ländern waren Journalisten angemeldet - 33 Minuten brauchte man vom Bergwerk bis in die Stadt - 33 Zeichen und Leerzeichen ist die Frohbotschaft der Rettung lang (Tatsächlich: "Estamos bien en el refugio los 33") - um Null-Uhr-33 wurde der letzte Bergmann gerettet - im Alter von 33 fuhr Jesus in den Himmel auf.

Eindollar hinten.jpg

Dollariaden

„Freimaurer beherrschen die Welt! Mit dem Dollar! Wer genau schaut, sieht es!" ;-)
Noch ein beliebter Verschwörungsunsinn: Von Rudi Rabe für ZEIT&MASS, die Mitgliederzeitschrift der Großloge von Österreich.

Staatssiegel mit 'Allsehendem Auge'.jpg

Der Eindollarschein strotzt angeblich vor Symbolen, die auf die heimliche Herrschaft der Freimaurer hinweisen. Und da das nicht reicht: der Illuminaten.

Staatskassensiegel mit 'Winkel'.jpg

Der Verschwörologe: „Auf der Rückseite der Dollarnote im amerikanischen Staatssiegel das ‚Allsehende Auge‘! Ein Freimaurerzeichen! Das zeigt, Freimaurer regieren den Dollar und damit die Welt!“
Ich: „Nein, das ‚Allsehende Auge‘ ist ein uraltes Zeichen vieler Hochkulturen?! Die Siegelkünstler und die Freimaurer haben sich nur aus demselben Symbolvorrat bedient.“
Er: „Aber der Winkel im grünen Siegel der Staatskasse auf der Vorderseite. Das ist doch eindeutig!“
Ich: „Dieser Winkel ist ja nicht einmal 90grädig.“
Er: „Das unterstreicht, wie raffiniert ihr Freimaurer eure Macht tarnt.“

Staatssiegel mit 'Novus Ordo Seclorum'.jpg
Staatssiegel mit Weißkopfseeadler.jpg

Auch die Illuminaten haben natürlich ihre Hände im Spiel. Dass sie ab ihrer Gründung 1776 kaum ein Jahrzehnt existierten, tut nichts zur Sache. Mein Verschwörologe: „Die ziehen ihre Fäden doch heimlich weiter. Wie käme es sonst, dass auf dem Staatssiegel unter der Pyramide ‚NOVUS ORDO SECLORUM‘ steht? Haargenau das Ziel des Illuminaten-Gründers Adam Weißhaupt: die Durchsetzung einer neuen Weltordnung! Und überhaupt ‚Weißhaupt‘! Das Vogeltier auf dem Dollarschein ist ein Weißkopfseeadler: Weißkopf … Weißhaupt … alles klar?“

Ja, alles klar: Vor allem, dass Verschwörungstheorien nicht widerlegt werden können.

Das Bilderberg-Hotel in Oosterbeek, Niederlande

Gestern die Freimaurer ...
... heute die ‚Bilderberger’

Diese jährliche Konferenz führender Persönlichkeiten hat die ‚Freimaurer’ als Verdächtigungsziel Nummer Eins abgelöst 1). Vielleicht noch nicht an allen Stammtischen oder in allen Postings, aber doch in der öffentlichen Kommunikation. Beispielsweise wurde der sozialdemokratische österreichische Bundeskanzler Werner Faymann nach seiner Teilnahme am Bilderberger-Treffen 2014 von der rechtspopulistischen FPÖ aufgefordert, „die Gesprächsthemen des elitären Treffens gegenüber dem Parlament und der Bevölkerung offenzulegen.“ Es sei „nicht hinzunehmen, dass ein erlesener Machtzirkel Geheimpläne über die Köpfe der Menschen hinweg schmiedet. ... Die Tatsache, dass sich einige wenige Personen anmaßen, über das Wohl und die Zukunft von Staaten zu entscheiden, zeige, wie abgehoben und fern diese von den Interessen der Bevölkerung agieren.“

Es ist das alte Muster: ‚Geheime überstaatliche Mächte’ haben die Menschheit, die das nur ahnt aber nichts Genaues weiß, an der Leine. Sie bestimmen über unser aller Schicksal: zum Nachteil jedes einzelnen. Bei Ludendorff & Co waren es die Juden und in deren Auftrag die Freimaurer. Zwischen den beiden Weltkriegen hätte der oben zitierte Text ohne weiteres auf die Freimaurer gemünzt sein können; viele hätten es geglaubt. Heute würde das jedenfalls in der medialen Öffentlichkeit eher lächerlich wirken. Doch mit den ‚Bilderbergern’ funktioniert es. Was das betrifft, haben sie die Freimaurer beerbt. In manchen verschwörungsaffinen Texten werden sie sogar als Gründung von Freimaurern dargestellt.

Die Bilderberg-Konferenzen sind informelle Diskussionen einflussreicher Personen aus Wirtschaft, Militär, Politik, Medien, Hochschulen und Adel. Teilnehmen kann nur, wer eingeladen wird. Weil nur so offen gesprochen wird, sind die Treffen vertraulich: Es kann in allgemeinen Begriffen berichtet werden, aber nicht mit Namen. Es gibt diese Konferenzen seit 1954. Erster Gastgeber war Prinz Bernhard der Niederlande im 'Hotel De Bilderberg' in Oosterbeek; daher der Name ‚Bilderberger’. RR

1) Der renommierte österreichische Kommentator Hans Rauscher nach einem Bilderberger-Treffen in Tirol im Juni 2015 in der Tageszeitung 'Der Standard': "Die Bilderberger-Verschwörungstheorie ist die Mutter aller Verschwörungstheorien. Da kommen Freimaurer, Illuminaten, Rosenkreuzler, die Weisen von Zion, die Impfbefürworter, die Versprüher von Chemtrails, usw., usw. nicht mit ...". Wir könnten also leicht beleidigt sagen: Sind wir Freimaurer denn nichts mehr? Nein, nein, sagen wir nicht: Was das betrifft, soll's uns recht sein.

Literatur

  • Helmut Reinalter: Die Weltverschwörer: Was Sie eigentlich alles nie erfahren sollten. Ecowin Verlag, Salzburg 2010, S. 21 f.
  • Dieter Groh, Die verschwörungstheoretische Versuchung, oder: Why do bad things happen to good people, in: ders., Anthropologische Dimensionen der Geschichte, Frankfurt am Main 1992, S. 267 ff.

Siehe auch

Links