Johann Wolfgang von Goethe

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Johann Wolfgang von Goethe

*28. August 1749 in Frankfurt a. M., † 22. März 1832 in Weimar. Biographie möge an anderen Orten nachgesehen werden.

Über Goethe ist schon viel Tinte vergossen worden: auch über Goethe als Freimaurer. Wir bringen hier zwei Texte, die gute Zusammenfassungen bieten: Zuerst einen Vortrag, den der Freimaurer Otto Sauer im Frühjahr 2014 in einer Berliner Loge hielt; Quelle: UFL-Mitteilungsblatt Nr. 90 vom September 2014. Und dann den Eintrag im Internationalen Freimauer-Lexikon Lennhoff-Posner aus dem Jahr 1932. Wiederholungen zwischen den beiden Darstellungen sind unvermeidlich.

Was besonders auffällt: Goethe war keineswegs zeitlebens als Freimaurer aktiv. Schon zwei Jahre nach seinem Eintritt in die Weimarer Loge „Anna Amalia“ als 31jähriger ‚Shooting Star’ wurde die Loge wegen innerer Streitereien geschlossen. Goethe tat sich dann noch ein wenig in der kurzlebigen ‚Strikten Observanz’ und bei den ebenso vorübergehenden ‚Illuminaten’ um, aber was die Freimaurerei betrifft, hatte er ein gutes Vierteljahrhundert Pause; ja er ging sogar spürbar auf Distanz zu ihr. Erst 26 Jahre später – Goethe war jetzt 59 – wurde die „Anna Amalia“ auf Veranlassung des Weimarer Herzogs und engen Goethe-Freunds Karl August und gegen die anfängliche Skepsis Goethes wiederbelebt, und ab jetzt war er ein wirklich aktiver Freimaurer. Allerdings: An den Logenarbeiten beteiligte er sich nur wenige Jahre, doch auch danach stellte er der „Anna Amalia“ und der Freimaurerei ganz allgemein seine dichterische Schaffenskraft und wohl auch sein Netzwerk bis zu seinem Tod zur Verfügung: In dieser Zeit schrieb er viele freimaurerische Texte. Einige werden im folgenden zitiert.

Johann Wolfgang von Goethe nach einem Gemälde von H. C. Kolbe

Vortrag von Otto Sauer 2014:
Das freimaurerische Wirken von Johann Wolfgang von Goethe

Der folgende Aufsatz befasst sich kursorisch mit der freimaurerischen Vita unseres Bruders Johann Wolfgang von Goethe. Die Aufgabe dieses Vortrages ist weder die Darstellung seiner Biographie noch erheben die folgenden Ausführungen auch nur den geringsten Anspruch auf Vollständigkeit. Wie wäre das auch möglich, in Anbetracht des immensen Schrifttums, das über seine dichterischen und allgemein-wissenschaftlichen Leistungen vorliegt. Dennoch müssen zum Verständnis Goethes freimaurerischen Wirkens einige biographische Landmarken seines Lebens dargestellt werden.

Zum besseren Verständnis und zur anschaulicheren Einordnung der folgenden Ausführungen halte ich die Unterteilung von Goethes Vita mit besonderer Berücksichtigung freimaurerischer Aspekte in folgende Zeitabschnitte für gerechtfertigt:

  1. Kindheit/Jugend in Frankfurt am Main (1749 bis 1764)
  2. Studium in Leipzig und Straßburg 

  3. Annäherung an die Freimaurerei – Kulturgesellschaften 
des Humanismus 

  4. Aufnahme in den Freimaurerbund – erste Weimarer 
Epoche (1780 bis 1782) 

  5. Die Arbeit in der Loge „Amalia“ ruht für 26 Jahre 

  6. Zweite Weimarer Epoche – von der „Strikten Observanz“ 
in die moderne Zeit unter dem Patent der Großloge von Hamburg

Geboren wurde Goethe am 28. August 1749 in Frankfurt am Main und dort verbrachte er auch seine Kindheit. Ihn unterrichtete sein Vater. Mit 15 Jahren beginnt er ein Studium der Jurisprundenz in Leipzig und setzte dieses bis 1768 fort. Von 1770 bis 1771 führt er das Studium in Straßburg weiter und arbeitet schließlich von 1771 bis 1772 als Advokat in Frankfurt am Main. Im Jahr 1772 lebt er in Wetzlar und ist als Praktikant beim Reichskammergericht tätig. Ab 1775 lebte und wirkte Goethe in Weimar und es beginnt die, für die Deutschen, so wesentliche Epoche der Weimarer Klassik, die im weiteren Sinne geprägt war durch das „Viergestirn“ Wieland, Goethe, Herder und Schiller. Im engeren Sinne bezeichnet die Weimarer Klassik auch nur die gemeinsame Schaffensperiode der erst später befreundeten Dichter Friedrich von Schiller und Johann Wolfgang von Goethe, die mit dem Briefwechsel von beiden im Jahr 1794 begann und mit dem Tod von Schiller im Jahr 1805 endete.

Erste Annäherungen an humanistische Sozietäten

Als erstes Anzeichen der Annäherung an die königliche Kunst gilt die Kontaktaufnahme von Goethe zu sogenannten Kulturgesellschaften des Humanismus. Dabei scheint Goethe schon seit seiner Jugendzeit empfänglich zu sein für den geselligen Umgang unter geregelten Formen. Wenigstens interpretiert Gotthold Deile, der 1908 das Werk „Goethe als Freimaurer“ veröffentlichte, die folgenden Zeilen aus Goethes Werk „Dichtung und Wahrheit“ so: „...Das geistreiche Zusammensein lebelustiger Menschen zeichnet sich vor allem aus durch die Sprach- und Gebärdensymbolik. Es entsteht eine Art Gauneridiom, welches, indem es die Eingeweihten höchst glücklich macht, den Fremden unbemerkt bleibt, oder, bemerkt, verdrießlich wird....“.

Die erste bekannte Kontaktaufnahme von Goethe zu einer solchen Gesellschaft erfolgte noch in seiner Heimatstadt Frankfurt im Jahre 1764. Der versuchte Eintritt in die von Ernst Carl Ludwig Ysenburg von Buri mit 13 Lebensjahren 1759 gegründete „Arkadische Gesellschaft Philandrina“ scheiterte aber. Ursache für die missglückte Aufnahme waren die ungünstigen Berichte des für Frankfurt bestellten Aufsehers der Sozietät, Friedrich Karl Schweitzer. Unabhängig davon hatte Goethe alsbald intensiven freundschaftlichen Kontakt sowohl zu Mitgliedern von Frankfurter als auch Straßburger Sozietäten.

Erwähnenswert in diesem Zusammenhang erscheint, dass bereits 1724 die Großloge von England eine Provinzialloge in Frankfurt am Main gegründet hatte, die sich zügig ausbreitete und bereits Mitte des Jahrhunderts drei Tochterlogen in Straßburg unterhielt. In Straßburg lernten sich Goethe und Johann Gottfried Herder kennen und alsbald entwickelten diese verschiedenartigen deutschen Männer eine innige Beziehung, welche sicherlich geprägt war durch die 1766 erfolgte Aufnahme von Herder in den Freimaurerbund in Riga (Loge „Zum Nordstern“ oder „Zum Schwert“). Erst später, als Herder als Generalsuperintendent in Weimar tätig war, kam es zwischen den beiden Freunden zu einem Zerwürfnis.

Einen weiteren Kontakt zu einer quasi-initiatorischen Vereinigung hatte Goethe während seiner Zeit am Reichskammergericht in Wetzlar. So wurde er 1772 in eine Rittergesellschaft, die sogenannte Rittertafel, aufgenommen. In dieser Vereinigung wurden alte Gebräuche nachgeahmt bzw. nachgespielt, für die aber kaum noch ein tieferes Verständnis vorlag. Ähnlich war es mit „Dem Orden des Übergangs“, in den Goethe zu dieser Zeit aufgenommen wurde. Nach Recherchen von Deile wurden auch in diesem Verein Rituale zelebriert, die ebenfalls jeden geistigen Hinterhaltes entbehrten. Mit den Inhalten und auch Riten der Maurerei hatten diese nichts zu tun – sie dienten offenbar nur als Würze der Geselligkeit.

Erwähnenswert erscheint, dass in dieser Lebensphase von Br. Goethe, welche ebenfalls von der Zuneigung zu Charlotte Buff geprägt wurde, sein Werk „Die Leiden des jungen Werthers“ entsteht, durch das er Weltruhm erlangte.

1780: Goethe wird in Weimar in die „Anna Amalia“ aufgenommen

Am 7. November 1775 traf Goethe in der kleinen thüringischen Residenzstadt Weimar ein. Die anlässlich des 25. Geburtstages der Herzogin Anna Amalia am 26. Mai 1764 gegründete und mit einem Patent der „Strikten Observanz“ am 28. Oktober desselben Jahres initiierte Loge „Anna Amalia zu den drei Rosen“ trat zum Zeitpunkt der Ankunft von Goethe immer mehr in den Mittelpunkt des geistigen und gesellschaftlichen Lebens in Weimar. Die Herzogin kam aus dem Braunschweiger Geschlecht und war ausgesprochen Logen-freundlich. Ihr Bruder, Herzog Ferdinand zu Braunschweig, war ein preußischer General unter Friedrich dem Großen und ein damals bedeutender Freimaurer. Friedrich der Große selber war ihr Onkel und bereits als Prinz heimlich durch die Brüder der Hamburger Loge „Absalom“ mit seinem Adjutanten in Braunschweig aufgenommen worden.

Die Protektion über die Loge ging im November 1775 mit der Amtsübernahme auf den jungen Herzog und Unterstützer von Goethe, Karl August, über. Die Arbeiten der Loge wurden ab der Übersiedlung des ehemaligen Meisters vom Stuhl der Loge „Absalom“, Johann Joachim Christian Bode im Jahr 1778 oder 1779, besonders intensiv betrieben. Auch wusste er Goethe für die Freimaurerei zu interessieren und zu begeistern. Am 7. Januar 1780 kehrten Goethe und der Herzog Karl August von ihrer zweiten Schweizer Reise zurück, während der beide den Entschluss gefasst hatten, sich in den Freimaurerbund aufnehmen zu lassen.

Bereits 10 Tage nach der Rückkehr kam es in diesem Kontext zu einer Unterredung zwischen Goethe und Bode. Anfang Februar des Jahres 1780 reicht Goethe dann beim Meister vom Stuhl der Loge, dem Wirklichen Geheimen Rat von Fritsch (Staatsminister und Kabinettschef), folgendes, für die damalige Zeit würdiges, schlichtes, frei von Schmeicheleien und Anmaßungen verfasstes Aufnahmegesuch ein: „...Schon lange hatte ich einige Veranlassung zu wünschen, dass ich mit zur Gesellschaft der Freimaurer gehören möchte; dieses Verlangen ist nun auf unserer letzten Reise viel lebhafter geworden. Es hat mir nur an diesem Titel gefehlt, um mit Personen, die ich schätzen lernte, in nähere Verbindung zu treten, und dieses gesellige Gefühl ist es allein, was mich um die Aufnahme nachsuchen lässt...“ (Weimar am 13. Februar 1780).

Nachdem Goethe den Brüdern bekannt gemacht und über sein Aufnahmegesuch hellleuchtend entschieden wurde, durfte er am Vorabend des Johannisfestes 1780 an die westliche Pforte des Tempels der Loge klopfen. Den ersten Hammer bei der Aufnahmearbeit führte der zugeordnete Meister vom Stuhl Johann Joachim Christoph Bode. Fritsch hatte in diesem Zusammenhang den Anstand, aufgrund erheblicher persönlicher Differenzen mit Goethe, den Hammer an Bode für diese Arbeit zu übergeben. Andere Quellen berichten, dass Goethe selbst um eine Aufnahme durch Bode nach dem Hamburger und nicht dem örtlich üblichen Ritual verlangte und daher Bode das Amt des zugeordneten Meisters vom Stuhl zu diesem Zweck erst verliehen wurde. Weiterhin soll Goethe die Verbindung der Augen verweigert haben, nicht jedoch ohne sein Ehrenwort dafür zu leisten, sie geschlossen zu halten. An Johanni 1780 sendet Bruder Johann Wolfgang Goethe ein Paar weiße Frauenhandschuhe an Charlotte von Stein mit den Worten: „...Die berühmten Handschuhe kommen hierbei...“.

Bald schlittert die „Amalia“ in eine Krise und sperrt zu

Ohne nachvollziehbaren Grund fand bis zur Beförderung Goethes zum Gesellen keine Logenarbeit statt. Die Beförderung von Goethe in den Gesellengrad erfolgte am 23. Juni 1781, ergo genau ein Jahr nach seiner Aufnahme in den Freimaurerorden. Die Beförderungsarbeit wurde von Meister vom Stuhl der Loge, von Fritsch, geleitet. Gleichzeitig mit Goethe wurden der Hofgerichtsdirektor Georg Hamberger aus Jena und der Anatomieprofessor Christian Loder in den Gesellengrad befördert. Doch schon zu diesem Zeitpunkt gibt es offensichtlich logeninterne Probleme, die sich natürlich auch in den oben erwähnten fehlenden Arbeiten in den Johannisgraden ausdrücken. So schreibt Goethe an seinen Förderer und zu diesem Zeitpunkt noch nicht Freimaurer, Herzog Karl August, folgenden Bericht über seine Beförderung: „.....Unsere Johannisloge war magerer als ein Hof zur Kurzeit. Und wenn Bode nicht noch durch einen Spaß bei Tisch die Vorsteher beleidigt hätte, so daß gar der alte Germer den Hammer niederlegen wollte und Rothmaler eine lange Rede aus dem Stegreife hielte, so wären wir ohne das geringste Interesse geschieden. Mehr Böcke sind wohl überhaupt im Ritual und Formal an keinem Johannistage vorgegangen. Ein deputierter, unpraeparierter Meister vom Stuhl, zwei Vorsteher aus dem Stegreife pp. Und sobald von so etwas der Pedantismus getrennt ist, dann gute Nacht....“.

Diese Kritik bezieht sich aber eher nicht auf die eigentliche Arbeit, als vielmehr auf eine anschließende, vergnügliche Tafelloge. Deutlich wird jedoch, wie hoch Goethe die Beachtung des Rituals und der formalen Bestimmungen schätzte.

Goethe in der Strikten Observanz

Das folgende Jahr brachte für die Loge „Amalia“ viel Erfreuliches, sollte jedoch auch für sie verhängnisvoll werden. Am 5. Februar 1782 setzte Herzog Karl August seinen Vorsatz in die Tat um und wurde im Beisein vieler fürstlicher Freimaurer feierlich vom Meister vom Stuhl aufgenommen. Dieses geschah auf ausdrückliches Verlangen des Herzogs in völlig versammelter Loge und in Anwesenheit des Herzogs Ernst II. und des Prinzen August von Gotha-Altenburg. Bereits am 2. März desselben Jahres wurde Herzog Karl August zum Gesellen befördert und am selbigen Tag zusammen mit den Brüdern Loder und Goethe in den Meisterstand erhoben. Der Meister vom Stuhl drückte ihnen seine Glückwünsche aus und sprach anschließend über den Zweck des Ordens. Am 10. Dezember des Jahres 1782 erreichte Goethe den IV., sogenannten schottischen Grad und wurde in den „Inneren Orden“ der „Strikten Observanz“ aufgenommen. Diese Zeit jedoch war geprägt durch schwere Verwirrungen in der deutschen Freimaurerei, die vorwiegend von Systemstreitigkeiten gekennzeichnet waren. Die Akten der Loge berichten in diesen Jahren nur über wenige Arbeiten in den blauen Graden. Es ist aber anzunehmen, dass umso mehr in den höheren, roten Graden der „Strikten Observanz“ gearbeitet wurde.

Auch in Weimar wird mit Eifer über maurerische Angelegenheiten gestritten, namentlich zwischen Bode und einem Legationsrat Friedrich Justin Bertuch. Bode war einer der eifrigsten Erforscher der Geschichte der Maurerei und trug die Systemstreitigkeiten leider mit in die Loge. Am Johannistage des Jahres 1782 kam es zum offenen Streit zwischen Bode und Bertuch. Der Meister vom Stuhl war verhindert und wurde von dem deputierten Meister und Bruder der Frau von Stein, Karl Konstatin von Schardt, vertreten. Folgendes wurde in den Freimaurer-Analetten zur Geschichte der Loge Amalia von J.F. von Fritsch über diesen Tag schriftlich festgehalten: „...in der Loge selbst entstandene Spaltungen, und als Br. Bertuch der Ältere einstens als Redner in offener Loge diesen Gegenstand (Ritual- und Systemstreitigkeiten) berührte, geriet er mit Br. Bode in so heftigen Wortwechsel darüber, daß der Meister vom Stuhl es für zweckmäßig hielt, die Zusammenkünfte auszusetzen, bis der am 16. Juli 1782 begonnene Kovent zu Wilhelmsbad über den Wert der verschiedenen Systeme eine Einigung herbeigeführt haben werde. Da dieses nicht der Fall war, so blieb die Loge geschlossen...“.

Für insgesamt 26 Jahre – bis zum Jahre 1808 – stellt die Loge daraufhin ihre Arbeit ein. Die vom Freiherren von Hund im Jahre 1765 gegründete sogenannte „Strikte Observanz“ war in Weimar zu diesem Zeitpunkt noch mit 7 Rittern vertreten. So waren der Geheimrat von Fritsch unter dem Ordensnamen „Ritter vom Rundschilde“ und Bode als „Ritter von der Marienblume“ in jenen Hochgraden besonders tätig. Der Herzog Karl August war der „Ritter vom weißen Falken“ – der Ordensname von Goethe selbst ist jedoch nicht überliefert.

Nach dem Wilhelmsbader Konvent verlor die „Strikte Observanz“ zunehmend an Bedeutung, wobei ihre Hochgrade in Weimar noch einige Zeit fortlebten. 1785 sollte auf Betreiben von Fritsch und Bode das Ordensdirektorium nach Weimar verlegt werden. Aber der Herzog selber verhinderte diese Absicht – und von diesem Jahr ab fehlen weitere Nachrichten über das Logenleben in Weimar vollends.

Goethe bei den Illuminaten

In dieser Zeit wurde Goethe auf Betreiben von Bode am 11. Februar 1783 in den vom Ingolstädter Professor für Kanonisches Recht Adam Weißhaupt bereits 1776 gegründeten Illuminaten Orden vier Monate vor Herder, aufgenommen. Hier führte Goethe den Ordensnamen „Abaris“, erlangte rasch höhere Grade und war in der Folge an sämtlichen Verhandlungen und Entscheidungen des Ordens beteiligt. Der Illuminatenorden hatte mit dem Gedanken der Freimaurerei nicht viel zu tun und verlor auch recht schnell wieder an Bedeutung, denn er verfolgte politische Zwecke und politischen Einfluss. Der Orden hatte aber auch die sittliche Veredlung seiner Mitglieder auf der Agenda und betrachtete daher Freimaurerlogen als geeignete Vorstufen.

In die Jahre nach 1785 fällt die Entstehung von „Wilhelm Meisters Lehrjahre“. Ein Beweis dafür, dass Goethe sich mit seinen gewonnenen Eindrücken nach wie vor beschäftigte. Zeugnis aber auch, dass für ihn die Verquickung mit allerlei geheimnisvoller Wirkung nach außen – nach Art des Illuminatenordens – ein wesentlicher Bestandteil war. In etwa den gleichen Zeitraum fällt die Entstehung der in erster Linie politischen Satire „Großkophta“. Diesem satirischen Werk ist so manche Kritik am Hochgradsystem zu entnehmen, insbesondere durch die Möglichkeit der Hochstapelei und des Betruges, die von Schwindlern bekanntlich mehrfach ausgenutzt wurde. In diesem Kontext ist festzuhalten, dass Goethe zunächst keinen Anteil an der Reform des deutschen Logenwesens nahm. Diese ging vielmehr von dem Hamburger Schauspieldirektor Friedrich Ludwig Schröder aus. Durch die amtlichen Verpflichtungen fühlte Goethe sich bald als Dichter eingeengt. So entzog er sich den Verpflichtungen von 1786 bis 1788 durch eine Italien-Reise. Hier wurden der "Egmont" beendet, die Prosafassung der "Iphigenie" in Blankverse umgearbeitet und "Torquato Tasso" sowie die "Römischen Elegien" entworfen.

Wieder in Weimar, lernte er 1788 Christiane Vulpius, seine spätere Frau, kennen, die er aber erst nach langem Zusammenleben 1806 heiratete. Es entstanden die "Metamorphose der Pflanzen" und die ersten Arbeiten zur "Farbenlehre". Weitere Reisen sowie das Erlebnis der Französischen Revolution brachten derart viel Unruhe, dass Goethe die Einsamkeit suchte. Erst die Freundschaft mit Schiller (seit 1794), der an der Universität Jena lehrte, gab neuen Auftrieb. Während Schiller an seinen späten Dramen arbeitete, gab Goethe seinem Erziehungsroman "Wilhelm Meister" die Endfassung. 1797 ließ er "Hermann u. Dorothea" erscheinen. Seine Hauptarbeit aber war der "Faust", dessen erster Teil 1806 beendet wurde.

Ein Vierteljahrhundert Pause: Goethe geht auf Distanz zu allen Logen

Zusammenfassend kam es in der Zeit nach der Aussetzung der Loge „Amalia“ zu einer erheblichen Entfremdung Goethes vom Logenwesen. So sind auch folgende Worte von ihm an den Herzog Karl August in einem bereits am 6. April 1789 geschriebenen Brief überliefert: „...Jena war, wie Sie wissen, mit einer Loge bedroht. Bertuch ging gleich von dem Gedanken ab und hat auch Hufelanden rektifiziert. Bode hält zu fest an dieser Puppe, als dass man sie ihm so leicht abdisputieren sollte. Indes habe ich ihm mit der größten Aufrichtigkeit das Verhältnis hingelegt und ihm gezeigt, warum Sie weder zu einer solchen Einrichtung Ihre Einwilligung geben, noch durch die Finger sehen könnten. Ihre Erklärung gegen Bertuch kommt also erwünscht, und der Gedanke, ein Collegium über das Unwesen der geheimen Gesellschaften lesen zu lassen, ist trefflich. Ich habe den Direktoren der Lit. Zeitung auch einen Vorschlag getan, den sie angenommen haben, wodurch allen geheimen Verbindungen ein harter Stoß versetzt wird. Sie es bald gedruckt lesen. Und so ist es gut, dass man öffentlich Feindschaft setze zwischen sich und die Narren und Schelmen. Die rechtlichen Leute gewinnen alle durch Publizität...“.

Erneut gab es im Jahre 1807 in Jena Bestrebungen, eine Loge zu gründen. Mehrere Brüder hatten sich zusammengeschlossen, um die Loge „Augusta zur gekrönten Hoffnung“ zu bilden und hatten diesbezüglich den Fehler begangen, schon mit der Berliner Großloge „Zu den drei Weltkugeln“ Kontakt aufzunehmen. Erst danach baten Sie um landesherrliche Erlaubnis zur maurischen Arbeit. Nach einer persönlichen Unterredung des einen Bruders (Kaufmann Metzel) mit Goethe reichte dieser im Auftrag des Herzogs ein abschlägiges Gutachten über die Jenaer Freimaurer ein (31. Dezember 1807): „...die Freimauerei macht durchaus statum in statu. Wo sie einmal eingeführt ist, wird das Gouvernement sie zu beherrschen und unschädlich zu machen suchen. Sie einzuführen, wo sie nicht war, ist niemals rätlich...... Ich will übrigens nicht leugnen, dass dieses maurerische Ordenswesen in großen Städten, auf große rohe Massen ganz günstig gewirkt haben und wirken mag. Auch an kleinen Orten, wie z.B. in Rudolstadt, dient eine solche Anstalt zu einer Form der Geselligkeit. Hier in Weimar brauchen wir sie eigentlich gar nicht, und für Jena halte ich sie aus oben erwähnten und mehreren anderen Gründen für gefährlich, und jedermann würde die Sache bedenklich finden, wenn man ihm jetzt gleich das sämtliche Personal, woraus die Loge im ersten halben Jahre nach der Konfirmation bestehen würde, vorlegen könnte...“.

Die Jenaer Brüder insistierten jedoch weiter, sodass quasi als Ablenkungsmanöver die Idee entstand, die alte Weimarer Loge unter voller herzoglicher Kontrolle wiederzubeleben: „...Serenissimus (veraltete Anrede für einen regierenden Fürsten = Durchlaucht) haben neulich in einer Unterredung dasjenige summarisch angegeben, was im Nachstehenden nur wenig ausgeführter aufgezeichnet ist. Das Rätlichste wäre, die hiesige Loge „Anna Amalia zu den drei Rosen“ wieder zu beleben, und zwar meo voto (nach meinem Wunsch, nach meinem Erachten) ganz nach dem alten Ritual, weil es nachher immer noch frei bleibt, sich zu dieser oder jener Verbesserung oder Abartung hinzuneigen....“.

1808: 26 Jahre später Wiederbelebung der „Anna Amalia“

Der Herzog hatte zu dieser Zeit offenbar eine freiere Auffassung von den neu eingetretenen Verhältnissen (z.B. die Rudolfstädter Loge gehörte seit 1801 zur Großloge von Hamburg). Er erwies sich als weitsichtiger und unbefangener und hielt es für angemessen, dass die Arbeiten in der Loge „Amalia“ wieder aufgenommen wurden. Er beauftragte Goethe, gemeinsam mit Bertuch die Vorarbeiten für eine von ihm selbst als wichtig angesehene Wiederbelebung der Loge "Amalia“ durchzuführen.

Als Meister der alten Loge lebten damals neben dem Herzog noch der Geheimrat von Schardt, Legationsrat Bertuch und Goethe. In Goethes Wohnung fanden eine Reihe von Vorbesprechungen unter anderem mit Geheimrat Voigt und Legationsrat Bertuch statt. Durch diese Unterredungen änderte Goethe seine durchaus ablehnende Haltung zu Logenangelegenheiten. Weiterhin schätzte er nunmehr Bertuchs Bemühungen und trat dem Entschlusse bei, anstelle des nicht mehr brauchbaren Systems der „Strikten Observanz“ das weit mehr gereinigtere und zweckmäßigere System der Großen Provinzialloge von Niedersachsen zu Hamburg zu setzen. Am 8. Juli 1808 wurde der wiedererweckten Loge „Anna Amalia zu den drei Rosen“ zu Weimar das von der Hamburger Großloge erbetene Patent erteilt. Nach Erteilung des Patentes erfolgte die Wahl des Meisters vom Stuhl mit insgesamt 12 wahlberechtigen Brüdern mit folgendem Ergebnis: Bertuch neun Stimmen, Goethe drei Stimmen. Goethe trug wesentlich dazu bei, dass die am 27. Juni 1808 unter Hammerführung von Bertuch wiedereröffnete "Amalia" einen Logenraum im Wittumspalais zugewiesen bekam. Interessanterweise nahm der in Jena verweilende Goethe an der Eröffnungsarbeit nicht teil, sondern entschuldigte sich in schriftlicher Form bei Bertuch wie folgt: „...Eben war ich in Begriff nach Weimar zu fahren, um heute Abend bei der ersten feierlichen Versammlung nicht zu fehlen, als ich vernehme, dass unsere verehrte Herzogin wahrscheinlich morgen herüberkommt und sich in den Museen umsehen will...“.

Nach anfänglichem Elan lässt sich Goethe von den Arbeiten freistellen

Goethe konnte dem Logenleben nur in den ersten Jahren nach der Wiedereröffnung regelmäßig beiwohnen, doch nahm er auch in der Folge an jedem bedeutungsvollen Ereignis, an jedem großen Fest, so lebhaften Anteil, dass die wichtigeren Reden, Gesänge und Anordnungen meist seiner vorausgehenden Prüfung und Billigung sich erfreuen durften.

In einem Schreiben vom Oktober 1812 an Bertuchs Nachfolger, den Geheimen Kammerrat Ridel, bat Goethe um die Vergunst: „...auf irgendeine schickliche, der maurerisen Form nicht unangemessene Weise als Abwesender betrachtet und seiner Verpflichtung gegen die Gesellschaft suspendiert...." zu werden. Er begründete dies mit dem Satze: „...ungern möchte ich diese ehrenvolle und interessante Verbindung ganz aufgeben, möchte aber doch, da es mir unmöglich fällt, den Logen regelmäßig beizuwohnen, nicht durch mein Ausbleiben ein böses Exempel geben...". Die Beurlaubung Goethes wurde gewährt.

1809 wirkte Goethe bei den Aufnahmen des Kanzlers von Müller und einen Monat später bei der Aufnahme des deutschsprachigen Dichters und Ältesten im klassischen Viergestirn von Weimar, Christoph Martin Wieland, mit. Lebhaft erörtert wurde im Freundeskreis dessen erste Logenrede über Zweck und Geist der Freimaurerei. Als der Dichter des "Oberon" starb, trat Goethe an den im Tempel errichteten Katafalk, um die berühmt gewordene Gedächtnisrede "Zu brüderlichem Andenken Wielands" zu halten, in der er den Satz über die Freimaurerei prägte: "...wenn dieser altgegründete und nach manchem Zeitwechsel oft wieder hergestellte Bund eines Zeugnisses bedürfte, so würde hier das vollkommenste bereit sein, indem ein talentreicher Mann, verständig, vorsichtig, umsichtig, erfahren, wohldenkend und mäßig, bei uns seines gleichen zu finden glaubte, sich bei uns in einer Gesellschaft fühlte, die er, der besten gewohnt, als Vollendung seiner menschlichen und geselligen Wünsche so gern anerkannte...".

Und doch: Mit dem Herzen und mit Rat und Tat bleibt er dabei

Stärksten Eindruck machte auf Goethe die Meistererhebung des in die "Amalia" eingetretenen russischen Obersten Geismar, der Weimar vor einem französischen Überfall bewahrt hatte. Denn nach dieser Tempelarbeit im 3. Grad entstand wohl das Tiefste, was jemals in poetischer Form über Freimaurerei gesagt wurde, das "Symbolum". Jenes Gedicht, in dem Goethe das ganze Wesen der maurerischen Symbolik, das Wandern des Maurers durch die verschiedenen Grade als Abbild des höheren geistigen Menschenlebens zu ergreifendster Darstellung gebracht hat:

Des Maurers Wandeln Es gleicht dem Leben, Und sein Bestreben Es gleicht dem Handeln Der Menschen auf Erden.
Die Zukunft decket Schmerzen und Glücke Schrittweis dem Blicke; Doch ungeschrecket Dringen wir vorwärts.
Und schwer und schwerer Hängt eine Hülle
Mit Ehrfurcht. Stille Ruhn oben die Sterne Und unten die Gräber.
Betracht' sie genauer Und siehe, so melden Im Busen der Helden Sich wandelnde Schauer Und ernste Gefühle.
Doch rufen von drüben Die Stimmen der Geister, Die Stimmen der Meister: Versäumt nicht zu üben Die Kräfte des Guten.
Hier winden sich Kronen In ewiger Stille,
Die sollen mit Fülle Die Tätigen lohnen! Wir heißen euch hoffen.

Goethes Sohn August wird aufgenommen

Goethe veranlasste auch die Aufnahme seines Sohnes. Julius August Walter von Goethe, Kammerrat und Kammerjunker, folgte dem Beispiel seines Vaters und wurde am Abend des 5. Dezembers 1815 unter der Bürgschaft und im Beisein seines Vaters in den Freimaurerbund aufgenommen. Es sollte die letzte Logenfeier sein, an der Br. Johann Wolfgang von Goethe persönlich teilgenommen hat. Tagebuchaufzeichnungen in großer Zahl bekunden, dass der Sohn dem Vater über jede Logenzusammenkunft Bericht erstattete.

Im Archiv der "Amalia" sind die Gedichte und Lieder verwahrt, die Goethe ihr bei allen besonderen Gelegenheiten zu senden pflegte. Als 1825 die 50. Wiederkehr des Regierungsantrittes Karl Augusts gefeiert wurde, trug er zur Logenfeier mehrere Gesänge bei. Am 8. Dezember 1816 wird August von Goethe in den Gesellengrad befördert und Goethe der Ältere drückt seinen Dank an die Loge in einem Gedicht aus mit dem Namen „Bundes- oder Logenlied für den Kammerrat“.

Ein weiteres freimaurischeres Werk ist das Gedicht „Verschwiegenheit“ aus dem ich die letzte Strophe vortragen möchte:

Heil uns! Wir verbundene Brüder Wissen doch, was keiner weiß.

Ja, sogar bekannte Lieder 
Hüllen sich in unsern Kreis.
Niemand soll und wird es schauen, Was einander wir vertraut:
Denn auf Schweigen und Vertrauen
Ist der Tempel aufgebaut.

Innerlich lebt Goethe mit seiner Loge bis zum Ende


Bis in die letzten Lebensjahre war Goethes Anhänglichkeit an die Loge eine lebhafte. Noch 1830 sandte er ihr seinen poetischen Dank für ihre Glückwünsche zu seinem fünfzigjährigen Maurerjubiläum.

In der Nacht vom 26. zum 27. Oktober 1830 starb Goethes Sohn in Rom und wurde auch dort begraben. Am 22. März 1832 um 11.30 Uhr mittags schlossen sich dann auch die Augen „des Meisters der Meister“ für immer.

Die drei Säulen der Freimaurerei sind die Fundamente von Goethes Werk

Johann Wolfgang von Goethe war ein Freimaurer. Und wäre er nicht im Jahr 1780 in diesen ehrwürdigen Bund aufgenommen worden, dann wäre er dennoch ein solcher, in diesem Fall jedoch ohne Schurz. Sein künstlerisches Gesamtwerk zeichnet sich durch maurische Reden und Gedichte und auch Werke mit maurischen Anklängen aus. Letztendlich ist sein ganzes Leben ein Vorbild für uns Verfechter der Königlichen Kunst. Nach meinem persönlichen Empfinden sind die drei Säulen der Freimaurerei zugleich die Fundamente von Goethes Werk. Natürlich kann und sollte man eigentlich keine Trennung zwischen der Stärke, der Schönheit und der Weisheit zulassen, da nur ein austarierter Zusammenhalt aller drei Träger die Stabilität des Tempels gewährleisten kann. Dennoch heben unterschiedliche Werke von Goethe bestimmte Eigenschaften der Statik des Tempels nach meiner Meinung besonders hervor.

Die Schönheit wird nach meiner Empfindung besonders im Prolog im Himmel aus Faust der Tragödie erster Teil dargestellt: Der Herr. Die himmlischen Heerscharen. Nachher Mephistopheles. Die drei Erzengel treten vor.

Raphael.
 Die Sonne tönt nach alter Weise in Brudersphären Wettgesang,
 Und ihre vorgeschriebne Reise
 Vollendet sie mit Donnergang. 

Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke,
 Wenn keiner sie ergründen mag;

Die unbegreiflich hohen Werke
 Sind herrlich wie am ersten Tag.

Gabriel.
 Und schnell und unbegreiflich schnelle 
Dreht sich umher der Erde Pracht;

Es wechselt Paradieseshelle 
Mit tiefer, schauervoller Nacht;

Es schäumt das Meer in breiten Flüssen 
Am tiefen Grund der Felsen auf,
 Und Fels und Meer wird fortgerissen
 Im ewig schnellem Sphärenlauf.

Michael. 
Und Stürme brausen um die Wette,
 Vom Meer aufs Land, vom Land aufs Meer, 
und bilden wütend eine Kette
 Der tiefsten Wirkung rings umher.

Da flammt ein blitzendes Verheeren
 Dem Pfade vor des Donnerschlags;

Doch deine Boten, Herr, verehren 
Das sanfte Wandeln deines Tags.

Die Stärke spiegelt sich in folgenden Zeilen aus einem Gedicht von Goethe wider:

Edel sei der Mensch, Hilfreich und gut
Denn das allein Unterscheidet ihn Von allen Wesen, die wir kennen.
Der edle Mensch Sei hilfreich und gut!
Unermüdet schaff ́er Das Nützliche, Rechte,
Sei uns Vorbild Jener geahnten Wesen.

Und die letzten Worte des Dr. Faust in der Tragödie zweiter Teil sind in vielerlei Hinsicht nicht nur für Maurer der Inbegriff der Weisheit:

Ein Sumpf zieht am Gebirge hin, Verpestet alles schon Errungene.
Den faulen Pfuhl auch 
abzuziehen, Das letzte
 wär Höchsterrungene.

So eröffne ich Räume vielen Millionen,
 Nicht sicher zwar, doch tätig frei zu wohnen.

Grün das Gefilde, fruchtbar! Mensch und Herde 
Sogleich behaglich auf neuesten 
Erde.

Als Gleiche angesiedelt auf des Hügels 
Kraft,
 Den aufgewälzt kühn-emsige 
Völkerschaft! 

Im Innern hier ein paradiesich 
Land,
 Da rase draußen Flut bis auf zum Rand,
 Und wie sie nascht,
 gewaltsam einzuschießen,
 Gemeindrang eilt, die Lücke zu verschließen.

Ja! diesem Sinne bin
ergeben,
 Das ist der Weisheit letzter Schluss.

Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, 
Der täglich sie erobern muss! 

Und so verbringt, umrungen von Gefahr, 
Hier Kindheit, Mann und Greis sein tüchtig Jahr. 

Solch ein Gewimmel möcht ich sehn, 
Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn!

Zum Augenblicke dürft ich sagen:
 Verweile doch, du bist so schön! 

Es kann die Spur von meinen Erdentagen 
Nicht in Äonen untergehn. 

Im Vorgefühl von solchem hohen Glück
 Genieß ich jetzt den höchsten Augenblick.

Persönliches Nachwort

Damit soll dieser kurze, weder der Person noch der Institution gerecht werdende Vortrag enden. Wenn diese Ausführungen Euch eine Anregung zur tieferen Beschäftigung mit diesem Thema bieten würden, dann könnte ich stolz und voller Freude sagen: Mission erfüllt!

Darüber hinaus erscheint es mir wesentlich zu erwähnen, dass es sich bei dieser Zusammenstellung um keine wissenschaftliche Arbeit handelt. Letztendlich ist die ganze Arbeit eine hoffentlich ansprechende Mixtur aus verschiedenen, im Anhang erwähnten, Literaturquellen und Medien. Die Quellen sind im Text weder bei wörtlichen noch bei inhaltlichen Wiedergaben kenntlich gemacht. Insofern muss ich auch leider zugeben, dass die wenigsten Gedanken ihren Ursprung in meiner Person haben. Jede anders lautende Äußerung von mir wäre, in Anbetracht meines kursorischen, vor allem in den letzten Wochen erworbenen Einblickes in Goethes Leben, anmaßend. Zum Abschluss möchte ich uns Brüdern noch einige warnende Zeilen unseres Br. Goethe mit auf den Weg geben:

Tust deine Sache und tust sie recht, Halt ́ fest und ehre deinen Orden;
Hältst du aber die anderen für schlecht, So bist du selbst ein Pedant geworden.


Internationales Freimaurer-Lexikon Lennhoff-Posner 1932:
Johann Wolfgang von Goethe

Goethe als Freimaurer

Im Jänner 1780 von seiner Schweizer Reise zurückgekehrt, richtete Goethe an den damaligen Stuhlmeister der Weimarer Loge "Amalia" folgendes Schreiben:

"Euer Exzellenz nehme ich mir die Freiheit mit einer Bitte zu behelligen. Schon lange hatte ich einige Veranlassung zu wünschen, daß ich mit zur Gesellschaft der Freimaurer gehören möchte; dieses Verlangen ist auf unserer Reise viel lebhafter geworden. Es hat mir nur an diesem Titel gefehlt, um mit Personen, die ich schätzen lernte, in nähere Verbindung zu treten und dieses gesellige Gefühl ist es allein, was mich um die Aufnahme nachsuchen läßt. Wem könnte ich dieses Anliegen besser empfehlen als Ew. Exzellenz. Ich erwarte, was Sie der Sache für eine gefällige Leitung zu geben geruhen werden, erwarte darüber gütige Winke und unterzeichne mich ehrfurchtsvoll Ew. Exzellenz gehorsamster Diener Goethe."

Der Meister vom Stuhl, Staatsminister Freiherr J. F. v. Fritsch (s. d.), stand Goethe nicht freundlich gegenüber. Er hatte sich sogar wegen dessen Ernennung zum Geheimrat mit Rücktrittsabsichten getragen. Er erledigte das Ansuchen pflichtgemäß, hatte aber den Takt, bei der am Vorabend des Johannisfestes, am 23. Juni 1780, erfolgenden Aufnahme den Hammer an Bode (s. d.) abzugeben. Nach einer Mitteilung von Pabst soll Goethe das Verbinden der Augen verweigert, jedoch das Versprechen gegeben haben, die Augen selbst geschlossen zu halten. Die Damenhandschuhe, die er nach der Aufnahme für die ,"seinem Herzen am nächsten stehende Frau" erhielt, sandte er der Frau v. Stein. Am 23. Juni 1781 wurde Goethe zum Gesellen befördert, am 2. März 1782 zum Meister erhoben. Sein Gesuch um Beförderung ist eben falls erhalten geblieben und lautet:

"Darf ich Ew. Exzellenz bei der neuen Aussicht auf die Zusammenkunft einer Loge auch meine eigenen kleinen Angelegenheiten empfehlen? So sehr ich mich allen mir unbekannten Regeln des Ordens unterwerfe, so wünsche ich doch auch, wenn es den Gesetzen nicht zuwider wäre, weitere Schritte zu tun, um mich dem Wesentlichen mehr zu nähern. Ich wünsche es so wohl um meiner selbst willen, als um der Brüder die manchmal in Verlegenheit kommen, mich als einen Fremden traktieren zu müssen. Sollte es möglich sein, mich gelegentlich bis zum Meistergrade hinauf zu führen, so würde ich's dankbarlichst erkennen.
Die Bemühungen, die ich mir bisher in nützlichen Ordenskenntnissen gegeben habe, haben mich vielleicht nicht ganz eines solchen Grades unwürdig gelassen. Der ich jedoch alles Ew. Exzellenz gefälligst Einsicht überlasse und mich mit unwandelbarer Hochachtung unterzeichne Ew. Exzellenz ganz gehorsamster Goethe."

Wenige Wochen nach dieser Erhebung mußte die Loge "Amalia" wegen Zerwürfnissen, die in den damaligen allgemeinen Freimaurerverhältnissen ihren Grund hatten (der Streit der Systeme hatte seinen Höhepunkt erreicht), die Arbeiten einstellen. Die Freimaurerei ruhte in Sachsen-Weimar bis gegen 1807. Ein Gesuch aus Jena um obrigkeitliche Bewilligung einer Loge wurde in diesem Jahre Goethe zur Bearbeitung vorgelegt. Goethe äußerte sich in seinem Gutachten vom 31. Dezember 1807 ablehnend, wobei er die in den letzten Jahrzehnten vollkommen zerrütteten freimaurerischen Verhältnisse im Auge hatte. Auch schienen ihm die Voraussetzungen in Jena nicht genügend gesichert.

Trotz dieser ablehnenden Stellung übernahm er im Auftrage des Herzogs Karl August (s. d.) im Verein mit Bertuch (s. d.) die Vorarbeiten für eine von ihm selbst als wichtig angeschene Wiederbelebung der Loge "Amalia';. In seiner Wohnung fanden eine Reihe von Vorbesprechungen statt, wobei Goethe sich nachdrücklich dafür einsetzte, der wieder zu erweckenden Loge als Grundlage das mittlerweile von dem Hamburger Schauspieler Friedrich Ludwig Schröder geschaffene System zu geben, das die Maurerei wieder auf ihre ursprüngliche reine Form zurückführte.

Goethe trug auch dazu bei, daß die am 27. Juni 1808 unter Bertuch wiedereröffnete "Amalia" einen Logenraum im Wittumspalais zugewiesen erhielt. Er konnte dann zwar den Logenarbeiten nur in den ersten Jahren nach der Wiedereröffnung regelmäßig beiwohnen, doch nahm er auch in der Folge an jedem bedeutungsvollen Ereignis, an jedem großen Fest so lebhaften Anteil, "daß die wichtigeren Reden, Gesänge und Anordnungen meist seiner vorausgehenden Prüfung und Billigung sich erfreuen durften". In einem Schreiben vom Oktober 1812 an Bertuchs Nachfolger, den Geh. Kammerrat Ridel, bat Goethe um die Vergunst ", auf irgendeine schickliche, der maurerisen Form nicht unangemessene Weise als Abwesender betrachtet und seiner Verpflichtung gegen die Gesellschaft suspendiert" zu werden. Er begründete dies mit dem Satze: "Ungern möchte ich diese ehrenvolle und interessante Verbindung ganz aufgeben, möchte aber doch, es mir unmöglich fällt, den Logen regelmäßig beizuwohnen, nicht durch mein Ausbleiben ein böses Exempel geben." Die Beurlaubung Goethes wurde gewährt.

1809 wirkte Goethe bei den Aufnahmen des Kanzlers von Müller und einen Monat später Wielands (s. d.) mit. Lebhaft erörterte im Freundeskreis dessen erste Logenrede über Zweck und Geist der Freimaurerei. Als der Dichter des "Oberon" starb, trat Goethe an den im Tempel errichteten Katafalk, um die berühmt gewordene Gedächtnisrede "zu brüderlichem Andenken Wielands" zu halten, in der er den Satz über die Freimaurerei prägte:

"Wenn dieser altgegründete und nach manchem Zeitwechsel oft wieder hergestellte Bund eines Zeugnisses bedürfte, so würde hier das vollkommenste bereit sein, indem ein talentreicher Mann, verständig, vorsichtig, umsichtig, erfahren, wohldenkend und mäßig, bei uns seines gleichen zu finden glaubte, sich bei uns in ener Gesellschaft fühlte, die er, der besten gewohnt, als Vollendung seiner menschlichen und geselligen Wünsche so gern anerkannte."

Stärksten Eindruck machte auf Goethe die Meisterhebung des in die "Amalia" eingetretenen russischen Obersten Geismar, der Weimar vor einem französischen Überfall bewahrt hatte. Denn nach dieser Feier entstand wohl das Tiefste, was jemals in poetischer Form über Freimaurerei gesagt wurde, das "Symbolum". Jenes Gedicht, in dem Goethe das ganze Wesen der maurerischen Symbolik, das Wandern des Maurers durch die verschiedenen Grade als Abbild des höheren geistigen Menschenlebens zu ergreifendster Darstellung gebracht hat und das mit den Worten beginnt:

Des Maurers Wandeln
Es gleicht dem Leben
Und sein Bestreben
Es gleicht dem Handeln
Der Menschen auf Erden

Goethe veranlaßte auch die Aufnahme seines Sohnes August (*1789, † 1830), der 1815 in den Bund trat. Tagebuchaufzeichnungen in großer Zahl bekunden, daß dieser dem Vater über jede Logenzusammenkunft Bericht erstattete. Im Archiv der "Amalia" sind die Gedichte und Lieder verwahrt, die Goethe ihr bei allen besonderen Gelegenheiten zu senden pflegte. Als 1825 die 50. Wiederkehr des Regierungsantrittes Karl Augusts gefeiert wurde, trug er zur Logenfeier mehrere "Gesänge" bei.

Bis in die letzten Lebensjahre war Goethes Anhänglichkeit an die Loge eine lebhafte. Noch 1830 sandte er ihr seinen poetischen Dank für ihre Glückwünsche zu seinem fünfzigjährigen Maurerjubiläum. In den Inneren Orient der Loge war Goethe noch 1782 aufgenommen worden. Auch dem Illuminatenorden (s. d.) gehörte er, von Bode geworben, unter dem Namen "Abaris", an, woraus sich wohl erklärt, daß er gelegentlich seiner Aufenthalte in Karlsbad von Metternichs Agenten "vigiliert" wurde. Goethes maurerische Werke, ausschließlich maurerischen Inhaltes oder für maurerische Anlasse gedichtet:

Reden

  1. Rede zum brüderlichen Andenken Wielands, von Goethe selbst bei der Trauerfeier am 18. Februar 1830 vorgetragen.
  2. Einleitung zu den Trauerreden aus Anlaß des Ablebens des Meisters vom Stuhl Ridel, 1821.

Gedichte

In den meisten Gedichtsammlungen unter dem Titel "Loge" vereinigt:

  1. Bundeslied: "In allen guten Stunden", entstanden 1775.
  2. Symbolum: "Des Maurers Handeln", Entstehungszeit unbekannt (s. o.).
  3. Dank des Sangers: "Vom Sänger hat man viel erzählt", 1815.
  4. Versehwiegenheit: "Wenn die Liebste zum Erwidern", 1816.
  5. Trauerloge: "An dem öden Strand des Lebens."
  6. Gegentoast der Sehwestern: "Unseren Dank und wenn auch trutzig." Zum 24. Oktober 1820, dem Amalienfeste, vorgetragen von August v. Goethe.
  7. Zur Logenfeier am 3. September 1825 (50jähriges Regierungsjubiläum Karl Augusts:
    a) "Einmal nur in unserm Leben";
    b) "Laßt fahren hin das Allzuflüchtige";
    c) "Nun auf und laßt verlauten."
  8. Spruch: "Zum Beginnen, zum Vollenden", mit einer Bandzeichnung, datiert Weimar, März 1826.
  9. Dem würdigen Bruderfeste: "Fünfzig Jahre sind vorüber", datiert Johanni 1820; poetischer Dank für die Überreichung einer Ehrenkunde aus Anlaß seines fünfzigjährigen Maurerjubiläums.
  10. Apokryph. Im Jahre 1930 hat Johannes Urzidil, Prag, ein Gedicht von Goethe veröffentlicht, das "Carlsbad, November" (ohne Jahr) datiert ist und mit den Worten beginnt: "Wenn um Mitternacht in banger Stunde..." Die Echtheit dieses Gedichtes, das schon in der Datierung auffällig ist (Goethe war niemals im November in Carlsbad), wird bestritten.

Maurerische Anklänge bei Goethe finden sich besonders in Wilhelm Meisters Lehrbrief in den "Lehrjahren", dann in den "Wanderjahren". Freimaurerische Symbolik hat man auch im "Märchen" zu erkennen geglaubt. Schikaneders "Zauberflöte" begeisterte ihn zu einer Fortsetzung.

Den tiefsten Gehalt der leider Fragment gebliebenen "Geheimnisse", in denen Humanus als Hohepriester der Humanität erscheint und die Versöhnung von Antike und Christentum gefeiert wird, schöpft nur der aus, dem sich Sinn und Bedeutung der Freimaurerei ganz erschlossen haben. Im "Großkophtha" hat Goethe sich mit den Verirrungen der Freimaurerei seiner Zeit auseinandergesetzt. Unerschöpflich sind die zahllosen dichterischen Stellen und Aussprüche, in denen Goethe, ohne dabei direkte Beziehungen zur Freimaurerei bewußt zu suchen, sich mit deren Grundgedanken in Übereinstimmung weiß. Wie es gerade bei ihm nicht darauf ankommt, in Zitaten aus seinen Werken den Nachweis zu erbringen, daß er sich freimaurerisch mehr oder weniger betätigt hat, als vielmehr um den Beweis, wie sehr die Freimaurerei seiner Zeit seinem allumfassenden, weltumspannenden Gedanken gerecht zu werden bestrebt war. Wie er seiner Zeit die künstlerische Form gab, in den sie ihren Inhalt zu gießen hatte, so hat auch die Königliche Kunst, ganz abgesehen davon, daß auch auf sie ein Strahl der Dichtersonne fiel, von seinem Humanismus und seinem Gott und Welt in einem Blicke erfassenden Bild ewige Befruchtung erfahren.

Erst in jüngster Zeit [Anm.d.Red. Stand 1932] ist die Frage aufgeworfen worden, ob Goethe ein "guter Freimaurer" war. Die Präsenzlisten der Loge "Amalia" sprechen nicht dafür. Wir wollen die Frage, die kleinlich von Kleinlichen gestellt wird, beruhigt offen lassen. Goethe war sicherlich kein "guter Freimaurer" im gewöhnlichen Logensinne, das heißt kein Logenbruder. Er hatte dazu nicht die Zeit. Aber er war der größte Deutsche, der jemals in einer Loge den Schurz getragen hat. Goethe-Erinnerungen freimaurerischen Charakters finden sich im Weimarer Staatsarchiv sowie im Archiv der Loge "Amalia". Erst 1930 wurde dort seine maurerische Bekleidung gefunden.

Goethe und freimaurerähnliche Vereinigungen

Als 15järiger trat Goethe in Verbindung mit Ludwig Ysenburg von Buri und bewarb sich um Aufnahme in die "Arcadische Gesellschaft in Philandria" . Einer anderen logenartigen Gesellschaft gehörte er in Wetzlar an, und zwar der "Rittertafel" und dem "Orden des Überganges" (s. "Dichtung und Wahrheit"). Im 17. Buch von "Dichtung und Wahrheit" erzählt Goethe unter anderem, daß ihm die angesehene, wohlgegründete Offenbacher Freimaurerloge die Mitgliedschaft nahelegte, "ich aber, aus einem Unabhängigkeitsgefühl, das mir später als eine Verrücktheit erschien, lehnte jede Verknüpfung ab, nichtgewahrend, daß diese Männer, wenn schon in höherem Sinn verbunden, mir doch bei meinen den ihrigen so nahe verwandten Zwecken hätten förderlich sein müssen."

Siehe auch

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