Traktat: Absalom-Logengeschichte 1

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Traktate 30: Absalom-Logengeschichte 1

Von H.-P. Meißner

Am Beginn einer langen Wegstrecke…
Gedanken eines Jungmaurers zu seinem Umfeld, seiner geistigen Routenplanung

Am Anfang habe ich den Versuch gewagt, nachzuvollziehen, welch entscheidenden Schritt man getan hatte, vom Bund der Freimaurer zum Bruder aufgenommen worden zu sein. Der Versuch dauert bis heute an. Obwohl ich in der Zwischenzeit festzustellen glaube, wesentliche Elemente dieses für mich so bedeutsamen Schritts erfahren zu haben. Aus einem ursprünglichen glimmen ist eine lodernde Flamme entstanden.

Eine bis dahin nicht vermutete Empfindsamkeit gegenüber Gedankeneinflüssen, und, nach der Auseinandersetzung mit ihnen, den gewonnenen Erkenntnissen, hat sie für mich mehr Bedeutung erlangt, als vermutet.
In Folge wurde deutlich, dass Orientierung im Gewirr sich unzählig aufgetaner Baustellen mehr als notwendig ist. In meine Neugier unterscheide ich zwischen gewonnenen Erkenntnissen, den sich daraus ableitenden Empfindungen und dem historischen Hintergrund unseres Bundes. Beides hat dazu geführt, mich und mein Umfeld heute anders wahrnehmen als bisher.
Über unser frm. Geheimnis können wir nicht berichten, wohl aber über unsere Historie.

Dazu einige Gedanken, die mich seit Anbeginn beschäftigt haben und möglicherweise auch andere Brr. interessieren. Wollte ich doch wissen, in welches Haus ich eingezogen war. z.B.: vor welchem Hintergrund

- ist unsere verehrte Loge entstanden ? ;
- wer hat sie initiiert?;
- und warum nennen wir uns „ABSALOM“ – (zu den drei Nesseln)?

Die FM wird in etlichen Inhalten und Ritualbestandteilen von den Bauhütten der Steinmetze und Baumeister des frühen und Hochmittelalters abgeleitet.
Wenn man bedenkt, dass diesen Hochqualifizierten von den Zünften eigene Rechte und von der Kirche ein grenzenüberschreitender Schutzbrief eingeräumt wurden, wird deutlich, welch bedeutsame Kenntnis in den Bauhütten gehütet wurde.
Die erste nachweisliche deutsche „Bauhütte“ wird der Initiative des Abts Wilhelm von Hirschau (1080/1091) zugeschrieben. Hier fanden sich Ordensgeistliche und weltliche „Baumeister“ zusammen. Im Würzburger Dom finden wir seit 1160 zwei Säulen mit Kennungen, die für uns große Bedeutung haben, auf ihnen sind die Buchstaben J und B zu sehen.
Ab dem 13. Jahrhundert lösten sich die weltlichen Steinmetze und Baumeister von den Ordensbrüdern ab und bildeten eigene Bauhütten, um das Handwerk selbständig auszuüben.

Neben der Kirche, aber nie gegen sie, entwickelten sie sich in Brauchtum, Symbolen und Anschauungen zu einer geistigen Aristokratie. Etwa um 1375 manifestiert sich in England der Begriff „freemason“. Die deutschen Steinmetze, die am Straßburger Münster tätig waren, nannten sich seit 1440 „Freie Maurer“; zuvor Johannisbrüder, nach ihrem Schutzpatron, Johannes der Täufer.

Oder 1598, da erließ in Schottland der „Lord Warden Generall of the masons“, William Schaw, eine Bauhüttenordnung.[Anm.d.Red.: Schaw-Statuten ]
Seit dem 17. Jahrhundert nachweisbar, wahrscheinlich aber schon früher, treten in den Bauhütten-Bruderschaften Personen als Mitglieder auf, die als „angenommene / accepted Maurer“ mit der Kunst der Steinmetze, der Werkmaurerei, nur mittelbar oder gar nichts zu tun hatten. Aus diesen Zusammenschlüssen der zunehmend „spekulativen“ Freimaurer entstanden die ersten spekulativen Bauhütten/Logen in einigen europäischen Ländern; vornehmlich in Frankreich und England.


Am Horizont zog die Epoche der Aufklärung auf, die sich einem Flickenteppich gleichend, bis zum Ende des 18. Jahrhundert über die unterschiedlichsten Herrschaftsbereiche Europas ausbreitete.
Im weiteren Zeitablauf erfolgte im Jahr 1717 die Errichtung der „Großloge von London und Westminster“, der heutigen Großloge von England. Damit begann die Geschichte der FM ein nachvollziehbares, neues Kapitel zu schreiben.


Seit etwa 1600 gegründeten englische Kaufleute in Hamburg Niederlassungen, fand geschäftsnotwendiger Reiseverkehr zwischen Hamburg und englischen Hafenstädten statt. Als Folge ist anzunehmen, dass Hamburger Bürger in England mir der dortigen FM in Verbindung gekommen sind. Und nicht nur in England, denn es bestanden zu vielen europäischen Ländern mit Küsten- und Hafenstädten reger Handelskontakt.
So auch nach Frankreich. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Hamburger auch dort mit der FM in Berührung gekommen sind.
Wir wissen ob der multilingualen Hamburger Kaufmannschaft, die u.a. sowohl der französischen wie auch der englischen Sprache mächtig war.
Unbestritten ist der Sachverhalt, dass bereits 1733 der erste Versuch einer Logengründung im Hamburger „Kaiserhof“ erfolgte. Dem war jedoch kein Erfolg beschieden.

Wie nicht nur in jener Zeit üblich, traf man sich nachmittags, nach Verlassen des Comtpoires in einem Weinlokal. So auch in der Bäckerstraße, in der Taverne d'Angleterre, zum Engländer. Hier müssen sich einige Herren mit Auslandserfahrungen beiläufig getroffen und befreundet haben. An ihren Tischgesprächen nahmen offensichtlich auch andere Bürger der gehobeneren Schichten teil. Wie anders sollte man sich sonst erklären, wenn nicht durch den Austausch von Erlebtem und Erfahrungen, so auch zum Thema der FM aus englisch / französischen Einflüssen bei den Betroffenen, dass einige der d'Angleterre Gäste den Entschluss gefasst, in Hamburg ebenfalls eine Loge zu installieren.

Als das da waren, der am 26. November 1716 in Berlin geborene Charles Jacques Louis Sarry; Sohn einer immigrierten Hugenottenfamilie, ein preußischer Münzbeamter von 21 Jahren;
der niedersächsische Baron Georg Ludwig von Oberg, ein Adeliger, der in England und Frankreich Verbindungen zur FM hatte;
der in hamburgischen Staatsdiensten stehende Wundarzt Peter Carpser;
der Advokat Peter (v.) Stüven;
der Importkaufmann Johann Daniel Krafft, auch ihm werden FM Kontakte in England nachgesagt;
der Weinhausbesitzer Hans Arbin und der dienenden Bürger Gustav Schulze.

Am 6. Dezember 1737 haben die Vorgenannten ihren Entschluss in die Tat umgesetzt und in Hamburg die gesetzmäßige Johannisloge: „Loge d'Hambourg“ ins Leben gerufen. Bereits eine Woche später hat die junge Loge den Herrn Baron von Koop, die Herren Jean Pierre Simon, Philipp Simon, Jakob Friedrich von Bielfeld (von ihm und dem Baron v. Oberg wird später noch einiges zu berichten sein) und einen weiteren dienenden, den Herrn Friedrich Tramburg, aufgenommen. Es muss sich wie ein Lauffeuer in interessierten Kreisen herumgesprochen haben, dass in Hamburg eine Loge gestiftet worden war. Denn bereits eine weitere Woche später wurden dem Blaufärber Matthias Albert Lüttmann (auch über ihn sollte noch zu berichten sein), den Herren Albert Dathe und de Pens, sowie 2 Tage danach dem Herrn von Ahlefeldt das Licht erteilt. Die „Loge d'Hambourg“ entwickelte sich zusehens..


An dieser Stelle ist es interessant zu erwähnen, dass die uns bekannten Bestimmungen über die Bildung einer „vollkommenen und gerechten“ Loge wohl noch nicht gegolten haben können. Dass die Herren kurze Zeit nach ihrer Aufnahme bereits erhoben wurden, lässt darauf schließen, dass es zu der Zeit keinen 2. Grad gegeben hat.
In welcher Form damals Logenarbeit durchgeführt wurde, denke ich, ist mehrheitlich bekannt.

Einem unglaublich anmutenden Zufall ist es zu verdanken, dass das erste, in Schweinsleder gefasste Protokollbuch der „Loge d'Hambourg“, in dem die Gesetze und Verfahrensregeln der ersten deutschen Loge, ihre Sitzungsprotokolle und der Vorbereitungsbericht für die „ Aufnahme eines höchst vornehmen inconnu“ (Aufnahme und Erhebung am gleichen Tag des Friedrich v. Preußen geb. 24. Jan.,1712, Kronprinz, lfd. Aufnahme Nr. 31, in der Nacht vom 14.-15. August 1738, in Braunschweig ) enthalten sind, bei Trümmerbeseitigungen in einem hamburgischen Kellergewölbe, unbeschädigt wieder gefunden wurde.

Im 18. Jahrhundert war es in „besseren“ Kreisen en vouge, französisch zu sprechen. Aus diesem Grund ist es zu verstehen, dass unser größter Logenschatz in französischer Sprache abgefasst ist. Und, die Herren Logenstifter hatten nicht nur durch ihre Reisen sondern auch durch Kontakte zu englischen Kaufleuten vor Ort, sowohl englische wie auch französische Kenntnisse der damals geltenden FM-Regularien.
Der zuvor erwähnte Br. Matthias A. Lüttmann, im Jahr 1738 MvSt der Loge, hatte durchgesetzt, dass sowohl das Ritual als auch die Protokolle fortan in deutscher Sprache abzuhalten und niederzuschreiben sind.


Bleibt noch die Frage offen, wie die „Loge d'Hambourg“ zum Namen ABSALOM gekommen ist. Sicher wissen wir, dass sie sich so seit dem 26. Juli 1743 nennt.
Dem ist vorausgegangen: Die „Loge d'Hambourg“ erhielt von der Großloge von London und Westminster am 30. November 1740 unter der Matrikel 108 und dem Namen –„Bunch of Grapes Beckerstreet Hamburgh“ ihr Patent. Bis zu diesem Datum hatte die Loge aufgrund der noch nicht ausgestellten Stiftungsurkunde keine Autorisation gehabt.
Dafür hatte der Altstuhlmeister Br. Matthias A. Lüttmann im Oktober 1740, bei einem Besuch in der Londoner Großloge Sorge getragen.
Damit war die „Loge d'Hambourg“ die erste anerkannte, vollkommen und gerechte Loge, auf deutschen Boden.

Eine derartige Namensgebung, wie es sich die Londoner Brr. erdacht hatten, missfiel den hamburgischen Brrn.; man einigte sich 1741 auf den Namen ABSALOM (Vater des Friedens). Eine Abkehr von der Bezeichnung „Loge d'Hambourg“ war auch deshalb erforderlich, da eine 2. Logengründung bevorstand. Hamburgs 2. Loge, „St. GEORG zur grünenden Fichte“, Matrikel 12, feierte am 24. September 1743 ihr Stiftungsfest.

Der zuvor erwähnte Altstuhlmeister Br. Matthias A. Lüttmann hatte binnen 8 Tagen nach der Patenterteilung für unsere Loge in 1740 erreicht, dass auch ein Patent für die „Provinzialloge von Hamburg und Niedersachsen“ am 30. Oktober des gleichen Jahres erteilt wurde. Die Londoner Großloge setzte AStM Br. M.A. Lüttmann auch gleich als Großmeister dieser Provinzialloge ein.


Ich schließe meinen Bericht mit der Anmerkung: eine Große Provinzialloge (P.-L.) ist die von dem Sitz einer Großen Loge geographisch entfernte ( hier die Großloge von London und Westminster) ihr untergeordnete Große Loge, welche, mit der Machtvollkommenheit der ersteren, die unmittelbare oberste Institution der einzelnen zu ihrer Gerichtsbarkeit gehörenden Logen ausmacht. Eine P.-L. hat das Recht, selbsttändig „vollkommene und gerechte Logen“ in ihrem Einflussbereich ins Leben zu rufen.
Wohl gemerkt, wir sprechen über die Zeit um 1740 ff. Später erfolgte eine ganz andere Weiterentwicklung des deutschen Logenwesens, bei der der Loge ABSALOM und einige ihrer, uns bereits bekannten Brrn. der ersten Stunde, eine wesentliche Rolle zugedacht war.

In einer späteren Berichterstattung über unsere geliebte Loge komme ich auch zu der 1765 erfolgten und bis heute erhaltenen gebliebenen Namenserweiterung „zu den drei Nesseln“.

H.-P. Meißner Febr. 2010

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