Der Entdeckte Maurer

Aus Freimaurer-Wiki



Der Entdeckte Maurer

Ritual aus einer Verräterschrift (frz. 1751; dt. 1786)

Bearbeitet von Roland Müller


vgl. dazu:
Entdekkung des grossen Geheimnisses der Freimaurer (1820; engl. 1724) Das NE. Lehrlingfragstück nach Prichard (1820; engl. 1730)
Was geschieht in einer Loge? (frz. 1742 oder 1744; dt. 1745)
Die erste grosse Verräterschrift: Der verrathene Orden der Freymäurer 1745 (frz. 1745)
Jachin und Boaz, 1762; dt. in Auszügen von Karl Christian Friedrich Krause, 1810

Zum Buch


Wahres, zusammenhängendes Lehrgebäude der Freymaurer-Gesellschaft.
Aus dem Französischen übersetzt.
Leipzig und Frankfurt 1786, 374 Seiten


Le Maçon Démasqué ou le vrai Secret des Francs-Maçons.
Mis au jour dans toutes ses parties avec sincérité et sans déguisement. 1786.

Die 1. Ausgabe erschien 1751, die zweite, damit identische 1757.
Die Ausgabe 1786 entspricht den beiden früheren Ausgaben vollständig. Einen Zusatz bilden nur die angehängten „Obligations d’un Franc-Mâçon“.


Auf dem Titelblatt der englischen Übersetzung:
Solomon in all his glory: or, the master-mason, London 1766, mehrere Aufl. bis 1777
steht unter anderem:
“By T. W. an Officer in the Army, and late Master of the Swan Tavern Lodge in the Strand”
und am Ende der Dedication steht ausgeschrieben:
Thomas Wilson

Diese englische Übersetzung folgt getreu dem französischen Text. Es fehlen einzig die vier Lieder und der „Quatrain du Frère Ricault“.
Es folgen drei Abbildungen (zwei davon entsprechen bis ins Detail denjenigen aus „L’Ordre des Francs-Maçons Trahi, 1745) und eine Liste aller 353 regulären Logen der Welt.

Informationen dazu von Alain Bernheim:
http://www.freemasons-freemasonry.com/bernheim8.html

Er sieht als Autor: Thom Wolson
Deutsche Bibliotheken haben oft: Thomas Wilson

Nachricht


Man überliefert hier dem Publikum die Lehrsätze, Einrichtuntungen [!] und Gebräuche der Freymaurer-Gesellschaft, um demselben ihre Hinterlistigkeit vor Augen zu legen.

Verschiedene Souverains schöpften wegen ihnen Verdacht, und haben ihre heimliche Versammlungen, als dem Staat gefährliche Zusammenkünfte verboten; welches aus denen hier bekommenden öffentlichen, Verordnungen sowohl, als auch durch die Sekten, die aus dieser Gesellschaft entsprungen sind, und welche die christliche Religion nicht dulden kann, zu ersehen ist.

Der Römische Hof hat sie als eine der Religion schädliche Gesellschaft erklärt, und um alle von diesem System eingenommene Personen davor zu warnen, hat Er gesucht, sie davon durch Kenntnisse zu überfuhren.

Man glaubt, daß sämmtliche Geistliche Vorgesetzte recht thun, Leuten, die davon angesteckt sind, keine geistliche Pfründen zu verleihen, und besonders solchen die Auferziehung der Jugend nicht anzuvertrauen, welche unter falschen Grundsätzen von Rechtschaffenheit in diese Epikurische Philosophie oder andere heidnische Lehren verliebt sind.

Der entdeckte Maurer,

oder das
wahre Geheimniß
der
Frey-Maurer.
Mit Aufrichtigkeit und ohne Verstellung in allen seinen Theilen ans Licht gegeben.

Es sey mir erlaubt zu sagen, was ich gehört habe:
Es sey mir erlaubt durch eure Gottheit zu offenbaren, was in der tiefsten Erde und Dunkelheit begraben liegt.
Virg. Eneid. 6.

Frage: Wenn sich ein Freymaurer verliert, wo würdet ihr ihn finden?
Antw. Zwischen dem Winkelmaas und Zirkel.

Frankfurt und Leipzig, 1786

An alle

Ehrwürdige Loge-Meister, Brüder gewesene Meister, Gesellen und Lehrlinge und all anderm Anhang der Maurerey!

 
Meine Brüder!

Ich bin ein Ueberläufer, der die Maurerey verläßt, um in das Feld der Profanen wieder zurück zu kehren. Das Licht, welches ihr mir von euch beygebracht habt, soll nicht mehr unter dem Scheffel verborgen seyn, sondern es ist Zeit, solches auf den Leuchter zu stecken, um denen blinden Sterblichen die Augen zu eröffnen. Erlaubet! daß ich die Dicke ihrer Finsternisse zertheile, und daß meine Hand das heilige Band wegreiße, mit welchem eure Geheimnisse umschleyert sind.

Murret nicht dagegen, mein« Brüder! oder wenn ihr mein Betragen tadelt, so rechtfertiget mich dafür die Absicht. Ich will dadurch dem menschlichen Geschlecht und euch selbst einen angenehmen Dienst erweisen. Ihr seyd tugendhaft, aber eure bescheidne Tugend hüllt sich in Dunkelheit ein; man muß euch, dem« nach nöthigen, sie am hellen Tag leuchten zu lassen.

Ich höre euch mir vorwerfen, daß ich ein euch zugesagtes — und in eure Hände beschwornes Geheimniß verrathe. Ja! ich gestehe es, aber beym Himmel! nur mein Mund hat diesen fatalen Eyd ausgesprochen, von welchem sich mein Herz ihn wieder frey zu sprechen untersteht. Ein Schwur mit Gotteslästerungen untermischt, kann unsere Gewissen in keiner so kindischen Sache binden, weil eine Verbindung freywillig geschehen muß, um heilig zu seyn. Man macht sich ohne Verbrechen von demjenigen frey, was man nur aus Furcht zu halten, versprochen hat. Die Zurüstung eurer bloßen Degen machte mich vor plötzlichem Schrecken ganz starr, und mit stotternder Zunge legte ich — in der traurigen Nothwendigkeit der Umstände, mit Abscheu den Eyd ab.

Ich zerbreche meine Ketten, um euch wieder zu geben, was ich von euch empfangen habe, und weil doch endlich mein Herz lasterhaft seyn soll, so sagt mir: welches das gröste Laster ist, euren fürchterlichen Eyd aussprechen, oder solchen gebrochen zu haben?

Ich bin mit der geheimen und geliebten Zahl

Meine Brüder!

euer ganz unterthänig und
sehr verbundener Diener
T. W.


Vorrede.

Ich entwickle das Geheimniß der Freymaurer mit Treuherzigkeit und unparteyisch; Ich lasse der Tugend Gerechtigkeit wiederfahren, und tadle das Laster; Ich erzähle, was meine Augen gesehen — und meine Hände gezeichnet haben. Das Publikum würde Unrecht thun, meinem Werke keinen Glauben beyzumessen, weil ich keinen Nutzen davon habe, es zu betrügen.
Wenn ich die Feder ergreife, so geschieht es mehr zu verhindern, daß die Zahl der Betrogenen nicht so sehr anwachse, und sie eher ab- als zunehmen möge. Ich habe oft Mitleiden mit diesen armen Opfern der Neugierde gehabt, die sich 8. oder 10 Guinéen abbrechen, um eine erdichtete Geschichte — unverständliche Worte — und Zeichen, die sich auf nichts beziehen, zu erlernen.

In Frankreich belustigen sich die Kinder mit Häuschens bauen, und die Freymaurer halten Logen. Eines ist so kindisch, als das andere; und der Handwerksmann würde besser thun, wenn er zu Haus bey seiner Arbeit bliebe, als in die Loge zu laufen, wo er Zeit und Geld auf einmal verliert; und der Reiche sollte ein gewissenhafterer Mann seyn, als daß er sich zu dergleichen Possen gebrauchen lasse.

Man muß uns eine gewiße Zahl Thorheilen zu gute halten, weil wir gebohren sind, um welche zu begehen. Auf diese Weise entschuldige ich den Profanen, welcher — durch die schöne Worte des Maurers hintergangen, sein Geld willig hingiebt, um davor in ihrem Wunderbaren unterrichtet zu werden. Aber ich tadle denjenigen, welcher — nachdem er Zeuge von all diesen hochtrabenden Narrenspossen gewesen ist, doch wieder dahin zurückkehrt, oder den andern, der — ob er schon davon belehrt ist, doch noch in die Schlinge geht.

Bevor man Freymaurer ist, stellt man sich vor, daß es eine Ehre ist einer zu seyn! Ist man aufgenommen: so erröthet man darüber; aber die Ehre verbietet diesen Schritt nicht mehr zurück zu thun. Wie viele Müssiggänger geben sich nicht mit diesem kindischen Popanz ab! Und man duldet ihren Zeitvertreib: aber wie viele Leute reissen sie nicht mit sich fort, die vor ganz rechtschaffene Menschen gehalten seyn würden, wenn sie keine Maurer wären?

Es ist Zeit, daß die Maurerey ihr End erreiche; sie fängt schon an in Verfall zu gerathen, und ihr Ende wird dem Schicksal großer Reiche gleichen, die unter der Last ihrer eigenen Größe eingestürzt sind. Ihre Mitglieder haben ausgeartet, indem sie sich vervielfältigten, und gleichwie der geschickteste Baumgärtner die abgeschnittene Zweige nicht mehr so genau wie zuvor würde an den Baum hinsetzen können, eben so fürchte ich, daß die Axt den Baum nicht ganz am Fuß abhaue.

Ich kenne Brüder, denen es sehr verdrüßlich ist, daß sie Maurer sind; und kenne auch viele Profane, die sich nie werden fangen lassen. Nach abgezogener Larve, wird man nichts als Zeichen von Kohlen und Kreide, welche die geheimnißvolle Zeichen auf den Brettern anzeigen sollen, finden. Man wird bey diesem Anblick mit den Brüdern Mitleiden haben, und wenn noch einiger Zweifel übrig bleibt, so wird es derjenige seyn — der aus der Meinung, welche wir von ihnen haben, entspringt: daß so Kleinigkeiten kluge Leute beschäftigen können.

Man darf dieses Werk als eine vollständig und genaue Sammlung der Maurerzeremonien betrachten. Ich habe mich beflissen nichts zu vergessen. Und wenn ich meine Aufnahme umständlich erzähle, so geschähe es, weil ich diese Art zu schreiben vor bequemer hielte, um meinen Lesern alles— was eigentlich das Wesen der Maurerey ist, unter die Augen zu stellen.
Wer eine Loge sieht, hat alle gesehen. Die Verschiedenheiten, die man hie und da in Ländern antrifft, bestehen nur in zufälligen Dingen, die eigentlich zur Sache nicht gehören, und verhindern keinen Bruder, der sich angibt, als ein guter Maurer erkannt zu werden.

Ich fordere die Maurer auf; sogar die hartnäckigsten und allereifrigsten Anhänger des Geheimnisses, ob sie mit gutem Gewissen, dasjenige— was ich hier vortrage, läugnen — oder mit Grund mein Werk widerlegen können? Noch mehr -- ich unterstehe mich zu behaupten, daß es wenige Logen giebt, wo die Zeremonien mit mehrerer Genauigkeit beobachtet werden, als in derjenigen, worinn ich aufgenommen worden bin; und daß hier sogar Brüder lernen können, die noch nicht genugsam unterrichtet sind. Sie werden es zwar vor Profanen nicht eingestehen, (denn dieses würde das ganze Gebäu umflossen) inzwischen, wenn sie fortfahren, werden sie doch noch froh seyn, mein Buch vor Augen zu haben, welches ihnen statt der Richtschnur dienen kann, wenn sie in ihren Arbeiten Schwierigkeiten finden sollten.

Wahres Geheimniß der Freymaurer

[1751: Le vrai secret des Francs-Maçons
1766: Solomon in all his glory or, the master-mason]


Die Maurerey war vormals eine Gesellschaft auserlesener Menschen, welche die Freundschaft durch die Bande der Tugend zusammen verknüpfte, um sich gegenseitige Dienste in ihren Bedürfnissen einander zu leisten. Heut zu Tag ist sie eine unter einander vermischte Zusammensetzung geringer und ansehnlicher Leute, welche alle Liebhaber von dem Vergnügen einer gutbesetzten Tafel — und ohne Unterschied aus allen Ständen herausgezogen sind.

Es ist viel leichter, den dicken Schleyer, der ihre Geheimnisse bedeckt, hinweg zu reissen, als ihre Entstehung zu bestimmen. Die ältere — weniger lärmende — und mehr verschwiegene - als die neuere Maurer, flohen die Klarheit des Tages und die Blicke der Profanen.

Die Geschichte beobachtet ein tiefes Stillschweigen über ihren Ursprung, und wir haben keine Jahrbücher, noch denkwürdige Thaten, die solchen klar an den Tag legen könnten.
In diesem dunkeln Labyrinth, wo man keinen Schritt macht, ohne Gefahr zu laufen sich zu verirren, kann man inzwischen doch sein Augenmerk auf gründliche Muthmassungen heften, wenn man die mündlich fortgepflanzte Nachrichten, und die Bewegungsgründe der Stiftung dieses Ordens darüber zu Rache zieht.


England ist das Theater, dem man die Erfindung der Maurerey zuschreibt. Man würde auf das Fabelhafte verfallen, wenn man sie aus den Zeiten Salomonis und Adonirams herleiten wollte. Diese Anspielung, welche nur ein Sinnbild ist, bezieht sich in der Geschichte auf Nichts. Der Name Salomon ist das Sinnbild der Weisheit, so wie sein Tempel das Bild der Einigkeit der Brüder, oder vielmehr die Loge, in der sie sich versammeln, vorstellt.
Man hat eine Gesellschaft von Freunden stiften wollen, (welches auch allezeit der eigentliche Zweck der Maurerey hätte seyn sollen) und man hat zu dem Ende Zeichen ausgesucht, an welchen man sich unterscheiden und erkennen gelernt hat; so wie man sieht den Officier mit der Schildwache einverstanden seyn.

Einige haben gemuthmaßt, daß sich die Maurerey auf die Wiederaufbauung des Tempels Salomonis oder auf die Wiedereinsetzung des Hauses Stuarts auf den Englischen Thron bezöge. Allein, dieß ist eine ganz ungegründete Meinung. Die Maurer denken weder an Religion noch an den Staat; es ist unter ihnen von nichts als von Vergnügen die Rede: aber von unschuldigen Vergnügungen —, die weder in viehische Leidenschaft oder andere grobe Laster, deren man sie beschuldigt, ausarten. Wenn sich heut zu Tag Trunkenheit und Schwelgerey bey ihren Schmäusen einschleichen, oder wenn Liebe zum Gewinnst, der aber allezeit künstlich ist, sich mit der grossen Kunst Betrogene zu machen, vereinigt: so sind diese traurige Mißbräuche Wirkungen der menschlichen Schwachheit, und der verderbten Zeiten.

Andere behaupten, daß man bis zu den Brüdern von Jerusalem, die grosse Gastfreyheit in einem gewissen Ritter-Orden ausübten, zurückgehen müsse, um die ersten Väter und wahre Stifter der Maurerey zu finden. Dieses ist ein anderer aller Wahrscheinlichkeit mangelnder Irrthum. Ihre Meinung gründet sich darauf, daß die Brüder von Jerusalem den heiligen Joannes zu ihrem Patron erwählet hatten, weil alle unsere Maurer Logen dem heiligen Johannes zugeeignet wären.
Sie schliessen daher in der Folge, daß die Herren Engländer und Franzosen, welche sich vormals in den Kreutzzügen zusammen verbunden hätten, wahrscheinlicher Weise Freymaurer gewesen seyen. Allein, diese Leute, die den Beweggrund der Stiftung unsers Ordens aus dem Gesicht verlieren, oder denen er unbekannt ist, geben nicht Acht, daß der heilige Johannes seinen Schülern allzeit Einigkeit und brüderliche Liebe durch die Worte, die er unabläßig wiederholte:
Meine liebe Kinder, liebet euch!
geprediget hat; — daß die Freymaurer, welche christliche Liebe und Gleichheit der Stände zur Grundlage ihrer Gesellschaft angenommen, den Geist, der sie beleben soll, dadurch zu erkennen haben geben wollen, daß sie sich unter den Schutz dieses Apostels empfohlen haben.

Es wäre zu wünschen, daß uns die Geschichte den Namen desjenigen — der den ersten Stein zu diesem weitläuftigen Gebäude legte, aufbehalten hätte. Dieser Mensch, der mit Recht Anspruch auf die Unsterblichkeit machen kann, hatte einen gesunden Menschenverstand und ein vortrefliches Herz. Er beobachtete, daß sich alle Menschen gleich sind, und daß ihnen zu ihrer Glückseligkeit nichts fehlte, als daß sie sich einander lieben. So wie den Menschen im Fortgang seiner Glückseligkeit Leidenschaften und Ehrenämter hindern, so glaubte er ihn wieder zu seiner ersten Unschuld zurückzuführen, wenn er sie verbannete.
Zu dem Ende erdachte er sich ein System, wozu er, wie ich glaube, die erste Anlage aus der Platon'schen Republik genommen hatte. Ich sage es noch einmal, und sage es mit Wahrheit, alles ist bey ihm Allegorie.

Der Tempel Salomonis stellet die Majestät der Loge vor, wo die Brüder arbeiten.

Die zwey Säulen von Erz bedeuten die unbewegliche Stützen, welche das Gebäude halten.

Der flammende Stern, das Licht, welches ihre Schritte erleuchtet.

Der mit Stern bestreuete Traghimmel, bedeutet die freye Gemeinschaft, die sie mit dem Himmel haben, indem sie sich von den Profanen und Lastern los machen.

Die Setzwaage, die Gleichheit der Stände.

Das Winkelmaas und der Zirkel, die Klugheit und Behutsamkeit in ihrer Aufführung.

Die weiße Handschuhe, bezeichnen die Reinigkeit ihrer Sitten.

Man verbindet demjenigen, den man aufnimmt, die Augen, um dadurch auf die Blindheit der Menschen zu zielen, die ihr Glück vor Augen haben; es machen können, und doch nicht wollen.

Ferners nimmt man ihm alle Metalle weg, um ihm dadurch Uneigennützigkeit und Verachtung der Reichthümer vorstellig zu machen.

Darauf entblößt man ihm die linke Brust, um dadurch die Unschuld seines Herzens und Aufrichtigkeit seiner Gesinnungen anzuzeigen. (1)

(1) Die Maurer haben Unrecht, die da sagen: daß diese Zeremonie bloß darum beobachtet werde, um das Geschlecht des Candidaten zu erkennen.

Dann thut man ihm an den linken Fuß einen Pantoffel, um dadurch auf dasjenige zu zielen, was Gott im brennenden Busch zu Moses gesagt hatte, da er sprach:
Ziehe deine Schuhe aus, denn die Erde, worauf du gehest, ist eine heilige Erde.

Weiters hält man ihm das rechte Knie blos, zum Gedächtnis der Schwiehlen, welche der Ordens-Patron St. Johannes auf den Knien hatte.

Endlich läßt man ihn reisen, und gibt ihm dadurch zu erkennen, daß ein Mensch, der sich im Finstern befindet, das Licht suchen — und immer gegen dasselbe vorrücken solle.


Die andere Zeremonien bestehen in der Einbildungs-Kraft und eigensinnigen Einfällen. Man hat sie ausgesucht, um eine Auswahl zu haben, und hält sie zusammen, um der Arbeit einigen Wohlstand zu geben, und dadurch sie noch mehr in Ansehen und Aufnahme zu bringen; so wie man den Soldaten in seinen Uebungen Handgriffe machen sieht, die eigentlich das Wesentliche des Kriegs gar nicht ausmachen.
Die vornehmste Zeremonie besteht heut zu Tag eigentlich im Geld, welches der Candidat gibt. Vor diese Summa trinkt man auf seine Gesundheit, lacht auf seine Unkosten, und läßt ihn sehr schöne Sachen sehen.
Die Zeichen, Worte und Berührungen dienen einzig und allein dazu, sich zu erkennen. Man bewahrt das Geheimniß noch überdieß, weil — wenn man es zeigen würde, keine besondere Gesellschaft mehr bestehen könnte. Allein, man stellt sich, daraus ein Geheimniß — und viel Rühmens davon zu machen, um die Neugierde der Profanen destomehr anzureizen.

Es giebt nichts schöners als dieses von dem Erfinder erdachte Lehrgebäude. Ich halte ihn vor einen Engländer, zum wenigsten verdient er es zu seyn, weil es blos dieser Nation zukömmt, denken zu können — den Menschen in die Setzwaage des Menschen zu setzen— und der Menschheit die Ehre zu erzeigen, die man ihr schuldig ist. Er war ein guter Baumeister, aber er hatte in der Folge üble Maurer, und die Laster, mehr als die Unwissenheit des Menschen haben sein Werk verunstaltet.

In einigen Gegenden der Erde war die Maurerey wirklich da, weil wir noch davon die Trümmer sehen; ich bin von ihren Geheimnissen unterrichtet, kenne sie gründlich — und beschreibe sie mit Aufrichtigkeit. Wir wollen also stückweise mit der umständlichen Beschreibung meiner Aufnahme anfangen, um das ganze Innere der Loge an hellen Tag zu setzen.

Der Sohn des Prätendenten hatte einen Einfall in Schottland gemacht, und trug sogar daselbst einige Vortheile davon. Als Herr Cowens, mein Freund, mir anzukündigen kam, daß unser Regiment beordert sey, dem Feind entgegen zu rücken; so sagte er mir:
Ihr seyd auf dem Punkt London zu verlassen, aber wollet ihr euch nicht zuvor einweihen lassen?
Ich verstund daraus, daß hier die Frage von Eintritt in den grossen Orden wäre; und da ich von anderswo her wußte, daß die neuern Salomons [les Salomons modernes} die Thüre ihres Tempels nur einem goldnen Schlüssel öfnen, so fragte ich: wie viel Guineen der Preiß meiner Aufnahme seye?
Was ihr ein Profan seyd!
schrie er: es dünkt mich Simon den Zauberer zu sehen, welcher um die Gaben der Apostel handelte.
Wir handeln nicht aus eigennüzigen Absichten! Zwölf Pfund Sterlings wird es euch kosten, und das ist in der That eine Kleinigkeit!

Nach beliebtem Vorschlag, wurde ich zu Herrn Fielding geführt, welcher das Amt des Logenmeisters verrichtete. Man nahm mich an, und ich bestimmte den Tag meiner Ausnahme.

Aufnahme eines Lehrlings.


Der Gasthof im Schwahn in der Stran-Gasse [L’auberge de le Swan dans le Stran] , war der Ort, wo ich die Finsternisse der Profanen verlassen, und die Augen zum-Licht öffnen sollte. Die Brüder hatten sich vor mir daselbst versammelt. Ich unterhielte mich ungefähr eine halbe Stunde, mit einigen von ihnen, in einem Zimmer, welches auf die Strasse gieng; während dem andere in einem vertieften Gemach, in welchem man die Fenster mit Tapeten vermacht hatte, Zurichtungen machten. Jeder machte mir sein Compliment, und wünschten sich Glück mich bald unter die Zahl ihrer Brüder zählen zu können. Man strich mir die Vortheile der Maurerey mit Nachdruck heraus. Sie sagten mir: ich würde jezt die allerprächtigsten Wunderwerke der Welt zu sehen bekommen. Ich hörte alles, ohne darauf antworten zu können, und ich war einfältig genug, es zu glauben.

Nun erschien der Schatzmeister der Loge mit seinem Buch unter dem Arm, er grüßte mich höflich, und fragte mich freundlich, ob ich ihn nicht meinen Namen wollte einschreiben lassen? Ich zählte meine Guineen, er schrieb mich ein, und gieng weg.
Zu gleicher Zeit näherte sich mir mein Freund, der mir sagte, daß es Zeit wäre, in die benachbarte Kammer zu treten. Ich folgte ihm. Der Ort war dunkel, die Fenster vermacht, und die Vorhänge vorgezogen.
Sehet, sagte er mir, was wir die schwarze Kammer nennen! Noch seyd ihr frey vorwärts oder zurückzutreten, ich überlasse euch nun euren Ueberlegungen.
Nach diesen Worten schwieg er still, ohne mir auf die geringste Frage mehr antworten zu wollen. Es durchkreuzten mir tausend närrische Dinge den Kopf, und ich fieng an zu argwohnen, daß ich der Geprellte wäre, indem es mir einfiel, daß er mir gesagt hatte: daß ich noch frey wäre, nachdem er mein Geld schon eingestrichen.
Endlich brach er sein geheimnißvolles Stillschweigen, um mir zu sagen, daß ich alle Metalle, Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Stahl etc. von mir entfernen — meinen linken Schuh ausziehen, und daraus einen Pantoffel machen, — meine linke Brust samt dem rechten Knie entblößen, und mir die Augen mit einem Tuch verbinden lassen sollte. Er schwur mir zu gleicher Zeit bey aller Freundschaft, daß ich vor mein Geld, das ich bey mir hätte, keine Sorge haben dürfte, und daß ich es mit aller Sicherheit nebst meinen übrigen Sachen in die Tisch-Schublade legen könnte.

Was war zu machen in de Lage, in der ich mich befand? Ich unterwarf mich ganz gelenksam allem, was man von mir verlangte; er richtete mich her, wie es ihm gefiel, und sein Scrupel gieng so weit, daß er mir mein Kleid ausziehen wollte, weil er darauf gelb metallene Knöpfe bemerkt hatte. Er warf mir eine Stirnbinde über die Augen, und ich vernahm, daß er zwey Schläge an eine Thüre that.

Inzwischen hatte der Logenmeister seine Loge mit den gewöhnlichen Zeremonien eröffnet. Als nun mein Pathe angeklopft hatte, so sagte der zweyte Aufseher zum ersten:
Bruder, man klopft an diese Thüre!
und der erste schickt diese Neuigkeit dem Logenmeister zurück, indem er sagt:
Sehr Ehrwürdiger, man klopft an die Thüre!
Man hatte weislich beobachtet, nicht mehr als zwey Schläge zu thun, weil ich die geheiligte Zahl vor meiner Aufnahme nicht hören sollte.
Sehet, mein lieber Bruder, versetzte der Logenmeister, was dieses vor ein profaner Lärmen ist, den ich gehört habe, und stattet mir euren Bericht ab!
Der erste Aufseher wandte sich auf die Seite zum zweiten, und sagte ihm das nämliche:
auf Befehl des Ehrwürdigen, zweiter Bruder Aufseher, sehet! wer an diese Thüre so profan klopfet? und stattet euren Bericht ab!

Alsbald öffnete sich die Thüre, aber der Bruder, welcher zeigen soll, daß ein Maurer vor dem Anblick eines Profanen erschrickt, schließt sie wieder mit Unwillen zu. Mein Freund klopfte zum zweytenmal, und als sich der Aufseher von seiner räthselhaften Bestürzung wieder erholt zu haben schien, eröfnete er nur halb die Thüre, indem er fragte:
Was verlangt ihr, Bruder?
Der Führer antwortete:
Dieses ist ein Edelmann, einer meiner Freunde, den ich präsentire, um als Maurer aufgenommen zu werden.
Hierauf versperrte man die Thüre aufs neue. Der Aufseher seine Hand auf die Kehle haltend — mit dem Daumen und Zeigefinger ein Winkelmaaß machend — und nachdem er seinen Platz gegen Abend wieder eingenommen, und den Logenmeister durch eine Verbeugung gegrüßt hatte, wendete sich an den ersten Aufseher, und sagte zu ihm:
Bruder! Es ist ein Edelmann da, der als Maurer aufgenommen zu werden verlangt!
und der erste Aufseher, nach einer tiefen Verbeugung, die Hand auch auf die Kehle haltend, stattet seinen Rapport so ab:
Sehr Ehrwürdiger! es ist ein Edelmann da, der als Maurer aufgenommen zu werden verlangt!

Um das Zeremoniel nicht zu sehr zu verlängern, werde ich in der Folge die Berichte, die sie sich untereinander, der erste dem zweyten, und der zweyte dem ersten Aufseher machen, weglassen. Diese Zeremonien werden beobachtet, weil alles durch Drey gehen soll, und um noch überdieß, den — dem Logemeister gebührenden Respekt anzudeuten. Der erste Aufseher ist der einzige, der das Recht hat, sein Wort unmittelbar an ihn zu richten. Die andern Brüder können es nicht, bevor sie nicht mit den gewöhnlichen Zeremonien die Erlaubniß dazu erhalten haben; das heißt: durch den Ruckweg der Zahl Drey.

Der durch seinen Aufseher benachrichtigte Logenmeister: daß ein Edelmann (denn so werden die Candidaten genennt, möchten sie auch von der untersten Klasse geringer Leute seyn) da wäre, der als Maurer aufgenommen zu werden verlange; sagte ganz ernsthaft:
Bruder! dieser Edelmann— hat er die erforderlichen Fähigkeiten? Ist er durch einen bekannten Bruder vorgestellt? Fraget ihn um seinen Namen — um seinen Vornamen — und wie alt er ist?
Nachdem nun die Sache an den zweyten Aufseher wieder zurückkam, so erschien er: und stellte mir diese drey Fragen. Ich beantwortete sie: daß ich Thom Wolfson hiese, und ohngefähr 24. Jahre alt wäre.

Ihr antwortet wie ein Profan, versetzte mein Führer; man muß sagen: Mein Name ist Wolfson — Mein Vorname Thom — und mein Alter ist sechsthalb Jahr. Ein geheimnißvolles Alter, welches gar vortreflich die Unschuld und Treuherzigkeit eines Frey-Maurers ausdrückt.

Meine also berichtigte Antwort machte 3 Sprünge um den Stuhl des Logenmeisters zu erreichen, der mich annahm, indem er noch diese Worte hinzusetzte:
Erster Bruder Aufseher! ihr könnet mir ihn vorstellen, aber habt ja Sorge, daß er von allen Metallen befreyet seye — die Augen verbunden — die linke Brust blos — das rechte Knie nackend — und den linken Fuß im Pantoffel habe!
Diese Befehle wurden meinem Führer angezeigt, und nachdem ich in dieser Verfassung war, hinterbrachte man es wieder dem Logenmeister; und ich hörte mit lauter Stimme rufen:

Daß er hereinkomme!

Ich wurde demnach in diesen ehrwürdigen Tempel eingeführt, ohne davon das Gebäu zu sehen. Mein Pathe begleitete mich, und der zweyte Aufseher hielte mich fest bey der Hand. Sobald ich an der Seite gegen Abend erschien, so schrie mir der Logenmeister aus der Gegend von Morgen, wohin er sich stellte, zu:
Verwegener Profan! was untersteht ihr euch eure Schritte hieher zu richten? welche Bewegungsgründe führen euch in diesen majestätischen Tempel? Kommt ihr hieher, euch von unsern Geheimnissen zu unterrichten — um sie zu beschimpfen— oder um sie eures gleichen aufzudecken? Ihr beobachtet das Stillschweigen, Profan? redet! antwortet mir?

Ich gestehe, daß ich ein wenig betroffen war, und so wie ich keines von diesen Maurer-Lichtern, die sich zertheilten, sahe; und mich keiner anredete, so wußte ich nicht, auf welche Seite ich meine Antwort richten sollte. Inzwischen rafte ich mich wieder zusammen, und antwortete: daß ich käme sie zu bitten, mich in die Zahl ihrer Brüder einzuschreiben, und mir eine Stelle unter ihnen zu verwilligen.

Ist es nicht ein Trieb der Neugierde, sagte er: der euch anfeurt? Zittert Profan! und fürchtet, daß euch eure Verwegenheit theuer zu stehen kommen kann!
Ich erwiederte: daß ich nichts als das einzige Verlangen, in diese liebenswürdige Gesellschaft zu treten, wovon ich ein Mitglied seyn wollte, überlegt hätte.
Nun wohlan, sagte der Logenmeister, man lasse diesen Profanen unter dem eisernen Gewölb, von Abend gegen Morgen reisen, um das Licht zu suchen!

Der Bruder, der mich bey der Hand hielt, ließ mich nun dreymal in der Loge die Ronde herum machen. Bey jedem Schritt schrie man mir zu:
Hebt den Fuß auf! Bückt den Kopf nieder! Nehmt euch in Acht! Grüßt! —
Ich hörte überall über meinem Kopf ein Getös, welches demjenigen glich, welches sich kreuzende Degen machen. Dieses ist: welches wir das eiserne Gewölb nennen.

Von Zeit zu Zeit stieß ich mit der Stirne wider eine bloße Degenklinge, die mir ein Bruder von der Seite vorhielt, und in dem Augenblick benachrichtigte man mich, den Kopf zu bücken. Hernach auf einmal fühlte ich etwas zwischen den Füssen, welches mich die Beine aufheben lernte. Bey jedem Schritt fand ich eine Hinderniß, die mich aufhielt oder erschreckte.

Endlich nach vielen Beschwerlichkeiten und einigem Schrecken, befand ich mich wieder an dem Ort, den ich verlassen hatte; und das Gesicht gegen die Wand gekehrt, erwartete ich ganz geruhig mein Schicksal.
Ich habe Mitleiden mit diesem Profanen, sagte der Logemeister: Bruder! laßt ihn das Licht sehen!

Auf dieses Zeichen nahm man mir geschwind die Binde von den Augen, und die Aufseher liessen mich halb rechts machen. Und ich sahe, o Himmel — was vor schöne Sachen? Ich sahe zur Rechten und Linken Brüder mit dem blossen Degen stehen, deren Spitzen sie mir mit drohenden Augen zukehrten. — Den Logemeister mit aufgehobenem Hammer, und vor ihm einen Tisch, worauf ein Buch, drey Lichter, und zwey kreutzweis übereinander gelegte Degen sich befanden.

Nachdem ich genugsam erschreckt zu seyn geschienen hatte, ließ der Logemeister den Hammer sinken, und that damit einen Schlag. Alsbald steckten die Brüder ihre Degen in die Scheiden, und nachdem sie eine viel freundlichere Miene angenommen hatten, setzten sie sich in die Stellung der Lehrlinge, nämlich: sie legten die rechte Hand, nachdem sie einen weißen Handschuh daran gezogen, und ihr Schurzfell umgegürtet hatten, in Form eines Winkelmaases unter die Kehle. Ich schlug die Augen nieder, und sahe den majestätischen Tempel Salomonis auf den Brettern des Fußbodens gezeichnet.

Es ist wahr, daß ich ihn anfangs verkannte, weil ich glaubte, daß die Kinder aus dem Gasthof sich mit dieser Schmiererey zu ihrem Zeitvertreib, unterhalten hatten.

Bruder erster Aufseher! sagte der Logenmeister: Laßt ihn die Treppe des Tempels heraufsteigen! Setzt ihm die Füße ins Winkelmaaß! Und stellt mir ihn also durch 3 Schritte vor!
Man ließ mich siebenmal den Fuß.aufheben, als wenn die Stuffen von Stein oder Marmor gewesen wären; ich stellte die Füße ins Winkelmaaß, und fieng an als Lehrling zu gehen, das ist: ich setzte den rechten Fuß zu erst vor, und legte den linken hinten dicht an, daß also auf diese Art beyde Schuhe ein Winkelmaaß machten, und ich eine gerade Linie bezeichnen konnte.

Sobald als ich den erhabnen Ort berührt hatte, erhob sich der Logenmeister von seinem Stuhl, und befahl mir ein Knie auf die Erde zu setzen. Sodenn nahm er einen Zirkel, dessen Spitze er mir auf die entblößte linke Brust setzte, und den ich mit der linken Hand unterhielte. Dann nahm er meine rechte Hand, und legte sie auf zwey kreußweis über einander gelegte Degen, unter welchen die Heilige Schrift, und besonders, das Evangelium St. Johannes aufgeschlagen war; hernach hob er den Hammer auf, und ließ mich den verhaßten Eyd, abschwören, dessen ich mich noch mit Abscheu erinnere, und den ich nur mit Entsetzen nachsagte:

Eydes-Formel.

„Ich schwöhre vor dem Angesicht des grossen Baumeisters der Erde, welcher Gott ist, das Geheimniß der Maurer und der Maurerey, weder gerade zu — noch mit Umschweifungen zu offenbaren; es weder mündlich noch geschrieben zu verrathen, nichts durch Zeichen, Gebärden, oder es sey auf welche Art es immer wolle, was nur einigen Bezug darauf haben mag, zu entdecken noch zu zeichnen.
Und im Uebertretungsfall willige ich ein, daß mir die Kehle abgeschnitten, die Augen ausgestochen, die Brust durchbohrt, das Herz herausgerissen, Eingeweide vom Körper abgesondert, verbrannt und zu Asche verwandelt in Abgrund des Meeres versenkt, oder von den 4 Winden auf der Oberfläche der Erde zerstreuet — und dadurch meines Namens Gedächtnisses ganz unter den Menschen ausgerottet werden solle.

Es geschehe also, so wahr mir Gott helfe, und sein heiliges Evangelium.
Amen!"


Der Logenmeister sagte mir diese Worte zuerst vor, und ich sprach sie ihm nach. Sodann hob er mich auf, ließ seinen Hammer sinken; nahm mir den Zirkel, den ich mit der Hand hielte, weg, und stellte mich zur linken Seite des Stuhls. Hernach nahm er das vor mich bestimmte Schurzfell, und sagte:
Ich verwandle den Namen, mein Herr! der profan ist, in den Namen des Bruders, der euch heilig seyn soll. Empfanget also, mein geliebter Bruder! dieses Schurzfell, welches euch das Recht giebt, euch unter uns in dieser Loge niederzusetzen; und küsset daran die Bänder.

Ich band es mir um, den obern kleinen Theil des Schurzfells hineingeschlagen, weilen es den Lehrjungen auf keine andere Art zu tragen erlaubt ist.
Ziehet diese Handschuhe an, sagte der Logenmeister: ihre Weiße ist das Sinnbild der Reinigkeit und Unschuld der Sitten eines Maurers. Dieses andere Paar ist zum Gebrauch für Frauenzimmer; ihr gebt sie derjenigen, welche den ersten Platz in eurem Herzen behauptet. Wir wollen dadurch anzeigen: daß wir dem schönen Geschlecht alle Hochachtung wiederfahren lassen, die es verdient, weil wir es sogar bey unsern Geheimnissen nicht ausser Augen verlieren. Wenn wir ihm den Eintritt in diesen ehrwürdigen Tempel nicht verstatten, so geschieht es bloß: weil wir das Anzügliche und die Gewalt ihrer Reitze befürchten.
Ihr sehet euch also, fuhr er fort: in der Kleidung eines, Bruders, aber es mangeln euch noch viele Kenntnisse. Erinnert euch, mein lieber Bruder! daß sich die Maurer der Zeichen, Worte, und Berührungen bedienen, um sich einander zu erkennen.

Das Zeichen des Lehrjungen macht man: indem man den rechten Arm ausstreckt, und die Hand davon an die Kehle legt; man zieht sie hernach der Länge nach gegen die Schulter, und läßt sie in gerader Linie sinken.
Die Berührung geschieht: indem man seine rechte Hand in die Hand eines Bruders legt, die Finger und den Daumen ausstreckt, um ihn auf das erste Gelenk des Zeigefingers zu drücken.

Das Wort, woran sich die Lehrlinge einander kennen: ist: Jakin. Ein sehr würdiger und geheiligter Name, den vormals eine von diesen ehernen Säulen trug, welche Salomon an den Eingang des Tempels hingestellt hatte, und an deren Fuß die Lehrlinge ihre Bezahlung zu empfangen, hinkamen.

Aber glaubet nicht, daß man diesen Namen auf eine ungestümme Art aussprechen müsse, wenn es darauf ankommt, zu kennen — oder gekannt seyn zu wollen. Wir wissen uns weiser Vorsichten zu bedienen. Wenn sich jemand als Bruder anmeldet, wird er einige Zeichen ins Winkelmaaß mit dem Hut, mit dem Schnupftuch, mit den Händen und mit den Füssen machen. Er wird euch hernach die Hand reichen, und seinen Daumen auf den ersten Knöchel des Zeigefingers drücken; alsdann sagt ihr zu ihm:

Bruder! was bedeutet dieses?
Er wird euch antworten:
Bruder! das Loosungswort?
Ihr werdet darauf sagen:
Gebt mir das Loosungswort!
Ich werde euch den ersten Buchstaben geben, antwortet er. Gebt mir den zweyten.
J.
Ihr antwortet A.
Er wird hinzusetzen K.
Ihr saget I.
und er wird mit N. schliessen.
Hernach, indem er euch umarmt, wird er dieses Wort in zwey Sylben getheilt — Ja ins rechte, und Kin. ins linke Ohr sagen. Welches — wenn ihr es wieder zusammensetzt, das geheimnißvolle Wort Jakin macht, das ihr auf dieser Säule geschrieben sehet.
Er fuhr fort: Laßt nun sehen: ob ihr es gut gemerkt habt: Gebt mir das Zeichen! — Gut! Bezeichnet das Winkelmaaß gut und mit Anstand! Die Berührung? — Nicht übel! Das Wort? — Ihr versteht es wohl! Gebet sie inzwischen den Brüder Aufsehern, dem Bruder meinem Vorfahren, dem Bruder Redner, Schatzmeister, Sekretaire und allen denjenigen, die diese Loge vorstellen, hernach kommt an den Stuhl zurück, um neue Verhaltungsbefehle einzuholen.


Ich machte die Ronde, und küßte die Brüder jeden dreymal mit den vorbeschriebenen Grimassen. Als ich wieder an den Stuhl zurückkam, glaubte ich, daß man mir einige wichtige Geheimnisse anvertrauen, oder mir zum wenigsten nicht lauter kindische Sachen sagen würde.
Der Logemeister las meine heftige Begierde in den Augen, er eilte sich demnach meine Erwartung aufs höchste zu bringen, indem er sagte:
wir sind besorgt gewesen, mein lieber Bruder! daß das Wort Jakin durch keine Untreue und Unachtsamkeit einiger Brüder, den Profanen bekannt werde, und die Maurerey, die jederzeit beflissen war, ihre tiefe Geheimnisse den Augen der Profanen zu entziehen, hat durch eine kunstreiche Erfindung diesem verdrießlichen Zufall durch ein Schlüsselwort auszuweichen gesucht, wodurch sie ihr Geheimniß noch mehr bedeckt. Dieses Wort heißt Tubalkain, welches wir angenommen haben, wegen dem geheimen Umgang, den der erste Schmiedeknecht der Welt mit uns gehabt haben soll. Wir haben es Vorwort genennt, weil wir fordern, daß es allzeit dem Wort Jakin vorgesetzt werde, dessen wir uns vormals bedienten.

Der in seine dicke Finsternisse eingeschlossene Profan, wird niemals die Vortreflichkeit und den Gebrauch davon erfahren. Aber nehmet euch in Acht, mein lieber Bruder! daß wir uns eines Tages nicht vorwerfen dörfen, euch in diesen geheiligten Aufenthalt, wo das Licht wohnt, eingeführt zu haben. Eure schwache Vernunft begreift noch nicht, was eure Augen sehen. Und ich werde euch den Schlüssel zu diesen geheimnißvollen Zeichnungen, die ihr zu euren Füssen sehet, geben, wenn ich euch den zweyten Grad ertheilen— das ist: zum Gesellen machen werde.

Begnügt euch vor den Augenblick, den ersten Schritt gemacht zu haben, um unter uns aufgenommen zu seyn. Laßt uns nun durch 3 Schläge die Loge der Lehrjungen schliessen!

Hierauf befahl er dem Aufseher, den Brüdern anzuzeigen: daß man die Loge schließe. Der erste Aufseher sagte es zur rechten — und der zweyte wiederholte es zur linken Seite. Der Logemeister that 3 Schläge, und die zwey Aufseher wieherholten sie mit ihren kleinen Schlägeln, die sie in dem Gürtel stecken hatten; Der Logemeister machte das Zeichen der Lehrlinge und sagte:
meine Brüder! die Loge der Lehrlinge ist durch 3 Schläge geschlossen.
Welches allgemach und nach hergebrachtem Geheimniß von dreyen zur rechten und zur linken Seite wiederholt wurde; hernach that man noch drey andere Schläge mit den Händen, und sagte dazu: Hussa.!Hussa! Hussa!


Ich war nun Lehrling, und es wurde mir deßwegen viel Schmeichelhaftes gesagt. Di« Brüder, die nicht mehr in ihrer Ordnung waren, hatten die Erlaubniß zusammen zu gehen. Jedweder machte mir sein Compliment, oder wiederholte die Zeichen mit mir, um sie mir besser ins Gedächtnis und in die Uebung zu bringen.
Ihr habt noch nichts gesehen! sagte der eine.
Habt ihr euch geforchten? fragte der andere. Eure Augen fangen an sich aufzumachen; aber wir werden euch noch ganz andere Dinge zeigen.
Ey! und was werden sie mir zeigen? sagte ich bey mir selbst. Wenn ihre Geheimnisse von keiner andern Beschaffenheit sind, als die— welche ich auf den Brettern wahrgenommen habe, so glaube ich, daß ihre Känntnisse dem Werth meiner Guineen nicht gleich kommen.

Gesellen-Aufnahme.


Ich gieng aufs neue, mit dem nemlichen Freund, der mich hergeführt hatte, in die benachbarte Kammer wieder hinein. Der Logemeister in seinem Stuhle sitzend, that einen Schlag, und sagte:
In Ordnung! meine Brüder!
Diese — durch die zwey Aufseher ,— welche gegen Abend aufrecht stunden, benachrichtiget: stellten sich in Reihen auf die zwey Flügel gegen Mittag und Mitternacht. Hernach hob der Logemeister, nachdem er den ersten Aufseher gefragt hat: Ob er ein Maurer wäre? Was die erste Pflicht eines Maurers seye? Und ob die Loge gut bedeckt ist? setzt er noch diese Frage hinzu: Wie viel Uhr es seye? Wenn nun der Bruder geantwortet: Sieben Uhr und drüber! so sagt der Großmeister:
weil es sieben Uhr und drüber ist, so ist es Zeit, unsere Arbeiten anzufangen.
Bruder erster Aufseher! benachrichtigt die Brüder, mir in demjenigen beyzustehen, was ich unternehmen will.
Wir eröffnen jezo die Loge der Gesellen durch 3 Schläge!
Diese Rede wird den Brüdern durch den Kanal der Aufseher, mitgetheilt: Man that 3 Schläge; und indem man das Zeichen machte, sagte man:
meine Brüder, die Gesellenloge ist eröffnet!

Mein Führer meldete sich, indem er durch 3 Streiche anklopfte. Der Logemeister wurde davon benachrichtigt; Der zweyte Aufseher erschien— fragte: was ich wollte? — hinterbrachte die Neuigkeit — kam mit der Antwort wieder zurück -- ließ mich das Zeichen machen — das Wort, und die Berührung meiner ersten Würde als Lehrling wiederholen; und nach diesen langen Zeremonien, die er ohne Lachen verrichtete, führte er mich in die Loge ein, und übergab mich den Händen des ersten Aufsehers.

Was ist dieß für ein Bruder, den ihr mir vorstellt? fragte der Logemeister.
Es ist, antwortete der Aufseher: ein Lehrjung, der als Gesell aufgenommen ::werden möchte!
Hat er seine Zeit ausgehalten? fragte der Logenmeister: und sein Meister — ist er mit ihm zufrieden?

Sobald dieses der Aufseher zu meinen Gunsten beantwortet hatte, sagte der Logemeister:
Laßt ihn reisen, und stellt mir ihn durch 3 Schritte vor!
Ich reißte also zum zweytenmal, aber mit mehrerer Ruhe und weniger Schrecken. Ich hatte nichts mehr, weder vor meinen Kopf noch vor meine Füße zu befürchten. Die Brüder blieben ruhig in ihren Plätzen, die rechte Hand aufs Herz gelegt, mittlerweil ich die meinige unter die Kehle hielte. Man machte mich bemerkend: daß ich einen von dem ersten ganz verschiedenen Weg machte, und daß: anstatt nach Morgen zu gehen, um das Licht zu suchen; ich gegen Abend reißte, um es auszubreiten.
Diese zweyfache Freude, wo noch hinzu kam, daß alle Hindernisse unter meinen Schritten verschwunden waren, schmeichelte mir sehr.

Nachdem ich wieder gegen Abend angelangt, setzte ich meine Füsse ins Winkelmaas, um mich dem Logemeister durch 3 Schritte zu nähern, und ich hatte noch das kitzelnde Vergnügen zu hören, daß ich meinen Weg viel edler und mit mehrerm Anstand als das erstemal gemacht hätte. Ich war in gerader Linie vorgerückt, da ich ihn als Profan machte. Eine schlimme Art sich zu präsentiren. Aber hier trat ich mit dem rechten Fuß gegen die Mittags-Seite vor, und setzte hinter ihn den Linken; hernach formirte ich ein ähnliches Winkelmaas gegen die Mitternacht — und noch ein drittes gegen die Morgen-Seite.

Hier bog ich das rechte Knie, um es auf die Erde zu setzen, und legte die rechte Hand auf das Evangelium. Ich beschwor aufs neue folgende Formel, die mir der Logenmeister vorsagte:
„Ich verspreche unter den nemlichen Verbindlichkeiten, das Geheimniß der Gesellen gegen die Lehrlinge zu bewahren, so wie ich jenes der Lehrlinge gegen Profane bewahren werde."
Man läßt gewöhnlich den großen Eyd nicht mehr wiederholen. Vielleicht geschieht es wegen dem Abscheu, den er hervorbringt.

Dieses Geheimniß der Gesellen, welches man mir ankündigte, schmeichelte meiner Neugierde, und ich glaubte, daß die schöne Kenntnisse, die ich mir versprach, vor diesen Augenblick aufgehoben worden wären.
Man fieng an mich höflich aufzuheben, um mich an die Seite des Stuhls zu setzen. Hernach zog man den obern kleinen Lappen meines Schurzfells herauf, weil ich nun das Recht hatte, ihn herauszutragen, und befestigte es an einen meiner Weste Knöpfe. Es ist dieses ein anderes geheimnißreiches Zeichen, welches die Gesellen, Rechte erweitert, aber es vom Meister unterscheidet.

Ihr seyd kein Profan mehr, sagte der Ehrwürdige zu mir: unsere Geheimnisse haben schon eure Augen zu erleuchten angefangen. Schon habt ihr das Vorrecht erlangt eure Brüder als Lehrling zu grüssen, und ihnen das Loosungswort zu geben. Empfanget nun also auch dieses der Gesellen, mit der Berührung und dem Zeichen.
Dieses Zeichen, mein lieber Bruder! macht man: wenn man die rechte Hand der Länge nach gegen den Schenkel ausstreckt, und im Aufheben gerade aufs Herz legt. Der geöffnete Daumen und Zeigefinger stellen das Winkelmaaß vor; man zieht hernach die Hand horizontal quer über die Brust, und läßt sie senkrecht nieder, um ein anderes Winkelmaaß vorzustellen. Welches das Kennzeichen ist, das wir in allen unsern Zeichen haben.
Um die Berührung zu geben: so öffnet ihr die rechte Hand, wie es die Lehrlinge machen, aber statt daß ihr den Daumen auf das erste Gelenk des Zeigefingers leget, drückt ihr ihn als Gesell auf den zweiten oder Mittelfinger.
Wenn nun zwey Brüder in dieser Stellung sind, so muß derjenige, dem man sich zu erkennen geben will, fragen: Was dieses bedeute? Man antwortet ihm: das Loosungswort. Dieses Loosungswort giebt man sich nicht ohne grosse Vorsicht zu gebrauchen; weil wir nicht genug Sorge tragen können, die Grösse unserer Geheimnisse zu bewahren. Um also mit grosser Behutsamkeit zu verfahren, so sagt ihr:

Gebt mir den ersten Buchstaben, ich werde euch den zweiten sagen!
Er sagt B.
Ihr antwortet O.
Er muß noch ein O hinzusetzen.
Und ihr schließt mit Z.
Hernach umarmt ihr ihn als euren wahren Bruder, und indem ihr ihm die3. Brüder Küsse gebt, wird er mit leiser Stimme, aus Furcht von Profanen bemerkt zu werden, zuerst Bo, zum zweiten oz, und zum dritten Booz aussprechen.

Man urtheile aus der gegen die Maurerey hegenden Ehrfurcht, mit was vor einem geheimen Vergnügen, ich mich mit all diesen schönen Kenntnissen durch den Logemeister bereichern sahe. Ich machte die Ronde, um durch die Uebung mir diesen Unterricht wohl ins Gedächtniß zu prägen. Ich gab und empfieng Küsse von allen Brüdern
Bey meiner Zurückkunft erlaubte der Logemeister den Brüdern sich zu setzen; man rückte die Stühle vor, hernach bat er den Bruder Redner mir den Vortheil meines Standes, und die Vortreflichkeit der Maurerey zu zeigen. Dieser erhob sich gravitätisch, hustete — räusperte — und fieng seine Rede mit Nachdruck ohngefähr so an:

Anrede des Bruder Redners.

 

[1751: Discours de l’Orateur
1766: The Speaker‘ Harangue]

[im Frz. zusätzlich: 1751: Mon Cher Grére; 1757: Mon Cher Frére]


„Die fatale Binde [1751: Le bandeau falas; 1757 und 1786: Le bandeau fatal], die bisher eure Augen bedeckte, hebt sich heute weg; und das Licht der Wahrheit fängt an zu scheinen, um eure Schritte zu erleuchten. Vormals in einen dicken Schleyer eingehüllt, irrtet ihr in den Fußsteigen der Profanen umher, und die Sonne der Gerechtigkeit drang mit ihren Strahlen nicht bis zu euch hindurch.
Aber jezt nach abgenommener Maske, scheint das Licht, und entwickelt euren erstaunten Bliken unsere Geheimnisse.
Sehet diese mit Kreide gezeichnete ansehnliche Figuren! Diese Treppe, diese Säulen! Dieses ist der Tempel des Israelitischen Königs, des weisen Salomons! Der so bekannte — durch die Römer zerstörte — und durch die Maurer-Brüder wieder aufgebaute Tempel!
Ja, mein lieber Bruder! dadurch geben wir diesem Tempel einen neuen Glanz, der nirgends mehr als in unsern Herzen zu finden ist, welche unter dem Schutz der Weißheit versammelt, unter uns die liebenswürdige Brüderschaft — das goldne Zeitalter — und die Tugenden der Göttin der Gerechtigkeit wieder auflebend macht.
Nach dem Winkelmaaß und Zirkel richten wir unsere Handlungen und Verfahren ein. Das Licht, welches den Profanen mangelt, ist eine Fackel, die uns nicht verläßt, und die Setzwaage, welche wir in der Hand halten, lernt uns die Menschen schätzen, um in ihnen die Menschheit zu ehren, und nicht durch äusserliche Ehren verblendet zu werden.
Betrachtet also diese süsse Vereinigung, diesen liebenswerthen Frieden, der unter uns herrscht. Er ist die Frucht der Gleichheit der Stände, welche in unsern Tempeln eingeführt ist. Niemals wird der giftige Hauch der Zwietracht seinen Glanz verdunkeln, noch ihm seine Schönheit benehmen.
Das Glück führe euch auf Reisen zu Land, wie zu Wasser, wohin es wolle, so werdet ihr überall Maurer finden, die ihre prächtige Titel in der Loge niederlegen, in ihres gleichen die Tugend lieben, die Menschen vor ihres gleichen halten, weil sie Menschen sind — Mitleid mit ihnen haben, ihren Kummer mit ihnen theilen, und ihnen in ihren Bedürfnissen hilfreiche Hand leisten; die keiner Heucheley fähig sind, offenherzig reden, aufrichtig handeln, und Freundlichkeit und Güte auf ihrer Stirne tragen — alle aus Hoffart angenommene verächtliche Blicke fliehen, welche der Unterschied des Herkommens und der Stände macht; Beleidigungen verzeihen, und nie welche thun; das Gute lieben, und nichts als das Laster hassen können; sich ganz gerade in ihren Sitten zeigen, frey in ihrem Betragen — freundlich in der Gesellschaft — ein getreuer, beständiger „Freund, dessen Gefühl zur reinsten Wollust gemäßiget ist, und der immer sein Herz zum Genuß unschuldiger und erlaubter Freuden mit seinen Brüdern öffnet.

„Sehet, mein lieber Bruder! einen ganz leichten Entwurf von dem Bilde eines Frey-Maurers. Der Charakter, den wir euch mitgetheilt haben, giebt euch alles Recht zu den Tugenden eines Maurers. Machet in der ganzen Welt, in der ihr Bürger worden seyd, Gebrauch davon. Ihr seyd jezt Bruder, geniesset nun also auch mit uns des glücklichen Vorzugs es zu seyn."


Dieses sind ohngefähr die Worte des Bruder Redners von der Loge. Nicht viel Wahres! Viel Geschrey und wenig Wolle! Man gab seiner Beredtsamkeit Beyfall; und der Logemeister that 3 Schläge mit den Händen; die Brüder thaten eben so viel, und der bescheidne Redner, mit Ehre überschüttet — nahm wieder seinen Platz ein.

Alsbald trat ein anderer Bruder auf, der einen blossen Degen in der Hand hielte, und den man den Beweiß-Bruder nannte. Der Logemeister hatte ihn ernannt, mir die hieroglyphische Bilder, die ich sahe und nicht verstünde, auszulegen. Dieser Mensch ,— der die Geheimnisse zu entwickeln und dem menschlichen Verstand faßlich zu machen wußte, stellte die Füsse ins Winkelmaaß, grüßte und sprach:

Auslegung der Bilder.


Für die Tableaux in der ersten französischen Ausgabe, siehe:
http://reunir.free.fr/fm/divers/demasque.htm


Mein geliebter Bruder!

lhr seyd hier in einer ansehnlichen Loge, oder vielmehr in dem Tempel Salomonis selbst. Werffet eure Augen auf die Tafel, und verfolget mit mir die Auslegung dieser Wunderdinge.

RolandAbb1.jpg

[Abbildung 1 aus: Solomon in all his glory, 1766]

Diese Stiege — in Gestalt einer Schneckentreppe, führet zum Tempel. Man besteigt sie, indem man sich herumdreht durch 3, 5 und 7 Schritte. Es ist diejenige, die ihr schon durch 3 Schritte bestiegen habt, bevor ihr dem Ehrwürdigen vorgestellt worden seyd.

Diese kleine angezeigte verschobene Vierecke [Ces petits lozanges marquetés], die von verschiedner Farbe seyn sollen, stellen das mosaische Pflaster vor. Die am Eingang des Tempels stehende zwey Säulen sind diejenigen, an deren Fuß sich die Gesellen und Lehrlinge des Abends versammelten, um ihren Lohn zu empfangen. Und da sie in grosser Anzahl waren, so mußten ihnen verschiedene Namen gegeben werden, um sie nicht mit einander zu verwechseln.

Die Lehrlinge versammelten sich gegen Mitternacht bey der Säule Jakin: der Meister kam, sie gaben das Zeichen, die Berührung und das Wort; hernach theilte man die Besoldung unter sie aus, und sie giengen fort.

Die Gesellen gegen Mittag beobachteten die nämliche Zeremonien, um ihre Bezahlungen zu erhalten. Sehet! hier sind die Anfangsbuchstaben J. B. von den zwey Worten Jakin und Booz auf jede von diesen Säulenschäften eingegraben. Die Höhe dieser Säulen war 27 Schuh, ihr Umfang 18 und ihre Dicke 4 Finger breit.
Auf dem obern Theil dieser Säulen Kapitäler stehen gegen Morgen diese Worte geschrieben, Weißheit, Stärke, Schönheit. Das heißt: daß man Weißheit oder Verstand zum erfinden, Stärke zum unterstützen, und Schönheit zur Zierde nöthig habe. Salomon setzte bey Erbauung des Tempels diese drey Punkte niemals ausser Augen, und sie sind die Grundlinie, auf welche wir unsere Logen bauen.

Die drey grosse Lichter, die ihr erblicktet, als die Binde von euren Augen weggenommen wurde, bedeuten das erste: die Sonne. Das zweyte: den Mond, und das dritte: unsern sehr ehrwürdigen Logenmeister, den ihr auf diesem ansehnlichen Stuhle zu Erleuchtung der Loge hier sitzen sehet. Noch über diese zwey Lichter der Nacht und des Tages, sehet ihr in der Mitte ein anderes, welches Flammen von sich wirft, dieses nennen wir den flammenden Stern, der vor uns hergeht, und sich auf diejenige Feuer. Säule bezieht, die vor dem Volk in der Wüste herzog, um es zu erleuchten. Sie schließt den Buchstaben G in sich, welcher das englische Wort God, oder im deutschen Gott, bedeutet.

Wir geben ihm noch eine andere Auslegung durch die Worte: Ehre, Grösse und Geometrie. Die Ehre ist Gott! Die Größe dem Meister der Loge, und die Geometrie, bestimmen wir als die fünfte Wissenschaft der Maurer.

Wir haben nur drey Fenster in dem Tempel, eines gegen Morgen, eines gegen Abend < und das dritte gegen Mittag; gegen Mitternacht, machen wir kein Fenster, weil die Sonnenstrahlen diese Seite nicht bescheinen.

Weiters sehet ihr hier verschiedene artige Kostbarketten. Wir zählen deren sechse, nämlich 3 bewegliche, und 3 unbewegliche. Die erstern sind: das Winkelmaaß, welches der Logenmeister trägt. Die Setzwaage, welche ihr um den Hals des ersten Aufsehers — und das Bleyloth, an dem Hals des zweyten, bevestiget sehet.
Um die drey andere zu bemerken: so nehmen wir das Brett, welches den Meistern zum Zeichnen dient, den zugespitzen Cubikstein, auf welchem die Gesellen ihre Werkzeuge schleifen, und den rohen Stein der Lehrjungen.

Sehet um die Tafel herum diese wechselsweis leere und volle Triangelstücke, sie stellen die zakichten Büschel Seide vor, welche die äusserste Theile des Tempels bedeckten. Setzet das mosaische Pflaster und den flammenden Stern hinzu, so habt ihr die drey Zierrathen beysammen, welche wir in unsern Logen gebrauchen.

Ich wünschte, daß es mir erlaubt wäre, euch in das innerste des Heiligthums einzuführen aber ihr seyd nur Gesell, und müßt eurer Wißbegierde hier Gränzen setzen.

Bis dahin kam ich also vor meine 12 Pfund Sterling.

Man setzte noch die sehr wichtige Bemerkung bey: daß ein himmelblauer mit goldnen Sternen bestreuter Traghimmel die Loge bedecke, um dardurch anzuzeigen: daß ein wahrer Maurer seine Blicke ganz frey zum Himmel erheben darf, sobald er sich von den Leidenschafften der Profanen befreyet hat.


Der Logemeister setzte noch zu den herrlichen Unterweisungen, mit welchen man meinen Geist ausgeschmückt hatte, den Katechismum der Lehrjungen und Gesellen bey; den er fragweis an die Brüder rund herum durchgieng. Die Fragen aber, die meine Aufnahme als Meister betreffen, will ich weiter unten hinsetzen, damit man sich unter einem Gesichtspunkt — und ohne unterbrochen zu werden, die Kenntnisse von all diesen schönen Sachen verschaffen kann.

Nach geendigtem Catechismo erhob sich der Logemeister, und verließ seinen Platz, der gleich darauf von dem vormals gewesenen Logemeister wieder eingenommen wurde, weil er niemals unbesetzt seyn soll. Hernach näherte er sich mir, machte das Gesellenzeichen, und nahm mich bey der Hand mit Aufdrückung des Daumens.
Das geschieht, mein lieber Bruder! um euch das Loosungswort zu lernen, und euch das Zeichen samt der Berührung zu geben. Vor die Gesellen haben wir das Wort Schiboulet ausgesucht, und ihr habt das Recht, es von allen denjenigen zu fordern, die auf den Brudertitel Anspruch machen wollen, und ihr könnet vermittelst dessen, was wir euch gelernet haben, euch alle Lehrlinge und Gesellen-Logen öffnen, um darinn wie sie zu arbeiten.

Nach diesem neuen Grad von Vollkommenheit, durch den ich das Bürgerrecht in der ganzen Maurer-Welt erhielte, setzte sich der sehr ehrwürdige Logemeister auf den Sessel, und richtete sich in Ordnung, das ist: er legte die Hand aufs Herz und fragte die Brüder: Ob man nichts vergessen hätte?

Redet, meine Brüder, sagte er zu. ihnen: Es geht euch wie mich an, es betrift den gemeinschaftlichen Nutzen und das allgemeine Beßte des Ordens!
Nachdem nun niemand Einwendungen zu machen hatte, so sagte der Logenmeister: Weilen wir uns in nichts verfehlt haben, so laßt uns einander, meine Brüder, Glück wünschen, so gut heute gearbeitet zu haben.
Bruder erster Aufseher! Wie viel Uhr ist es?

Dieser antwortet:
Sehr Ehrwürdiger, es ist Mitternacht, völlig.
Weil es völlig Mitternacht ist, sagt der Logemeister, so ist es Zeit, unsere Arbeiten zu beschliessen.
Bruder erster Aufseher! benachrichtiget die Brüder Offiziers, Meister, Gesellen und Lehrlinge dieser Loge, daß wir die Loge der Lehrlinge und Gesellen mit 3 Schlägen schliessen werden.

Der Gebrauch ist: diese Worte des Logenmeisters den auf beyden Flügeln vertheilten Brüdern zu hinterbringen; sie haben sie wohl gehört, weil sie dabey stunden, aber die Regel des Geheimnisses erfordert es also, um die Majestät der Loge zu erhöhen. Sobald sie durch die Aufseher bekannt worden sind, thut der Logemeister 3 Schläge mit seinem hölzernen Hammer, die Aufseher thun ein gleiches, welches geschieht: indem man die erste zwey Schläge schnell — den dritten aber gravitätisch sinken läßt. Der Logenmeister macht das Zeichen der Lehrjungen und der Gesellen, indem er die der Länge nach an die Kehle gehaltene Hand, aufs Herz herunterläßt, und mit diesen Worten endigt:
Bruder erster Aufseher! benachrichtiget die Brüder, daß die Lehrlinge- und Gesellen- Loge durch 3 Schläge geschlossen ist.

Man mußte die Wiederholung dieser zwey Echos noch ausharren, welches mir durch die Länge des Ceremoniels sehr verdrießlich wurde, aber ich wurde auf eine sehr angenehme Weise durch die verbindliche Worte unsers sehr würdigen Logemeisters getröstet; als er noch hinzu setzte:
Laßt uns, meine Brüder, zu Eroberung eines so liebenswürdigen Bruders Glück wünschen!
Im Augenblick wie aus einem Ton? klopften sie dreymal in die Hände, und schrien mit einer durchdringenden Stimme: Hussa! Hussa! Hussa! [frz.: Houzé, Houzé, Houzé; engl.: huzza, huzza, huzza.]
Ich schrie selbst mit, und lachte im Herzen über sie und über mich.
Nach diesem waren nichts als Umarmungen und Complimente. Die Brüder mischten sich frey untereinander und trieben auf das Soupée an, denn sie waren nach so vieler Arbeit ganz abgemattet. Die zwey aufwartende Brüder wischten die Tafel mit einer nassen Leinwand ab, und trugen grosse Sorge, ja nicht die geringste Spur von Kreide daran überzulassen, um alle Kenntniß den Profanen zu entziehen.

Ich bedauerte den Verlust eines so herrlichen Stück Zeichnung, aber die niedlich besetzte Tafel, an der meine Guineen die Honneurs machten, rufte uns zum Schmaus. Bevor wir uns niedersetzten, nahm ein Bruder die Bouteille, und fragte mich:
Wie heißt ihr dieses?
Eine Bouteille, antwortete ich.
Ihr irrt euch, sagte er mir: dieses heißt man ein grosses Faß.
Und dieses hier, was für einen Namen gebt ihr ihm?
Dieses ist, antwortete ich: Ein Glas, ein Becher!
Nicht im geringsten, versetzte der Bruder:
Dieses ist eine Kanone; und was ihr noch nicht wißt, ist: Daß man hier den Wein rothes — und das Wasser weisses Pulver heißt! Jeder Bruder hat ein Faß voll rothes Pulver vor sich, und ladet ihm selbst seine Kanone.

Speise-Zimmer der Loge.

[Loge de Table]


Nachdem das Essen aufgetragen, nahm jeder ohne Umstände Platz. Es wurde von den Brüdern fast die nemliche Ordnung bey einigen Dingen wie in der Loge beobachtet. Da die Tafel ein langes Viereck vorstellte, so konnte man die vier vornehmste Sitze daran gar leicht unterscheiden; nemlich den gegen Morgen, wo der Logemeister den Vorsitz hatte: den gegen Abend, wo die Aufseher waren, um die Parole abzunehmen; und den gegen Mittag und Mitternacht, wo die Gesellen auch so gut, wie die Meister arbeiteten.

Der Tisch war herrlich besetzt, und es fehlte nichts daran, als Mäßigkeit. Man hatte dabey die nemliche Freyheit, wie die Profanen, zu essen und zu schwazen. Ein etwas leichter, aber lieblich schmeckender Puntsch und Wein fiengen an das Gespräch aufgeräumt zu machen, als der Logemeister auf einmal einen Schlag that und sagte:
Bruder erster Aufseher, richtet euch!
Dieser — und der zweite sagte zu jedem an ihrer Seite:
meine Brüder, richtet euch!

Der gethane Schlag hatte das Stillschweigen wieder hergestellt, welches meine Aufmerksamkeit an sich zog. Der Logemeister fragte den Bruder Aufseher: Ob die Loge bedeckt wäre? Woher er käme? Was er brächte? und wie viel Uhr es seye? Endlich öffnete er die Loge.

Dieses würde nun wider die Ordnung gesündiget heissen, wenn man jemals eine von diesen Zeremonien oder Umständen an der Logentafel ausliesse. Aus Furcht weitläuftig zu werden, übergehe ich sie mit Stillschweigen. Der Katechismus, wovon ich hier eine richtige Anzeige herausgeben will, wird samt allen Fragen auch die Art und Weise die Loge zu eröffnen und zu sperren, enthalten. Wenn es auch meinen Brüder Maurern gefällt, bey einer zehenmaligen Wiederholung einer nemlichen Sache nicht müde zu werden, so muß ich doch meine Leser mit diesen langweiligen Wiederholungen verschonen.

Da nun unserm ehrwürdigen Logemeister mein Unterricht sehr am Herzen lag, so fragte er die Brüder, um mich durch ihre Antworten zu belehren. Ich gestehe offenherzig, daß ich ganz besonders bestürzt war, als ich verständige Leute auf dergleichen kindische Fragen so ernsthaft antworten sahe. Ich glaubte anfangs, daß die Fragen willkührlich waren, aber so wie ich die besser unterrichtete Brüder, den andern — die sich in Verlegenheit befanden, einblasen sahe, so konnte ich leicht daraus abnehmen, daß davon eine geschriebene Formel oder eine mündliche Ueberlieferung vorhanden seyn müßte.
Man beschloß endlich die Fragen, indem man sagte:
Meine Brüder, ladet die Kanonen, und richtet sie nach der Schnur!
Jeder nahm sein Faß mit rothem Pulver oder Puntsch, und lud seine Kanone.
Bruder erster Aufseher, sagte der Logemeister: Sind die Kanonen geladen?
Und so, wie er es bejahet hatte, so stund der Logemeister von seinem Stuhl auf, und wir erhoben uns mit ihm, die Serviette unterm Arm habend, und das Schurzfell umgegürtet.
Meine Brüder, sagte der Grosmeister: Dies geschieht, um das Vergnügen und den Vortheil zu haben, die Gesundheit des Prinzen — Großmeisters aller Logen in England, mit allen Freymaurerischen Ehren durch drey mal drey auszubringen! Richtet euch! — Die rechte Hand an eure Waffen!— Hoch! — Schlagt an! — Feuer! — Gut Feuer! — Und recht gut Feuer, meine Brüder!

Die abgefeuerte Kanone behält man an den Lippen, und giebt auf den Logemeister acht. Dieser sagt denn:
Habt Acht auf euren commandirenden Officier!
Präsentirt das Gewehr! -- Eins! — Zwey! — Drey!
Man prasentirt das Gewehr: indem man damit 3 horizontale Triangel beschreibt, wovon die Brust die Grundlinie, die zwey Seitenlinien aber von den zwey Schulterspitzen herunter gemacht werden, und also auf der Mitte der Brust einen Winkel formiren. Hernach kommandirt der Logemeister weiters:
Die Waffen nieder! — Eins!— Zwey! — Drey!
Jeder stieß seine Kanone laut auf die Tafel, so daß ihre Stösse nur einer zu seyn schien. Drauf schlug man 9mal in 3 Absätzen in die Hände, und indem man den Mittelfinger mit dem Daumen zusammendrückte, schrie man aus vollem Halse, welches die Weineshitze verursachte: Hussa! Hussa! Hussa!

In der Kammer, Nebenzimmern, und von allen Wänden hallten das Freudengeschrey mehr als einmal zurück. Man feuerte verschiedenemal ab.
Z. E. Auf die Gesundheit der ganzen königlichen Familie!
Auf die Gesundheit der Logenmeister aller Logen!
Auf die Gesundheit des Unsrigen!
Auf die Gesundheit der besuchenden Brüder!
Auf die Meine als eines neu eingeweihten Bruders! und endlich
auf die Gesundheit aller Maurer der Freymaurerey.

Diese Generalsalven thaten den besondern Salven, welche die Brüder unter sich ausbrachten, keinen Abbruch. Denn jemehr man trinkt, jemehr will man trinken.


Dieses ist, wie ich glaube, das einzige Laster, welches die Maurer von den Profanen noch beybehalten haben, oder vielmehr das größte, welches sich mit der verderbten menschlichen Natur in die Logen eingeschlichen hat. Der Ueberfluß der Tafeln verführt zur Unmäßigkeit, und die verschiedene Weine machen oft schwehre Zungen.
Der Hammer des Logemeisters schlug um die Ordnung wieder herzustellen, denn seine Stimme konnte die dicke Nebel nicht mehr durchdringen; und die Vernunft verdunkelte sich selbst in dem Busen des Lichts.

Dieser Fleck, der anfangs die Maurer Tugend zu verdunkeln scheint, dient nur dazu um ihren Schein noch mehr zu erhöhen. Dieses ist ein Schatten, welcher erst die Farben des Gemähldes ins Licht setzt. Der Profane in diesem Zustand, überläßt sich den schändlichsten Ausschweifungen, aber der Maurer behält allzeit eine gewisse Vorsicht, die aus dem innersten der Tugend entspringt, die ihm die Maurerey giebt.

Ich muß allen Logen, in Frankreich wie in England, in denen ich gewesen bin, die Gerechtigkeit wiederfahren lassen, daß ich niemals das geringste den Wohlstand beleidigende, oder ausgelassene Wort gehört habe. Wenn es einem Bruder entfährt, so bestraft man ihn, indem er mehr oder weniger Allmosen geben muß, nach Beschaffenheit seines Fehlers; das ist: indem man in einen Teller 10 oder 20 sols, auch einen Thaler, mehr oder weniger legt; und dieses wird hernach getreulich unter die Armen vertheilt.
Ein Bruder hat das Recht, dem andern seinen Fehler vorzurücken, wenn er merkt: daß er sich von seiner Pflicht entfernt. Der Logemeister aber fallt den Sentenz, und der Angeklagte unterwirft sich der Strafe. Besteht sie in Geld! so sagt er:
meine Brüder, ich gebe diese Summa Allmosen wegen meinem begangenen Fehler!
Wenn man ihn züchtigt, indem man ihn einige Glas Wasser zur Busse hinterzuschlucken auferlegt: so ladet er sich selbst, und sagt:
Meine Brüder, ich feure diese mit weißem Pulver geladene Kanone ab, wegen meinem begangenen Fehler!
Wenn er einige Vorstellungen zu machen hat, so wendet er sich an den zweiten Aufseher um das Wort zu verlangen, und sobald ihm vom Logemeister sein Gesuch zugestanden ist, so entschuldigt er sich vor der ganzen Loge. Aber er hütet sich sorgsam keine Lügen oder Bitterkeiten hineinzubringen, um sich zum Nachtheil anderer zu rechtfertigen.

Die auswärts begangene Fehler gehören auch vor diese Gerichtsbarkeit. Man entscheidet daselbst die Streitigkeiten und schlichtet die Verwirrungen. Ist die Sache beschwerlich, so ernennt man verschiedene Brüder, die sie reiflich überlegen, und mit Redlichkeit entscheiden. Dieser letzte Fall ist gewöhnlich vor die Zurüstungen der Logen aufbehalten.

Nach verschiedenen Salven der Artillerie, gedachte man die Loge zu beschliessen. Wir brachten diese Zeit ziemlich traurig hin, weilen wir nicht mehr die Freyheit hatten zu reden, als was der Schluß dieses Schmauses erlaubte.
Man sahe sich einander an, ohne was zu sagen; man gähnte nach dem Bettzipfel, und aufrichtig zu sagen, man machte eine sehr närrische Figur.

Unser Logemeister befahl endlich die letzte Salve auf das Wohl aller Brüder zu geben. Man gab Feuer mit den Kanonen, so gut als möglich, und als wir unsere Plätze wieder eingenommen hatten, bestimmte man uns den künftigen Logen-Tag; hernach fragte man den ersten Aufseher: Wie viel Uhr es wäre?
Es ist Mitternacht, voll! antwortete dieser.
Weilen es Mitternacht voll ist, setzt der Logemeister hinzu; so ist es Zeit unsere Arbeiten zu beschliessen; benachrichtiget die Brüder, daß wir die Loge der Lehrlinge und Gesellen durch 3 Schläge schließen werden!
Man mußte noch die verdrießliche Wiederholung dieser Worte ausharren. Endlich that der Logemeister 3 Schläge; die Aufseher lhaten sie auch mit ihren Schlägeln. Er machte die zwey Zeichen der Lehrjungen und Gesellen, indem er uns sagte: daß die Loge der Lehrlinge und Gesellen durch 3 Schläge geschlossen seye. Die zwey Zeichen wurden von den Aufsehern gemacht und die nemliche Worte wiederholt; nach welchen wir anfiengen unser Hussa! Hussa! Hussa! zu heulen.


Das ist also die wahre Beschreibung meiner Aufnahme, und die Weise, wie man dabey in allen Logen überall verfährt.

Ich glaube, daß man mich verschonen wird, zu sagen: was ich von meinem Tag dachte, als ich mich allein befand! Ich bedauerte zwey Dinge, den Verlust meiner Zeit, und meines Geldes. Ich machte damit ein Opfer, und betrachtete diese Handlung als eine von denen Einfältigkeiten, in die man einmal fallen kann. Die Maurerey hatte in meinem Sinn ihren ganzen Credit verlohren, weil ich sie zu kennen anfieng.
Inzwischen hatte die schöne Moral, die ich dabey gehört, doch Eindruck auf mich gemacht, und ich wünschte die Ausübung davon zu sehen.

Die Bekanntschaften eines neu aufgenommenen Maurers vervielfältigen sich in kurzer Zeit. So viel Brüder, so viel Freunde! sagt man. Dieses ist in gewissem Betracht wahr; das ist: wenn man Geld oder guten Wein merkt. Seit meiner Ausnahme sahe ich nichts als Brüder bey mir. Es ist bewährt, daß ein Freymaurer seinem Bruder mehr Dienste zu erweisen geneigt ist, als einem andern; aber der Dienst muß nicht kostspielig seyn. Die Brüderschaft geht bis auf die Schnur am Geldbeutel, aber da erstirbt sie, ohne die Macht zu haben ihn aufzumachen.


In der Loge ist alles Maurer, außer derselben wird alles Profan.
Derjenige— der um das Gemähld herum, oder an der Tafel euer Bruder war, sieht euch auf der Strasse verächtlich an, wenn euer Stand nicht dem seinigen gleich ist; und wenn ihr auch gleich einige Hutwinke von ihm erhaltet, so wird er doch fürchten von Profanen beobachtet zu werden. Vormals kannte man keine so kleine Scrupel im Orden, und die falsche Weichlichkeit machte niemals eine Zwischenzeit unter den Brüdern.
Die Maureren soll ihre Fortschritte der Ausübung der Tugend, und der Gleichheit der Stände zu verdanken haben; so wie sie deren Unterlassung ihren Mißcredit und Verfall zuzuschreiben hat.


Die Gesellen arbeiten gemeiniglich 3 Monathe vorher, ehe sie zur Meister-Aufnahme vorgestellet werden. Man giebt ihnen diesen Aufschub, damit sie Zeit haben, unterrichtet und geprüft zu werden. Man trägt grosse Sorge ihre Neigungen auszuforschen, und ihnen einen Geschmack zu der Meisterschaft beyzubringen. Die— wie man ihnen sagt: den Schlüssel zu alle demjenigen, was sie gesehen haben, und das Geheimniß aller Geheimnisse enthält.


Herr Cowens, der — wie er sagt, mich entprophanisirt hatte, wollte sein Werk ganz vollführen, und mir die ganze Würde eines Maurers, die mir noch durch den 3ten Grad abgieng, verleihen. Ich fühlte einen gewißen Eckel, der mich davon abhielt: aber Herr Cowens hatte so viele Geschicklichkeit mir ihn durch seinen Diskurs zu benehmen, und ich war schwach genug, mir noch 4 Guineen durch diese neue Aufnahme ablocken zu lassen.
Ich fand mich an dem bestimmten Ort ein, und als die Brüder nach ihrer Gemächlichkeit das Grabmaal Adonirams und den Acacienzweig mit Kohlen gezeichnet hatten, benachrichtigte man mich, mich bereit zu halten.

Aufnahme als Meister.


Die Meisterloge öffnet sich mit den nemlichen Zeremonien, wie der Lehrlinge und Gesellen ihre, nur ausgenommen, daß man anstatt 3 Schläge 9 Schläge that. Der Präsident wird darinn Hochansehnlicher genennt, und den Namen Ehrwürdiger giebt man den Aufsehern und Meistern.

Der aufzunehmende zieht sich an, das ist: er legt sein Schurzfell und seine Handschuhe an; aber er behält sein Geld und seine Metalle bey sich, weil — wenn er Maurer ist, er schon davon guten Gebrauch zu machen wissen muß. Man entblößt ihm weder Knie noch Brust, man verbindet ihm auch nicht mehr die Augen, weil man schon davorhält, daß er das Licht gesehen habe.

Die eröffnete Loge. — Mein Freund klopfte an die Thüre, der Ehrwürdige zweite Aufseher von dem Hochansehnlichen Meister abgeschickt, kam mich zu fragen: Was ich wollte?
Dieses ist, sagte mein Freund, ein Gesell — der als Meister aufgenommen zu werden wünscht!
Der ehrwürdige Bruder gieng hinweg, und meldete mich dem Hochansehnlichen; der nun erlaubte mich einzuführen; jedoch mit dem Beding: daß er sich zuvor erkundigen würde, ob ich gut gearbeitet hätte? und ob mein Meister mit mir zufrieden wäre? und daß er sich der Zeichen, Worte und Berührungen der Lehrlinge sowohl als Gesellen versichern würde.
Ich unterwarf mich dem Examen, und bestund mit Ehren: darauf nahm mich der zweite Ehrwürdige bey der Hand, und führte mich hinein.

Als ich den Fuß in das Zimmer setzte, wurde ich durch den Anblick zweyer blossen Degen erschreckt, die der Bruder Schrecklich, einen mit aufgehobener, den andern mit niedergesenkter Spitze hielte.
Der Aufseher bemächtigte sich des Degens, den der Bruder Schrecklich in der rechten Hand hatte, und setzte mir dessen Spitze auf den Magen, indem er mir befahl die Klinge mit dem Arm zu halten.
In dieser Stellung machte ich neunmal die Tour in der Loge herum. Der Aufseher hielte mir den rechten Arm mit einer Hand, und mit mit [!] der andern den Degen. Ich hatte das Gesicht gegen die Wand gekehrt, und die Brüder beobachteten ein tiefes Stillschweigen, welches durch nichts unterbrochen wurde, als wenn man mich benachrichtigte, zu grüßen den Hochansehnlichen, wenn ich an dessen Stuhl vorbeygieng.

Als ich endlich nach meinen 9 geheimnißvollen Reisen, wieder an der Abendseite ankam, so thaten die zwey Ehrwürdigen Aufseher 9 Schläge mit ihren Hämmern. Der zweite sagte zum ersten: daß ich ein Gesell wäre, der den Meistergrad verlangte. Dieser hinterbrachte es dem Hochansehnlichen, der über das Wort Gesell — ganz erschrocken zu seyn schien.
Ist es keiner, sagte er: von den Elenden, die ihre Hände in das Blut unsers ansehnlichen Meisters Adonirams getaucht haben?
Man untersuchte mich alsbald vom Kopf bis auf die Füsse, und man sagte ganz ernsthaft: daß ich zwar ein wenig so aussähe, aber inzwischen doch keiner wäre.
Ich würde überlaut auf diese Antwort gelacht haben, als ich zu meinen Füssen einen Bruder ausgestreckt wie todt da liegen sahe, welcher das Gesicht mit einer Leinwand, die mit einigen Blutstropfen bemahlt war, bedeckt hatte; und da es mir einfiel, daß ich eben so zu Boden geworfen werden könnte, so befürchtete ich, daß man sich dadurch an meinem ungebührlichen Gelächter rächen möchte.

Der Hochansehnliche befahl, daß man mich die zwey Füsse in ein unten am Gemähld gezeichnetes Winkelmaas sollte setzen lassen, und ich ihme durch drey Schritte vorgestellt werden möchte.
Ich lernte alsbald einen neuen Gang. Ich machte 3 Schritte im Zigzack, wie ein Gesell, nur mit dem Unterschied: daß man mich die Füsse aus Respekt ausser dem Gemählde setzen ließ, und man zeigte mir, wie ich— wenn ich den zweiten zum ersten bringen wollte, den Fuß in die Höhe zu hatten hätte, um die Kohlenzüge nicht auszulöschen, und nur mit den Schuhspitzen auf dem Boden zu stehen.


Bey dem Stuhl setzte ich ein Knie auf die Erde, um zu schwöhren; und ich legte aufs neue den abscheulichen Eyd ab, der meinem Gedächtniß noch verhaßt ist. Sobald ich dadurch verbunden war, so hob mich der Hochansehnliche mit der Hand wieder auf, und so wie ich mich zwischen den zwey Aufsehern befand, hielt er folgende Rede an mich:


Mein lieber Bruder!

Ihr wisset den Bewegungsgrund, der uns versammelt, nicht. Wir sind hier wieder vereiniget zum Gedächtniß Adonirams, unsers Vaters, welchem der weise Salomon vormals die Aufsicht über seinen Tempelbau anvertrauete.
Adoniram, als Vorsteher der Arbeit, hatte eine Menge Arbeiter unter sich, deren Bezahlung nicht gleich war. Um nun denen Lehrlingen nicht zu geben, was denen Gesellen zukam, und jene nicht mit dem — was die Meister hatten, zu verwechseln; so bezahlte er die Lehrlinge bey der Säule Jakin gegen Mitternacht, die Gesellen bey der Säule Booz gegen Mittag, und die Meister in dem mittlern Zimmer.

Die Liebe zum Gewinnst bewaffnete drey nichtswürdige Gesellen, die den Entschluß faßten, das Wort der Meister dem Adoniram abzunöthigen, oder ihn todt zu schlagen. Sie stellten sich zu dem Ende an drey verschiedene Thore des Tempels, jeder mit einer Keule bewaffnet, um ihr Vorhaben auszuführen. Adoniram, der keine Treulosigkeit in seinen Brüdern vermuthete, gieng ohne Mißtrauen in den Tempel hinein, und wie er gegen Abend herausgehen wollte, so fand er einen von diesen Mördern, welcher von ihm drohend das Wort der Meister verlangte. Adoniram antwortete: daß er es so nicht empfangen hätte. Auf diese abschlägige Antwort schlug er auf ihn mit der Keule, die er in seiner Hand hielte.
(Hier legte mir der zweite Aufseher seinen Hammer auf den Kopf, und der Hochansehnliche fuhr fort)
Der geschlagene Adoniram erreichte noch das Thor gegen Mittag, wo er den andern Mörder antraf, der ihm den zweiten Streich gab, daß er zu Boden fiel.
(Bey diesen Worten empfieng ich einen vom ersten Aufseher.)
Er hatte inzwischen doch noch die Kraft seinen Händen zu entwischen, und gegen Morgen zu fliehen, um der Gefahr auszuweichen, die ihm drohete; allein als sich der dritte Mörder darstellte, so gab er ihm mit seiner Keule einen sogewaltigen Schlag auf den Kopf —

Indem der Hochansehnliche diese Worte aus, sprach, erhöhete er seine Stimme und hob seinen Hammer auf, als wenn er mich erschlagen wollte. Ich glaubte, daß er Ernst machte, und wollte zurückweichen, aber die zwey Aufseher, die mich bey den Schultern hielten, warfen mich der Länge nach ausgestreckt zu Boden, und im Augenblick warf mir ein anderer eine Leinwand über das Gesicht. Man ließ mich meine linke Hand der Länge nach der Seite ausstrecken, und meine rechte— welche ich im Zeichen der Gesellen auf dem Herzen hielte, wurde mit dem Schurzfell eingewickelt, und mein rechter Fuß auf das linke Knie gestellt, um ein Winkelmaas zu formiren.
Man muß in dieser Stellung bleiben, bis die Parole wieder gefunden ist. Der Hochansehnliche sagt:
Meine Brüder, das Wort der Meister ist verlohren gegangen; laßt uns reisen um es wieder zu finden!
Man machte 3 Reisen, um den Verblichenen herum, welcher unter dem Schnupftuch lachte. Hernach schlägt der Hochansehnliche auf den Altar und sagt:
Meine Brüder, das erste Wort, so man unter uns hören wird, soll dasjenige seyn, welches uns zum Meisterwort dienen wird!
Alsbald beobachtete ein jeder ein tiefes Stillschweigen, und alle machten einen Zirkel um mich herum. Der Hochansehnliche trat in die Mitte, zog mir mein Schurzfell weg, nahm mich beym Zeige- und Mittelfinger ohne ein Wort zu sagen. Nachdem er die andere zusammen rücken ließ, welche mit niedergelaßnen Händen eine Kette machten, so sagte er seinem ersten Aufseher ins Ohr, Mac-Benac. Der Aufseher sagte das nemliche seinem Nachbar, dieser dem seinigen, und so machte es gemach die Ronde herum; dergestalt, daß es durch den zweiten Aufseher an den Hochansehnlichen wieder zurückkommt. Darauf trat er vor, nahm mich bey der Faust, legte seine linke Hand hinter meine Schulter, setzte sein rechtes — auf mein linkes Knie, und hob mich wieder auf, indem er sagte: Mac-Benac.


Nach vollendeter Zeremonie, fuhr er mit so viel Ernsthaftigkeit, als wenn die Geschichte wahr gewesen wäre, darinn folgendermasen fort:
Nachdem Adoniram unter den Streichen seiner Mörder, bey der Thüre gegen Morgen, seinen Geist aufgegeben, so dachten die Bösewichter nur darauf, ihre Missethat vor den Augen der Menschen zu verbergen, um sich der Strafe, die ihnen drohete, zu entziehen. Sie scharreten also in der Eil den Körper unsers unglücklichen Vaters ein, in der Meinung, ihn ein andermal anderswohin begraben zu können, und steckten auf den Ort, um ihn wieder zu finden, einen Akacienzweig. Inzwischen Salomon, welcher den Adoniram im Tempel mangelte, alle Mittel anwandte, einen Mann wieder zu finden, der ihm so. nothwendig war. Nach verflossenen sieben Tagen, schickte er 9 Meister aus, die sich in 3 Rotten theilten, welche gegen Morgen, Abend und Mittag ausreißten, um die allergenaueste Nachforschungen zu machen.
Schon fiengen sie an, sich in ihren fruchtlosen Bemühungen zu ermüden, als einsmals einer von ihnen einen Acacienzweig ergriff, um ihm niedersitzen zu helfen. Er sah mit Erstaunen, daß ihm der Zweig in der Hand blieb, und daß die Erde — in welche er eingesteckt war, ganz frisch aufgeworfen zu seyn schien. Er vermuthete, daß man unsern ansehnlichen Meister, nachdem man ihn ermordet, da hätte begraben können. Die Brüder — denen er seinen Verdacht mittheilte, entschlossen sich auf der Stelle, sich selbst davon zu überzeugen, und den Adoniram auszugraben, um ihm einen anständigem Ort anzuweisen.

Sie legten Hand ans Werk, um die Erde die ihn bedeckte, wegzuräumen; aber sie hatten Ursache zu glauben, daß die unglückliche Umstände, in welchen sie Adoniram fanden, ihm das Wort aus dem Mund gerissen hätte. Sie überlegten unter sich, was in diesen kritischen Umständen zu thun wäre? und beschlossen einmüthig: das Meisterwort zu ändern, und dasjenige zu erwählen, welches der erste von ihnen aussprechen würde, sobald sie Adoniram ansichtig werden sollten. Der Anblick seines Leichnams erfüllte sie mit Abscheu, sie traten mit Entsetzen zurück, und die Hand, welche sie an die Höhe der Stirne ins Winkelmaas ausgestreckt hatten, um ihn als Meister zu grüssen, sank wie durch einen natürlichen Trieb auf den Magen nieder. Von nun an legten sich die Meister dieses Zeichen bey, welches man nur in der Loge macht.
Ein Meister trat vor, um den Adoniram aufzuheben, er nahm ihn bey der Hand, und weil die zwey erste Finger von der Fäulung schon angegriffen waren, so benachrichtigte er die Brüder davon, und bediente sich dazu des hebräischen Worts: Mac Be'nac, das heißt: Das Fleisch geht vom Bein. Da nun dieses das erste Wort war, das sie aussprachen, so nahmen sie es mit Begierde zum Meister Wort an, (2) und es wurde dem Wort Jehova beygesetzt, welches bis dahin im Gebrauch gewesen war.

(2) Bemerket, daß diese Begebenheit wider alle Wahrheit und Wahrscheinlichkeit ist: man findet davon nicht das geringste weder in der heiligen Schrift, noch in der Geschichte aufgezeichnet.

Salomon befahl diesem berühmten Erblichenen herrliche Leichenbegängnisse zu halten, deren Verlust eine so grosse Lücke in dem Tempel lassen. Er ließ ihn aufs prächtigste mit allen Ehren begraben, und man grub das alte Wort auf sein Grab, auf welches man noch zwey Akacienzweige kreuzweis über einander legte.


Das Zeichen, das Wort, die Berührung des Meisters, sind einem Maurer geheiligte Dinge. Er soll mit Vorsicht verfahren, wenn man sie von ihm verlangt, und sich ein strenges Gesetz daraus machen, sie niemals als einer gerechten und vollkommnen Loge zu geben.
Der Lehrling hält seine Hand an die Kehle, der Gesell auf das Herz, und der Meister hebt sie bis auf den Kopf in die Höh', legt den Daumen auf die Stirne, um hernach damit auf den Magen herunterzufahren.
Wenn man von ihm die Berührung verlangt, so prasentirt man die offne rechte Hand, und legt sie in die seines Bruders, man fährt mit den Fingern von da in der flachen Hand vor, um sie wieder, indem man die Faust drückt, umzubiegen, welches wir den Griff heissen.
Um das Wort zu geben: rückt man das rechte Knie gegen das eine des andern vor; man legt sich von beyden Seiten die linke Hand auf jede Schulter, und spricht ganz leise ins rechte Ohr Mac, und hernach ins linke Benac.

Untersucht! verfolgte der Hochansehnliche: ob ihr diese 3 Sachen, welche die Essenz der Maurerey ausmachen, wohl behalten habt! Machet die Tour in der Loge herum, und gebet euren Brüdern den Meistergruß!
Auf diesen Befehl machte ich die Ronde, und ich hatte das Vergnügen alle Brüder in die comische Stellung zu bringen, die ausgestreckte Hand ins Winkelmaaß zu heben, sie sinken zu laßen, indem man einen Schritt zurückthut, mir in die Faust zu greifen, indem sie die Finger umbiegen, mit dem Knie vorzurücken, mir die Hand auf die Schulter zu legen, und mir auf eine zärtliche Weise in mein rechtes Ohr den Mac und den Benac lispeln zu lassen.

Nach geendigter Tour, lößte mir der Ehrwürdige das Knopfloch meines Schurzfelles, welches an einem Westenknopf hielt, auf, und sagte mir: daß ich durch die Eigenschaft eines Meisters das Recht erlangt hätte, den obern Lappen daran um — oder niederzuschlagen, welches mir nicht wenig schmeichelte, indem es meine - Vorzüge erweiterte. Hernach fuhr er fort:
Ich habe euch anempfohlen, mein lieber Bruder, eine gewissenhafte Aufmerksamkeit zu tragen, um nie ausser der Loge das unterscheidende Zeichen des Meisters zu geben. Sollte euch inzwischen ein Bruder an einem profanen Ort dazu veranlassen, so antwortet ihm nur diese wenige Worte: Die Akakia ist mir bekannt! Und im Fall er darauf besteht, könnt ihr ihm die Berührung geben, aber mit Vorsicht, und das Vorwort Glblim ohne das andere auszusprechen, hinzusetzen.
Der Bruder Redner kommt euch wegen dem übrigen zu belehren.

Rede des Bruder Redners in der MeisterLoge.

Für die Tableaux in der ersten französischen Ausgabe, siehe:
http://reunir.free.fr/fm/divers/demasque.htm

Mein lieber Bruder!

Ihr seyd bisher nur in dem Vorhof des Tempels gewesen, aber heute dörft ihr eure Schritte in das Innerste des Heiligthums setzen. Der Schleyer, der sie bedeckte, schwindet weg, um euren Blicken Platz zu machen, Lasset eure Augen auf diesem — von des Künstlers Hand gezeichneten Gemähld spazieren gehen.

Abb2.jpg

[Abbildung 2 aus: Solomon in all his glory, 1766]

Es ist die Figur des Grabmaals, welches der allerweiseste Monarch dem ansehnlichen Meister aufführen ließ, dessen Gedächtniß wir feyern. Diese Thränen, welche es umgeben, deuten den Schmerz an, womit unsere Herzen durchdrungen sind. Diese Zweige erinnern uns der Bosheit der Gesellen, die ihre Hände in sein Blut tauchten, und dieser Todten-Kopf stellt uns den Tribut unter die Augen, den wir der Natur bezahlen müssen.

Ihr werdet einen Hebräischen Namen gewahr, dessen Bedeutung euch noch unbekannt seyn muß. Er war vormals den Meistern der alten Loge geheiliget, aber die Unwissenheit, was bey dem traurigen Ende Adonirams vorgieng, erlaubte den Brüdern nicht, ihn nach seinem Tod aufzubewahren, und man grub ihn lieber mit ihm ein, als Gefahr zu laufen, es unter ein — den Gesellen, oder vielleicht gar den Profanen bekanntes Wort, zu setzen. Diese oben auf dem Grabmaal angezeigte Anfangs-Buchstaben, sagen euch dasjenige, welches eure ansehnliche Meister angenommen haben, eure Ohren haben es gehört, und mein Mund muß es zu entheiligen fürchten, indem er es wiederholt.

Ihr wisset, mein lieber Bruder! und der Gebrauch hat es euch lernen müssen, daß der Vorzug eines Meisters in Ueberwindung der Leidenschaften und Meidung der Laster besteht. Sein Reich erstreckt sich über die Tugend, um aus ihr seinen getreuen Gefährten und Richterinn seiner Handlungen zu machen. Der Profane, dessen Augen durch den Schein unsers Lichts verblendet sind, argwohnt: daß uns nur die einzige Vergnügungen versammeln; Aber Himmel! Wir vergeben ihm seinen Irrthum zu Gunsten seiner Finsternisse. Das schmeichelhafte Zeugniß unserer Unschuld ist unsern Herzen genug, und die Wichtigkeit unserer Arbeit rächt uns hinlänglich an dem Laster ihrer Verläumdungen.
Dixi.


Nach diesen Worten nahm der ernsthafte Redner wieder seinen Platz ein. Das Händegeklatsch ließ sich hören, und sie gaben ihren Beyfall nach dem Tact durch 9 Schläge, die in 3 Absätzen gethan wurden, zu erkennen. Der Hochansehnliche, welcher den Brüdern sich zu setzen erlaubt hatte, um den Lobredner der Tugenden, die sie fanden, oder die sich unter den Freymaurern finden sollten, zu hören; sagte ihnen: daß man sich nicht genugsam in den Geheimnissen des Ordens üben könnte, und daß, um sie dem Gedächtniß sowohl einzuprägen, als auch mich zu unterrichten, er sie bäte, zu erlauben, ihnen die gewöhnliche Fragen zu machen, anstatt sie bis zur Logentafel aufzuheben.


Da ich mir nun vorgenommen habe hier einen vollständigen Katechismum mitzutheilen, so werde ich alle diese Fragen der Ordnung nach hin. einsetzen, damit man unter einem Gesichtspunkt die Art die Loge zu eröffnen, und wie man sie sperrt, sehen kann.
Ich habe mich nicht unterstanden Fragen hinzuzusetzen, weil ich es mir zur Gewohnheit gemacht habe, nichts zu erdichten; aber gleichwie es möglich ist, daß sich unbestimmte Antworten darinn befinden können, so werde ich sie durch Anmerkungen, die ich weiter unten setzen will, verbessern. Maurer und Profane können ihnen die Auslegung und den Sinn geben, welche sie am tauglichsten finden werden.

Katechismus der Freymaurer.


Sobald die Freymaurer versammelt sind Zurüstungs-Loge zu halten, so eröffnet sie der Logemeister also: (3) Er thut einen Schlag auf die Tafel mit seinem Hammer und sagt:
Richtet euch meine Brüder! (4)
Die zwey Aufseher thun und sagen ein gleiches, nemlich:
Richtet euch, meine Brüder!

(3) Zurüstungs-Logen sind diejenigen, die man hält um sich zu üben, oder um Sachen in Ordnung zu bringen.
(4) Richtet euch! das heißt: An Tisch meine Brüder!


Der Logemeister thut hernach folgende Fragen.


Logemeister: Bruder erster Aufseher, seyd ihr ein Maurer?
Aufseher: Ja, sehr Ehrwürdiger! Meine Brüder und Mitgesellen erkennen mich dafür.
Logem. Was ist die erste Sorge eines Maurers?
Aufs. Zu sehen ob die Loge bedeckt ist.
Logem. Sehet mein lieber Bruder, ob die Loge wohl bedeckt ist? (5)

(5) Hier steht der Aufseher auf, gehet an die Thüren— an die Fenster — untersucht die Riegel, und schiebt sie vor.

Aufs. Ja sehr Ehrwürdiger, sie ist wohl bedeckt.
Logem. Wo kommet ihr her?
Aufs. Von der Loge St. Johannes.
Logem. Was bringt ihr uns vor Neuigkeiten mit?
Aufs. Guten Empfang an alle Brüder und Gesellen dieser Loge.
Logem. Bringet ihr nichts weiter mit?
Aufs. Der sehr Ehrwürdige grüßt euch durch 3 mal 3
Logem. Wie viel Uhr ist es?
Aufs. Es ist 7 Uhr und drüber.

Logem. Weilen es 7 Uhr und drüber ist, mein lieber Bruder! so ist es Zeit unsere Arbeiten anzufangen, benachrichtiget die Brüder Offizier, Meister, Lehrlinge und Gesellen dieser Loge, daß wir die Loge der Lehrlinge und Gesellen durch 3 Schläge öffnen werden! (6)
Hier thut man 3 Schläge, man macht die Zeichen, und der Logemeister fährt fort:
Meine Brüder! Die Lehrlinge und Gesellenloge ist geöffnet durch 3 Schläge —
Bruder erster Aufseher! Warum seyd ihr Maurer worden?
Aufs. Weil ich in Finsternissen war, und das Licht sehen wollte.
Logem. Wie alt seyd ihr?
Aufs. Sechsthalb Jahr! (7)

(6) Wenn man Meisterloge hält, nennt man sie nicht mehr Gesellen, und anstatt durch 3 Schläge, sagt man durch 3 mal 3.
(7) Die Brüder, die keine Meister sind, haben allzeit unter 7 Jahren, weil sie ihr Alter, von der Zeit ihrer Aufnahme an herrechnen. Diese 5 ½ Jahr bedeuten sonst Unschuld und Treuherzigkeit.

Logem. Wo seyd ihr als Maurer aufgenommen.
worden?
Aufs. In einer ächten und vollkommnen Loge.
Logem. Wie muß eine ächte und vollkommne Loge beschaffen seyn?
Aufs. Aus dreyen zusammengesetzt, 5 machen sie nicht, und durch 7 wird sie vollkommen.
Logem. Wer sich diese?
Aufs. Der Ehrwürdige, zwey Aufseher, zwey Gesellen und zwey Lehrlinge.
Logem. In welcher Loge seyd ihr aufgenommen worden?
Aufs. In der Loge St. Johannes.
Logem. Warum sind unsere Logen dem heiligen Johannes zugeeignet?
Aufs. Weilen die Brüder Maurer, als sie sich wegen der Eroberung des heiligen Landes vereinigten, den heiligen Johannes vor ihren Schutzpatron annahmen. (8) Logem. In was vor einem Ort ist eure Loge gelegen?
Aufs. Auf einem den Profanen unzugänglichen Gebirg, wo niemals ein Hahn gekräht -- ein Löwe gebrüllt — und ein Weib — es sey dann in einem tiefen Thal, geplaudert hat. (9)

(8) Man sollte vielmehr sagen, daß dieß geschahe um den Maurern zu zeigen, wie sie im Geist des Friedens leben sollen, indem man ihnen zeigte,: daß sie unter dem Schutz desjenigen vereiniget sind, der nichts als Eintracht und brüderliche Liebe predigte.
(9) Dieses tiefe Thal und unzugängliche Gebirg, bezeichnen die Ruhe der Logen.

Logem. Wie nennet ihr dieses Thal?
Aufs. Das Thal Josaphat, im heiligen Land gelegen.
Logem. Wie seyd ihr zu dieser Loge gekommen?
Aufs. Durch Hilfe eines Lehrlings, der mir den Weg zeigte.
Logem. Wer war dieser Lehrling?
Aufs. Ein aufrichtiger Freund, den ich in der Folge als Bruder erkannte.
Logem. Wie habt ihr den Zutritt dazu erhalten?
Aufs. Durch 3 laute Schläge.
Logem. Was bedeuten diese 3 Schläge?
Aufs. Drey Worte des Evangeliums: Bittet, so wird euch gegeben! Suchet,> so werdet, ihr finden! Klopfet an, so wird euch aufgethan!
Logem. Wer kam auf diese 3 Schläge?'
Aufs. Der zweite Aufseher.
Logem. Was hat der zweite Aufseher mit euch gemacht?
Aufs. Er ließ mich 3mal in der Löge herum« reisen.
Logem. Wie reisen die Lehrlinge?
Aufs. Von Abend gegen Morgen.
Logem. Warum?
Aufs. Um das Licht zu suchen.
Logem. In was vor einer Positur waret ihr?
Aufs. Weder nackend noch bekleidet, aber in einem ehrbaren Zustand. (10)
Logem. Wer hat euch dieses so befohlen?
Aufs. Der Freund, der mich vorstellte.
Logem. Hattet ihr etwas von Metall an euch?
Aufs. Nein, sehr Ehrwürdiger! ich hatte die Augen verbunden, die linke Brust entblößt, das rechte Knie nackend, und den linken Fuß im Pantoffel; und hatte alle Metalle weg, gelegt.
Logem. Warum behieltet ihr sie nicht bey euch?
Aufs. Weilen Hyram der König von Tyrus dem Salomon lauter schon zugehauene Cedern vom Berge Libanon sandte, und man keinen Hammerstreich bey der Aufführung des Tempels hörte. (11)

(10) Halb angezogen, halb nackend, ohne jedoch die Ehrbarkeit zu beleidigen.
(11) Man muß Maureraugen haben, um den Sinn dieser Antwort zu begreifen. Was vor eine Gleichheit, mit denen dem Aufzunehmenden abgeschwazten Guineen, und den Hammerstreichen der Arbeiter des Tempels?
Es ist viel natürlicher zu antworten: daß man alle Metalle weglegt, um dadurch die allgemeine Geringschätzung gegen sie anzuzeigen: wenn man das Licht erblickt.

Logem. Nachdem ihr eure Reise gemacht hattet, wo stellte euch der zweite Aufseher hin?
Aufs. Er übergab mich den Händen des ersten Aufsehers.
Logem. Was machte der mit euch?
Aufs. Er stellte mich unten an die Treppe des Tempels, und man gab mir das Licht.
Logem. Was wurdet ihr in der Loge gewahr?
Aufs. Nichts, was der menschliche Verstand begreifen könnte.
Logem. Sahet ihr nicht einige Lichter?
Aufs. Ja, sehr Ehrwürdiger, ich sahe deren drey!
Logem. Was stellten sie vor?
Aufs. Die Sonne, den Mond, und den ehrwürdigen Meister der Loge.
Logem. Wie war der Ehrwürdige gekleidet?
Aufs. In Gold und himmelblau. (12)

(12) Man giebt dieser Antwort eine gar künstliche Wendung. Sie macht Anspielung auf den meßingenen Zirkel, der gelb ist, und auf die zwey Zirkelspitzen, die von Stahl — und im Feuer blau angelaufen sind.
Man muß gestehen, daß dieses sehr wichtig ist! Andere antworten: daß der Meister in gelb mit blauen Strümpfen gekleidet wäre. Die erste Antwort ist viel edler.

Logem. Von welcher Seite tratet ihr in den Tempel hinein?
Aufs. Von der Abendseite, auf einer Stiege, die wie eine Schneckentreppe gemacht ist, und auf welche man durch 3, 5 und 7 steigt.
Logem. Wo waret ihr hernach?
Aufs. Ich sezte die Füsse in Winkel, und stellte mich durch 3 Schritte dem Ehrwürdigen vor.
Logem. Was machte der Ehrwürdige mit euch?
Aufs. Nachdem ich ihm mein aufrichtiges Verlangen, aufgenommen zu werden, entdeckte, ließ er mich die Verbindlichkeiten der Maurerey beschwöhren.
Logem. Sagt mir das Lehrjungenwort?
Aufs. Sagt mir den ersten Buchstaben, ich werde euch den zweiten sagen.
Logem. J.
Aufs. A.
Logem. K.
Aufs. I.
Logem. N.
Aufs. Jakin.
Logem. Warum bedient man sich dieses Worts?
Aufs. Um mir zu lernen, daß ich mich zu der Säule Jakin, die gegen Mitternacht am Eingang des Tempels steht, verfügen solle, um dorten den Lohn der Lehrlinge zu empfangen.
Logem. Macht das Zeichen der Lehrlinge!
(Hier steht der Bruder auf, und macht es.)
Gebt dem Bruder zweiten Aufseher die Berührung!
(Er giebt sie.)
Ist sie gerecht, Bruder Aufseher?
Zweiter Aufs. Ja, sehr Ehrwürdiger, sie ist gerecht!
Logem. Was bedeutet das Zeichen der Lehrlinge?
Aufs. Es bedeutet, daß wir einwilligen, uns eher die Kehle abschneiden — als uns das Geheimniß der Maurer und Maurerey ablocken zu lassen.

Logem. Seyd ihr Gesell?
Aufs. Ja, sehr Ehrwürdiger! Meine Brüder und Gesellen erkennen mich davor.
Logem. Gebt mir das Gesellen-Wort?
Aufs. Gebt mir den ersten Buchstaben, ich werde euch den zweiten sagen!
Logem. B.
Aufs. O.
Logem. O.
Aufs. Z.
Logem. Booz.
(Er fährt fort.) Wie macht ihr das Gesellenzeichen?
Aufs. Indem sie die rechte Hand in Form eines Winkelmaases aufs Herz legen.
Logem. Warum legt ihr sie aufs Herz hin?
Aufs. Um zu zeigen, daß wir das Geheimniß der Maurer und Maurerey im Herzen aufbewahren.
Logem. Gebt eurem Bruder zweiten Aufseher die Berührung!
(Er giebt sie.)
Ist sie richtig, Bruder?
Zweiter Aufs. Ja sehr Ehrwürdiger, sie ist richtig.
Logem. Warum habt ihr euch als Gesell aufnehmen lassen?
Aufs. Es geschahe wegen dem Buchstaben G, der in dem flammenden Stern eingeschlossen ist.
Logem. Was bedeutet dieser Buchstabe G?
Aufs. Drey Dinge; Ehre, Herrlichkeit und Geometrie, oder die 5te Wissenschaft. Ehre gebührt Gott! Herrlichkeit dem Logemeister! und Geometrie den Brüdern!
Logem. Bedeutet er sonst nichts?
Aufs. Ja, noch mehr als ihr seyd, sehr Ehrwürdiger!
Logem. Ey! Wer kann noch mehr als ich seyn? Ich — der ich der Meister einer gerechten und vollkommnen Loge bin?
Aufs. Es ist Gott selbst, dessen Name im Englischen durch God, durch diesen Buchstaben ausgedrückt wird.
Logem. Wo habt ihr den Gesellenlohn empfangen?
Aufs. Bey der Säule 8ooz, die am Eingang des Tempels auf der Mittags-Seite steht.
Logem. Was vor Höhen hatten diese zwey Säulen?
Aufs. Sie hatten Schuhe, .Daumen und Füsse ohne Zahl.
Logem. Wie viel hatten sie im Umfang?
Aufs. 18 Schuh.
Logem. Dicke?
Aufs. 4 Finger. (13)

(13) Die Räthsel des Sphynx können nicht dunkler gewesen seyn, als diese Antwort. Der Umfang eines Körpers ist dreyfach seines Diameters; hier ist er hundertfach und drüber. Ich weiß übrigens nicht, ob die Baukunst darinn einige Proportion der Verhältnisse finden wird?


Logem. Auf was gründet sich eure Loge?
Aufs. Auf drey Säulen, welche Weißheit, Stärke und Schönheit bedeuten.
Logem. Was wollen diese Worte sagen?
Aufs. Die Weißheit ist zum Erfinden; Die Stärke zur Unterstützung; und die Schönheit zur Zierde nöthig.
Logem. Was ist die Gestalt eurer Loge?
Aufs.
Aufs. Sie ist ein langes Viereck.
Logem. Was ist ihre Länge?
Aufs. Von Morgen gegen Abend.
Logem. Ihre Breite?
Aufs. Von Mitternacht gegen Mittag.
Logem. Ihre Tiefe?
Aufs. Von der Oberfläche der Erde bis in ihren Mittelpunkt.
Logem. Wohin stellen sich die Brüder in der Loge?
Aufs. Der ehrwürdiger Meister stellte sich gegen Morgen; die zwey Aufseher gegen Abend, die Gesellen in der ganzen Loge herum, und die Lehrjungen gegen Mitternacht.
Logem. Warum stellt sich der Ehrwürdige gegen Morgen?
Aufs. Weilen auch die Sonne, wenn sie ihren Tageslauf anfängt, gegen Morgen zuerst erscheint; also soll auch der Ehrwürdige Meister gegen Morgen seyn, um die Loge zu eröffnen, und die Arbeiten zu befehlen.
Logem. Warum stellen sich die Aufseher gegen Abend?
Aufs. Weilen, so wie die Sonne ihren Lauf gegen Abend richtet, so sollen auch die Aufseher sich gegen Abend stellen, um denen Arbeitern ihre Bezahlung zu reichen, und die Loge zu sperren.
Logem. Warum zerstreuen sich die Gesellen in der ganzen Loge herum, und warum stellen sich die Meister gegen Mittag?
Aufs. Das geschieht um die Loge zu verstärken.
Logem. Warum stellen wir die Lehrjungen gegen Mitternacht?
Aufs. Das geschieht um die Brüder zu empfangen, welche sich anmelden, und damit sie arbeiten lernen, indem sie den Arbeitend zusehen.
Logem. Hattet ihr Zierden in eurer Loge?
Aufs. Ja, sehr Ehrwürdiger, wir hatten deren dreye.
Logem. Wie heissen sie?
Aufs. Das mosaische Pflaster, die zakkichten Büschel Seide, und der flammende Stern.
Logem. Zu was dienen sie?
Aufs. Das mosaische Pflaster zierte das innere des Tempels, die zakkichten Büschel Seide bedeckten die äusserste Theile desselben, und der flammende Stern erleuchtete die innerste Kammer.
Logem. Gab es Fenster in der Loge?
Aufs. Ja, sehr Ehrwürdiger, wir hatten deren dreye.
Logem. Wo waren sie?
Aufs. Gegen Morgen, Abend und Mittag.
Logem. Warum macht man keines gegen Mitternacht?
Aufs. Weil die Sonne diese Seite nicht — oder nur schwach bescheinet.
Logem. Hattet ihr auch Kostbarkeiten in der Loge?
Aufs. Ja, sehr Ehrwürdiger, wir hatten zweyerley Arten, nemlich 3 bewegliche und 3 unbewegliche.
Logem. Welches sind die beweglichen?
Aufs. Das Winkelmaas, das der Ehrwürdige tragt; die Setzwaage, die um den Hals des ersten Aufsehers hängt, und das Bleyloth, welches der andere Aufseher hat.
Logem. Was versteht ihr unter den unbeweglichen Kostbarkeiten?
Aufs. Ich verstehe darunter das Zeichnungs-Brett, worauf die Meister ihre Entwürffe zeichnen; den zugespitzten cubischen Stein, worauf die Gesellen ihre Werkzeuge schleifen; und den rohen Stein, woran man die Lehrlinge übt.
Logem. Was war über eurer Loge?
Aufs. Ein lichtblauer mit goldnen Sternen durchwirkter Traghimmel.


Logem. Wie alt seyd ihr?
Aufs. Sieben Jahr und drüber.
Logem. Ihr seyd also Meister? (14)

(14) Man macht diese Frage, weil vormals keiner zum Meister aufgenommen wurde, wenn er nicht 7 Jahre als Gesell gearbeitet hatte.

Aufs. Erkennet mich vor tüchtig, oder verwerfet mich, wenn ihr könnet.
Logem. Wie kann ich erkennen, daß ihr Meister seyd?
Aufs. An meinen Zeichen, Worten und Berührungen.
Logem. Gebt mir, das Meister-Wort?
Aufs. Ich habe es mit euch verlohren, sehr Ehrwürdiger! Ihr wißt es; aber Akakia ist mir bekannt
Logem. Gebt mir nur wenigstens die erste Spuhr eures Eintritts?
Aufs. Gebt mir die erste, ich werde euch die 2te sagen.
Logem. Ich behüte!
Aufs. Ich verwahre!
Logem. Was verwahret ihr?
Aufs. Das Geheimniß der Maurer und der Maurerey.
Logem. Wo verwahret ihr es?
Aufs. In einer Schachtel, die man nur mit einem helfenbeinernen Schlüssel öffnen kann, das ist, im Herzen.
Logem. Wen habt ihr gefunden, indem ihr euch um Meister zu werden, vorstelltet?
Aufs. Den Bruder Schröcklich, der sich meinem Eingang mit dem Degen in der Hand widersetzte, und einen Aufseher.
Logem. Warum hatte er einen Degen?
Aufs. Um die Profane abzuhalten.
Logem. Wie reisen die Meister?
Aufs. Von Morgen gegen Abend.
Logem. Warum?
Aufs. Um das Licht auszubreiten.
Logem. Was für einen Weg habt ihr eingeschlagen, um zum Ehrwürdigen zu kommen?
Aufs. Ich trat vom Winkelmaas zum Zirkel vor.
Logem. Wie seyd ihr aufgenommen worden?
Aufs. Durch 3 Schläge?
Logem. Was bedeuten diese 3 Schläge?
Aufs. Den Tod Adonirams, unsers ansehnlichen Meisters.
Logem. Wie wurde er ermordet?
Aufs. Durch drey Gesellen, die ihm das Meisterwort abnöthigen wollten, um davor die Bezahlung zu haben.
Logem. Wie fand man Adonirams Körper?
Aufs. Durch einen Acacienzweig, den die Gesellen auf den Ort steckten, wo sie ihn eingescharrt hatten, welches verursachte, daß man den Zweig auch auf sein Grab gehauen hatte.
Logem. Grub man keine andere Sachen auf seinen Grabstein?
Aufs. Ja, Salomon ließ auch darauf das alte Meisterwort hauen.
Logem. Was ist das vor ein Wort?
Aufs. Jehova, das heißt im Hebräischen Gott.
Logem. Warum bedient man sich dessen nicht mehr?
Aufs. Weil man befürchtete, daß die Gesellen dem Adoniram aus Angst und Schmerzen das Wort entrissen hatten.
Logem. Habt ihr Lohn empfangen?
Aufs. Ja, sehr Ehrwürdiger! Ich habe ihn in der mittelsten Kammer empfangen, und ich bin damit zufrieden.
Logem. Wie arbeitet ihr?
Aufs. Vom Montag Morgens bis auf den Samstag Abends.
Logem. Mit was arbeitet ihr?
Aufs. Mit Kreide, Kohlen, und einer irrdenen Schüssel.
Logem. Was bezeichnen diese Worte?
Aufs. Sie bezeichnen Freyheit, Eifer und Beständigkeit.
Logem. An was vor Dingen arbeitetet ihr?
Aufs. Die Steine viereckigt zu hauen, sie mit der Setzwaage abzugleichen, und eine Mauer nach der Schnur aufzuführen.
Logem. Warum bedienen wir uns der Mäurerkelle?
Aufs. Sie dient uns, um damit die Fehler unserer Brüder zu verdecken.
Logem. Welches ist der Name von einem Meister?
Aufs. Gabanon.
Logem. Wie nannte man seinen Sohn?
Aufs. Louffton.
Logem. Was ist sein Vorrecht?
Aufs. Vor allen denjenigen, die sich präsentiren, aufgenommen zu werden.
Logem. Welches sind die Schlüsselwörter?
Aufs. Tubalcain vor den Lehrling. Sciebouleth vor den Gesellen, und Giblim vor den Meister.
Logem. Wenn ihr euch in Gefahr befändet, was würdet ihr thun?
Aufs. Ich würde die Hände auf den Kopf legen und schreyen: Helft mir, der Wittwe Kinder!
Logem. Was will dieß sagen?
Aufs. Weil alle Brüder, welche Maurer sind, seitdem unser Vater Adoniram ermordet worden, als Kinder seiner Wittwe angesehen wurden.
Logem. Warum seyd ihr in die Loge gekommen?
Aufs. Ich kam darein, um meine Leidenschaften zu überwinden und meine Fehler zu verbessern.
Logem. Wenn sich einer von euren Brüdern verlöhre, wo würdet ihr ihn finden?
Aufs. Zwischen dem Winkelmaas und Zirkel. (15)

(15) Heut zu Tag soll man antworten: zwischen der Kanone und dem Faß, das ist: zwischen dem Glas und der Bouteille.

Logem. Wenn ein Profan in die Loge hereinkäme, was würdet ihr mit ihm machen?
Aufs. Ich würde ihn unter eine Dachrinne stellen, bis er vom Kopf bis auf die Füsse naß wäre.
Logem. Wie viel Uhr ist es, mein lieber Bruder?
Aufs. Es ist ganz Mitternacht
(Ist es bey Tag, so sagt man:) Es ist zwölf Uhr und drüber.
Logem.
Weil es ganz Mitternacht ist, so ist es Zeit unsere Arbeiten zu beschliessen; benachrichtiget die Brüder, daß wir die Lehrlinge und Gesellen-Loge durch drey Schläge — (Oder) Meister-Loge durch dreymal drey sperren werden.
Aber noch zuvor: Hat keiner Einwendungen wider die Art, wie wir gearbeitet haben, zu machen?-(16)
Redet, meine Brüder!

(16) Arbeiten heißt in der Maurersprache: den Ordenskatechismum hersagen.

Wenn nun jemand bemerkt hat, daß in etwas gefehlt worden ist, so steht er auf, und verlangt die Parole an ersten Aufseher. Wo nicht — so klopft man, macht das Zeichen, und benachrichtigt: daß sich die Loge endige. Ist sie geschlossen, so schlägt man 9mal in die Hände, und indem man die Finger schnallzt, schreyt man: Hussa! Hussa! Hussa!
So endigt sich das Geheimniß.


Dieses ist die wahrhafte Beschreibung der Loge, die mich unaussprechliche Geheimnisse der Maurerey gelernt hat, die man aber hier wohlfeiler haben kann.

Die Brüder versammeln sich niemals, als wenn sie ein guter Schmauß wegen ihren Arbeiten entschädigt, zuweilen arbeitet man auch nur am Tisch.
Die 4 Guineen, die ich in die Hände des Sekretairs überliefert hatte, wurden zu Anfeuchtung der Kehlen, und zum Freß-Spiel verwendet. Man gab häufige Artillerie-Salven. Man repetirte das Hussa hundert und hundertmal, und hörte nicht auf zu feuren, bis die Arme ihren Dienst, Feuer zu geben, versagten.

Es ist erlaubt in der Loge bey Tisch zu singen. Die Musikanten, welches lauter geschickte Brüder waren, führten eine sehr schöne Musik auf; und diejenige, denen die Zunge von dem rothen Pulver nicht schwer war, sangen zu Ehren ihres Ordens allerhand Lieder, die mit ihren Moral-Grundsähen und der hohen Idee, welche sie von ihrem Orden haben, übereinstimmten. Es giebt nichts schöneres als was sie sagen, und nichts abgeschmakteres, als was sie thun.


[hier folgen 1751, 91-97, 1757, 95-101, vier Lieder, 1786 sind sie weggelassen:
Dans nos logen nous bâtissons
Freres & Compagnons
Accordez nous votre suffrage
La lanterne à la main]

1757, 113-122 enthält – zusätzlich - die Noten zu folgenden Liedern:
Freres et Compagnons
Art divin, l’être suprème]
Adam à sa posterité
Tous de concert chantons
Noé, Maçon très venerable

1757: Die Abbildungen von vier Tapis befinden sich am Schluss des Buches.]


Ich glaube, das Publikum von demjenigen/ was in den Logen geschieht, hinlänglich belehrt zu haben. Es erfordert weiter nichts mehr, als einige Erläuterungen, über die Gesetze der Brüder, über den Hausrath, und über einige Zeichen, deren sie sich bedienen, hinzuzusetzen.

Freymaurer-Gesetze.


Ein Profan, der sich präsentirt, um aufgenommen zu werden, soll den Brüdern bekannt seyn, und in der Loge vorgeschlagen werden.
Man soll keinem den Zutritt zur Meisterschaft erlauben, wenn er auch nur eine einzige Stimme gegen sich hat.
Man soll keinen aufnehmen, dessen Stand oder Lebensart dunkel, und dessen Aufführung ärgerlich ist.
Die aufwartende Brüder können nur zum Lehrling- und Gesellen-Grad aufgenommen werden.
Sie müssen vor der Loge draussen seyn, wenn Aufnahmen vorgenommen werden.
Man kann sie erst an die Tafel sitzen lassen, wenn das Confekt aufgetragen ist.
Der Schatzmeister soll sie beym Schluß jeder Loge bezahlen.
Die Brüder, so zum Zeichnen, Musik oder andern Künsten gebraucht werden, können keine Ehrenämter erlangen, so geschickt sie auch seyn mögen.
Die Loge erwählt ihren Logemeister durch Billets.
Der Logemeister kann sein Amt nur ein Jahr lang verwalten, es sey dann: daß er zum zweitenmal dazu erwählt würde, welches allezeit am St. Johannes-Tag, als Ordens-Schutzpatron, geschehen soll.
Der Logemeister muß das Recht haben seine Officiers: als da sind zwey Aufseher, einen Redner, einen Schatzmeister und einen Sekretaire selbst zu ernennen. (Er muß sich aber in seiner Auswahl nie gegen seine Brüder verstossen.)

Man hält eine Tafel, mit Brüdern, die Mitglieder der Loge sind, und betrachtet nur diejenige als Brüder, denen ihr Platz daran angewiesen ist.
Die Visitations-Brüder, die sich präsentiren, werden freundlich empfangen, und wird ihnen ihr Platz an den Seiten des Logemeisters angewiesen.

Man versammelt sich des Monaths einmal, um die Rechnungen des Schatzmeisters zu berichtigen.
Die Allmosen, die durch auferlegte Strafen von den Brüdern eingehen, werden in eine besondere Kassa gethan.
Der Logemeister ernennt einen Bruder, um darüber Sorge zu tragen, und es unter die Arme des Orts auszutheilen.
Wenn man weiß, daß irgend ein Bruder Unterstützung bedarf; so wird man ihm damit zuvorkommen, um ihm die Demüthigung des Ansuchens zu erspahren.
Wenn ein Bruder einen Fehler begeht, so warnt man ihn dreymal. Kehrt er sich nicht daran: so bedeutet man ihm sich hinwegzubegeben.

Man spricht mit dem Ehrwürdigen in der Loge niemals, ohne zuvor die Parole verlangt zu haben.
Man streitet niemal miteinander; noch weniger flucht man, und wird nie ein garstiges Wort, oder nur eine Zweydeutigkeit hören lassen.
Derjenige, so darwider handelt, kann zum Bekänntniß seines Fehlers, von dem Bruder, der es gehört hat, angehalten, und durch den Logemeister abgestraft werden.
Wenn Brüder einige Streitigkeiten miteinander haben, so werden sie gebeten, sich zu vergleichen, und sollen in die Loge nicht eher, als nach ihrer Versöhnung aufgenommen werden.
Ohne Begnehmigung des Grosmeisters, kann weder im Königreich, noch in den Provinzen eine Loge errichtet werden.
Die Logen sollen das gute Einverständnis, welches unter Brüdern herrschen soll, zu unterhalten suchen; und sich alle nur wie eine Familie betrachten.
Die Brüder müssen sich allen wechselseitigen Beystand untereinander leisten, sie seyen von welcher Religion sie wollen, und man soll alle Gemeinschaft mit demjenigen aufheben, der Dienste zu leisten abschlägt, wenn er sie ohne! Nachtheil seiner Angelegenheiten thun kann.

Auslegung

der Loge-Geräthschaften, einiger Zeichen, und der Freymaurer-Schrift.

Die Freymaurer haben viererley Zeichen, die man sie in der Loge lernt.
Das Hand- Fuß- Kehle- und Brustzeichen. Diese Namen bringen ihre Auslegung von selbst mit; aber gleichwie es sich öfters zuträgt, daß man sich die Berührung nicht geben, oder einander sich nicht ins Ohr sprechen kann; so hat man diesem Fehler, um sich auf eine andere Art zu erkennen zu geben, abgeholfen, und alle diese Zeichen beziehen sich auf einen Gegenstand, nemlich auf das Winkelmaas oder Senkbley.
Wenn ihr bey Tische sitzet, so formiret mit der Gabel und dem Messer ein Winkelmaas, die Maurer, die es gewahr werden, vermuthen alsogleich, daß ihr das Licht gesehen habt.
Wenn ihr trinket, so fahret mit dem Glas einen halben Schuh von der Brust vorwärts, ziehet es in gerader Linie wieder an euch, und am Ende derselben formiret eine andere, daß sie also mit den vorigen einen Winkel mache.
Wenn ihr euch des Messers bedient, so haltet es gerad, die Spitze des Hefts auf die Tafel gestützt, und den ausgestreckten Finger auf die Messerspitze gelegt.
Wenn man euch Tobak präsentirt, oder daß ihr welchen anbietet, so haltet die Finger ausgestreckt, indem ihr mit der Hand vorfahret, und formiret mit dem Daumen und Zeigefinger das Winkelmaas. Wenn ihr den Tobak in die Nase bringen wollt, so schnupfet ihn in 3 verschiedenen, aber wenig hörbaren Absätzen hinauf.
Müßt ihr euch schneuzen: so strecket den Arm aus, und laßt das Schnupftuch fallen, als wenn ihr es ausbreiten wolltet. Macht ein vortreflich gutes Winkelmaas!
Grüßt ihr: so beschreibt mit dem Hut eine horizontale Linie, hebt ihn bis an Kopf in die Höhe, und neiget ihn senkrecht herunter.

Wenn euch die Gelegenheit zu all diesen Dingen mangelt, so muß man sich gerade halten, die Füsse ins Winkelmaas stellen, und die Hand an die Kehle legen. Ein guter Maurer kann diesen Zeichen nicht widerstehen, er muß auf euch zukommen, und euch die brüderliche Umarmung geben.
Zuweilen geschieht es, daß sich plauderhafte Brüder vor Profanen zu bloß geben; um ihnen nun Stillschweigen aufzulegen, bedient man sich des Worts: Es regnet.


Die Brüderschaft setzt bey all diesen allegorischen Ausdrücken einen guten Sinn voraus, den ich zwar nicht darinn finde; aber das ist die geheiligte Redensart der Maurer!

Wenn sich die Freymaurer schreiben, so biegen sie das Papier der Länge nach — daumenbreit um, und falzen nach dieser Lage die zwey Theile in der Mitte zusammen, um ihm auf diese Art eine winkelförmige Gestalt zu geben; man siehet auch zuweilen oben oder unten, oder an der Seite des Pettschafts, ein Winkelmaas, einen Zirkel oder andere symbolische Ordensbilder. Dieses ist zwar Mißbrauch, denn ein wohl unterrichteter Maurer soll sich keiner andern Formel bedienen als dieser:

Ich grüße euch durch die gewöhnliche Zahl, und setze noch hinzu durch 3 etc. etc. etc. Die gewöhnliche Zahl ist von Dreyen; denn alles, was die Zeremonien, Zeichen und andere Ordenssachen betrifft, geschieht durch die Zahl 3.
Wenn sich die Meister der Loge französisch schreiben, so findet man noch ausser den obbemeldten Symbolischen Bildern, daß sie, anstatt Monsieur gerade zu schreiben, sie anfangen
Mon s
        I
        e
        u
        r!

Die Schrift der Logen ist auch von derjenigen der Profanen ganz unterschieden. Die erste Buchstaben von ihrem Alphabet formiren sich in Zusammentreffung zweyer perpendikular und zweyer horizontal Linien, die sich im rechten Winkel abschneiden; und die folgenden der zwey andern Buchstaben formiren 4 gleiche Winkel, die einander entgegen stehen; wie die Figuren zeigen.
Alle Buchstaben befinden sich darinn bis auf das K.
Der erste Winkel obiger Fig. 1 in Nro. 1 ist ohne Punkt ein a, mit Punkt ein b. Nro. 2 ohne Punkt ein c, mit Punkt ein d; und so durchaus die übrigen.

Abb3.jpg

[Abbildung 3 aus: Solomon in all his glory, 1766]

In den Logen bedient man sich keiner runden Leuchter, sondern sie müssen alle dreyeckigt seyn.

Das Schurzfell ist eine weisse Haut mit Seide gefüttert und einem Bande eingefaßt; man kann einige symbolische Ordensbilder, als als [!] ein Dreyeck und Winkelmaas, darauf setzen.
Die Handschuhe [1751: Les ganz but; 1757 und 1786: Les gands sont] sind die nemliche, wie der Profanen ihre. Ein Bruder kann nie arbeiten, ohne sie an Händen zu haben.
Die Maurerkelle ist eine Geräthschaft, wovon man in der Loge keinen Gebrauch macht. Man begnügt sich zu sagen: daß man damit die Fehler der Brüder verberge, (übertünche) Sodann sieht man das Winkelmaas und den Zirkel.

Weiters ist das Halsband des Ehrwürdigen — Logenmeisters: des ersten und zweyten Aufsehers zu bemerken. Sie müssen, beym Schluß der Loge, diese Ehrenzeichen in Verwahrung niederlegen. Man verschließt sie in einen Kasten, wovon der Ehrwürdige einen — und der Sekretaire den andern Schlüssel hat.
Ferners bemerkt man ein Bleyloth, welches man zuweilen statt der sich daselbst befindlichen Setzwaagen, auf die Tafel zeichnet.
Dann sieht man den Hammer des Logemeisters und seiner zwey Aufseher.
Ferners zwey kreutzweis übereinander gelegte Degen, welche man auf die Bibel legt, wenn ein Aufzunehmender schwöhren muß.

Aber die allerliebste Kostbarkeiten sind: die Kanonen und Fässr. Das eine, in welches man Wein thut, nennt man rothes Pulver-Faß, Das andere, welches zwar ziemlich vernachläßigt wird, und, welches man nur zu Strafen gebraucht, wird weisses Pulver-Faß genennt. Dann giebts noch die Becher, die aber ganz ordinär — nur unten dicker sind, damit man sie, wenn man sie abfeuert, recht stark auf den Tisch stossen kann. Trägt sichs zuweilen zu, daß alle in einem Tempo auf den Tisch stossen, so ermangelt der Logemeister nie zu sagen:
Gut, meine Brüder, das geht gut!


In zahlreichen und wohlgeordneten Logen, tragen der Redner, der Schatzmeister und Sekretaire Denkmünzen um den Hals, wovon hier die Innschriften folgen:

Die erste Denkmünze.
Stellet 3 Zweige vor, wovon der eine ein Oelzweig, der andere ein Lorbeer — und der dritte ein Acacienzweig ist. Mit der Innschrift:
Hic pacem mutuò damus, accipimusque vicissim
Hier geben wir euch den Frieden, und wir empfangen ihn.

Die zweite Denkmünze.
Drey vereinigte Herzen, mit der Innschrift:
Pectora jungit amor, pietasque ligavit amantes.
Die Liebe vereiniget unsere Herzen, und Frömmigkeit bindet sie zusammen.

Die dritte Denkmünze zeigt:
Die Weißheit, Stärke und Schönheit mit ihren Sinnbildern; mit der Innschrift.
Hic posuere locum Virtus, Sapientia, Forma.
Die Stärke, Weißheit und Schönheit haben hier ihre Wohnung aufgeschlagen.

Die Brüder rühmen gewiße lateinische Verse sehr an, von welchen sie sagen: daß sie den ganzen Abriß eines Freymaurers enthalten; obwohlen sie nur Moral-Lehren enthalten, welche sie aber nicht sehr befolgen. Hier sind sie:

[nur im französischen Text:
Fide Deo, diffide tibi, fac propria, castas
Funde preces, paucis utere, magna fuge.
Multa audi, dic pauca, tace abdita, disce minori
Parcere, majori cedere, ferre parem.
Tolle moras, minare nihil, contemne superbos,
Fer mala, disce Deo vivere, disce mori.]

zu Deutsch:

Freymaurer, erkenne dich! [1751: Franc-Macon connoi yo; 1757: Franc-Mâçon connois toi] Setz dein Vertrauen in Gott! Bete! Mache nicht viel Aufsehens! Begnüge dich mit Wenigem! Höre, ohne zu sprechen! Sey verschwiegen, und fliehe die Verräther! Ertrage deines Gleichen! Folge deinen Vorgesetzten! Sey allezeit arbeitsam und sanftmüthig, unterthänig und bereit zu leiden! Lerne die Kunst wohl zu leben, um gut zu sterben.

Gedicht vom Bruder Ricault.

[nur im französischen Text:
Pour le Public un Franc-Mâçon,
Sera toûjours un vrai problème,
Qu'il ne sçaura jamais à fond
Qu'en devenant Mâçon lui-même.]

„Vor den Augen der Welt wird ein Freymaurer allezeit ein Räthsel seyn, die nie ihre Geheimnisse erfahren wird, ausgenommen sie werde selbst Freymaurer.“


Ich getraue mir dem Bruder Ricault zu sagen: daß er sich betrügt, und daß alle— die mein Buch lesen werden, einen Freymaurer so gut kennen, wie ich selbst, der ich es 14. Jahre gewesen bin. Ich habe die Logen von Frankreich und Engelland durchlaufen, und bin in denjenigen von Amsterdam — ja sogar in einigen Schiffen, worinn man freymauerte, gewesen; aber ich habe nirgends andere Dinge gesehen, als ich so eben beschrieben habe. Wenn ich deren noch mehr wüßte, würde ich sie auch sagen.


Es bleibt mir also nichts übrig, als die Brüder zu bitten, meine unterthänige Danksagungen gefälligst anzunehmen, und zu glauben: daß ich von der größten Ehrfurcht vor ihre ansehnliche Geheimnisse durchdrungen bin — daß sie ihre Arbeiten im Tempel fortsetzen, das ist: die Nacht mit Trinken hinbringen mögen!
Was aber mich betrift, der ich ihre Wunder gesehen habe, so trette ich sehr vergnügt zurück, und wünsche nur, daß sie mir auch meine Guineen wiedergeben möchten, so wie ich ihnen ihr Geheimniß hiemit wiederzurückstelle.


[hier enden die Schriften von 1751 und1757]


Es folgen 1786, 214-249 französisch und deutsch:

Die Verbindlichkeiten eines Freymaurers

Der französische Text (1751, 1757, 1786) betrifft die Erste Fassung der sog. „Alten Pflichten“ von James Anderson von 1723.
Der Wortlaut stammt aus der 2. frz. Übersetzung von Louis-François La Tierce:
Histoire Obligations et Statuts de la très vénérable Confraternité des Francs-Maçons.
À Francfort sur le Meyn, Chez François Varrentrapp, 1742
(Die 1. frz. Übersetzung von Jean Kuenen, 1736, 2. Aufl. 1741, hat einen ganz anderen Wortlaut.)

Die deutsche Übersetzung in dem vorliegenden Buch. ist einmalig, d .h. sie kommt weder vorher noch nachher irgendwo vor.


Es folgt:

251-338 (nur deutscher Text)


Wahre Veurtheilung der Freymaurer-Gesellschaft,

worinn
ihre Gesetze deutlich beschrieben, und
in der Folge klar gezeigt wird, wie sehr
diese Lehrsätze den Grundregeln
der Religion zuwider
sind.
Die päbstliche Bulle In eminenti von
Clemens XII., und Providos von Bene-
dict.. XlV. verhängen den Kuchenbann und
Strafe über alle gegen ihre Obere Ungehorsame,
durch diese einzige That.

darin 261-272:
Brief eines Freymaurers an einen seiner Freunde.
Von Joseph Uriot

Es folgen:

338-357: Deutsche Übersetzungen von

Päbstliche Bulle Clemens des XIIten.
und
Päbstliche Bulle Benedikt des XIVten.

358-374: Lateinische Texte der

Bulla Papae Clementis XII.
und
Bulla Papae Benedicti XIV.