Die „Pflichten eines Freimaurers" 1815

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Die „Pflichten eines Freimaurers" 1815

Bearbeitung: Roland Müller

Die aktuellen „Pflichten eines Freimaurers“ datieren von 1815

1723-1815: Die Entwicklung der Pflichten

James Anderson: The Constitutions of the Free-Masons. Containing the History, Charges, Regulations, &c. oft that most Ancient and Right Worshipful Fraternity. London: William Hunter 1723 (darin: The Charges of a Free Mason), http://freemasonry.bcy.ca/history/anderson/charges.html

2. erweiterte Aufl. 1738: The New Book of Constitutions of the Ancient and Honourable Fraternity of Free and Accepted Masons. Darin eine doppelt so lange „History“ und: The Old Charges of the Free and Accepted Masons; Ausgabe 1746 unverändert, nur neues Titelblatt Neue Ausgabe 1756 by Rev. John Entick: The Constitutions of the Ancient and Honourable Fraternity of Free and Accepted Masons; darin: The Old Charges of the Free and Accepted Masons (in der Version von 1723) Ausgabe 1767 by Rev. John Entick, unverändert erneut 1776

Ausgabe 1784 by John Noorthouck: Constitutions of the Antient Fraternity of Free and Accepted Masons; enthält zum letzten Mal die lange Historie; ferner: Antient Charges, Collected from Old Records)

Ausgabe 1815 by Bro. William Williams, Provincial Grand Master for Dorsetshire: Constitutions of the Antient Fraternity of Free and Accepted Masons; darin: The Charges of a Free-Mason weitere Ausgaben 1819, 1827, 1841, usw. identisch bis heute!

siehe u. a.: https://sites.google.com/site/tsmr99/charges

Kommentar zur zweiten Ausgabe, 1738

http://freemasonry.bcy.ca/history/anderson/anderson_constitutions.html

In 1738 Anderson brought out a second addition which was intended to replace the earlier one altogether, but it was a slovenly [liederlich] performance and the Regulations were printed in so confused a manner, being all mixed up with notes and amendments (many inaccurately stated), that it was difficult to make head or tail of them and to ascertain what was the law of the Craft. He also re-wrote the history entirely and greatly expanded it, introducing so many absurdities that Gould has suggested that he was deliberately fooling the Grand Lodge, or in the alternative that he was himself in his dotage. In the next edition of the Constitutions, 1754, the Regulations were rewritten by Entick, but the history was preserved.

Entick also reverted to the Charges as drawn up in 1723 into which, especially the first, Anderson had introduced various modifications in 1738, and those Charges are the basis of the Ancient Charges to be found today in the Constitutions of the United Grand Lodge of England, the only differences, except as regards the first Charge, not amounting to more than verbal modifications.

http://www.phoenixmasonry.org/mackeys_history_volume_4.htm

Anderson's "Constitutions," edition of 1738

In the next edition the editor, Entick, restored the original phraseology of 1723, but the "Charges@ and "Regulations" in the edition of 1738 continued to be the law of the Grand Lodge for eighteen years, and were so when Dermott adopted them for the government of his Grand Lodge.

Andere Ausgaben und Übersetzungen

  • 1. irische Ausgabe von John Pennell 1730;
  • 1. amerikanische Ausgabe durch Benjamin Franklin 1734

1. französische Ausgabe:

Constitutions, Histoires, Loix, Charges, Règlements, et Usages, de la très vénérable confrairie des Acceptés Franc-Maçons. Traduit de l’Anglais par Jean Kuenen. La Haye: Corneille Van Zanten 1736 2. Übersetzung von Louis-François La Tierce: Histoire, obligations et statuts de la très vénérable confraternité des francs-maçons. Francfort-sur-le-Meyn: François Varrentrapp 1742; zahlreiche Auflagen; die „Charges“ von Anderson auch übersetzt in: L’Ecole des Francs-Maçons. Jérusalem 1748;
http://reunir.free.fr/fm/txthisto/anderson.htm (komplett, frz.)

Faksimileausgabe des englischen Originaltextes (1723)

mit deutscher Übersetzung von Rudolf Ebel. Bayreuth: Quellenkundliche Arbeit Nr. 18 der Forschungsloge Quatuor Coronati Nr. 808, 1983; der dt. Text nachgedruckt bei Allan Oslo, 2002, 364-392;

  • 1. dt. Übersetzung von Johann Küenen. Frankfurt und Leipzig: Jonas Schmid *1741; 2. Aufl. Michael Blochberger 1743;
  • 2. Übersetzung durch F. L. W. Meyer (Hamburg 1806);
  • 3. Übersetzung von Karl Christian Friedrich Krause: Die drei ältesten *Kunsturkunden der Freimaurerbrüderschaft , Bd. 2, 1813, 22ff, 2. Aufl. 2. Bd. *1. Abteilung 1819, 163ff;

erneut Dresden: Arnold 1821, 190-217

  • 4. Übersetzung durch Wilhelm Keller (Leipzig: Weber 1871);
  • 5. Teil-Übersetzung, nämlich der „Alten Pflichten“ und der „Allgemeinen Anordnungen“ (Hamburg: Bauhüttenverlag 1966) – davon die „Alten Pflichten“ auch bei Dieter A. Binder, 2000, 217-228;

Deutsche Übersetzungen der 2. Auflage von 1738

1. dt. Übersetzung der 2. Auflage von 1738:

Neues Constitutionen-Buch

Der Alten Ehrwürdigen Brüderschaft Der Frey-Maurer, worin die Geschichte, Pflichten, Reguln &c. derselben auf Befehl der Grossen Loge, aus ihren alten Urkunden, glaubwürdigen Traditionen und Loge-Büchern, zum Gebrauch der Logen verfasset worden, von Jacob Anderson, D. D.

Aus dem Englischen übersetzt.

Franckfurt am Mayn: Zu finden in der Andreäischen Buchhandlung 1741.

Zweyte vermehrte Auflage 1743

Dritte vermehrte Auflage 1762.

http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/anderson1741/

2. dt. Übersetzung der 2. Auflage von 1738: Karl Christian Friedrich Krause: Die drei ältesten Kunsturkunden der Freimaurerbrüderschaft.

Zweite, neubearbeitete Auflage, Band 2, Die alten Pflichten der Freien und Angenommenen Maurer, gesammelt vom Verfasser aus ihren alten Urkunden auf den Befehl des Grossmeisters, des gegenwärtigen Herzogs von Montagu.

Gebilligt durch die Grossloge, und gedruckt zu werden befohlen in der ersten Ausgabe des Constitutionenbuches, am 25. März 1722.

Dresden: Arnold 1821, Seiten 218-238.

Die Alten Pflichten: 1815 - aktuell

Neueste Version der UGLE, 2009
http://www.ugle.org.uk/wp-content/uploads/2012/02/boc-2009-online-craft-rules-r5.pdf

Sie entspricht der Version von 1815!

dt. Übersetzung: Karl Christian Friedrich Krause: Die drei ältesten Kunsturkunden der Freimaurerbrüderschaft.

Zweite, neubearbeitete Auflage, Band 2, 239-244 sowie 200-217 Dresden: Arnold 1819; erneut 1821

Die Altgesetze

I. Betreffend Gott und Religion.

Der Maurer ist, durch seinen Beruf, verbunden, dem Sittengesetze zu gehorchen; und wenn er die Kunst recht versteht, wird er weder ein stumpfsinniger Gottleugner, noch ein irreligiöser Wüstling sein.
Er sollte, von allen Menschen am Besten, verstehen, dass Gott nicht siehet (die Dinge betrachtet), wie der Mensch siehet; denn der Mensch siehet nur nach dem Aussenschein, Gott aber siehet (bis) in's Herz (betrachtet das Herz).
Ein Maurer ist daher besonders verbunden, nie Dem zuwider zu handeln, was ihm sein Gewissen vorschreibt. Lasst eines Menschen Religion oder Anbetungart sein, welche sie wolle, er ist nicht von dem Orden ausgeschlossen, vorausgesetzt er glaube an den ruhmwürdigen Baumeister des Himmels und der Erde, und übe die heiligen Pflichten der Sittlichkeit aus.

[vgl. der Eingangssatz des Cooke-Manuskripts von 1410 oder 1450:
„Gott sei gedankt, unserm glorreichen Vater und Gründer und Bildner von Himmel und Erde und aller Dinge darin.“]

Die Maurer vereinigen sich mit den Tugendhaften von einer jeden Überzeugung unter dem festen und beseligenden Bande der Bruderliebe; sie werden gelehrt (angewiesen), die Verirrungen des Menschengeschlechtes mit Mitleiden (mit liebinniger Theilnahme) zu betrachten, und dahin zu streben, dass sie durch die Reinheit ihres eignen Verhaltens (Lebenwandels), die höhere Vortreflichkeit des Glaubens beweisen, zu dem sie sich bekennen mögen.

So ist Maurerei der Mittelpunkt der Vereinigung zwischen guten und treuen Männern, und das glückliche Mittel, Freundschaft unter Solchen zu stiften, welche ausserdem in beständiger Entfernung hätten bleiben müssen.

II. Von der bürgerlichen. Obrigkeit, der höchsten und der untergeordneten.

Der (Ein) Maurer ist ein friedfertiger Unterthan der bürgerlichen Gewalten, wo er auch wohnt und arbeitet, und soll sich nie in Zusammenrottungen (Meuterei) und Verschwörungen gegen den Frieden und die Wohlfarth dos Volkes verwikkeln lassen, noch sich pflichtwidrig gegen die Unterobrigkeiten betragen.
Er soll sich mit Freuden jeder gesetzmässigen Behörde fügen (danach richten); er soll, bei jeder Gelegenheit, das allgemeine Beste aufrechterhalten, und mit Eifer das Wohl seines eignen Vaterlandes befördern.

Maurerei hat immer in Friedenszeiten geblüht, und ist immer benachtheiliget worden durch Krieg, Blutvergiessen und Verwirrung; so dass Könige und Fürsten, in jedem Zeitalter, sehr geneigt gewesen sind, die Mitglieder der Zunft ihrer Friedfertigkeit und Bürgertreue wegen, wodurch sie en bösen Leumund ihrer Gegner mit der That widerlegten, aufzumuntern, und die Ehre der Brüderschaft zu befördern.
Mitglieder der Zunft sind durch besondere Verpflichtungen (Bande) verbunden, Frieden zu befördern, Eintracht zu pflegen, und in Einigkeit und Bruderliebe zu leben.

III. Von den Logen.

Eine Loge ist ein Ort, wo Maurer sich versammeln, um zu arbeiten, und sich selbst in den Mysterien (Geheimnissen) ihrer alten Kunstwissenschaft zu vervollkommnen.
In weiterer Bedeutung erstreckt sich diese Benennung sowohl auf die Personen, als auf den Ort; —daher eine jede geselzformige Versammlung von Maurern eine Loge genannt wird.

Jeder Bruder muss zu einer Loge gehören, und den besondern Gesetzen derselben, und den Allgemein-Verordnungen der Zunft unterworfen sein. Eine Loge kann entweder eine allgemeine oder eine besondere (einzelne)sein, wie man am besten verstehen wird, indem man ihr beiwohnt; und daselbst kann auch einzig eine (genaue) Kenntniss der eingeführten Gebräuche und Gewohnheiten der Zunft erlangt werden.

Von alten Zeiten her konnte kein Meister oder Geselle von seiner Loge abwesend sein, besonders wenn er zu erscheinen schriftlich aufgefordert worden, ohne in eine strenge Ahndung zu verfallen; es wäre denn, dass es den Meistern und Aufsehern einleuchtete; dass eine wahre Notwendigkeit ihn verhindert habe.
Die zu Maurern gemachten, oder als Mitglieder einer Loge zugelassenen Personen müssen gute und treue Männer sein, freigeboren, und von reifem und verständigem Alter und gesundem Urtheile, keine Leibeignen, keine unsittlichen oder anstössigen Menschen, sondern Männer von gutem Rufe.

[Anmerkung von Krause: Die übrigen drei Altgesetze weichen im Constitutionenbuche vom J. 1815 von der Abfassung derselben im Constit.-Buche vom J. 172З (hier S. 191— 217) sо wenig ab, dass es hinreichte, dort die wenigen abweichenden Stellen und Lesarten unter dem Texte zu bemerken]

IV. Von den Meistern, Aufsehern, Mitgliedern (Gesellen) und Lehrlingen.

Aller Vorzug unter den Maurern gründet sich einzig auf wahren Werth und selbeignes Verdienst; auf dass die Bauherren wohl bedient werden, die Brüder ich nicht schämen müssen, noch die Königliche Zunft in Verachtung falle.
Defshalb wird kein Meister oder Aufseher nach dem Alter, sondern wegen seines Verdienstes, erwählt. Es ist unmöglich, diese Dinge schriftlich auszuführen; jeder Bruder muss auf seinem Posten erscheinen (aufmerksam sein), und sie auf einem dieser Brüderschaft eigenthümlichen Wege erlernen.

Ansuchende mögen jedoch wissen, dass kein Meister einen Lehrling annehmen solle, wenn er nicht hinlängliche Beschäftigung für ihn hat, und derselbe nicht ein vollkommner Jüngling ist, dessen Leib ohne Verstümmelung (Fehl) oder Gebrechen ist, welche ihn unfähig machen könnten, die Кunst zu erlernen, seines Meisters Bauherrn zu dienen, zum Bruder und zu gehöriger Zeit zum Gesellen gemacht zu werden, sobald er die Anzahl Jahre gedient hat, welche die Gewohnheit des Landes vorschreibt. Auch soll er von ehrbaren Eltern abstammen, auf dass er, wenn er sonst die erforderlichen Eigenschaften hat, zur Ehre gelangen möge, Aufseher zu werden, sodann Meiser einer Loge, Grossaufseher, endlich auch Grossmeister aller Logen, seinen Verdiensten gemäss.
Kein Bruder kann Aufseher werden, bevor er nicht die Abtheilung des Gesellen durchgangen ist, noch Meister, bevor er nicht das Amt eines Aufsehers verwaltet hat; noch Gгоssaufseher, bevor er Meister einer Loge gewesen; noch Grossmeister, wenn er nicht vor seiner Erwählung Gesell geworden.

Der Großmeister soll auch von adeliger Geburt, oder ein Mann von Stande und von der vorzüglichsten Bildung, oder ein ausgezeichneter Gelehrter, oder ein geschickter Baumeister, oder sonst Künstler, von ehrbaren Eltern entsprossen, und dabei nach der Meinung der Logen von ganz besonderem, grossem Verdienste sein. Und damit er sein Amt desto besser, leichter und ehrenvoller verwalten könne, hat der Gгоssmeister die Gewalt, sich seinen eignen Deputirten ( abgeordneten) Grossmeister zu wählen, welcher Meister einer besondern Loge sein oder gewesen sein muss, und der das Vorrecht hat, jede Handlung, die dem Grossmeister, seinem Vorgesetzten, zusteht, zu vollziehen, wenn anders erwähnter Vorgesetzter nicht selbst gegenwärtig ist, oder sein Oberansehen durch einen Brief selbst geltend macht. Diesen höchsten und untergeordneten Anordnern (Vorstehern) und Regierern der alten Loge soll in ihren bestimmten Ämtern von allen Brüdern, den alten Gesetzen (Pflichten) und Verordnungen gemäss, mit aller Bescheidenheit (Unterwürfigkeit), Ehrfurcht, Liebe und Bereitwilligkeit, Gehorsam geleistet werden.

N. B. In alten Zeiten wurde kein Bruder, wenn er auch noch so erfahren in der Kunst war, ein Meister-Maurer genannt, bevor er nicht zu dem Vorsitze irgend einer Loge erwählt worden war.

V. Von der Regierung der Zunft bei der Arbeit.

Alle Maurer sollen an den Werktagen redlich arbeiten, damit sie an Festtagen anständig leben können; und die Zeit, welche durch das l.andgesetz angesetzt ist, oder welche das Herkommen bestätiget, soll beobachtet werden.

Der Erfahrenste von den Genossen der Zunft soll zum Meister oder Oberaufseher über des Bauherrn Werk erwählt oder angesetzt, und soll dann von Denen, die unter ihm arbeiten, Meister genannt werden. Die Zunftgenossen sollen alle üble Reden (Schimpfworte) vermeiden, auch einander nicht mit unverbindlichen Namen, sondern blos Bruder oder Genosse (Kamerad), nennen; und sich in und ausserhalb der Loge leutselig betragen.

Der Meister, welcher sich seiner Kunstgeschicklichkeit bewusst ist, soll des Bauherrn Werk so billig (wohlfeil), als möglich, übernehmen, und Dessen Gut (Geld) so treulich anwenden, als wenn es sein eignes wäre; noch soll er irgend einem Bruder oder Lehrlinge mehr Lohn geben, als derselbe wirklich verdient. Beide, der Meister und die Maurer, die ihren Lohn richtig erhalten, sollen dem Bauherrn treu sein, und ihr Werk redlich vollenden, es mag stückweis (im Ganzen), oder nach Tagelohn, verdungen sein; noch sollen sie auch stückweiss arbeiten, Was gewöhnlich auf Tagelohn verdungen wird.

Niemand soll über die Wohlfahrt eines Bruders sich neidisch zeigen, noch ihn verdrängen, oder ihn von einem Bauwerke zu vertreiben suchen, wenn er fähig ist, es zu vollenden; denn Keiner kann eines Andern Werk so zum Vortheile des Bauherrn vollenden, wenn er nicht durchgängig mit den Entwürfen und Grundrissen Dessen bekannt ist, der es begann. Wenn ein Gesell zum Aufseher über das Werk unter dem Meister erwählt worden ist, soll er Beiden, dem Meister und den Gesellen, treu sein, soll in Abwesenheit des Meisters zum Vortheile des Bauherrn über das Werk sorgfältige Aufsicht halten; und seine Brüder sollen ihm gehorchen.

Alle angestellte Maurer sollen ihren Lohn mit Freundlichkeit {Zufriedenheit) empfangen, ohne Murren oder Meuterei, und den Meister nicht verlassen, bevor das Werk vollendet ist. Ein jüngerer Bruder soll in der Arbeit unterrichtet werden, um zu verhüten, dass er nicht aus Mangel an Urtheil die Baustoffe verderbe, und damit brüderliche Liebe zunehmen und fortwähren möge Alle Werkzeuge, welche zur Arbeit gebraucht werden, sollen von der Grossloge gebilligt sein. Kein (gemeiner) Arbeiter soll an dem eigenlichen Werke der Maurerei angestellt werden-; noch sollen Freimaurer mit Solchen, welche, nicht befreit (privilegirt) sind, ohne eine dringende Noth arbeiten; noch sollen sie (gemeine) Arbeiter (Taglöhner; Handlanger) und nicht angenommene Maurer so unterweisen, wie sie einen Bruder oder Genossen (Kameraden) zu unterweisen hätten.


VI. Von dem Betragen,

nehmlich

1) in der. Loge, wenn sie errichtet (eröfnet) ist.

Ihr sollt nicht besondere Ausschüsse halten, noch abgesonderte Verhandlungen pflegen, ohne vom Meister Erlaubniss zu haben; noch von etwas Ungehörigem oder Ungebührlichem (Unziemlichem) reden, noch auch den Meister oder die Aufseher unterbrechen, oder sonst einen Bruder, der mit dem Meister spricht; noch sollt ihr Possen oder Scherz treiben, während die Loge mit ernsthaften und feierlichen: Dingen beschäftigt ist: noch euch unter irgend einem Vorwande einer ungebührlichen (ungeziemenden) Sprache bedienen: sondern ihr habt eurem Meister, euren Aufsehern und Genоssen die schuldige Hochachtung zu erweisen und sie in Ehren zu halten.

Wenn irgend eine Beschwerde angebracht worden ist, so soll der schuldig befundne Bruder dem Urtheile und der Entscheidung der Lоge untergeben sein, welche der eigenliche und rechtmässige Richter aller solcher Streitigkeiten ist, (es sei denn, er brächte sie durch Appellation bei der Grossloge an,) und wo sie anhängig gemacht werden müssen, doch so, dass des Bauherrn Werk nicht mittlerweile verzögert werde, in welchem Falle ein besonderer Ausspruch (durch einen. Schiedrichter) gethan werden mag. Allein vor Gericht sollt ihr niemals gehend in Sachen, welche die Maurerei betreffen, ohne dass der Loge die unumgängliche Notwendigkeit einleuchtet.

2) Betragen, nachdem die Loge vorüber ist, die Brüder aber noch nicht auseinander gegangen sind.

Ihr mögt euch in unschuldiger Lust ergötzen, und einander nach Kräften bewirthen, doch dabei jede Unmässigkeit vermeiden und keinen Bruder, über seine Neigung zu essen oder zu trinken nöthigen, noch ihn am Weggehen hindern, wenn seine Angelegenheiten ihn rufen. Auch sollt ihr Nichts thun oder sagen, was beleidigen oder einen ungezwungenen und freien Umgang hindern könnte; denn Diess würde unsere Eintracht zerrütten und unsere löblichen Absichten vereiteln. Daher soll kein Privathass oder Streitigkeiten zur Thür der Loge hereingebracht werden, vielweniger irgend eine Streitigkeit über Religion, oder Völker, oder Staatenverfassung; da wir, als Maurer, bloss von der obenerwähnten allumfassenden Religion sind; auch sind wir von allen Völkern, Zungen, Mundarten oder Sprachen, und sind entschieden gegen .alle Staathändel, als welche nimmer noch der Wohlfahrt in der Loge beförderlich gewesen sind, noch jemals sein werden.

3) Betragen, wenn sich Brüder treffen, ohne das Fremde zugegen sind, doch nicht in einer förmlichen Loge.

Ihr sollt euch einander auf leutselige Weise grüssen, nach der Anweisung, die ihr erhalten werdet, euch untere einander Bruder nennen, euch offen wechselseitig Unterricht ertheilen, soweit es dienlich befunden wird, ohne beobachtet oder behorcht zu werden, und ohne dass sich Einer des Anderen überhebet, oder Etwas von der Achtung entzieht; welche einem jeden Bruder gebührte, wenn er nicht Maurer wäre. Denn obgleich alle Maurer, als Brüder, miteinander auf gleicher Linie (Höhe) stehen, so entzieht doch Maurerei Niemandem irgend Etwas yon der Ehre, die er zuvor hatte; sondern sie vermehrt im Gegentheile seine Ehre noch, besonders wenn er sich um die Brüderschaft wohl verdient gemacht hat, welche Ehre geben muss, Dem Ehre gebühret, und schlechte Sitten vermeiden.

4) Betragen in Gegenwart Fremder, die nicht Maurer sind.

Ihr sollt vorsichtig in euren Worten und Betragen, sein, damit auch der scharfsichtigste (scharfsinnigste) Fremde nicht im Stande sei, Das zu entdekken oder ausfindig zu machen, was nicht geeignet ist, ihm eröfnet zu werden; und zuweilen sollt ihr ein Gespräch ablenken, und es klüglich zur Ehre der ehrwürdigen Brüderschaft leiten.

5) Betragen zu Hause und. in eurer Nachbarschaft.

Ihr sollt handeln, :wie es einem sittlichen und weisen Manne geziemt; besonders aber eure Familie, Freunde und Nachbarn die Angelegenheiten der Loge usw. nicht wissen lassen, sondern weislich eure eigne und die Ehre eurer alten Brüderschaft erwägen, aus Gründen, die hier nicht erwähnt werden können. Ihr müsst auf euer eignes Wohl (eure) Gesundheit) Bedacht nehmen, indem ihr nicht zu lange versammelt oder zu lange vom Hause entfernt bleibet, nachdem die Logenstunden verflossen sind; auch alle Schwelgerei und Trunkenheit vermeiden, damit eure Familien nicht vernachlässigt oder an ihren Rechten gekränkt, ihr selbst aber nicht zur Arbeit unfähig werdet.

6) Betragen gegen einen fremden Bruder.

Ihr habt ihn vorsichtig auszuforschen, auf eine solche Weise, als euch die Klugheit anweisen wird, damit ihr nicht von einem Unwissenden, der fälschlich Ansprüche macht, (ein Maurer zu sein,) betrogen werdet, welchen ihr mit Verachtung und Spott von euch stossen, und wohl auf euch Acht haben sollt, dass ihr ihm nicht irgendeinen Wink der Erkenntnis gebet.

Aber wenn ihr entdekket, dass er ein treuer (wahrer) und echter Bruder ist, so habt ihr ihn Dem gemäss zu achten; und wenn er in Noth ist, so müsst ihr ihm helfen, wenn ihr könnt, oder ihm sonst Anleitung geben, wie ihm geholfen werden möge. Ihr müsst ihm einige Tage Arbeit geben, dass er angestellt werde. Doch seid ihr nicht verbunden, über euer Vermögen zu thun; nur sollt ihr einen armen Bruder, der ein guter und treuer Mann ist, jedem andern armen Menschen, unter gleichen Umständen, vorziehen.

Schlüsslich:

Alle diese Vorschriften habt ihr zu befolgen, sowie auch alle jene, die euch auf einem andem Wege sollen mitgetheilt werden; ihr sollt brüderliche Liebe üben, den Grund und Schlussstein, den Kitt und den Ruhm dieser alten Brüderschaft, und allen Hader und Zwietracht, alles Verläumden und Afterreden vermeiden, noch Andern gestatten, irgend einen würdigen Bruder zu verläumden, sondern Dessen Charakter vertheidigen, und ihm alle gute Dienste erzeigen, soweit es mit eurer Ehre und Wohlfahrt besteht, und nicht weiter.

Und wenn Einer von ihnen euch Unrecht thut, so miisst ihr euch an eure oder an seine eigne Loge wenden, und von da mögt ihr an die Grossloge auf der Vierteljahrversammlung appelliren, sowie es das alte löbliche Verfahren unserer Vorväter unter jedem Volke gewesen. Niemals sollt ihr einen Rechtprocess erheben, ausser wenn der Fall nicht anders entschieden werden kann, und geduldig dem achtbaren und freundlichen Rathe des Meisters und der Genossen Gehör geben, wenn sie Dem zuvorkommen wollen, dass ihr mit Fremden vor Gericht gehet, oder euch bewegen, den Rechtgang (Process) zu beschleunigen und abzukürzen, damit ihr euch die Angelegenheit der Maurerei (euren maurerischen Beruf) mit desto mehr Munterkeit und Erfolg immer mehr aneignen möget.

Was aber Brüder oder Genossen betrifft, die miteinander in Rechtstreite liegen, so sollen die Meister und die Brüder, mit Zuziehung des Rechtes kundiger Brüder und Genossen, freundlich ihre Vermittlung antragen, der sich die streitenden Brüder mit Dank fügen sollen; sollte es aber, sich Dem zu fügen, untunlich sein, so müssen sie freilich einen Process oder Rechtstreit anhangig machen, doch ohne Groll und Erbitterung, (nicht auf die gewöhnliche Art,) und Nichts sagen oder thun, was brüderliche Liebe und die Erneuung und Fortsetzung guter Dienste verhindern könnte, damit Alle (Menschen) den heilsamen Èinfluss der Maurerei sehen (erkennen) mögen, sowie alle treue Maurer gethan haben von Anbeginn der Welt, und thun werden bis an's Ende der Zeiten.

Amen, so müsse es sein!


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