Graz

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Die Entwicklung der Freimaurerei in der Steiermark von den masonischen Anfängen im späten 18. Jahrhundert bis ins 21. Jahrhundert. Von Karel Kubinzky und Rudi Rabe.


Datei:Graz Hauptplatz.jpg
Der Hauptplatz in Graz ... auf diesem Bild 'dank' Photoshop vielleicht etwas künstlich aufgeräumt. Die steirische Landeshauptstadt ist jedoch sehr lebendig. Mit fast 270.000 Einwohnern ist sie nach Wien die zweitgrößte Stadt Österreichs.
Links über den Dächern gerade noch erkennbar: auf dem Schlossberg der alte Uhrturm, das Wahrzeichen der Stadt.

Stand 2014: Fünf Logen der ‚Großloge von Österreich’ und zwei des ‚Droit Humain’.

Die Anfänge unter Kaiser Joseph II

Schloss Rothmund/Radvanje am Stadtrand von Maribor/Marburg in Slowenien (bis 1918 Untersteiermark). Nach den Forschungen von Historikern arbeitete hier 1782 die erste steirische Loge 'Zu den vereinigten Herzen'. Schon nach kurzer Zeit zog sie in die Landeshauptstadt Graz um. Das Foto wurde 2014 aufgenommen. Das Haus ist desolat; wie nicht selten in ehemals kommunistischen Ländern sind die Eigentumsverhältnisse verworren.

Die erste Freimaurereloge der Steiermark wurde 1782 von vierzehn Brüdern im Schloss Rothwein bei Marburg gegründet (heute Schloss Radvanje bei Maribor in Slowenien; damals Untersteiermark: aktuelles Foto rechts). Die Loge trug den Namen ‚Zu den vereinigten Herzen’. Im folgenden Jahr wurde ihr Standort in die steirische Landeshauptstadt Graz verlegt.

Wo sich diese Loge in Graz befand, ist nicht mit Sicherheit feststellbar. Wohl aber sind ihre Mitgliedslisten bekannt. Aus diesen geht hervor, dass die Brüderzahl in Graz in ganz kurzer Zeit regelrecht explodierte: 1784 werden hundert Namen genannt, Männer die an die Aufklärung und die Reformen des Josephinischen Zeitalters glaubten. Die Hälfte waren Adelige, darunter auch Graf Trauttmansdorff, der später Erzbischof von Olmütz und ab 1816 Kardinal: der einzige österreichische Freimaurer, von dem eine Ernennung zum Kardinal bekannt ist. Oder Karl Graf Attems und Weichart und auch die Kaufleute Anton Gadolla und Franz Dobler. Offiziere der Grazer Garnison und auch Geistliche waren Mitglieder. Stuhlmeister war Sigmund Freiherr von Schwitzen. In der Loge scheint allerdings ein ziemliches Kommen und Gehen gewesen zu sein: Schon 1785 wurden nur mehr 67 Mitglieder genannt.

1789: Unter dem Eindruck der beginnenden Französischen Revolution (14. Juli: Sturm auf die Bastille) verschlechterten sich im Habsburgerreich die Bedingungen für alle aufgeklärten Vereine. Und so beschloss die Loge im September einstimmig ihre Einschläferung (= Aussetzung). Der Stuhlmeister Carl von Wachendorff schickte die letzte Liste mit den 53 Mitgliedern an die Wiener Regierung mit der Bitte, "bis zur Wiedereröffnung der hiesigen Loge" von der Einreichung weiterer Bestätigungen "gnädigst enthoben zu werden". Was der Bruder sich wohl nicht vorstellen konnte: Es sollte 175 Jahre dauern. Bis 1964.

Nach 1800: Im Umfeld von Erzherzog Johann, dem Bruder des Kaisers und bis heute geschätzten Förderers der Steiermark, befanden sich etliche ehemalige Freimaurer. Eine der steirischen Logen trägt heute seinen Namen.

Wenig Bewegung im 19. Jahrhundert

Im habsburgischen Österreich und so auch in Graz blieb die Freimaurerei im ganzen 19. Jahrhundert verboten. Aber einige Ansätze gab es doch: Steirer traten, als sie 1848 Mitglieder der Frankfurter Nationalversammlung waren, dem Bund der Freimaurer bei. Und im späten 19. Jahrhundert waren einige Grazer Mitglieder der Loge ‚Zur Verbrüderung’ in Ödenburg (heute Sopron) in der ungarischen Reichshälfte, wo ein neues Vereinsgesetzt ab 1867 die Gründung von Logen zuließ.

Nach dem Ersten Weltkrieg

1926 wurde eine Loge des liberalen Freimaurerbundes ‚Zur aufgehenden Sonne’ mit Standort Graz der ‚Großloge von Wien’ angegliedert. Sie trug nun den Namen ‚Wolfgang Amadeus Mozart’ und arbeitete von 1927 bis 1936. Einige Grazer waren in diesen Jahren auch Mitglieder einer in Wien aktiven Loge eines deutschen Systems.

1926 wurde auch das nun weltbekannte Bild ‚Innenansicht einer Wiener Loge’ von einer Kroisbacher Familie nach Wien verkauft. Es ist im Wien-Museum ausgestellt.

Graz war damals aber auch der Ort antimasonischer Publikationen. Und zur Zeit des Nationalsozialismus gab es in der Stadt einen antifreimaurerischen Ausstellungsraum.

Die Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg

1964: In Graz lebende Brüder aus Wien, Klagenfurt und Hamburg fanden in den 1960er Jahren zusammen und gründeten unter dem Schutz der ‚Großloge von Österreich’ eine Loge unter dem Traditionsnamen 'Zu den vereinigten Herzen': erste provisorische Arbeit ("unter freiem Himmel") im Brauhaus Puntigam.

1970: Schon sechs Jahre später kam es zur Lichteinbringung einer zweiten Loge ('Die Brücke'). Die zehn Gründungsmitglieder kamen alle von den 'Vereinigten Herzen'.

Im Oktober 1784 feierten beide gemeinsam die zweihundertste Wiederkehr des Tages der ersten Logengründung auf damals steirischen Boden in Marburg. Es gab eine interne Ausstellung.

1985: Brüder beider Logen gründen die 'Erzherzog Johann'. Dieser Name hat in der Steiermark einen besonderen Klang: Im steirischen Herzogtum war der Erzherzog (1782 bis 1859) aus dem Hause Habsburg ein halbes Jahrhundert lang Förderer und Modernisierer von Industrie, Landwirtschaft und Eisenbahnwesen sowie im Kultur- und Bildungsbereich.

2002 Gründung der 'Symbolon' und 2014 der 'Zur Aufrichtigkeit'. Damit gab es jetzt in Graz fünf Logen der 'Großloge von Österreich'.

Es finden in Graz auch Arbeiten der Hochgradfreimaurerei statt, und ohne Zusammenhang mit der ‚Großloge von Österreich’ arbeiten hier auch zwei Logen des Freimaurersystems ‚Le Droit Humain’.

Joseph II. am Opernring in Graz. Auf dem Sockel der Büste sind unter der Wölbung drei Punkte: ein typisches Freimaurerzeichen. Der Sohn Maria Theresias war von 1765 bis zu seinem Tod 1790 römisch-deutscher Kaiser: ein Vertreter des aufgeklärten Absolutismus („alles für das Volk, aber nichts durch das Volk“). In seiner Regierungszeit erlebte die österreichische Freimaurerei einen ersten Höhepunkt. Allerdings gab es auch gewisse theatralische und ideologische Auswüchse. Um diese einzudämmen, schrieb Joseph II. auf Anregung führender Freimaurer für die Zeit ab 1886 vor, wie viele Logen es in jeder Stadt geben durfte: in Graz eine. Weniger als ein Jahrzehnt später verbot Josephs Nachnachfolger Franz I./II. die Freimaurerei für sein ganzes Reich. Das hatte Auswirkungen bis zum Ende der Habsburgermonarchie 1918.

Freimaurerzeichen im Grazer Stadtbild

Bild rechts: ein 1887 errichtetes Denkmal für Kaiser Joseph II. am Opernring mit einem freimaurerischen Symbol (die drei Punkte unter der Büste).

Auch drei Häuser in Graz weisen auf alte freimaurerische Bezüge hin. Das Eckhaus Rösselmühlgasse-Dreihakengasse besaß einschlägige Symbole über dem Tor. Das für Leonhard Schönhofer 1838 errichtete dominante Gebäude auf der Nordseite des Freiheitsplatzes (‚Lambrechterhof’) zeigt im Giebelfeld unverkennbar Bezüge zur Freimaurerei, die sich unter dem Motto ‚Von der Bestialität zur Idealität’ zusammenfassen lassen. 160 Jahre wurden diese Symbole nicht richtig erkannt.

Das Haus Paulustorgasse 1-3 (umgangssprachlich ‚Freimaurerhaus’, Durchfahrt auf den Schlossberg) wurde 1830 von und für den Baumeister F. X. Aichinger errichtet. Die Plastik über dem Haustor und die Skulpturen im Stiegenhaus (Büsten prominenter Freimaurer und eines Knaben mit Schurz und Zirkel) weisen auf die Freimaurermitgliedschaft des Hausherrn hin. In Graz gab es allerdings in jener Zeit keine Loge.

In Graz sind 8 Straßen nach Freimaurern benannt, die einen persönlichen Bezug zu Graz haben. 22 Straßennamen tragen die Namen von Freimaurern mit überregionaler Bedeutung.


Andere Bundesländer

  • Kärnten: 5 GLvÖ-Logen in Klagenfurt und Villach; 2 DH.
  • Niederösterreich: vier GLvÖ-Logen verteilt im Land.
  • Oberösterreich: drei GLvÖ-Logen und eine des DH in Linz.
  • Salzburg: drei Logen der GLvÖ und eine des DH.
  • Tirol: drei Logen des GLvÖ und eine des DH in Innsbruck.
  • Burgenland: seit 1971 nach langer Pause eine GLvÖ-Loge.
  • Vorarlberg: seit 2005 zum ersten Mal eine Loge.

Siehe auch

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