Heinz Scheiderbauer

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Heinz Scheiderbauer als Großmeister.
Das Gemälde von Kurt Regschek, † 2005, hängt im Wiener Logenhaus der GLvÖ in der Rauhensteingasse.
Der Maler war Mitglied der Wiener Loge MOZART.
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Der Großmeister verlässt die Loge:
Umschlagbild von Herwig Libowitzky, ein Bruder der Wiener Loge ZU DEN DREI LICHTERN.
Großmeister Georg Semler würdigt seinen Vor-Vor-Vorgänger Heinz Scheiderbauer.
Die prächtige Urne; das Begräbnis war fast ein halbes Jahr nach dem Hinscheiden Heinz Scheiderbauers.
Die Beisetzung war kein freimaurerisch ritueller Akt; dennoch links und rechts von der Urne drei Rosen in den drei Farben des freimaurerischen Rosenrituals.

Heinz Scheiderbauer (1923 - 2020)

Heinz Scheiderbauer war 17 Jahre lang Großmeister der Großloge von Österreich: zuerst von 1969 bis 1975 und dann wieder von 1991 bis 2002. Nach Richard Schlesinger, der die Großloge von 1919 bis 1938 führte, war er der am zweitlängsten dienende Großmeister der regulären österreichischen Großloge. Von Rudi Rabe.

Geburtsdatum: 5. April 1923 - Wien.
Sanft entschlafen ebendort am 5. April 2020, seinem 97. Geburtstag.
Beruf: Filmproduzent. Seine Firma produzierte mehr als 3.000 Filme, vor allem für das Fernsehen.
Sein Lebensmotto: „Tue es jetzt, und Nein ist keine Antwort. Lerne, interessiere dich für alles und nimm alles in dich auf!“

Heinz Scheiderbauer als Freimaurer

Freimaurer war Heinz Scheiderbauer seit dem 4. November 1961, bis zu seinem Tod 2020 also 59 Jahre lang. Seine Loge war die Wiener LIBERTAS. Schon vier Jahre nach seiner Aufnahme wählten ihn die Brüder zu ihrem Stuhlmeister. Auch dieses Amt übte er mit einer Unterbrechung zweimal aus.

Als Großmeister lagen ihm nicht nur die Logen der ‚Großloge von Österreich’ sehr am Herzen, also die sogenannte „blauen Logen“, das Fundament der Freimaurerei; er kümmerte sich darüberhinaus auch erfolgreich um die Entwicklung der Hochgrade. Beim York Ritus gehörte er in Österreich ab 1967 sogar zu den Gründern.

Heinz Scheiderbauer: "Stationen meines Lebens" (um 2005)

„Im Jahr 1941, an meinem 18. Geburtstag saß ich im Strafgefangenenhaus der Nazis in Krems. Danach leistete ich meinen Kriegsdienst in Frankreich und Russland. 1946 studierte ich Philosophie und Theaterwissenschaft und erhielt 1949 mein Doktorat. 1949 begann ich mit meiner Tätigkeit als freier Schriftsteller für das amerikanische Radio Blue Danube, dem amerikanischen Sender in Wien. 1953 wurde ich Verbindungsmann für den Marshall-Plan zum ÖGB. In dieser Funktion bereiste ich ganz Amerika. Die Amerikaner luden uns ein, bei privaten amerikanischen Haushalten zu wohnen. Diese Zeit prägte mein amerikanisches Weltbild. In diesen frühen Jahren absolvierte ich auch meine Ausbildung zum Piloten. “

„Als ich aus den Staaten zurückkehrte, war ich lange Jahre Korrespondent und Kameramann für amerikanische und kanadische Fernsehstationen sowie für das Britische Fernsehen BBC in Österreich. Ich war schon beim Fernsehen, als es dieses Medium in Österreich noch gar nicht gab, und hatte weltweite Einsätze. 1960 gründete ich mein eigenes Unternehmen und war gleichzeitig für die Kamera, für Ton, Schnitt, Regie und für die Produktion verantwortlich. Mittlerweile hat meine Firma über 3000 Fernseh- und Spielfilme produziert, so unter anderem „Familie Merian“, „Hiob“, „Radetzkymarsch“, „Muttertag“, „An der schönen blauen Donau“ und vieles mehr. Meine Sendung „Hello Austria- Hello Vienna“ läuft wöchentlich auch in den Vereinigten Staaten, in China (Mandarin) und in vielen anderen Staaten dieser Welt.“

Heinz Scheiderbauer als Dichter

Fünf Jahre vor Heinz Scheiderbauers Tod publizierte die Großloge ein Buch mit 38 von ihm verfassten Gedichten. Titel: „Der Kreis der Denkenden“.

Sein Nach-Nach-Nachfolger als Großmeister, Georg Semler, schrieb in der Einleitung: „Bruder - Dichter - Großmeister, man kannte ihn und kennt ihn: den polyglotten Humanisten Heinz Scheiderbauer und den Filmproduzenten Heinz Scheiderbauer. Nur die wenigsten - die allerwenigsten - kannten bisher den Dichter gleichen Namens.“

Ein Teil der Gedichte ist romantisch-gefühlig, andere beschäftigen sich vor einem beeindruckenden Bildungshintergrund mit Selbstreflexion und den letzten Fragen des Lebens. Als Beispiel hier das Gedicht „Der Kreis von Denkenden“, auf den sich der Titel des Buches bezieht. Man kann diese Verse als Hommage an eine Freimaurerloge lesen.

✒︎ ✒︎ ✒︎ Der Kreis von Denkenden

Da ich nicht glauben will, dass Einer Gott auf Erden war.
Ein Zweiter auf einem Erdenpferde in den Himmel ritt.
Ein Dritter unter einem Feigenbaume Wunder wirkte.
Ein Vierter mit Jehova sprach.
Weil ich einsehe, dass jede Offenbarung die andere totschlägt,

weil sie sie totschlagen muss unter Menschen.
Und da ich folgere, dass es noch andere Wahrheiten solcher Art gibt – wenn auch simpler –
gleichgültig ob Marx, Freud, Himmler oder Skinner sie verkünden.
Und da ich trotzdem glaube, dass ich nicht nur ein Stück Fleisch bin
– zufällig und sinnlos –
weil ich liebe – weil mich die neunte Symphonie ergreifen kann –
oder eine Landschaft des Van Gogh –
und ich auch einsehe, dass ich mich nicht selbst gemacht habe –
so kann ich DORT darüber nachdenken.
Und auch andere finden, die das tun.
Doch keiner von diesen wird behaupten,
dass er die ganze Wahrheit wisse,
sonst hätte man ihn nicht eingelassen
in diesen Kreis von Denkenden.

Das letzte Geleit

Einer der Nachrufer bei der Beisetzung Heinz Scheiderbauers am Neustifter Friedhof in Wien war Georg Semler, sein Nach-Nach-Nachfolger als Großmeister der ‘Großloge von Österreich’ (ab 2014). Er sagte unter anderem:

„Wer heute hier steht oder sitzt, kann von sich sagen, dass er dabei war, als das letzte Kapitel eines prägenden Abschnitts der österreichischen Freimaurerei geschrieben wurde.

Bruder Heinz hat in der Zweiten Republik 17 Jahre lang – und damit länger als alle anderen Großmeister nach ihm – der österreichischen Kette in diesem Amt gedient, und allein diese enorme Zeitspanne ruft die Erinnerung an einen anderen Großen der österreichischen Kette herbei: an Richard Schlesinger, der sogar noch etwas länger als Bruder Heinz das Amt des Großmeisters in der Ersten Republik bekleidete.

Aber welch ein Unterschied im Resultat der Vollendung! Richard Schlesinger kam mitten im Zusammenbruch der österreichischen Kette unter entehrenden Bedingungen zu Tode, und die Brüder der Logen wurden gerade unter das totalitäre Joch einer Gewaltherrschaft gezwungen, wenn sie nicht das Land schon gehetzt verlassen hatten. Die Räume der Logen waren verwüstet, und die österreichische Kette stand vermeintlich vor dem Ende.

Heute dagegen, da wir zusammenkommen, um Bruder Heinz das letzte Geleit zu geben, steht die österreichische Freimaurerei gefestigter da als jemals zuvor. Es ist schon richtig, dass dazu die äußeren Umstände beigetragen haben, politische wie historische, keine Frage. Aber es ist letztlich das Verdienst jener Brüder, die sich nach Kriegsende zu den ersten Treffen zusammenfanden und in den Jahren danach unbeirrbar an den Idealen der Freimaurerei festhielten und tatkräftig am Erstarken ihrer Strukturen - trotz mancher Widerstände - arbeiteten.

Bruder Günter Kodek, der große Chronist der österreichischen Kette, der uns vor einigen Jahren verlassen hat, hat diese Periode in einem seiner Bücher für die Nachwelt beschrieben und der Großloge bescheinigt – ich zitiere – dass ihre Aufbauzeit besonders schwierig war, dass sie aber in der Gegenwart – geschrieben 2014 – in voller Blüte dasteht.

Bruder Heinz gehört zu denjenigen, die sich ein besonders großes Verdienst an dieser Entwicklung zuschreiben dürfen. Er hat das nie selbst getan, das wäre nicht seine Art gewesen. Ich kann das heute tun, obwohl er widersprechen würde, wenn er unter uns wäre.

Es soll uns hier und heute aber nicht um Einzelheiten gehen. Wir wollen Dir, Bruder Heinz, Dank sagen für Deinen freimaurerischen Lebensdienst an Deiner Loge ‘Libertas’ und danach an der gesamten österreichischen Freimaurerei.“




Siehe auch


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