Johann Gottfried Herder

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Biographie

Herders Leben kann in folgenden Phasen beschrieben werden:

  • Jugendjahre in Mohrungen (1744 - 1762)
  • Studienzeit in Königsberg (1762 - 1764)
  • Lehrer und Prediger in Riga (1764 - 1769)
  • Auf der Reise im Jahr 1769 (1769 - 1770)
  • Auf der Reise mit dem Prinzen (1770 - 1771)
  • Freundschaft mit Goethe in Straßburg (1771)
  • Hofprediger in Bückeburg (1771 - 1776)
  • Superintendent in Weimar (1776 - 1788)
  • Die Italienische Reise (1788 - 1789)
  • Konsistorialvizepräsident in Weimar (1789 - 1800)
  • Lebenshöhe in Weimar (1800 - 1803)

Werdegang

Johann Gottfried Herder wurde am 25. August 1744 im knapp 200 Einwohner zählenden Mohrungen geboren, wo er eine fromme pietistische Erziehung genoss. Es war eine Zeit vieler Wirrungen und Kriege (bspw. der zweite Schlesischen Krieg).

Nach seiner Schulzeit, die in bester preußischer Manier erfolgte, studierte er unter anderem ab 1762 Theologie in Königsberg. Kirchengeschichtliche Vorlesungen hörte er bei Daniel Heinrich Arnoldt, der seit 1734 Professor der Theologie und Hofprediger in Königsberg war; Sprachwissenschaft bei Georg David Kypke, einem in Pommern geborenen protestantischen Theologen, Philologen, Professor für orientalische Sprachen, Alttestamentler sowie Inspektor der Synagoge von Königsberg, und Dogmatik bei Theodor Christoph Lilienthal, ebenfalls Professor der Theologie und Autor einer umfangreichen Abhandlung über die Offenbarungen des alten und neuen Testaments. Am 21. August 1762 erlebte Herder erstmals eine Vorlesung von Immanuel Kant, bei dem er Astronomie, Logik, Metaphysik, Moralphilosophie, Mathematik und physische Geografie besuchte.

Einflüsse

Ein weiterer und der wohlmöglich bedeutungsvollste Freund Herders aus der Königsberger Zeit war Johann Georg Hamann. Der Einfluss seiner philosophischen Sichtweisen wird vor allem (keinesfalls ausschließlich!) in Herders späten Jahren während seinen Auseinandersetzungen mit Kant und in seiner Sprachphilosophie deutlich. Außerdem lernte Herder von Hamann die englische Sprache und wurde durch ihn in Shakespeares Werke eingeführt.

Herder als Freimaurer

1764 trat er eine Stelle als Lehrer und Prediger an der Domschule in Riga an. Hier wurde er auch Freimaurer: Durch die Bekanntschaft mit dem Kaufmann Johann Zuckerbecker, der seit 1760 Meister vom Stuhl der Loge "Zum Nordstern" (später "Zum Schwert") war, bekam Herder Kontakt zur Freimaurerei. Im Juni 1766 wurde er in der Rigaer Loge "Zum Schwert" auf- und angenommen.

Die Verhältnisse seiner kleinen Gemeinde in Riga passten jedoch nicht zu Herders Vorstellungen seiner Wirksamkeit und seiner gewünschten Sphäre (vgl. Brief an Kant, November 1768). Daher machte er sich auf Reise.

Reise

Am 5. Juni 1769 brach er auf. Das Schiff wurde von einer Sonnenfinsternis in die See begleitet. Auf dem Schiff verfasste Herder ein Reisetagebuch, das "Journal meiner Reise im Jahr 1769". Man kann durchaus sagen, dass diese Schrift den Sturm- und Drang begründete. Auf der Reise lernte er auch Gotthold Ephraim Lessing, Matthias Claudius und Johann Melichior Goeze persönlich kennen.

Nach dieser Tour fungierte er als Reisebegleiter für den Prinzen Peter Friedrich Wilhelm. 1770 lernte er in Darmstadt seine spätere Frau (Caroline) kennen.

Herder und Goethe

Im Jahr 1771 kam es zur vermutlich bahnweisendsten Begegnung in der Deutschen Literatur. Herder lernte in Straßburg den jungen Goethe kennen, wurde förmlich sein Lehrer und inspirierte ihn zu einer "Dichtung der menschlichen Seele". Es ist daher nicht verwunderlich, dass Goethes "Faust" viele Züge des jungen Herders aufweist. "Göthe ist würklich ein guter Mensch, nur äußerst leicht und viel zu leicht, und Spazzenmäßig, worüber er meine ewigen Vorwürfe gehabt hat." (Herder, 21. März 1772)

Hofprediger

1771 trat Herder eine Stelle als Hofprediger in Bückeburg an. Als der 27-jährige Pastor am 28. April 1771 um sieben Uhr in der Wallstraße die Kutsche verließ, staunten die anwesenden Personen nicht schlecht. Er war nicht wie ein Geistlicher gekleidet, sondern trug ein himmelblaues, mit Gold besetztes Gewand, eine weiße Weste und einen weißen Hut. Ein besonderes Auftreten eines besonderen Menschen. In Bückeburg verfasste Herder unter anderem die bedeutende geschichtsphilosophische Schrift "Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit" (1774).


Ab 1776 war Herder in Weimar daheim und wirkte als Superintendent der circa 150 Gotteshäuser in der Grafschaft. "Er predigt, wie noch niemand gepredigt hat, so wahr, so simpel, so faßlich, und doch alles so tief gedacht, so rein gefühlt, so schwer an Inhalt! Und was das wunderbarste ist, so reinen Menschensinn, so lautere Wahrheit." (Wieland an Jacobi, 1. November 1776)

Weimar

In Weimar vollendete Herder viele mitgebrachte Schriften und verfasste neue Texte, vor allem über Geschichtsphilosophie und Christentum. "Ich wünschte, daß ich in das Wort Humanität alles fassen könnte, was ich bisher über des Menschen edle Bildung zur Vernunft und Freiheit, zu feineren Sinnen und Trieben, zur zartesten und stärksten Gesundheit, zur Erfüllung und Beherrschung der Erde gesagt habe; denn der Mensch hat kein edleres Wort für seine Bestimmung, als Er selbst ist, in dem das Bild des Schöpfers unserer Erde, wie es hier sichtbar werden konnte, abgedrückt lebt." (Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit 1784)

Italien

1788/89 bereiste Herder Italien. "Wahrlich, lieber Knebel, Götter und Genien wandeln und spielen mit unserem Schicksal, obgleich zuletzt alles von natürlichen Ursachen, von den Leidenschaften und Phantasien, der Vernunft und Unvernunft der Menschen ppp. abhängt. So bin ich nach Italien gekommen; so lebe ich drin; so werde ich zurückkehren; und das Beste, das man allenthalben davonbringt, ist oder sind wir selbst. [...] Ich lebe in Rom fort, gesund und, seit ich in meiner Freiheit bin, ziemlich glücklich, wenigstens so beschäftigt, daß ich nicht weiß, wie Tage und Wochen entfliehen, ob ich sie gleich nicht immer nach barem Gewicht berechnen kann. Im Vatikan zum Exempel ist’s mir noch nicht geglückt, etwas zu finden; ich kann aber auch nicht sagen, daß ich darin hätte suchen mögen, auf die Art, wie mir daselbst zu suchen vergönnt ist. Man hat Befehl, mir vorzulegen, was ich begehre; den Katalog aber habe ich nicht in meiner Gewalt; er soll auch sehr unvollständig sein, und da lässt sich nicht viel begehren. Man verliert Zeit, und wo nähme ich Zeit her, auch nur gehörig abzuschreiben, wenn ich was fände? [...] In der Kunstbetrachtung bin ich nach meiner Weise fleißiger, und ich gebe Goethen in allem recht, was er darüber saget. Das einzig Schlimme dabei ist – aber ich will nicht einreden. Ich studiere, sooft ich kann, täglich drei Stunden an diesen Gestalten der alten Welt und betrachte sie als einen Kodex der Humanität in den reinsten, ausgesuchtesten, harmonischen Formen. Mir verschwindet dabei Raum und Zeit; ich habe die Idee, aus der alles ward, aber ich habe keine Sprache, sie herauszustammeln. Sie läßt sich, wie alles in der Welt, nur durch Tat, durch Schöpfung zeigen; in meiner Seele indes soll sie bleiben." (Herder, 13. Dezember 1788)

Konsistorialvizepräsident

Nach der Reise trat er wieder seine Stelle als Konsistorialvizepräsident in Weimar an. "Nur drei Worte, gnädigste Herzogin, nehme ich mir die Freiheit an Euer Durchlaucht zu schreiben, ein Kennzeichen meines Lebens und meiner glücklichen Ankunft im hochberühmten Weimar. Den 9. dieses Monats, morgens um zwei Uhr, geschahe diese ohne andre Festivitäten, als daß der schönste Mond an der einen, die schönste Morgenröte an der anderen Seite des Himmels stand und die Nacht sehr schön war. In meinem Hause war alles bereit, mich zu empfangen, nur fehlte der Schlüssel zur Haustür, mich hereinzulassen, und mußte ich also die Gefälligkeit haben, etwas zu warten, bis meine Frau vermutlich ihren Liebhaber zur Hintertür hinaus in den Garten geschafft hatte; da ich denn recht kam und mich alles, groß und klein, mit großer Freude empfing. Seit der Zeit bin ich hier wie der Abgott Baal: ich esse, trinke, schlafe und spreche, der deutsche Wein und die deutschen Gerichte tun mir nach meiner zweimonatlichen Reise sehr wohl. [...] Hier ist alles, wie es war: Turm, Kirche, mein Haus und so fort stehen noch auf der alten Stelle; es ist alles, als ob ich gestern abgereiset wäre. Euer Durchlaucht wird es auch so sein: die ganze Reise dünkt einem ein Traum. Mir ist sie, sosehr ich dort auf Italien geschimpft habe, ein sehr angenehmer Traum." (Brief an Anna Amalia, 16. Juli 1789)


Ab 1800 baute Herder rapide ab. Am 18. Dezember 1803 - einem 4. Advent - entschlief Johann Gottfried von Herder. Die Beerdigung fand am 21. Dezember 1803 um 21 Uhr statt. Der Sarg wurde unter Glockengeläut von den Angehörigen, verschiedenen Würdenträgern und zahlreichen lichtertragenden Schülern die wenigen Meter von der Generalsuperintendentur zur Stadtkirche begleitet. Seine letzte Ruhestätte fand der Prediger nahe dem Taufstein.

Bibliotheca Herderiana

Herder hinterließ 4400 Taler - drei Jahresgehälter - an Schulden. Durch die Versteigerung seiner umfangreichen Privatbibliothek konnten die finanziellen Verpflichtungen jedoch fast vollständig getilgt werden. Die Auktion der "Bibliotheca Herderiana" fand im April 1805 im Fürstlichen Gymnasium von Weimar statt und umfasste insgesamt etwa 8000 Bände an "Libri theologici, philologici, philosophici, juridici, literarum et artium" in deutscher, englischer, französischer, griechischer, hebräischer, italienischer, lateinischer und spanischer Sprache als auch geografische Karten und Zeitschriften.

Mit seinem Selbstverständnis für die Logik der Gegensätzlichkeiten brachte Johann Gottfried in seinen Werken ein tiefes Feingefühl für das Menschliche zum Ausdruck. Er ist einer der Philosophen, dessen Name unglaublich weit verbreitet und allgemein bekannt ist. Doch er ist ebenso einer der Philosophen, von dem – bei genauerem Nachfragen – so gut wie niemand etwas weiß. Gelegentlich wird seine Geschichtsphilosophie genannt, wozu man sagen kann: Ja, er war ein Begründer des Historismus des 19. Jahrhunderts. Vielen Leuten ist auch sein "Reisejournal" ein Begriff und auch hier kann man sagen: Ja, er gehörte zu den Wegbereitern des Sturm und Drang. Doch kaum jemand kennt sein ganzes Wirken, wie zum Beispiel seine Bemühungen, die Poesie und Dichtung aller Weltteile zu verstehen, sie ins Deutsche zu übersetzen, um sie so seiner eigenen Nation erkenntlich zu machen – weshalb man ihn ebenso als Wegbereiter der Romantik betrachten kann. Seine Einflüsse auf das Staats- und Schulwesen sowie auf nahezu alle anderen Künste – vor allem auf die Anthropologie und Psychologie – sind jedoch, bei genauer Betrachtung, keineswegs zu übersehen.

Dieser Umstand des unbekannten Herders mag in seinen Werken selbst begründet sein. Keine seiner Veröffentlichungen stellt ein geschlossenes System dar, kein einheitliches Ganzes. Alles, was er schrieb, war Fragment, zum Großteil obendrein von einem spekulativen Geist beseelt und wartete nur darauf, vollendet oder weitergedacht zu werden. Seine spontanen Geistesblitze ziehen ihre Bahnen bis weit in unsere Zeit. Doch es ist die Eigenheit von allen geistigen Werken, dass nämlich ihr ursprüngliche Name im Bewusstsein der Menschen sehr schnell verwischt und verfliest.

Es wäre jedoch ein großer Fehler, Herder einen Mangel an Systematik vorwerfen zu wollen, denn diese strebte er nicht nur nicht an, sondern mied sie förmlich, um so jeder fachwissenschaftlichen Enge zu entfliehen.

Sein Geist wird - durch seine angestoßenen Wirkungen - wohl ewig auf Erden weiterleben.


In Mitte der Ewigkeit

Ein Traum, ein Traum ist unser Leben
auf Erden hier.
Wie Schatten auf den Wegen schweben
und schwinden wir.
Und messen unsre trägen Tritte
nach Raum und Zeit;
und sind (und wissen's nicht) in Mitte
der Ewigkeit .: .: .:

(von Johann Gottfried Herder)

Herder als Freimaurer

Durch die Bekanntschaft mit dem Kaufmann Johann Zuckerbecker, der seit 1760 Meister vom Stuhl der Loge "Zum Nordstern" (später "Zum Schwert") war, bekam Herder Kontakt zur Freimaurerei. Im Juni 1766 wurde er in der Rigaer Loge "Zum Schwert" auf- und angenommen. Des weiteren war er später Mitglied einer Illuminatenloge, einer freimaurerähnlichen Vereinigung, die allerdings die Umgestaltung von Staat und Kirche im Sinne des Humanitätsideals der Aufklärung aktiv und durch direkte Einflussnahme anstrebte – daher erfolgte eine Abspaltung der Illuminaten von den Freimaurern.

Trotz seiner extrem passiven Mitgliedschaft vermochte es Herder, den Geist der Bruderschaft nachhaltig zu prägen. Während seiner Weimarer Zeit wirkte er beispielsweise durch die Mitarbeit an Schröders Reform der Freimaurerrituale, bei der man unter anderem die geheimen Oberen der Lehrart der Strikten Observanz abschaffte, welche in Wirklichkeit ausschließlich aus der Person des Gotthelf Freiherrn von Hundt bestanden, und ordnete verschiedene zeremonielle Details. Darüber sind am Ende dieser Biografie noch einige Informationen zu finden. Viel größeren, ja sogar unsagbar größeren Einfluss auf die heutige Freimaurerei übte die Humanitätsphilosophie seiner Texte aus.

Friedrich Ludwig Schröder und Johann Gottfried Herder begegneten sich kaum persönlich, wahrscheinlich nur einmal 1799 und ein weiteres mal 1801. Während dieser Zeit fand jedoch ein sehr ausgiebiger Briefwechsel statt.

"Mit meiner ganzen Freimaurerei, verehrter Freund (ich muß es bekennen), ist’s nicht weit her. Wenig über 20 Jahre war ich, als ich in Riga die 2. ersten Grade bekam, in der stricten Observanz und (ich kann’s wohl sagen) mit gar keinem Strahl des Lichtes. Seitdem habe ich keine Loge besucht, nie das Zeichen gemacht, selbst Gespräche über die Freimaurerei, wie ich konnte, vermieden. (Mich dünkt, wir haben darüber geredet.)" (Herder an Schröder, 10. Mai 1803)

Von tiefen Humanitätsgedanken und Philosophie war in der Lehrart der strikten Observanz im 18. Jahrhundert noch nicht viel zu sehen. Außerdem ging Herder nach seiner Zeit in Riga auf eine Reise nach Frankreich, weshalb er sich vom Bund entfremdete. Später führte er die Oberaufsicht (Generalsuperintendentur) über alle Kirchen der Grafschaft Weimar (ca. 150 an der Zahl) und so verlangte es wohl seine Amtspflicht, kein bekennender Freimaurer zu sein.

Gegen Ende seines Lebens erwachte sein Interesse an der Freimaurerei – vor allem durch seine Mitarbeit an der Ritualreform - erneut; er las eifrig alle Schriften, die er bekommen konnte und welche über die Geschichte der Freimaurerei handelten.

Herders Frau Caroline berichtete in ihren "Erinnerungen", dass ihr Mann "sich ein eigenes System gebildet hatte, wodurch ein neuer, unser Zeit gemäßer Geist geweckt und die veralteten Gebräuche neu belebt werden sollten."

Weiterhin beschrieb sie die Freimaurerei ihres Mannes wie folgt: "Im Jahre 1766 wurde Herder zu Riga in den Freimaurerorden aufgenommen und auch in dieser Verbindung ungemein hoch geachtet. Die Loge setzte ein unbeschränktes Vertrauen in ihn und machte ihn, ungeachtet er nicht den dazu erforderlichen Grad hatte, zu ihrem Sekretär. In Weimar hat er sich aus wichtigen Gründen nie als Freimaurer bekannt und sich dadurch von mehreren Unwillen zugezogen. Er wußte aber alles Wichtige, was in der Loge vorging und sprach mit Bode über diese Verhältnisse sehr vertraut. Seine Gespräche in der 'Adrastea' über die Freimaurerei sind nur der Anfang dessen, was er hierüber mitteilen wollte. Er suchte und sammelte dazu aus vielen Büchern, die er aus der Göttingischen und Dresdener Bibliothek erhielt. Der Orden, sagte er, müsse in unserer Zeit am Lichte des Tages essen und frei handeln, sein Einfluß würde dadurch um so mehr gewinnen und Teilnehmer erwecken. Das Gute, das übrigens der Orden noch jetzt und besonders durch edle und tätige Vorsteher tat, war ihm stets ehrwürdig."

In seinen Veröffentlichungen in der "Adrastea" besprach Johann Gottfried auch freimaurerische Themen, zum Beispiel sah er den Ursprung der Verbindung in den mittelalterlichen Dombauhütten liegen. Da der Prediger in einigen dieser Artikel recht offen die Bedeutung diverser Freimaurersymbole erläuterte, dabei selbst die Geheimhaltungspflicht der Rituale zum Teil außer acht ließ, zog er sich gelegentlich auch den Missgunst einiger Zeitgenossen zu.

Des weiteren fand schon seit geraumer Zeit die Reform der Freimaurerrituale durch Friedrich Ludwig Schröder statt, an der sich auch Herder durch viele hastige Einwürfe, Skizzen und Gedanken rege beteiligte. Im Folgenden werden verschiedene Auszüge von Briefen aus den Jahren 1800 bis 1803 zitiert, die einige Ideen Herders beleuchten sollen.

Er plädierte beispielsweise für die Erhaltung der Symbole, welche laut Herder zum Aufruf zu "reeller Arbeit" außerhalb der spekulativen Loge dienen würden: "Solche und andere Abänderungen im Ritual der figurata sind meinem Zweck gleichgültig; das Ritual selbst aber gehört der alten Kirche, den Freimaurern mit Kelle, Spitzhammer, Schlägel; das Handwerkszeug lasse ich mir nicht nehmen."

Weiterhin forderte er eine einfache, klare und leicht-verständliche Sprache: "Zu Vorlesereien ist die Freimaurerei nicht bestimmt, sondern zur tätigen Übung des Verstandes und des Herzens, tätiger Beihilfe und Veredlung, ja Erweckung und Rettung des Menschengeschlechts."

Das Gebet zu Beginn der Logenarbeit sollte ebenfalls in natürlicher Weise abgefasst sein und gesprochen werden. Herder machte dafür den Vorschlag: "Demütig sucht der Weise zu ergründen Mit scharfem Blicke die Natur; Er späht den Urstoff aus und freuet sich zu finden Im kleinsten Kreis des Meisters Spur. Dann blickt er in sein eignes Wesen und staunet etc. In seinem Inneren kann er deutlich lesen, Was ihn die Schöpfung dunkel lehrt. Laß, großer Meister, Dir den Forschungsdrang gefallen, Der Deinen Prachtbau zu ermessen wagt. Die Wahrheit glänz’ in unsern heil’gen Hallen, Durch die den Menschen Glück und Freiheit tagt."

Bereits Schröder äußerte Zweifel wider die Verwendung von Degen im Ritual; Herder drückte diese Zweifel noch etwas deutlicher aus: "Das Kehren der Degen auf ihn, solls bleiben? Sein Ursprung liegt in Umständen, die gar nicht mehr sind. [...] Es bezieht sich auf Geheimnisse, die nicht sind, und dann, welch ein erster Anblick! Brüder, Brüder gegen sich mit gezogenen Degen. Auch symbolisch hasse ich den Anblick."

Ebenfalls fand Herder den Begriff der freimaurerischen Arbeit störend, da dieser zu jener Zeit noch nicht auch oder eher weniger im geistigen Sinne verstanden wurde. Ihm war nicht ganz klar, an was für einem Werkstück ein (spekulativer) Freimaurer überhaupt arbeiten sollte.

In den drei Graden sah Johann Gottfried dagegen einen sehr sinnvollen Aufbau: "Sonach entsteht eine natürliche Ordnung der Grade zu einander. Erstens, der Lehrling behauet den rohen Stein; der Gehülfe bauet mit den gehauenen, so das kein Hammer ertönt; der Meister ordnet mit seinen Werkzeugen, den feinsten. Praktisch lernte der Lehrling Unterwerfung, Fleiß, Gehorsam; - Den Gehülfen empfing man freudiger und munterte ihn zur Mitarbeit auf. Den Meister ernst, und zeigte ihm nicht etwa nur [...], sondern ließ ihn selbst machen und erproben. Standhaftigkeit und Ernst in seinem Beruf, bis zum Tode. – Daher kann auch, wie mit Recht bemerkt ist, die Realisierung dieser Meisterprobe nicht wegbleiben, oder der ganze Geist des Grades und Ordens würde – ermordet."

Bei der Ritualreform forderte er vor allem strikte Anonymität, was seine Mitarbeit betraf: "Dann will ich mir Stunden erhaschen, wenn es auch in der Nacht sein sollte, um das reine Gebäude nach meiner Idee hinzustellen und es Ihrem Urteil zu übergeben. [...] Daß Sie mit meiner Arbeit am Ende zufrieden sein werden, des bin ich gewiß. Wenn ich der Gesellschaft den Namen einer alten, ehrwürdigen, vielverdienten als echte Wahrheit erweise und sie für Zukunft von tummen Vermengungen mit Rosenkreuzern, Jesuiten, Tempelherren und so fort auf ewig sondre – mich dünkt, so hätte ich Dank verdienet. [...] Mein Name bleibt dabei ewig verschwiegen."

Friedrich Ludwig Schröder stimmte dieser Bitte zu: "Kein Mensch soll erfahren, daß es Ihr Werk ist, wenn Sie nicht wollen." (Brief vom 28. November 1800)

Sämtliche Schriften

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Links

umfangreiche Gedenkseite, u.a. mit ausführlicher kostenfreier Herder-Biografie von Br. Robert Matthees