Johann Wolfgang von Goethe: Unterschied zwischen den Versionen

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== Goethe als Freimaurer ==
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==Goethe, Johann Wolfgang von==
'''Goethe und freimaurerähnliche Vereinigungen'''<br>
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Quelle: [[Lennhoff, Posner, Binder]]<br>
 
Als 15 järiger trat G. in Verbindung mit [[Ludwig Ysenburg von Buri]] und bewarb sich um Aufnahme in die "[[Arcadische Gesellschaft in Philandria]]" . Einer anderen logenartigen Gesellschaft gehörte er in Wetzlar an, und zwar der "[[Rittertafel]]" und dem "[[Orden des Überganges]]" (s. "Dichtung und Wahrheit"). Im 17. Buch von "Dichtung und Wahrheit" erzahlt Goethe unter anderem, daß ihm die angesehene, wohlgegründete Offenbacher Freimaurerloge die Mitgliedschaft nahelegte, "''ich aber, aus einem Unabhängigkeits gefühl, das mir spater als eine Verrücktheit erschien, lehnte jede Verknüpfung ab, nichtgewahrend, daß diese Männer, wenn schon in höherem Sinn verbunden, mir doch bei meinen den ihrigen so nahe verwandten Zwecken hatten förderlich sein müssen."''
 
  
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<nowiki>*</nowiki>28. August 1749 in Frankfurt a. M., &dagger;22. März 1832 in Weimar. Biographie möge an anderen Orten nachgesehen werden.
'''Goethe als Freimaurer'''<br>
 
Quelle: [[Internetloge]]
 
[[Datei:Faust3.jpg|thumb|350px|Will Quadflieg als Dr. Faustus. Radierung von [[Jens Rusch]] Siehe auch: [[Faust]]]]
 
  
Der Dichter [[Johann Wolfgang von Goethe]] wurde am 28.8.1749 in Frankfurt/Main geboren. Bereits als 15jähriger bewarb er sich um die Aufnahme in die "[[Arcadische Gesellschaft in Philandria]]". Goethe studierte zuerst Jura in Leipzig und legte in Straßburg die Lizentiatenprüfung ab. In Straßburg begeisterte er sich unter dem Einfluß [[Johann Gottfried Herder]]s, der 1766 in Riga in der Loge "[[Zum Schwert]]" in den Freimaurerbund aufgenommen worden war, für Homer, Pindar, Shakespeare, für die gotische Baukunst und für das Volkslied. Er schrieb die Urfassungen des "[[Faust]]" und des "Götz von Berlichingen" sowie seine erste große Erlebnislyrik, die Sesenheimer Lieder an Friederike Brion ("Willkommen und Abschied", "Mailied"). In dieser Zeit wurde er zum führenden Dichter des "Sturm u. Drang". Nach Frankfurt zurückgekehrt, war er als Rechtsanwalt tätig. Nach einer Praktikantenzeit in Wetzlar (1772), wo er von der Liebe zu Charlotte Buff ("Lotte") erfaßt wurde, entstand der Briefroman "Die Leiden des jungen Werthers", der ihm Weltruhm eintrug. In Wetzlar gehörte er der "Rittertafel" und dem "Orden des Überganges " an, beides logenartige Gesellschaften. 1775 berief Karl August, der Herzog von Sachsen-Weimar, Goethe nach Weimar. Hier gewann Goethe von Jahr zu Jahr an Einfluß auf den Fürsten, wurde 1776 Geheimer Rat.
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===Goethe als Freimaurer===
  
In Weimar war am 26. Mai 1764 die Loge "(Anna) Amalia zu den drei Rosen" gestiftet worden. Die Installation bzw. Lichteinbringung erfolgte am 28. Oktober 1764 mit Patent der "Strikten Observanz" vom 24. Oktober und Matrikel-Nr. 9. Erster Meister vom Stuhl war der Minister von Fritsch. Die Loge "Amalia" gehört mit zu den ältesten deutschen Logen. Sie erhielt ihren Namen "[[Anna Amalia zu den drei Rosen]]" nach der damaligen Regentin. Die Herzogin war als Braunschweigerin sehr logenfreundlich. Ihr Bruder, Herzog Ferdinand von Braunschweig, General Friedrichs II., war ein bedeutender Freimaurer. Ihr Onkel, Friedrich der Große, wurde bereits als Kronprinz mit seinem Adjudanten heimlich durch Absalombrüder aus Hamburg in Braunschweig aufgenommen.
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Im Jänner 1780 von seiner Schweizer Reise zurtückgekehrt, richtete Goethe an den damaligen Stuhlmeister der Weimarer Loge "Amalia" folgendes Schreiben:
[[Datei:Faust5.jpg|thumb|350px|Siehe auch: [[Faust]]]]
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:"Euer Exzellenz nehme ich mir die Freiheit mit einer Bitte zu behelligen. Schon lange hatte ich einige Voranlassung zu wünschen, daß ich mit zur Gesellschaft der Freimaurer gehören möchte; dieses Verlangen ist auf unserer Reise viel lebhafter geworden. Es hat mir nur an diesem Titel gefehlt, um mit Personen, die ich schätzen lernte, in nähere Verbindung zu treten und dieses gesellige Gefühl ist es allein, was mich um die [[Aufnahme]] nachsuchen läßt. Wem könnte ich dieses Anliegen besser empfehlen als Ew. Exzellenz. Ich erwarte, was Sie der Sachs für eine gefällige Leitung zu geben geruhen werden, erwarte darüber gütige Winke und unterzeichne mich ehrfurchtsvoll Ew. Exzellenz gehorsamster Diener Goethe."
Am 7. Januar 1780 kehrten Goethe und Karl August von ihrer zweiten Schweizer Reise zurück, auf der beide den Entschluß gefaßt hatten, sich in den Freimaurerbund aufnehmen zu lassen. Zehn Tage nach der Heimkehr hatte der Dichter eine lange Unterredung mit [[Johann Joachim Christoph Bode]] (1731-1793), und Anfang 1780 reichte Goethe an den Staatsminister und Kabinettschef Freiherrn von Fritsch, dem Meister vom Stuhl, das offizielle Gesuch ein. "Schon lange hatte ich einige Veranlassung zu wünschen, daß ich mit zur Gesellschaft der Freimaurer gehören möchte; dieses Verlangen ist nun auf unserer letzten Reise viel lebhafter geworden. Es hat mir nur an diesem Titel gefehlt, um mit Personen, die ich schätzen lernte, in nähere Verbindung zu treten, und dieses gesellige Gefühl ist es allein, was mich um die Aufnahme nachsuchen läßt." Am 23. Juni 1780 leitete Johann Joachim Christoph Bode die Aufnahmearbeit in der Freimaurer-Loge "Amalia" in Weimar, in der Goethe das Licht der freimaurerischen Welt erhielt. Die Aufnahme vollzog der zugeordnete Meister vom Stuhl, Bode, da zwischen Goethe und von Fritsch Spannungen bestanden.
 
[[Datei:Der_Herr_der_Ratten.jpg|350px|thumb|Siehe auch: [[Faust]]]]
 
Für Hamburger Freimaurer ist Bode besonders interessant. Als Sohn armer Eltern wurde er in einem Dorf bei Braunschweig geboren. Als Autodidakt eignete er sich eine umfassende Bildung an. Seinen ersten Lebensunterhalt verdiente er sich als Militärmusiker. Mit 30 Jahren wurde er in die Hamburger Loge "[[Absalom zu den drei Nesseln]]" aufgenommen, und in der Matrikel dieser Loge wird er "der freien Künste Beflissener" genannt. Als Übersetzer aus dem Französischen und Spanischen wurde er in der Hansestadt bald weiteren Kreisen bekannt. 1765 wählten ihn die Absalombrüder zum Meister vom Stuhl. Durch seinen Logenbruder Otto Heinrich Knorre, dem hamburgischen Münzmeister, lernte Bode auch Lessing kennen, der 1771 in die Hamburger Loge "[[Zu den drei Rosen]]" aufgenommen wurde. Als Lessings und Bodes verlegerische Pläne scheiterten, wurde Bode Privatsekretär und Geschäftsführer der Witwe des dänischen Staatsministers Graf Bernsdorf und zog mit ihr 1778 nach Weimar um.
 
  
Am 23. Juni 1781 wurde Goethe zusammen mit dem damals berühmten Anatomie Pofessor Loderer von der Universität Jena zum Gesellen befördert. Bevor Karl August seinen Entschluß in die Tat umsetzte, vergingen zwei Jahre. Am 5. Februar 1782 wurde er im Beisein vieler fürstlicher Freimaurer feierlich durch von Fritsch aufgenommen und schon am 2. März in den Gesellengrad befördert und anschließend am selben Abend zusammen mit Goethe in den Meistergrad erhoben. Bereits am 10. Dezember 1782 wurde Goethe in den "Inneren Orden" der Strikten Observanz aufgenommen.
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Der Meister vom Stuhl, Staatsminister Freiherr [[Jakob Friedrich von Fritsch|J. F. v. Fritsch]] (s. d.), stand Goethe nicht freundlich gegenüber. Er hatte sich sogar wegen dessen Ernennung zum Geheimrat mit Rücktrittsabsichten getragen. Er erledigte das Ansuchen pflichtgemäß, hatte aber den Takt, bei der am Vorabend des [[Johannisfest]]es, am 23. Juni 1780, erfolgenden Aufnahme den Hammer an [[Johann Joachim Christoph Bode|Bode]] (s. d.) abzugeben. Nach einer Mitteilung von Pabst soll Goethe das Verbinden der Augen verweigert, jedoch das Versprechen gegeben haben, die Augen selbst geschlossen zu halten. Die Damenhandschuhe, die er nach der Aufnahme für die ,"seinem Herzen am nächsten stehende Frau" erhielt, sandte er der Frau v. Stein. Am 23. Juni 1781 wurde Goethe zum [[Geselle]]n befördert, am 2. März 1782 zum [[Meister]] erhoben. Sein Gesuch um Beförderung ist eben falls erhalten geblieben und lautet:
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:"Darf ich Ew. Exzellenz bei der neuen Aussicht auf die Zusammenkunft einer Loge auch meine eigenen kleinen Angelegenheiten empfehlen? So sehr ich mich allen mir unbekannten Regeln des Ordens unterwerfe, so wünsche ich doch auch, wenn es den Gesetzen nicht zuwider wäre, weitere Schritte zu tun, um mich dem Wesentlichen mehr zu nähern. Ich wünsche es so wohl um meiner selbst willen, als um der Brüder die manchmal in Verlegenheit kommen, mich als einen Fremden traktieren zu müssen. Sollte es möglich sein, mich gelegentlich bis zum Meistergrade hinauf zu führen, so wurde ich's dankbarlichst erkennen.
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:Die Bemühungen, die ich mir bisher in nützlichen Ordenskenntnissen gegeben habe, haben mich vielleicht nicht ganz eines solchen Grades unwürdig gelassen. Der ich jedoch alles Ew. Exzellenz gefälligst Einsicht überlasse und mich mit unwandelbarer Hochachtung unterzeichne Ew. Exzellenz ganz gehorsamster Goethe."  
  
Die Loge "Amalia" stellte allerdings kurz nach seiner Erhebung am 24. Juni 1782 bis zu ihrer erneuten Installation am 24.10.1808 die Arbeiten ein. Dies stand im Zusammenhang mit dem Verfall der "Strikten Observanz" und ihres Tempelherrensystems. Ebenfalls im Jahre 1782 wurde Goethe Präsident der Finanzkammer und vom Kaiser geadelt. Bereits 1776 wurde der "Illuminaten-Orden" von Adam Weishaupt, Professor für Kanonisches Recht an der Universität in Ingolstadt, gegründet. Nach den Vorstellungen des Gründers sollte dieser Geheimorden nach dem organisatorischen Vorbild des Jesuitenordens eine geheime Weisheitsschule sein, in der die besten jungen Akademiker unbehindert von den traditionellen Fesseln alles lernen sollten, was die Priester von den Lehrstühlen verbannt hatten. Bode, der am Rande des Wilhelmsbader Konvent 1782 für den Illuminaten-Orden geworben und dort bereits im Januar 1783 zum "Schottischen Ritter" (letzter Illuminatengrad vor den sogenannten "Mysterien" des Bundes) befördert worden war, sorgte nun für die Aufnahme Goethes am 11. Februar 1783 in diesen Orden. Goethe, der dort den Ordensnamen "Abaris" führte, erlangte rasch höhere Grade und war in der Folge an sämtlichen Verhandlungen und Entscheidungen des Ordens beteiligt.
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Wenige Wochen nach dieser Erhebung mußte die Loge "Amalia" wegen Zerwürfnissen, die in den damaligen allgemeinen Freimaurerverhältnissen ihren Grund hatten (der Streit der Systeme hatte seinen Höhepunkt erreicht), die Arbeiten einstellen. Die Freimaurerei ruhte in Sachsen-Weimar bis gegen 1807. Ein Gesuch aus Jena um obrigkeitliche Bewilligung einer Loge wurde in diesem Jahre Goethe zur Bearbeitung vorgelegt. Goethe äußerte sich in seinem Gutachten vom 31. Dezember 1807 ablehnend, wobei er die in den letzten Jahrzehnten vollkommen zerrütteten freimaurerischen Verhältnisse im Auge hatte. Auch schienen ihm die Voraussetzungen in Jena nicht genügend gesichert.
  
Durch die amtlichen Verpflichtungen fühlte Goethe sich bald als Dichter eingeengt. So entzog er sich den Verpflichtungen von 1786-88 durch eine Italien-Reise. Hier wurden der "Egmont" beendet, die Prosafassung der "Iphigenie" in Blankverse umgearbeitet und "Torquato Tasso" sowie die "Römischen Elegien" entworfen. Wieder in Weimar, lernte er 1788 Christiane Vulpius, seine spätere Frau, kennen, die er aber erst nach langem Zusammenleben 1806 heiratete. Es entstanden die "Metamorphose der Pflanzen" und die ersten Arbeiten zur "Farbenlehre". Weitere Reisen sowie das Erlebnis der Französischen Revolution brachten derart viel Unruhe, daß Goethe die Einsamkeit suchte. Erst die Freundschaft mit Schiller (seit 1794), der an der Universität Jena lehrte, gab neuen Auftrieb. Während Schiller an seinen späten Dramen arbeitete, gab Goethe seinem Erziehungsroman "Wilhelm Meister" die Endfassung. 1797 ließ er "Hermann u. Dorothea" erscheinen. Seine Hauptarbeit aber war der "[[Faust]]", dessen erster Teil 1806 beendet und in der ersten Gesamtausgabe der Werke bei Cotta (12 Bde. 1806-10) veröffentlicht wurde.
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Trotz dieser ablehnenden Stellung übernahm er im Auftrage des Herzogs [[Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach|Karl August]] (s. d.) im Verein mit [[Friedrich Justin Bertuch|Bertuch]] (s. d.) die Vorarbeiten für eine von ihm selbst als wichtig angeschene Wiederbelebung der Loge "Amalia';. In seiner Wohnung fanden eine Reihe von Vorbesprechungen statt, wobei Goethe sich nachdrücklich dafür einsetzte, der wieder zu erweckenden Loge als Grundlage das mittlerweile von dem Hamburger Schauspieler [[Friedrich Ludwig Schröder]] geschaffene System zu geben, das die Maurerei wieder auf ihre ursprüngliche reine Form zurückführte.
  
1809 wirkte Goethe bei den Aufnahmen des Kanzlers von Müller und, einen Monat später, [[Wieland]]s in den Freimaurer-Bund mit. Als 1813 der Dichter des "Oberon", Wieland, starb, trat Goethe an den im Tempel errichteten Katafalk, um die berühmtgewordene Gedächtnisrede "zu brüderlichem Andenken Wielands" zu halten, in der er den Satz über die Freimaurerei prägte: "Wenn dieser altgegründete und nach manchem Zeitwechsel oft wieder hergestellte Bund eines Zeugnisses bedürfte, so würde hier das vollkommenste bereit sein, indem ein talentreicher Mann, verständig, vorsichtig, umsichtig, erfahren, wohldenkend und mäßig, sich bei uns in einer Gesellschaft fühlte, die er, der besten gewohnt, als Vollendung seiner menschlichen und geselligen Wünsche so gern anerkannte". Stärksten Eindruck machte auf Goethe die Meistererhebung des Obersten Geismar, der Weimar vor einem französischen Überfall bewahrt hatte. Nach dieser Feier entstand wohl das Tiefste, was jemals in poetischer Form über Freimaurerei gesagt wurde, das "[[Johann Wolfgang von Goethe#Gedichte|Symbolum]]", jenes Gedicht, in dem Goethe das ganze Wesen der maurerischen Symbolik, das Wandern des Maurers durch die verschiedenen Grade als Abbild des höheren geistigen Menschenlebens schilderte. Goethe veranlaßte 1815 auch die Aufnahme seines Sohnes August in den Bund. Aus der eigenen Lebensrückschau gingen "Dichtung und Wahrheit", die "Italienische Reise" hervor. Das dichterische Spätwerk ist "[[Faust]] II". Auch der "Meister"-Roman wurde in "Wilhelm Meisters Wanderjahre" fortgeführt. Als Goethe am 22.3.1832 in Weimar starb, war damit auch die Zeit der deutschen Klassik, die "Goethe-Zeit", vorüber.
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Goethe trug auch dazu bei, daß die am 27. Juni 1808 unter Bertuch wiedereröffnete "Amalia" einen Logenraum im Wittumspalais zugewiesen erhielt. Er konnte dann zwar den Logenarbeiten nur in den ersten Jahren nach der Wiedereröffnung regelmaßig beiwohnen, doch nahm er auch in der Folge an jedem bedeutungsvollen Ereignis, an jedem großen Fest so lebhaften Anteil, "daß die wichtigeren Reden, Gesänge und Anordnungen meist seiner vorausgehenden Prüfung und Billigung sich erfreuen durften". In einem Sehreiben vom Oktober 1812 an Bertuchs Nachfolger, den Geh. Kammerrat Ridel, bat Goethe um die Vergunst ", auf irgendeine schickliche, der maurerisen Form nicht unangemessene Weise als Abwesender betrachtet und seiner Verpflichtung gegen die Gesellschaft suspendiert" zu werden. Er begründete dies mit dem Satze: "Ungern möchte ich diese ehrenvolle und interessante Verbindung ganz aufgeben, möchte aber doch, es mir unmöglich fällt, den Logen regelmäßig beizuwohnen, nicht durch mein Ausbleiben ein böses Exempel geben." Die Beurlaubung Goethes wurde gewährt.
  
Am 8. November 1832 wurde "zum ruhmreichen Gedächtnis ihres in den ewigen Osten eingegangenen hochverehrten und geliebten Bruders Johann Wolfgang von Goethe" die Trauerloge abgehalten. Kanzler Friedrich von Müller, bei dessen Aufnahme der große Tote 1809 mitgewirkt hatte, hielt die Gedächtnisrede, die er mit den Worten schloß, die Goethe einst am Grabe der Herzogin Amalia gesprochen hatte:
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1809 wirkte Goethe bei den Aufnahmen des Kanzlers von Müller und einen Monat später [[Christoph Martin Wieland|Wieland]]s (s. d.) mit. Lebhaft erörterte im Freundeskreis dessen erste Logenrede über Zweck und Geist der Freimaurerei. Als der Dichter des "Oberon" starb, trat Goethe an den im Tempel errichteten Katafalk, um die berühmt gewordene Gedächtnisrede "zu brüderlichem Andenken Wielands" zu halten, in der er den Satz über die Freimaurerei prägte:
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:"Wenn dieser altgegründete und nach manchem Zeitwechsel oft wieder hergestellte Bund eines Zeugnisses bedürfte, so würde hier das vollkommenste bereit sein, indem ein talentreicher Mann, verständig, vorsichtig, umsichtig, erfahren, wohldenkend und mäßig, bei uns seines gleichen zu finden glaubte, sich bei uns in ener Gesellschaft fühlte, die er, der besten gewohnt, als Vollendung seiner menschlichen und geselligen Wünsche so gern anerkannte."
  
''"Das ist der Vorzug edler Naturen, daß ihr Hinscheiden in höhere Regionen segnend wirkt, wie ihr Verweilen auf der Erde, daß sie uns von dorther gleich Sternen entgegenleuchten, als Richtpunkte, wohin wir unsern Lauf bei einer nur zu of durch Sturm unterbrochenen Fahrt zu lenken haben, daß diejenigen, zu denen wir uns als zu Wohlwollenden und Hilfreichen im Leben hinwendeten, nun die sehnsuchtsvollen Blicke nach sich ziehen, als Vollendete, Selige."''
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Stärksten Eindruck machte auf Goethe die [[Meister]]hebung des in die "Amalia" eingetretenen russischen Obersten Geismar, der Weimar vor einem französischen Überfall bewahrt hatte. Denn nach dieser Feier entstand wohl das Tiefste, was jemals in poetischer Form über Freimaurerei gesagt wurde, das "Symbolum". Jenes Gedicht, in dem Goethe das ganze Wesen der maurerischen [[Symbolik]], das Wandern des Maurers durch die verschiedenen Grade als Abbild des höheren geistigen Menschenlebens zu ergreifendster Darstellung gebracht hat und das mit den Worten beginnt:
 
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:Des Maurers Wandeln
== Goethes Lebensphilosophie ==
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:Es gleicht dem Leben
[[Datei:Trauerloge.jpg|thumb|300px|[[Internetloge]]]]
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:Und sein Bestreben
 
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:Es gleicht dem Handeln
Goethes Aussagen zur Religion hat aus Zitaten 1899 Wilhelm Bode (geb. 1862 Hornhausen bei Oschersleben - gest. 1922 in Weimar; wahrscheinlich populärster Goetheforscher um die vorletzte Jahrhundertwende; lebte mit seiner Frau Anna in Weimar) unter dem Titel "Meine Religion - vertrauliche Rede" eindrucksvoll zusammengestellt. Aus Wilhelm Bodes Buch "Goethes Lebenskunst" seien dem interessierten Leser die letzten drei Kapitel, Das Schaffen - Das Lernen - Kampf und Glück, ebenfalls hier angeboten. Hinweise auf Goethes Verhältnis zur Transzendenz lassen sich u. a. auch aus seinem Gedicht "Gesang der Geister über den Wassern" entnehmen.
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:Der Menschen auf Erden
 
 
Goethes maurerische Werke ausschließlich maurerischen Inhalts oder für maurerische Anlässe gedichtet:
 
'''1: Reden'''
 
  
* Rede zum brüderlichen Andenken Wielands, von Goethe selbst bei der Trauerfeier am 18. Februar 1830 vorgetragen.
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Goethe veranlaßte auch die Aufnahme seines Sohnes August (*1789, &dagger;1830), der 1815 in den Bund trat. Tagebuchaufzeichnungen in großer Zahl bekunden, daß dieser dem Vater über jede Logenzusammenkunft Bericht erstattete. Im Archiv der "Amalia" sind die Gedichte und Lieder verwahrt, die Goethe ihr bei allen besonderen Gelegenheiten zu senden pflegte. Als 1825 die 50. Wiederkehr des Regierungsantrittes Karl Augusts gefeiert wurde, trug er zur Logenfeier mehrere "Gesänge" bei.
* Einleitung zu den Trauerreden aus Anlaß des Ablebens des Meisters vom Stuhl Ridel 1821.  
 
  
'''2. Gedichte''', in den meisten Gedichtsammlungen unter dem Titel "Loge" zusammengefaßt.
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Bis in die letzten Lebensjahre war Goethes Anhänglichkeit an die Loge eine lebhafte. Noch 1830 sandte er ihr seinen poetischen Dank für ihre Glückwünsche zu seinem fünfzigjährigen Maurerjubiläum.
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In den Inneren Orient der Loge war Goethe noch 1782 aufgenommen worden. Auch dem [[Illuminaten]]orden (s. d.) gehörte er, von Bode geworben, unter dem Namen "Abaris", an, woraus sich wohl erklärt, daß er gelegentlich seiner Aufenthalte in Karlsbad von Metternichs Agenten "vigiliert" wurde. Goethes maurerische Werke, ausschließlich maurerischen Inhaltes oder für maurerische Anlasse gedichtet:
  
* Bundeslied: "In allen guten Stunden", entstanden 1775.
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====A) Reden====
* Symbolum: "Des Maurers Handeln", Entstehungsdatum unbekannt.
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:Rede zum brüderlichen Andenken Wielands, von Goethe selbst bei der Trauerfeier am 18. Februar 1830 vorgetragen.
* Dank des Sängers: "Vom Sänger hat man viel erzählt", 1815.
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:Einleitung zu den Trauerreden aus Anlaß des Ablebens des Meisters vom Stuhl Ridel, 1821.
* Verschwiegenheit: "Wenn die Liebste zum Erwidern", 1816.
 
* Trauerloge: "An dem öden Strand des Lebens".
 
* Gegentoast der Schwestern: "Unseren Dank und wenn auch trutzig." Zum 24. Oktober 1820, dem Amalienfeste, vorgetragen von August von Goethe.
 
* Zur Logenfeier am 3. September 1825 (50 jähriges Regierungsjubiläum Karl Augusts): "Einmal nur in unserem Leben"; "Laßt fahren hin das Allzuflüchtige"; "Nun auf und laßt verlauten".
 
* Spruch: "Zum Beginnen, zum Vollenden" mit einer Handzeichnung, datiert Weimar, März 1826
 
* Dem würdigen Bruderfeste: "Fünfzig Jahre sind vorüber", datiert Johanni 1830 als poetischer Dank für die Überreichung einer Ehrenurkunde aus Anlaß seines Fünfzigjährigen Maurerjubiläums.  
 
  
'''3. Werke''' mit freimaurerischen Anklängen:
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====B) Gedichte====
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in den meisten Gedichtsammlungen unter dem Titel "Loge" vereinigt:
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# Bundeslied: "In allen guten Stunden", entstanden 1775.
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# Symbolum: "Des Maurers Handeln", Entstehungszeit unbekannt (s. o.).
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# Dank des Sangers: "Vom Sänger hat man viel erzählt", 1815.
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# Versehwiegenheit: "Wenn die Liebste zum Erwidern", 1816.
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# Trauerloge: "An dem öden Strand des Lebens."
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# Gegentoast der Sehwestern: "Unseren Dank und wenn auch trutzig." Zum 24. Oktober 1820, dem Amalienfeste, vorgetragen von August v. Goethe.
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# Zur Logenfeier am 3. September 1825 (50jähriges Regierungsjubiläum Karl Augusts:<br />a) "Einmal nur in unserm Leben";<br />b) "Laßt fahren hin das Allzuflüchtige";<br />c) "Nun auf und laßt verlauten."
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# Spruch: "Zum Beginnen, zum Vollenden", mit einer Bandzeichnung, datiert Weimar, März 1826.
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# Dem würdigen Bruderfeste: "Fünfzig Jahre sind vorüber", datiert Johanni 1820; poetischer Dank für die Überreichung einer Ehrenkunde aus Anlaß seines fünfzigjährigen Maurerjubiläums.
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# Apokryph. Im Jahre 1930 hat Johannes Urzidil, Prag, ein Gedicht von Goethe veröffentlicht, das "Carlsbad, November" (ohne Jahr) datiert ist und mit den Worten beginnt: "Wenn um Mitternacht in banger Stunde..." Die Echtheit dieses Gedichtes, das schon in der Datierung auffällig ist (Goethe war niemals im November in Carlsbad), wird bestritten.
  
* Wilhelm Meisters "Lehrbrief" in den "Lehrjahren", dann in den "Wanderjahren" (Link: Lehrbrief im PDF-Format zum Ausdrucken als Schmuckblatt).
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Maurerische Anklänge bei Goethe finden sich besonders in Wilhelm Meisters Lehrbrief in den "Lehrjahren", dann in den "Wanderjahren". Freimaurerische Symbolik hat man auch im "Märchen" zu erkennen geglaubt. [[Emanuel Schikaneder|Schikaneder]]s "[[Zauberflöte]]" begeisterte ihn zu einer Fortsetzung.
* "Das Märchen" mit freimaurerischer Symbolik.
 
* "Der Zauberflöte zweiter Teil": Fortsetzung zu Schikaneders "Zauberflöte" 1795-1798. Möglicherweise war das Erscheinen von Peter von Winters Oper "Das Labyrinth, 2. Teil der Zauberflöte" (1798) ein Grund, weshalb Goethe die Arbeit abbrach und nicht mehr vollendete. Zwei Hauptszenen des Fragments sind die Eröffnungsszene mit der Mitteilung des Kindesraubes sowie die Schilderung von der Befreiung des Genius, die wie eine Vorstudie für die Euphorion-Szene in "Faust II." anmutet.
 
* "Die Geheimnisse", in denen Humanus als Hohepriester der Humanität erscheint und die Versöhnung von Antike und Christentum gefeiert wird.
 
* "Großkophta" mit der Kritik an den Verirrungen der Freimaurerei in Goethes Zeit.
 
  
== Gedichte ==
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Den tiefsten Gehalt der leider Fragment gebliebenen "Geheimnisse", in denen Humanus als Hohepriester der Humanität erscheint und die Versöhnung von Antike und Christentum gefeiert wird, schöpft nur der aus, dem sich Sinn und Bedeutung der Freimaurerei ganz erschlossen haben.
[[Datei:Verschwiegenheit.jpg|thumb|300px|[[Internetloge]]]]
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Im "Großkophtha" hat Goethe sich mit den Verirrungen der Freimaurerei seiner Zeit auseinandergesetzt. Unerschöpflich sind die zahllosen dichterischen Stellen und Aussprüche, in denen Goethe, ohne dabei direkte Beziehungen zur Freimaurerei bewußt zu suchen, sich mit deren Grundgedanken in Übereinstimmung weiß. Wie es gerade bei ihm nicht darauf ankommt, in Zitaten aus seinen Werken den Nachweis zu erbringen, daß er sich freimaurerisch mehr oder weniger betätigt hat, als vielmehr um den Beweis, wie sehr die Freimaurerei seiner Zeit seinem allumfassenden, weltumspannenden Gedanken gerecht zu werden bestrebt war. Wie er seiner Zeit die künstlerische Form gab, in den sie ihren Inhalt zu gießen hatte, so hat auch die [[Königliche Kunst]], ganz abgesehen davon, daß auch auf sie ein Strahl der Dichtersonne fiel, von seinem Humanismus und seinem Gott und Welt in einem Blicke erfassenden Bild ewige Befruchtung erfahren.
'''Symbolum'''
 
  
:Des Maurers Wandeln,
+
Erst in jüngster Zeit [Anm.d.Red. Stand 1932] ist die Frage aufgeworfen worden, ob Goethe ein "guter Freimaurer" war. Die Präsenzlisten der Loge "Amalia" sprechen nicht dafür. Wir wollen die Frage, die kleinlich von Kleinlichen gestellt wird, beruhigt offen lassen. Goethe war sicherlich kein "guter Freimaurer" im gewöhnlichen Logensinne, das heißt kein Logenbruder. Er hatte dazu nicht die Zeit. Aber er war der größte Deutsche, der jemals in einer Loge den Schurz getragen hat.
:Es gleicht dem Leben,
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Goethe-Erinnerungen freimaurerischen Charakters finden sich im Weimarer Staatsarchiv sowie im Archiv der Loge "Amalia". Erst 1930 wurde dort seine maurerische Bekleidung gefunden.  
:Und sein Bestreben,
 
:Es gleicht dem Handeln
 
:Der Menschen auf Erden.
 
  
:Die Zukunft decket
+
== Goethe und freimaurerähnliche Vereinigungen ==
:Schmerzen und Glücke
+
{{LPB}}
:Schrittweis dem Blicke;
 
:Doch ungeschrecket
 
:Dringen wir vorwärts
 
  
:Und schwer und ferne
+
Als 15järiger trat Goethe in Verbindung mit [[Ludwig Ysenburg von Buri]] und bewarb sich um Aufnahme in die "[[Arcadische Gesellschaft in Philandria]]" . Einer anderen logenartigen Gesellschaft gehörte er in Wetzlar an, und zwar der "[[Rittertafel]]" und dem "[[Orden des Überganges]]" (s. "Dichtung und Wahrheit"). Im 17. Buch von "Dichtung und Wahrheit" erzählt Goethe unter anderem, daß ihm die angesehene, wohlgegründete Offenbacher Freimaurerloge die Mitgliedschaft nahelegte, "''ich aber, aus einem Unabhängigkeitsgefühl, das mir später als eine Verrücktheit erschien, lehnte jede Verknüpfung ab, nichtgewahrend, daß diese Männer, wenn schon in höherem Sinn verbunden, mir doch bei meinen den ihrigen so nahe verwandten Zwecken hätten förderlich sein müssen."''
:Hängt eine Hülle,
 
:Mit Ehrfurcht, stille
 
:Ruhn oben die Sterne
 
:Und unten die Gräber.
 
  
:Betracht' sie genauer
 
:Und siehe, so melden
 
:Im Busen der Helden
 
:Sich wandelnde Schauer
 
:Und ernste Gefühle.
 
  
:Doch rufen von drüben
 
:Die Stimmen der Geister,
 
:Die Stimmen der Meister:
 
:Versäumt nicht zu üben,
 
:Die Kräfte des Guten!
 
 
:Hier winden sich Kronen
 
:In ewiger Stille,
 
:Die sollen mit Fülle
 
:Die Tätigen lohnen!
 
:Wir heißen euch hoffen.
 
 
== Siehe auch: ==
 
*[[Faust]]
 
 
== Links ==
 
== Links ==
 
*[http://www.internetloge.de/arst/goethe.htm Internetloge] Ausführlichere Beispiele und Gedichte.
 
*[http://www.internetloge.de/arst/goethe.htm Internetloge] Ausführlichere Beispiele und Gedichte.
 
*[http://www.jens-rusch.de/index.php/Faust Faust-Radierungen] "Auf eigene Faust radiert" von Jens Rusch
 
*[http://www.jens-rusch.de/index.php/Faust Faust-Radierungen] "Auf eigene Faust radiert" von Jens Rusch
 +
 +
== Siehe auch ==
 +
*[[Goethe als Freimaurer]] eine Ausarbeitung der Internetloge
 +
*[[Johann Wolfgang von Goethe - Das Göttliche]]
 +
*[[Goethe - Logengedichte]]
 +
*[[Faust]]
 +
  
 
[[Kategorie:Persönlichkeiten|Goethe]]
 
[[Kategorie:Persönlichkeiten|Goethe]]

Version vom 27. Juni 2011, 11:02 Uhr

Johann Wolfgang von Goethe nach einem Gemälde von H. C. Kolbe

Goethe, Johann Wolfgang von

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)

*28. August 1749 in Frankfurt a. M., †22. März 1832 in Weimar. Biographie möge an anderen Orten nachgesehen werden.

Goethe als Freimaurer

Im Jänner 1780 von seiner Schweizer Reise zurtückgekehrt, richtete Goethe an den damaligen Stuhlmeister der Weimarer Loge "Amalia" folgendes Schreiben:

"Euer Exzellenz nehme ich mir die Freiheit mit einer Bitte zu behelligen. Schon lange hatte ich einige Voranlassung zu wünschen, daß ich mit zur Gesellschaft der Freimaurer gehören möchte; dieses Verlangen ist auf unserer Reise viel lebhafter geworden. Es hat mir nur an diesem Titel gefehlt, um mit Personen, die ich schätzen lernte, in nähere Verbindung zu treten und dieses gesellige Gefühl ist es allein, was mich um die Aufnahme nachsuchen läßt. Wem könnte ich dieses Anliegen besser empfehlen als Ew. Exzellenz. Ich erwarte, was Sie der Sachs für eine gefällige Leitung zu geben geruhen werden, erwarte darüber gütige Winke und unterzeichne mich ehrfurchtsvoll Ew. Exzellenz gehorsamster Diener Goethe."

Der Meister vom Stuhl, Staatsminister Freiherr J. F. v. Fritsch (s. d.), stand Goethe nicht freundlich gegenüber. Er hatte sich sogar wegen dessen Ernennung zum Geheimrat mit Rücktrittsabsichten getragen. Er erledigte das Ansuchen pflichtgemäß, hatte aber den Takt, bei der am Vorabend des Johannisfestes, am 23. Juni 1780, erfolgenden Aufnahme den Hammer an Bode (s. d.) abzugeben. Nach einer Mitteilung von Pabst soll Goethe das Verbinden der Augen verweigert, jedoch das Versprechen gegeben haben, die Augen selbst geschlossen zu halten. Die Damenhandschuhe, die er nach der Aufnahme für die ,"seinem Herzen am nächsten stehende Frau" erhielt, sandte er der Frau v. Stein. Am 23. Juni 1781 wurde Goethe zum Gesellen befördert, am 2. März 1782 zum Meister erhoben. Sein Gesuch um Beförderung ist eben falls erhalten geblieben und lautet:

"Darf ich Ew. Exzellenz bei der neuen Aussicht auf die Zusammenkunft einer Loge auch meine eigenen kleinen Angelegenheiten empfehlen? So sehr ich mich allen mir unbekannten Regeln des Ordens unterwerfe, so wünsche ich doch auch, wenn es den Gesetzen nicht zuwider wäre, weitere Schritte zu tun, um mich dem Wesentlichen mehr zu nähern. Ich wünsche es so wohl um meiner selbst willen, als um der Brüder die manchmal in Verlegenheit kommen, mich als einen Fremden traktieren zu müssen. Sollte es möglich sein, mich gelegentlich bis zum Meistergrade hinauf zu führen, so wurde ich's dankbarlichst erkennen.
Die Bemühungen, die ich mir bisher in nützlichen Ordenskenntnissen gegeben habe, haben mich vielleicht nicht ganz eines solchen Grades unwürdig gelassen. Der ich jedoch alles Ew. Exzellenz gefälligst Einsicht überlasse und mich mit unwandelbarer Hochachtung unterzeichne Ew. Exzellenz ganz gehorsamster Goethe."

Wenige Wochen nach dieser Erhebung mußte die Loge "Amalia" wegen Zerwürfnissen, die in den damaligen allgemeinen Freimaurerverhältnissen ihren Grund hatten (der Streit der Systeme hatte seinen Höhepunkt erreicht), die Arbeiten einstellen. Die Freimaurerei ruhte in Sachsen-Weimar bis gegen 1807. Ein Gesuch aus Jena um obrigkeitliche Bewilligung einer Loge wurde in diesem Jahre Goethe zur Bearbeitung vorgelegt. Goethe äußerte sich in seinem Gutachten vom 31. Dezember 1807 ablehnend, wobei er die in den letzten Jahrzehnten vollkommen zerrütteten freimaurerischen Verhältnisse im Auge hatte. Auch schienen ihm die Voraussetzungen in Jena nicht genügend gesichert.

Trotz dieser ablehnenden Stellung übernahm er im Auftrage des Herzogs Karl August (s. d.) im Verein mit Bertuch (s. d.) die Vorarbeiten für eine von ihm selbst als wichtig angeschene Wiederbelebung der Loge "Amalia';. In seiner Wohnung fanden eine Reihe von Vorbesprechungen statt, wobei Goethe sich nachdrücklich dafür einsetzte, der wieder zu erweckenden Loge als Grundlage das mittlerweile von dem Hamburger Schauspieler Friedrich Ludwig Schröder geschaffene System zu geben, das die Maurerei wieder auf ihre ursprüngliche reine Form zurückführte.

Goethe trug auch dazu bei, daß die am 27. Juni 1808 unter Bertuch wiedereröffnete "Amalia" einen Logenraum im Wittumspalais zugewiesen erhielt. Er konnte dann zwar den Logenarbeiten nur in den ersten Jahren nach der Wiedereröffnung regelmaßig beiwohnen, doch nahm er auch in der Folge an jedem bedeutungsvollen Ereignis, an jedem großen Fest so lebhaften Anteil, "daß die wichtigeren Reden, Gesänge und Anordnungen meist seiner vorausgehenden Prüfung und Billigung sich erfreuen durften". In einem Sehreiben vom Oktober 1812 an Bertuchs Nachfolger, den Geh. Kammerrat Ridel, bat Goethe um die Vergunst ", auf irgendeine schickliche, der maurerisen Form nicht unangemessene Weise als Abwesender betrachtet und seiner Verpflichtung gegen die Gesellschaft suspendiert" zu werden. Er begründete dies mit dem Satze: "Ungern möchte ich diese ehrenvolle und interessante Verbindung ganz aufgeben, möchte aber doch, es mir unmöglich fällt, den Logen regelmäßig beizuwohnen, nicht durch mein Ausbleiben ein böses Exempel geben." Die Beurlaubung Goethes wurde gewährt.

1809 wirkte Goethe bei den Aufnahmen des Kanzlers von Müller und einen Monat später Wielands (s. d.) mit. Lebhaft erörterte im Freundeskreis dessen erste Logenrede über Zweck und Geist der Freimaurerei. Als der Dichter des "Oberon" starb, trat Goethe an den im Tempel errichteten Katafalk, um die berühmt gewordene Gedächtnisrede "zu brüderlichem Andenken Wielands" zu halten, in der er den Satz über die Freimaurerei prägte:

"Wenn dieser altgegründete und nach manchem Zeitwechsel oft wieder hergestellte Bund eines Zeugnisses bedürfte, so würde hier das vollkommenste bereit sein, indem ein talentreicher Mann, verständig, vorsichtig, umsichtig, erfahren, wohldenkend und mäßig, bei uns seines gleichen zu finden glaubte, sich bei uns in ener Gesellschaft fühlte, die er, der besten gewohnt, als Vollendung seiner menschlichen und geselligen Wünsche so gern anerkannte."

Stärksten Eindruck machte auf Goethe die Meisterhebung des in die "Amalia" eingetretenen russischen Obersten Geismar, der Weimar vor einem französischen Überfall bewahrt hatte. Denn nach dieser Feier entstand wohl das Tiefste, was jemals in poetischer Form über Freimaurerei gesagt wurde, das "Symbolum". Jenes Gedicht, in dem Goethe das ganze Wesen der maurerischen Symbolik, das Wandern des Maurers durch die verschiedenen Grade als Abbild des höheren geistigen Menschenlebens zu ergreifendster Darstellung gebracht hat und das mit den Worten beginnt:

Des Maurers Wandeln
Es gleicht dem Leben
Und sein Bestreben
Es gleicht dem Handeln
Der Menschen auf Erden

Goethe veranlaßte auch die Aufnahme seines Sohnes August (*1789, †1830), der 1815 in den Bund trat. Tagebuchaufzeichnungen in großer Zahl bekunden, daß dieser dem Vater über jede Logenzusammenkunft Bericht erstattete. Im Archiv der "Amalia" sind die Gedichte und Lieder verwahrt, die Goethe ihr bei allen besonderen Gelegenheiten zu senden pflegte. Als 1825 die 50. Wiederkehr des Regierungsantrittes Karl Augusts gefeiert wurde, trug er zur Logenfeier mehrere "Gesänge" bei.

Bis in die letzten Lebensjahre war Goethes Anhänglichkeit an die Loge eine lebhafte. Noch 1830 sandte er ihr seinen poetischen Dank für ihre Glückwünsche zu seinem fünfzigjährigen Maurerjubiläum. In den Inneren Orient der Loge war Goethe noch 1782 aufgenommen worden. Auch dem Illuminatenorden (s. d.) gehörte er, von Bode geworben, unter dem Namen "Abaris", an, woraus sich wohl erklärt, daß er gelegentlich seiner Aufenthalte in Karlsbad von Metternichs Agenten "vigiliert" wurde. Goethes maurerische Werke, ausschließlich maurerischen Inhaltes oder für maurerische Anlasse gedichtet:

A) Reden

Rede zum brüderlichen Andenken Wielands, von Goethe selbst bei der Trauerfeier am 18. Februar 1830 vorgetragen.
Einleitung zu den Trauerreden aus Anlaß des Ablebens des Meisters vom Stuhl Ridel, 1821.

B) Gedichte

in den meisten Gedichtsammlungen unter dem Titel "Loge" vereinigt:

  1. Bundeslied: "In allen guten Stunden", entstanden 1775.
  2. Symbolum: "Des Maurers Handeln", Entstehungszeit unbekannt (s. o.).
  3. Dank des Sangers: "Vom Sänger hat man viel erzählt", 1815.
  4. Versehwiegenheit: "Wenn die Liebste zum Erwidern", 1816.
  5. Trauerloge: "An dem öden Strand des Lebens."
  6. Gegentoast der Sehwestern: "Unseren Dank und wenn auch trutzig." Zum 24. Oktober 1820, dem Amalienfeste, vorgetragen von August v. Goethe.
  7. Zur Logenfeier am 3. September 1825 (50jähriges Regierungsjubiläum Karl Augusts:
    a) "Einmal nur in unserm Leben";
    b) "Laßt fahren hin das Allzuflüchtige";
    c) "Nun auf und laßt verlauten."
  8. Spruch: "Zum Beginnen, zum Vollenden", mit einer Bandzeichnung, datiert Weimar, März 1826.
  9. Dem würdigen Bruderfeste: "Fünfzig Jahre sind vorüber", datiert Johanni 1820; poetischer Dank für die Überreichung einer Ehrenkunde aus Anlaß seines fünfzigjährigen Maurerjubiläums.
  10. Apokryph. Im Jahre 1930 hat Johannes Urzidil, Prag, ein Gedicht von Goethe veröffentlicht, das "Carlsbad, November" (ohne Jahr) datiert ist und mit den Worten beginnt: "Wenn um Mitternacht in banger Stunde..." Die Echtheit dieses Gedichtes, das schon in der Datierung auffällig ist (Goethe war niemals im November in Carlsbad), wird bestritten.

Maurerische Anklänge bei Goethe finden sich besonders in Wilhelm Meisters Lehrbrief in den "Lehrjahren", dann in den "Wanderjahren". Freimaurerische Symbolik hat man auch im "Märchen" zu erkennen geglaubt. Schikaneders "Zauberflöte" begeisterte ihn zu einer Fortsetzung.

Den tiefsten Gehalt der leider Fragment gebliebenen "Geheimnisse", in denen Humanus als Hohepriester der Humanität erscheint und die Versöhnung von Antike und Christentum gefeiert wird, schöpft nur der aus, dem sich Sinn und Bedeutung der Freimaurerei ganz erschlossen haben. Im "Großkophtha" hat Goethe sich mit den Verirrungen der Freimaurerei seiner Zeit auseinandergesetzt. Unerschöpflich sind die zahllosen dichterischen Stellen und Aussprüche, in denen Goethe, ohne dabei direkte Beziehungen zur Freimaurerei bewußt zu suchen, sich mit deren Grundgedanken in Übereinstimmung weiß. Wie es gerade bei ihm nicht darauf ankommt, in Zitaten aus seinen Werken den Nachweis zu erbringen, daß er sich freimaurerisch mehr oder weniger betätigt hat, als vielmehr um den Beweis, wie sehr die Freimaurerei seiner Zeit seinem allumfassenden, weltumspannenden Gedanken gerecht zu werden bestrebt war. Wie er seiner Zeit die künstlerische Form gab, in den sie ihren Inhalt zu gießen hatte, so hat auch die Königliche Kunst, ganz abgesehen davon, daß auch auf sie ein Strahl der Dichtersonne fiel, von seinem Humanismus und seinem Gott und Welt in einem Blicke erfassenden Bild ewige Befruchtung erfahren.

Erst in jüngster Zeit [Anm.d.Red. Stand 1932] ist die Frage aufgeworfen worden, ob Goethe ein "guter Freimaurer" war. Die Präsenzlisten der Loge "Amalia" sprechen nicht dafür. Wir wollen die Frage, die kleinlich von Kleinlichen gestellt wird, beruhigt offen lassen. Goethe war sicherlich kein "guter Freimaurer" im gewöhnlichen Logensinne, das heißt kein Logenbruder. Er hatte dazu nicht die Zeit. Aber er war der größte Deutsche, der jemals in einer Loge den Schurz getragen hat. Goethe-Erinnerungen freimaurerischen Charakters finden sich im Weimarer Staatsarchiv sowie im Archiv der Loge "Amalia". Erst 1930 wurde dort seine maurerische Bekleidung gefunden.

Goethe und freimaurerähnliche Vereinigungen

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)

Als 15järiger trat Goethe in Verbindung mit Ludwig Ysenburg von Buri und bewarb sich um Aufnahme in die "Arcadische Gesellschaft in Philandria" . Einer anderen logenartigen Gesellschaft gehörte er in Wetzlar an, und zwar der "Rittertafel" und dem "Orden des Überganges" (s. "Dichtung und Wahrheit"). Im 17. Buch von "Dichtung und Wahrheit" erzählt Goethe unter anderem, daß ihm die angesehene, wohlgegründete Offenbacher Freimaurerloge die Mitgliedschaft nahelegte, "ich aber, aus einem Unabhängigkeitsgefühl, das mir später als eine Verrücktheit erschien, lehnte jede Verknüpfung ab, nichtgewahrend, daß diese Männer, wenn schon in höherem Sinn verbunden, mir doch bei meinen den ihrigen so nahe verwandten Zwecken hätten förderlich sein müssen."


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