Morgan-Affäre

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Das Morgan-Buch 1827: Das geheimnisvolle Verschwinden des Autors löste eine Welle der Freimaurerfeindschaft aus, die bis gegen Mitte des Jahrhunderts anhielt.

Morgan-Affäre

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)


führte von 1826 an durch ein volles Jahrzehnt zu schweren Freimaurerverfolgungen in Nordamerika. Über William Morgan, einen 1774 geborenen Steinmetz in Batavia im Staate New York, hatte sich das Gerücht verbreitet, er wolle mit Hilfe des Buchdruckers David C. Miller ein Werk über die Freimaurerei herausgeben, in dem deren Lehren, Rituale, Symbole und Erkennungszeichen ausführlichst dargestellt seien.


Die Freimaurer in dem kleinen Orte, die nicht wußten, daß schon 100 Jahre vorher und seither immer wieder Verräterschriften ähnlichen Inhalts erschienen waren, bemächtigte sich gewaltige Aufregung. In der Zeitung von Batavia, dem "Spirit of the Times", warnten sie Morgan. Dieser erklärte, das Buch werde doch erscheinen. Man beschloß daraufhin in einem kleinen Kreise etwas unendlich Törichtes, nämlich Morgan in sicheren Gewahrsam zu bringen, um ihm dort seine Pläne auszureden. Und wirklich wurde Morgan entführt. Auf Grund eines Haftbefehls wegen Schuldenmacherei wurde er verhaftet, dann ausgelöst und von den "Befreiern", Loton Lawson, Nicholas G. Chereboro, Colonel Edward Sawyer und John Shelder, auf den Weg nach Fort Niagara in Kanada gebracht. Dabei verschwand er auf rätselhafte Weise. Es wurde natürlich sofort behauptet, er sei erschossen oder in den Niagara geworfen worden. Das hat sich später als falsch erwiesen. Morgan tauchte 1831 in Smyrna wieder auf. Aber da man das 1826 nicht wußte, erregte die Geschichte ungeheuerstes Aufsehen. Die Entführer erhielten (wegen Entführung, nicht etwa wegen Mord ! ) Gefängnisstrafen.

Doch gab man sich damit nicht zufrieden. Alles, was irgendwie gegen die Freimaurerei voreingenommen war — Klerikale, Baptisten, Mennoniten, Schwenkfelder, Quäker und andere Sekten — kochte an diesem bösen Streich exaltierter junger Leute sein Süppchen. "Antifreimaurerei" wurde zum Programm bei den Staats- und Präsidentenwahlen. Der auf dieses eingestellte Präsidentschaftskandidat William Wirt (s. d.) fiel zwar durch, aber in New York und Vermont wurden Gouverneure auf dieser Plattform gewählt.

Die hitzige Agitation mußte natürlich auch auf die Logen wirken; viele Freimaurer wollten es sich nicht gefallen lassen, in der Öffentlichkeit als Mörder geschmäht, in den Mittelpunkt eines Kriminaldramas gerückt zu werden, und traten aus. Als im Oktober 1827 in der Nähe von Fort Niagara ein Leichnam an Land gespült wurde, erreichte die Hetze ihren Höhepunkt. Obwohl nicht die geringste Ähnlichkeit mit Morgan vorlag, beschworen dessen Frau und Miller, dieser sei der Tote. Es wäre zu einem Mordprozeß gekommen, wenn man nicht, als sich die erste Erregung gelegt hatte, in dem Ertrunkenen den einen Monat vorher verschwundenen Timothy Munroe aus dem kanadischen Distrikt Newcastle erkannt hätte. Die plötzlich zu Hunderten aufgetauchten antifreimaurerischen Blätter verschwiegen das ihren Lesern und propagierten geschäflichen Boykott, Entlassung aus öffentlichen Stellungen, gesellschaftliche Ächtung. Lehrer und Geistliche verloren ihre Positionen, Kinder von Freimaurern wurden aus Schulen ausgeschlossen, ihre Väter aus Kirchengemeinden. Oft kam es vor, daß angesehensten Bürgern das Sakrament verweigert wurde wenn man von ihrer Logenzugehörigkeit erfuhr.

Die 1827 entstandene Anti-Masonic Party (s. d.), die Antifreimaurerpartei, entfaltete zehn Jahre lang eine unglaublich terroristische Tätigkeit. Thurlow Weed, William H. Seward, der spätere Präsident Fillmore u. a. waren die Führer der jedes Maß übersteigenden Kampagne.

Ein antifreimaurerischer Konvent folgte dem andern. Im Staate New York allein gab es in ganz kurzer Zeit deren 19. Das Verbot jeder freimaurerischen Betätigung wurde stürmisch verlangt. Ein solches erfolgte zwar nicht, aber manche Logen stellten freiwillig ihre Tätigkeit ein. Die Großloge von New York, die 1827 227 Logen zählte, hatte 1835 deren nur noch 41.

Die Großloge von Vermont hielt mehrere Jahre lang keine Sitzungen ab. Allmählich gewann dann die Vernunft wieder die Oberhand. Man erkannte, daß man einer Massenpsychose verfallen war, und begann sich dieser Verirrungen zu schämen. Um so mehr, als man schon wußte, wie viele der Besten des Landes in den Jahren des heftigsten Sturmes treu zur freimaurerischen Fahne hielten. Präsident Andrew Jackson (s. d.) trat aufs entschiedenste für sie ein. Als ihm während der Präsidentschaftswahlen sein Maurertum vorgehalten wurde, schwieg er nicht dazu, sondern schrieb:

"Die Freimaurerei ist eine aufs Wohl der Menschheit bedachte Institution und ich bin davon überzeugt, daß sie auch in Zukünft blühen wird!"

Henry Clay (s. d.), sein Gegenkandidat, dem die Antimaurer ihre Agitation zur Verfügung stellen wollten, lehnte diese Zumutung energisch ab. Die Erinnerung an die Morgan-Affäre suchten die Antimasons zu verewigen, indem sie ihm ein Denkmal setzen ließen. Das Denkmal steht heute noch, aber die Zeit und bessere Erkenntnis sind an ihm vorübergegangen.

Ergänzung

Auch heute noch wird von braunen Esoterikern und anderen Weltverschwörungstheoretikern dieser Fall kolportiert.

So Robin de Ruiter in "Die 13 satanischen Blutlinien" (indiziert in Frankreich):

Bekannt ist die Geschichte von William Morgan ... Morgan verschwand in den Niagarafällen. Auf einem Denkmal zu Ehren des solchermaßen Exekutierten kann man lesen:

"Zum Gedenken an William Morgan, Bürger von Virginia, der von den Freimaurern entführt und ermordet wurde, weil er Geheimnisse des Ordens preisgegeben hatte."

(Morgan tauchte 1831 in Smyrna wieder auf)


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