Polen

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Polen

Eine schwierige Geschichte: Die Freimaurerei hatte und hat es in Polen nicht leicht. Ursachen: die langanhaltenden Teilungen des Landes, oftmalige politische Diskontinuitäten und die dominante Stellung der katholischen Kirche. Am Beginn des 21. Jahrhunderts ist sie ein zartes Pflänzchen, das sich gegen alte und neue Widerstände weiter entwickelt. Von Rudi Rabe.

Die Geschichte Polens in den letzten zweieinhalb Jahrhunderten ist tragisch: Lange ein zeitweise mächtiges Königreich wurde es im 18. Jahrhundert in mehreren Etappen seiner staatlichen Souveränität beraubt und zwischen den damaligen Großmächten Russland, Preußen und Österreich aufgeteilt. Das blieb mit einer kurzen Unterbrechung in den Zeiten Napoleons so bis zum Ende des Ersten Weltkriegs: Ab 1918 gab es Polen wieder. 1939 marschierte Hitler-Deutschland ein, der Zweite Weltkrieg begann, und der Staat Polen wurde zum zweiten Mal ausgelöscht. Nach dem Krieg erstand Polen 1945 von neuem. Allerdings nach Westen verschoben: Es erhielt die deutschen Territorien östlich der Oder-Neisse-Linie (Millionen Deutsche wurden vertrieben) und verlor in seinem Osten ein Drittel des Staatsgebiets an die Sowjetunion (Millionen Polen wurden zwangsumgesiedelt: unter anderem in die ehemals deutschen Gebiete). Das Land war jetzt ein selbständiger Staat aber doch ein unfreier Teil des kommunistischen Ostblocks. Erst als sich dieser 1989 auflöste erhielt Polen seine volle Souveränität zurück. - Polen ist fast so groß wie Deutschland und zählt nicht ganz 40 Millionen Einwohner (2015).
Wolnomularz = Freimaurer
In der polnischen Literatur spielt die Freimaurerei immer wieder eine Rolle. Bekannt ist die Szene in Stefan Żeromski’s Popioły ('Asche'), in der Rafał Olbromski initiiert wird. Das Bild stammt aus der Verfilmung durch den weltbekannten polnischen Regisseur Andrzej Wajda aus dem Jahr 1965 (deutscher Filmtitel: 'Zwischen Feuer und Asche'). Mit der Geschichte und Kulturgeschichte der polnischen Freimaurerei befasste sich Ende 2014 eine Ausstellung im Polnischen Nationalmuseum. Hier gibt es eine zusammenfassende Darstellung in englischer Sprache: http://culture.pl/en/article/the-true-face-of-freemasonry

Freimaurerei Stand 2015

‚Nationale Großloge von Polen’ (Wielka Loża Narodowa Polski):
Seit 1991 die ‚reguläre’ und größte Obödienz. Zu ihre gehören 11 Logen mit um die 200 Mitglieder. Die meisten arbeiten in Warschau, zwei in Kattowitz und je eine in Krakau, Posen, Danzig und Lublin.

‚Großorient von Polen’ (Wielki Wschód Polski):
Ab 1997 eine ‚liberale’ Obödienz (ähnlich den Großorienten von Frankreich, Belgien oder der Schweiz). Vier Logen: alle in Warschau.

Seit 1993 gibt es auch den gemischten ‚Droit Humain';
und ein Schottisches Hochgradsystem.

Außerdem: mehrere Logen, die mit dem ‚Großorient von Frankreich’ und mit der ‚Frauengroßloge von Frankreich’ (Grande Loge Féminine de France) kooperieren.

Zusammengerechnet gibt es in Polen an die 500 Freimaurer.

Die Entwicklung seit 1918

Polen wurde nach seiner Wiederherstellung ab Ende 1918 bald zu einem autokratisch-nationalistischen Staat. Damit war es keine Ausnahme: Früher oder später drifteten die meisten Länder Mittel- und Osteuropas in diese Richtung ab: schlechte Rahmenbedingungen für die Freimaurerei, nahm doch die Freimaurerfeindschaft in allen nationalistischen Parteien ständig zu. In Polen kam noch der tiefverwurzelte Katholizismus dazu, ein aktiver Gegner der Freimaurer.

Verbot ab 1938: ein halbes Jahrhundert lang

Im November 1938 verbot die Regierung die Freimaurerei. Neun Monate später ließ Hitler einmarschieren: Der Zweite Weltkrieg begann.

1945 setzte die jetzt kommunistische Regierung das Verbot fort. Winzige Aufhellungen seien nur der Vollständigkeit halber erwähnt: In den westlichen Staaten arbeiteten polnische Exillogen.

Allerdings gab es in der kommunistischen Zeit eine interessante Besonderheit: 1961 wurde im Geheimen die polnische Traditionsloge ‚Kopernik’ wiederbelebt. Sie nahm mehrere Brüder auf: so auch den späteren Großmeister Jan Jósef Lipski. Die wenigen Brüder der Loge achteten sehr auf Geheimhaltung. Das ging so weit, dass die Existenz dieser Loge auch in den ausländischen Großlogen unbekannt war. Nur in der polnischen Exilloge ‚Kopernik’ in Paris wusste man davon. Bis 1989 wurden etwa 20 Brüder rezipiert. Einige waren in den frühen 1980ern auch in der oppositionellen Gewerkschaft Solidarnosc aktiv.

1989 kam die Wende: auch für die Freimaurer

Durch die politische Wende 1989 wurde der Weg frei für eine Wiederbelebung der polnischen Freimaurerei. Ausgehend von der ‚Kopernik’ wurde im Dezember 1991 die ‚reguläre’ ‚Nationale Großloge von Polen’ wieder aufgeweckt.

Unabhängig davon entstanden ab diesem Jahr auch Logen unter der Schirmherrschaft des ‚Großorients von Frankreich’. Diese gründeten dann im Juli 1997 den ‚Großorient von Polen’.

Die Wurzeln beider Systeme reichen ins 18. Jahrhundert zurück. Entlang der wechselvollen polnischen Geschichte wurden sie mehrmals aufgelöst und wieder gegründet.

Schätze in Poznan/Posen

Das schön gelegene Schloss Ciążeń in Polen, wo die Universität Poznan Teile ihrer freimaurerischen Sammlung lagert. Foto: Flickr Creative Commons.
Rauschnings 'Gespräche mit Hitler' auf Schwedisch.

Die Universität Posen besitzt eine außerordentliche Sammlung freimaurerischer Bücher: ungefähr 80.000 Bände. Diese Bibliothek geht zurück auf die Raubzüge der Nazis durch die Logen in Deutschland und in den besetzten Gebieten während des Zweiten Weltkriegs und davor. Im Krieg brachten sie die Bücher dann nach Posen, das damals zum Deutschen Reich gehörte aber 1945 an Polen fiel. Nach dem Krieg blieben die Bücher dort. Deren Existenz wurde im Westen erst ab 1989 nach dem Zusammenbruch des Kommunismus bekannt.

Der größere Teil der Bücher ist auf Deutsch, es gibt aber auch Bände in englischer und französischer Sprache. Viele sind freimaurerische Enzyklopädien, monothematische Werke, Lehrbücher und Rituale; aber auch Antimasonisches. Andere Bücher sind Jahrgänge von Freimaurermagazinen in verschiedenen Sprachen. Es gibt außerdem Mitgliederlisten, interne Dokumente, Konstitutionen und Statuten. Es ist die größte Sammlung in Kontinentaleuropa; sie wird nur von den Beständen der ‚Großloge von England’ übertroffen.

Ein Teil des Materials liegt direkt in Posen, ein anderer in Ciążeń 80 Kilometer entfernt. Die Universitätsbibliothek ist mit freimaurerischen Institutionen in Polen und anderen Ländern übereigekommen, aus Ciazen ein masonisches Forschungszentrum zu machen.

Schillernd: Hermann Rauschning (1887 bis 1982)

Ein deutscher Publizist und Politiker, der Freimaurer in Posen war und vorübergehend auch Nazi. International bekannt wurde Rauschning durch sein Buch ‚Gespräche mit Hitler’. Es wurde in viele Sprachen übersetzt und jahrzehntelang immer wieder zitiert, wenn es darum ging, Adolf Hitlers Denkweise zu verstehen. Inzwischen gilt das Buch weitgehend als journalistische Erfindung. Rauschning hatte kaum jemals mit Hitler gesprochen.

Hermann Rauschning trat 1932 der Nazi-Partei bei. 1934 verließ er diese wieder, wurde zum Regimekritiker und emigrierte 1939 in die USA. Schon 1924 war er von der bekannten Posener Loge "Zum Tempel der Eintracht" aufgenommen worden. Diese zählte damals mehr als 500 Mitglieder. In den 1990er Jahren wurde sie im jetzt polnischen Posen/Poznan als mehrsprachige Loge wieder gegründet. Sie heißt nun ‚Zum Tempel der Hymne der Eintracht’; polnisch: ‚Świątynia Hymnu Jedności’. Rauschnings Porträt ist heute unter den Porträts der Schirmherren der Loge im Logenlokal zu finden.

Exkurs: Freimaurer und Katholizismus in Polen

Tadeusz Cegielski, Freimaurer und Historiker an der Universität Warschau.
Maximilian Kolbe, Heiliger und Freimaurerfeind.

Ein schwieriges Kapitel: Der Katholizismus ist Teil der polnischen Identität. Zweifellos hat er dem Land über das lange Jahrhundert der Teilungen hinweg geholfen. Doch er war immer ein Gegner der Freimaurer. Während sich diese Gegensätze im westlichen Europa einigermaßen beruhigt haben, schwelen sie in Polen weiter.

Warum immer noch Gegnerschaft?

Der polnische Historiker, Freimaurer und Ehrengroßmeister der ‚Nationalen Großloge von Polen’, Tadeusz Cegielski, schilderte 2012 in einem Interview die Lage der polnischen Freimaurerei in Geschichte und Gegenwart inklusive der Anfeindungen, denen die Freimaurer in Polen bis heute ausgesetzt sind: so zu Beispiel von Seiten des damaligen Vorsitzenden der polnischen Bischofskonferenz Józef Michalik (Erzbischof von Przemyśl). Dieser beschuldigte Anfang 2012 in einem Hirtenbrief (vorzulesen in allen Kirchen) "Freimaurerkreise und Atheisten", die katholische Kirche zu attackieren. Es ging um eine TV-Lizenz.

In dem Interview interpretierte Professor Cegielski das so: „Die Ängste und Verdächtigungen gegenüber der Freimaurerei rühren daher, dass ein Sündenbock gebraucht wird, von dem man behaupten kann, er sei an allen Problemen schuld. In Polen hatten wir einmal drei Typen ‚interner Feinde’: Juden, Freimaurer und Bolschewiken. Seit dem Ende des Sowjetimperiums empfindet man die Bolschewiken nicht mehr als Bedrohung. Der Antisemitismus wurde von der katholischen Kirche ganz offiziell verdammt. Selbst hier in Polen kann man es sich nur schwer vorstellen, dass die Kirchenhierarchie offen die niedrigen Instinkte des Antisemitismus anspricht. Wer bleibt dann als Sündenbock? Die Freimaurer natürlich.“
Hier ist das ganze Interview auf Englisch:
http://czarnykotblog.blogspot.co.at/2012/05/poland-history-freemasons-and-anti.html

Maximilian Kolbe

Sogar Heilige waren vor rigidem Antimasonismus nicht gefeit: Der Franziskanermönch Maksymilian Kolbe wurde von den Nazis 1941 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet. Er hatte sich für einen anderen Häftling geopfert, den die SS als Geisel erschießen wollte. 1982 wurde Kolbe vom Papst heilig gesprochen. Er wird in Polen und in anderen Ländern als Märtyrer verehrt.

Leider war er ganz in polnisch-katholischer Tradition auch ein rabiater Antisemit und Freimaurerfeind. Kolbe nannte die Logen eine „kriminelle Mafia“, die von den Juden aus dem Hintergrund gesteuert wird, und vieles andere. Einen ganz ähnlichen Verschwörungsunsinn verbreitete in der Zwischenkriegszeit auch der deutsche Weltkriegsgeneral Erich Ludendorff.

Für seine Anhänger gründete Kolbe eine ‚Militia Immaculatae’, eine Art geistige Armee, die im Dienste Marias einen Kampf zur Rettung der Seelen zu führen hatte. Sie sollte sich – so schrieb er im Statutenentwurf – „bemühen um die Bekehrung der Sünder, Häretiker, Schismatiker, Juden etc., besonders der Freimaurer“. Eines der Mittel waren Anrufungen Marias wenigstens einmal täglich: „O Maria, ohne Sünde empfangen, bitte für uns, die wir unsere Zuflucht zu Dir nehmen, und für alle, die ihre Zuflucht nicht zu Dir nehmen, besonders für die Freimaurer und für alle Dir Anempfohlenen”.

Entwicklung bis 1932

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)

Die Fundamente der Maurerei in Polen wurden durch den Grafen Friedrich August Rutowski gelegt, der 1738 — zur gleichen Zeit wie in Dresden — in Warschau Logen stiftete, die jedoch ein Jahr später auf Befehl des Königs August III. in Anbetracht der gegen die Freimaurerei gerichteten Bannbulle des Papstes Clemens XII. ihre Tätigkeit einstellen mußten. Aber schon 1742 wurden wieder Logen gegründet. Zuerst in Wischniowice (Wolhynien) durch den Großfahnenträger von Litauen, Grafen Stanislaus Mniszek, den Wojwoden von Masowien, General Andreas Mokronowski und Fürsten Konstantin Jablonowsky.

In Warschau entstand 1744 auf Initiative von Francois Longchamps die in französischer Sprache arbeitende Loge "Les trois Fréres", der Andreas Mokronowaky, Fürst Stanislaus Lubomirski u. a. angehörten. 1747 wurde in Lemberg eine Loge "Les trois déesses" gegründet, die aber ihre Tätigkeit bald wieder einstellte, da sie vom Erzbischof verfolgt wurde. 1750 rief Oberst Jean de Thoux de la Salverte die nach einem eigenen System arbeitende Loge "Bon Pasteur" ins Leben, 1755 gab es eine Loge der Strikten Observanz in Dukla. Starken Aufschwung brachte die organisatorische Tätigkeit des Grafen Alois Friedrich Brühl, der 1767 nach Schließung der "Trois Fréres" die Loge "Le vertueux Sarmate" ("Der tugendhafte Sarmate") als schottische Loge konstituierte, deren Großmeister er wurde.

Sein Nachfolger in diesem Amt, der Numismatiker Graf August Moszynski, erklärte die Loge am 24. Juni 1769 zur Großloge, die bald darauf von England als Provinzial-Großloge von Polen anerkannt wurde, aber auf Selbständigkeit drang. Vom "Tugendhaften Sarmaten" erhielt eine ganze Reihe von Logen Patente, so der "Tugendhafte Reisende" in Eperjes, die "Drei weißen Adler" in Lemberg, die "Drei Türme" in Marienburg und die "Drei Sterne" in Danzig.

Die weitere Arbeit wurde durch die erste Teilung Polens (1772) unterbrochen. 1773 führte Graf Brühl nach seiner Rückkehr nach Warschau in mehreren Logen das Ritual der Strikten Observanz ein und gründete neue Logen, fand jedoch starken Widerstand, da auch von anderer Seite Bauhütten gestiftet wurden. Alle die verschiedenen Obedienzen dieser Zeit suchten in dem politisch unaufhörlich hin und her geworfenen Polen festen Fuß zu fassen. Royal York, Strikte Observanz, der Großorient von Frankreich u. a. gründeten um die Wette Logen, die hier nicht einzeln angeführt werden sollen.

Um dem Durcheinander der Rituale und Obedienzen einigermaßen ein Ziel zu setzen, wurde schließlich ein Konkordat geschlossen. Einer der größten Männer des Landes, Graf Ignaz Potocki, seit 1779 Leiter der Provinzial-Mutterloge "Katharina zum Nordstern", wurde zum Großmeister aller Logen in Polen und Litauen gewählt und auf Grund der Konstitution einer amerikanischen Großloge am 4. August 1780 eine einheitliche maurerische Oberbehörde in Gestalt einer Provinzial-Mutterloge von Polen aufgestellt. Vater der Verfassung der polnischen Freimaurerei war der Staatsmann Maurice Glaire.

Der Großorient von Polen

Am 26. Februar 1784 wurde das Werk durch Proklamation des selbständigen Großorients von Polen gekrönt. Großmeister wurde der um die Freimaurerei sehr verdiente Andreas Mokronowski, der aber noch im gleichen Jahr starb. Auf diesen folgte dann Graf Stanislaus Felix Potocki. Während seiner Amtszeit wurde eine Reihe neuer Logen installiert, darunter auch eine solche in Konstantinopel. 1786 vernichtete ein Brand das Logenlokal und den größten Teil der Akten. Die aufflammende nationale Bewegung nötigte 1788 den russophilen Potocki zum Rücktritt. Ihm folgte Fürst Kasimir Nestor Sapieha, ein bedeutender Patriot, der im großen vierjährigen Reichstag eine hervorragende Rolle spielte. In die Zeit seiner Amtsführung fallen die großen politischen Umwälzungen, die die freimaurerische Arbeit allmählich wieder unmöglich machten: der Krieg 1792, die zweite Teilung Polens 1793, der Aufstand Kosciuszkos 1794 und die dritte Teilung Polens 1795. Nach dieser letzteren schloß der Großorient seine Pforten und beendete so die erste Periode der polnischen Freimaurerei.

Aus der persönlichen Sammlung von Arturo de Hoyos: St. Johannes-Loge "Psyche im Orient zu Oppeln" (1817) Oppeln liegt in Oberschlesien und wurde nach dem 2. Weltkrieg dem Lande Polen zugeteilt. Literaturnachweis: Francke/Geppert: Die Freimaurer-Logen Deutschlands, im Verlag der Forschungsloge Quatuor Coronati, Bayreuth 1988, Seite 191: Oppeln: Psyche, P 06.02.1817 G3W, I 24.01.1818, + 15.07.1935 Das heißt: Die "Psyche" wurde am 6.2.1817 gegründet, gehörte zur Großloge 3WK, erhielt ihr Installationspatent am 24.1.1818 und wurde am 15.7.1935 geschlossen.
Die Loge "Psyche" war eine 3WK-Loge. Sie arbeitete nicht nach Zinnendorf, sondern nach dem 3WK-Ritual. Übrigens ist Hermann Settegast in dieser Loge aufgenommen worden, der dann in der frm. Geschichte eine besondere Rolle gespielt hat (Später wurde er Mitglied der Loge Zum Todtenkopf und Phönix in Königsberg, einer FO-Loge.)

Den verschiedenen freimaurerischen Verfassungen, die in dieser Zeit Geltung erlangt hatten, lagen durchwegs die Andersonschen Konstitutionen zugrunde. Die Schöpfer der Konstitution von 1784 verwendeten bei ihrer Arbeit überdies auch die Prinzipien der damals ganz neuen amerikanischen Staatsverfassung.

Die polnische Freimaurerei umfaßte damals die hervorragendsten Männer des öffentlichen Lebens, denen es um die Grundsätze von Humanität, Freiheit und Gleichheit sehr ernst war. König Stanislaus Poniatowski, Minister, Bischöfe und hohe geistliche Würdentrager, die Führer des Reichstags und zahlreiche Aristokraten saßen in den Logen. Die polnische Freimaurerei des 18. Jahrhunderts erzog, einer noch unveröffentlichten [1932] Studie von Emil Kipa in Warschau zufolge jenen liberalen Typus des Polen, dessen Verdienste die polnische Maiverfassung und das Reformwerk des vierjährigen Reichstags waren. Ausländischen Logen gehörten damals u. a. an: der "Logenvater" König Stanislaus Leszezynski und der Nationalheld Kosciuszko. Letzterer war während des amerikanischen Freiheitskrieges 1779 Freimaurer geworden.

Während der Preußenherrschaft 1795 bis 1806 wurden von der Berliner Großen Landesloge und den "Drei Weltkugeln" in Warschau und verschiedenen anderen Städten zwölf Logen errichtet (von denen der "Tempel der Weisheit" in polnischer Sprache arbeitete), ferner eine Provinzial-Mutterloge und ein Altschottisches Direktorium errichtet. Als 1807 das Herzogtum Warschau von Napoleons Gnaden entstand, machte sich sofort der Einfluß des Großorients von Frankreich geltend. Mit dem Französischen Heer kamen französische und polnische Militärlogen; am 23. Oktober 1807 wurde die Loge "Les Fréres Polonais reunis" gestiftet 1810 provisorisch die Provinzial-Mutterloge "Stern des Ostens" errichtet und am 22. März des gleichen Jahres der...

Großorient des Herzogtums Warschau

...neuerdings proklamiert. Als Großmeister ging aus der Wahl der Präsident des Senats, Ludwig Guttakowski, hervor, die alte Konstitution vom Jahre 1784 erhielt wieder Geltung; die Arbeit ging nach französischem Ritus in sieben Graden vor sich. Die fremden Obedienzen unterstehenden Logen wurden von diesen wieder entlassen und dem Großorient einverleibt. Nach dem 1811 erfolgten Tode Guttakowskis kam Graf Stanislaus Potocki, Bruder des Gründers des ersten Großorients, auf den Großmeisterstuhl — ein Mann von starker Persönlichkeit — der zehn Jahre lang vortrefflich seines Amtes waltete. In den Napoleonischen Kriegen ab 1812 fielen zahlreiche Freimaurer, die für die Wiederherstellung von Polen an der Seite Frankreichs zu den Waffen gegriffen hatten, auf dem Felde der Ehre, unter ihnen Fürst Josef Poniatowski, der während der Leipziger Völkerschlacht am 19. Oktober 1813 in der Elster ertrank.

Die Logen entvölkerten sich, mußten wieder schließen, nur das "Souveräne Kapitel" in Warschau überdauerte die schwierige Lage. 1815 konnte dann in dem neu errichteten Königreich Polen wieder an regelmäßige Tätigkeit gedacht werden.

Alexander I.

Die polnischen Patrioten, die sich in der Freimaurerei zusammenfanden, sahen im Zaren Alexander, der damals mit einem radikalen Programm liebäugelte, das die gänzliche Wiederherstellung Polens mit Litauen und auch eine Konstitution für Rußland ins Auge faßte, und der anscheinend von tiefstem Widerwillen gegen die Metternichsche Reaktion erfaßt war, um so mehr das Ideal aller nationalen Bestrebungen, als er selbst bei der polnischen Freimaurerei Hilfe und Stütze für seine Absichten suchte. 1814 in Paris aufgenommen, wurde er in Warschau 1815 mit Flammenschrift im Logengebäude begrüßt.

Eine Zeitlang zählte Alexander — naturgemäß bei strengster Geheimhaltung — zu den tätigen Mitgliedern der polnischen Freimaurerei. Im März 1818 hatte diese im Königreich Polen nicht weniger als 32 Logen (davon 14 in Warschau) mit rund 4000 Brüdern. Auch die verbündeten Provinziallogen von Litauen (Wilna) und Wolhynien (Dubno) nahmen starken Aufschwung. "Freiheit und Gleichheit wie in der Naturreligion der Patriarchen" war die Devise, unter der die Arbeit vor sich ging. Als dann aber von 1819 an der völlige Umschwung in der Gesinnung Alexanders sich vollzog, aus dem Pseudoliberalen der finstere Pietist wurde und die Reaktion sich in Polen fühlbar machte, wurde die Lage der Freimaurerlogen, deren jede die Büste Alexanders in ihrem Tempel hatte, wieder schwierig.

Die Regierung trachtete, sich der freimaurerischen Organisation zu bemächtigen oder sie wieder zu beseitigen. Die demokratische Verfassung des Großorients sollte reformiert, insbesondere die bisherige Selbständigkeit der drei symbolischen Großlogen beseitigt werden, um so die Freimaurerei von einer Stelle aus kommandieren zu können. Am 25. September 1821 wurde die Freimaurerei vom Zaren verboten.

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Die nationale Freimaurerei Lukasinskis

Schon vorher hatte eine hauptsächlich aus nationalen Gründen gebildete schismatische freimaurerische Nebenorganisation wieder zu bestehen aufgehört, die am 5. Mai 1819 von Major Valerian Lukasinski (der später zum Märtyrer der Freimaurerei wurde) ins Leben gerufen worden war: die ausschließlich aus Offizieren bestehende "Nationale Freimaurerei". Diese hatte sich das Ringen um die allgemeine Anerkennung der polnischen Nationalität und die Wiederherstellung der historischen politischen Grenzen zur besonderen Aufgabe gemacht. An der Spitze stand ein Kapitel dessen Mitglieder Decknamen führten. So hieß der Großmeister Lukasinski Lykurg.

Konstitution und Ritual betonten sehr stark den nationalen Charakter. Man feierte nicht das Johannisfest, sondern den Jahrestag der polnischen Maiverfassung von 1791, und die Gradlehre betonte neben den allgemeinen freimaurerischen Grundsätzen die Pflicht zu patriotischem Handeln. Das "Feuer der Heimatsliebe" erleuchtete die Loge, in der man am "zerschlagenen Altar des Vaterlandes" zusammentrat, um auf seinen unversehrten Fundamenten den Staat herrlich wieder aufzurichten. Diese Großloge hatte aber nicht viel länger als ein Jahr Bestand. Einige ihrer Mitglieder, namentlich solche der Posener Loge, gründeten dann am 1. Mai 1821 die "Patriotische Gesellschaft", einen politischen Geheimbund und suchten dann später, soweit sie aus den Verfolgungen und politischen Prozessen heil hervorgegangen waren, ihre auf Freiheit und Einheit gerichteten Ideale im Aufstand von 1830/31 zu verwirklichen. Lukasinski aber mußte sein freimaurerisches Tun mit lebenslänglicher fürchterlicher Haft in unterirdischen Kasematten büßen.

Nach dem Verbot von 1821 blieben auf polnischem Boden nur einige Logen im Großherzogtum Posen in Tätigkeit, zahlreiche Polen schlossen sich aber ausländischen Bauhütten an. 1832 wurde in Besançon eine polnische Loge gegründet, "Perseverance - Esperance", weitere Bauhütten folgten in Avignon ("L'Aigle"), Le Puys ("Enfants de Hiram Polonais"); in den Pariser Logen dieses Zeitraums spielten Polen eine große Rolle, namentlich in der Loge "Trinite Indivisible". 1846 wurde in Londen "The Polish National Lodge" gegründet, 1863 errichteten in Cunco (Italien) Mitglieder der polnischen Offiziersschule gleichfalls eine Loge. 1910 unternahmen polnische Freimaurer das Wagnis, die Freimaurerei wieder nach Russisch-Polen zu tragen. Polnische Mitglieder der Pariser Loge "Renovateurs" (G. O.) gründeten in Warschau die Loge "Wyzwolenie" ("Befreiung"). Ihren Bemühungen gelang es ferner von 1910—1914 weitere Logen in Kalisch ("Swit" = "Dämmerung"), Wilna und Petersburg und eine zweite Loge in Warschau ("Odrodzenie" = "Renaissance") ins Leben zu rufen.

National-Großloge von Polen

Nach dem Weltkrieg ging dann von einer in Rom seit 1916 existierenden polnischen Loge "Polonia" die Initiative zur Wiederherstellung der Freimaurerei in der polnischen Republik aus. Am 20. September 1920 wurde die Großloge von Polen proklamiert und dann durch ein Patent der "Gran Loggia nazionale" in Rom (A. u. A. Schottischer Ritus s. d.) 1. Oktober 1921 als "regulär konstituiert, frei und unabhängig" anerkannt. Am 7. Oktober 1922 wurde in Lausanne anläßlich des Kongresses der Federation der Obersten Räte des A. u. A. Schottischen Ritus der mittlerweile gebildete Supreme Conseil von Polen aufgenommen.

Infolge von Zweifeln, die später bezüglich der italienischen Großloge auftauchten, wurde am 14. Oktober 1924 vom Supreme Conseil die National-Großloge von Polen als "regulär konstituiert, souverän, frei und unabhängig" eingesetzt. Die Großloge begann hierauf ihre normale Arbeit nach dem A. u. A. Schottischen Ritus. Erster Großmeister wurde der Senior der polnischen Freimaurer, der bekannte Arzt Professor Dr. Rafael Radziwillowicz, Erster Großsekretär der Historiker Josef Dombrowski.

Als Mutterloge wurde die älteste Muterloge "Kopernik" anerkannt. Ihr folgten sieben Logen in Warschau, eine aus Emigranten gebildete ukrainische Loge "Jedanie" (bis 1923), Logen in Lodz, Sosnowiec, Lublin, Wilna und Kränzchen in Krakau und Lemberg. Die Großloge gehört der A. M. I. an.

Deutsche Logen in Polen

Durch die Abtrennung deutscher Gebietsteile verloren zahlreiche deutsche Logen den Zusammenhang mit ihren in Deutschland befindlichen Großlogen. Soweit es die politischen Verhältnisse gestatteten, blieben diese Bauhütten, durch Abwanderung zahlreicher Mitglieder stark geschwächt, in Tätigkeit und schlossen einen Bund deutscher Freimaurerlogen in Polen mit der Zentrale in Pozna (Posen). Es sind dies die zum Teile noch aus dem 18. Jahrhundert stammenden Logen in Bydgoszez (Bromberg), Chelmno (Culm-Schwetz), Tczew (Dirschau), Gniezno (Gnesen), Grudziadz (Graudenz), Inowroclaw (Hohensalza), Choinice (Konitz), Krotoszyn (Krotoschin), Leszno (Lissa) Ostrowo (Ostrow), Poznali (Posen), Rawiez (Rawitsch), Starogard (Stargard) und Torun (Thorn). Die Logen gehörten früher durchwegs den altpreußischen Systemen an. Durch die politischen Verhältnisse gezwungen, sind sie heute [1932] unabhängige, d. h. keiner Großloge unterstehende Logen.


Wiki-Einschub zum besseren Verständnis: Das Deutsche Reich musste 1918 als Kriegsverlierer Gebiete an das neu erstandene Polen abtreten, vor allem Westpreußen, Posen und Teile Schlesiens. Manche Deutsche verließen diese Gebiete, andere blieben und wurden zur Minderheit. Geregelt wurden das in den von den westlichen Siegermächten diktierten 'Versailler Verträgen'. Diese waren wohl ein Unrecht und wurden in Deutschland auch so empfunden ("Schandverträge").


Fundstücke aus 'Am rauhen Stein' in den 1920/30er Jahren

Eine Nummer aus dem ersten Jahrgang 1904. Die Großloge 'Royal York' wurde beim Wiederaufbau der deutschen Freimaurerei nach 1945 nicht mehr eingesetzt.

Die Freimaurerzeitschrift 'Am rauhen Stein' wurde ab Anfang des 20. Jahrhunderts für die Grosse Loge von Preussen genannt "Royal York zur Freundschaft" herausgegeben.

Heft 11/1925, Seite 234

"Bericht über die Lichteinbringung in der Loge `Feste Burg im Osten´. Die `Feste Burg im Osten´ ging durch Teilung der fast 300 Mitglieder zählenden Danziger Loge "Zur Einigkeit" hervor. Die leitenden Beamten der Loge "Zur Einigkeit" hielten bei der Lichteinbringung Ansprachen, in denen sie Glückwünsche überbrachten. Der Mstr. v. St. der Loge `Zur Einigkeit´, Br. Giese, versah das Amt des 1. Großaufsehers beim Akte der Lichteinbringung, die vom Großmeister, Br. Zimmer, vorgenommen wurde. Der zug. Mstr. v. St. der Loge `Zur Einigkeit´, Br. Medem, überbrachte die Glückwünsche des `Vereins Deutscher Freimaurer´, der Ehrenmeister der Loge `Zur Einigkeit´, Br. Schusterus, übergab die U-Bootsflagge an die junge Loge, die einstmals der jetzige zug. Mstr. v, St. der Loge `Feste Burg im Osten"´ der Loge `Zur Einigkeit´ geschenkt hatte. Glückwünsche überbrachten auch die anderen Danziger Logen sowie die Logen in Ostpreußen aus (Marienburg Königsberg usw.). Ebenso überbrachten Logen aus den jetzt zu Polen gehörenden Gebieten Grüße, die bekundeten, dass sie zwar der polnischen Obrigkeit gegenüber loyal seien, aber sie weiterhin unverbrüchliche Treue zum deutschen Volkstum und zur deutschen Freimaurerei verbände. Die aus Polen gekommenen Brüder bekundeten, daß sie mit dem geschuldeten loyalen Gehorsam gegen die polnische Obrigkeit die unverbrüchlicher Treue zum deutschen Volkstum und zur deutschen Maurerei verbänden. Durch die Ansprachen zog sich wie ein roter Faden ein warmes und festes Zusammengehörigkeitsgefühl hindurch, das auf die aus Berlin gekommenen Brüder tiefen Eindruck machte."

Heft 12/1929, Seite 313

"Der `Kurier Poznanski´ meldet aus Warschau, daß das Innenministerium die Schließung der polnischen Freimaurer-Vereinigung in Warschau sowie deren Zweigstellen in Wilna, Lodz, Lublin, Rzelzow, Kattowitz, Cholm und Gostynin angeordnet habe. Weiter sei zugleich bei Gerichtbehörden ein Antrag auf Schließung der Freimaurer-Wochenschrift `Myst´! eingebracht worden- (Mitteil. Des V.d.F.) Ob dieses Vorgehen darauf zurückzuführen ist daß die polnischen Freimaurer in Polen die Einführung des Religionsunterrichts in den Schulen und auch andere Bestimmungen des Konkordats bekämpfen, ist nicht bekannt. Jedenfalls hat auch der Papst Pius XI. beim Empfang polnischer Pilger sich in einer Ansprache sehr heftig gegen den wachsenden Einfluß der Freimaurerei in Polen gewand, die er als Kräfte der Hölle bezeichnete; man müsse zu Gott um Hilfe beten, da gegen diese Feinde die menschlichen Kräfte nicht ausrechen. Die deutschen Logen in Polen haben mit dieser ganzen Angelegenheit nichts zu tun, sie sind unabhängig und ohne Verbindung mit den polnischen Freimaurern. Allerdings haben, wie wir erfahren, auch bei den Mitgliedern dieser deutschen Logen Haussuchungen stattgefunden; doch sind gegen diese Brüder bisher keine weiteren Schritte unternommen worden."

Heft 3/1933, Seite 77

"In dem durch den Schandfrieden von Versailles an Polen abgetretenen Gebiet bestehen noch 14 deutsche Logen und eine frm. Vereinigung mit zusammen 498 Mitgliedern, die sich zu einem "`Bunde deutscher Freimaurerlogen in Polen´ zusammengeschlossen haben. Außerdem bestehen im Freistaat Polen noch 8 polnische Logen mit Mitgliedern, die die Großloge `Polonia´ bilden. Diese Großloge hat bisher vergeblich versucht, die Anerkennung der Großloge von England zu erlangen. Die Großloge von New York ist nach dem Eingang des ersten Gesuchs der `Polonia´ in eine eingehende Prüfung eingetreten und hat verschiedene Ausstellungen erhoben. Erst im Sommer 1931 ist nach Beseitigung derselben die Großloge `Polonia´ von der Großloge von New York anerkannt worden."

Siehe auch

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