Rezension: Helmut Reinalter (Hg.) – Handbuch zur Freimaurerei: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 23. Juni 2018, 16:11 Uhr

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Handbuch zur Freimaurerei

Rezension: Helmut Reinalter (Hg.) - Freimaurerei
Geheimnisse, Rituale, Symbole – Ein Handbuch

Ein Buch von großer thematischer Breite und mit ebenso großer Tiefe: Auf 170 Seiten werden 26 Stichworte behandelt. Der philosophisch bewanderte Historiker und Freimaurerforscher Helmut Reinalter aus Innsbruck hat einige selbst geschrieben und zehn weitere hochrangige Autoren organisiert, davon drei über deren Nachlass. Ein Buch, für das ich den etwas abgedroschenen Satz, dass es in keiner Bibliothek fehlen sollte, ohne Bedenken niederschreiben kann; jedenfalls in keiner Bibliothek, dessen Inhaber sich ernsthaft für die Freimaurerei interessiert. Von Rudi Rabe.

Das Reinalter-Handbuch versteht sich als Nachschlagewerk und ebenso als Einführung in die wichtigsten Begriffe der europäischen Freimaurerei. Deren Substanz wird in den 26 Leitbegriffen, die jeweils nur wenige Seiten lang sind, kompakt erklärt und beschrieben. Dabei werden auch die kulturell-geistigen Strömungen der jeweiligen Zeit und ihre Wirkungsgeschichte berücksichtigt; dadurch unterscheidet sich das Buch von anderen masonischen Publikationen.

Aus dem Inhalt

Die thematische Breite des Buches macht es sinnvoll, dessen lexikalische Struktur in dieser Rezension einfach eins zu eins wiederzugeben. Nach einem Vorwort, in dem Helmut Reinalter das Wesen der Freimaurerei auf drei Seiten zusammenfasst, folgen die Stichworte kapitelweise:

Freimaurerei intern

  • Königliche Kunst: Helmut Reinalter (emeritierter Professor der Geschichtswissenschaften, Leiter des Privatinstituts für Ideengeschichte in Innsbruck)
  • Geheimnis, Arkanum: Klaus-Jürgen Grün (Leiter PhilKoll, das philosophische Kolleg für Führungskräfte in Großkrotzenburg)
  • Initiation: Klaus-Jürgen Grün
  • Brüderlichkeit: Peter Volk (Professor i.R., Freiburg in Breisgau)
  • Grade, Hochgrade: Thomas Richert (Gymnasiallehrer i.R., Berlin) und Helmut Reinalter

Organisation

  • Logen, Großlogen, Forschungslogen: Klaus-Jürgen Grün
  • Pflichten, Konstitutionen: Helmut Reinalter und Thomas Richert
  • Regularität, Irregularität: Helmut Reinalter
    und Herbert Kessler † (Mannheim)

Rituale und Symbole

  • Ritualistik: Klaus-Jürgen Grün
  • Symbolik: Klaus-Jürgen Grün
  • Ikonografie: Helmut Reinalter
  • Großer Baumeister aller Welten: Helmut Reinalter

Freimaurerei, Ideen und Werte

  • Ethik: Klaus Hammacher (emeritierter Professor für Philosophie, Aachen)
  • Humanität: Klaus-Jürgen Grün
  • Freiheit: Walter Hess † (Zürich)
  • Mensch: Alfred Schmidt † (Frankfurt am Main)
  • Menschenrechte: Helmut Reinalter
  • Philosophie: Klaus Hammacher
  • Toleranz: Helmut Reinalter

Geistige Strömungen und Richtungen

  • Aufklärung: Helmut Reinalter
  • Esoterik: Jan M. Snoek (Professor für Religionswissenschaften, Heidelberg)
  • Johannismaurerei: Helmut Reinalter
  • Systeme, Obedienzen: Herbert Kessler
  • Politische Geheimbünde: Helmut Reinalter

Freimaurergegner

  • Antimasonismus: Claus Oberhauser (Privatinstitut für Ideengeschichte, Innsbruck)
  • Verschwörungstheorien: Johannes Rogalla von Bieberstein (Bibliothekar i.R., Bielefeld)

Nach jedem Stichwort folgen diesem zugeordnete Literaturempfehlungen. Außerdem so etwas wie analoge Links, also Hinweise auf jene Stichworte, die mit dem soeben gelesenen thematisch verbunden sind.

Helmut Reinalter (Hg.) - Freimaurerei - Geheimnisse, Rituale, Symbole - Ein Handbuch
Salier-Verlag, Leipzig, April 2017: https://salierverlag.de Preis: 18 Euro

Aus dem Vorwort

Diese vorliegende Einführung zur europäischen Freimaurerei ist im Rahmen eines Projekts des Instituts für Ideengeschichte in Innsbruck und dessen Schwerpunkt »Freimaurerforschung« entstanden. Es geht hier um ein Nachschlagewerk und Hilfsmittel zur Einführung in die Grundbegriffe der europäischen Freimaurerei.

Sie versteht sich auch als Ergänzung zum Buch des Herausgebers »Die Freimaurer«, das 2016 in 7. Auflage im Verlag C. H. Beck erschienen ist. In diesen Grundbegriffen wird die Freimaurerei von ihrer Substanz her in kompakter Form erklärt und beschrieben: »Die Freimaurerei ist eine international verbreitete Vereinigung, die unter Achtung der Würde des Menschen für Toleranz, freie Entwicklung der Persönlichkeit, Brüderlichkeit und allgemeine Menschenliebe eintritt. Sie geht davon aus, dass menschliche Konflikte ohne zerstörerische Folgen ausgetragen werden können. Voraussetzung dafür ist die Herstellung eines Vertrauensverhältnisses zwischen den Menschen unterschiedlicher Überzeugungen.

Die Freimaurerei ist stark auf den einzelnen Menschen ausgerichtet und bemüht, ihn sittlich zu vervollkommnen. Sie hat aber keine ethischen Lehrsätze aufgestellt, da nach ihrer Auffassung sittliche Normen einem ständigen Wandel unterliegen. In den rituellen Arbeiten werden die geistigen Grundlagen der Freimaurerei nicht nur reflektiert, sondern auch durch Bilder und Symbole erlebbar gemacht. Das Ritual ist ein dynamisches Symbol des kosmischen Geschehens, wobei sich der teilnehmende Bruder bewusst in die Gesetzmäßigkeit des Universums einordnet.

Die rituellen Arbeiten werden in drei Graden durchgeführt: im Lehrlings-, Gesellen- und Meistergrad. Dabei verwenden die Freimaurer besondere Symbole und tragen bei ihren Arbeiten Abzeichen, Schurz und weiße Handschuhe. Die Symbole sind Bindemittel der Brüder untereinander und stellen die Kernaussagen der Freimaurerei in Bildern und sinnbildlichen Handlungen dar.

Die Logen sind im Vereinsregister als Vereine eingetragen und haben keine über die gesamte Welt reichende, zusammenhängende Organisation. Sie kennen auch keine geheimen Oberen und besitzen keine geheimen Kenntnisse. Die Verschwiegenheit stellt die Voraussetzung für das Vertrauen unter den Brüdern dar. Die gesamte freimaurerische Lehre ist in den drei Johannisgraden enthalten.

Um ihre Vertiefung und Weiterführung bemühen sich die Hochgrade, die in verschiedenen Systemen organisiert sind. Darüber hinaus gibt es noch Forschungslogen (Quatuor Coronati), die sich der wissenschaftlichen Erforschung der Freimaurerei widmen.«

Die Einführung strebt keine lückenlose Aufarbeitung des Themas an, sondern möchte eine praktisch-wissenschaftliche Orientierungshilfe und Grundlagen für weitere Studien über masonisches Wissen bieten. Auch künftige Forschungen können darauf aufbauen.

Die Freimaurerei, deren Ursprünge und Anfänge in der Geschichte weit zurückreichen (bis in das Spätmittelalter und in die Frühe Neuzeit) und sich um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert von der Werkmaurerei zur spekulativen, modernen Freimaurerei weiterentwickelte, verfolgte von Anfang an bestimmte Ziele, entfaltete ihr spezifisches Innenleben, ihre Symbolik und Ritualistik, ihre eigenen Organisationsstrukturen und bildete auch verschiedene Richtungen und Systeme aus, die sich größtenteils bis heute erhalten haben.

Ihr Verhältnis zum Staat und zur Politik wurde bereits in den »Alten Pflichten« von 1723 festgelegt. Demnach war die Freimaurerei immer eine Stütze des Staates, was aber nicht bedeutete, dass sie Verstöße gegen die Humanität und Ethik akzeptierte. Der Staat hat sich allerdings zur Freimaurerei im Laufe der Geschichte verschieden verhalten. Er verbot sie, er duldete oder beschützte sie, je nach politischer Entwicklung und politischem System. Das staatliche Verbot stand vor allem mit der Stellung der katholischen Kirche zur Freimaurerei oder mit absolutistischen und totalitären Regimen in einem engen Zusammenhang.

Die Freimaurerei war und ist zwar als Organisation mit Ausnahme des Grand Orient de France unpolitisch, den einzelnen Mitgliedern steht es jedoch frei, sich aktiv politisch zu engagieren. Sie steht dem liberalen und demokratischen Denken nahe, legt sich aber parteipolitisch nicht fest. Sie versteht sich auch nicht als politische Partei oder politische Bewegung.

Zwischen Kirche und Freimaurerei bestand seit dem 18. Jahrhundert eine fast unüberbrückbare Kluft. Die Freimaurerei wurde sogar von der Kirche verboten. Sie untersagte ihren Mitgliedern die Aufnahme in eine Loge. Erst seit dem II. Vatikanischen Konzil kam es zu einer beiderseitigen Dialogkultur, die allerdings in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts wieder von kirchlicher Seite eingebremst und beendet wurde.

Die Bedeutung der Freimaurerei für die kulturelle Entwicklung ist heute unbestritten, insbesondere ihre Aktivität in Akademien, Gelehrtengesellschaften und in den Wissenschaften. Sie trat für die Verbreitung der Aufklärungsideen ein und engagierte sich in der Literatur, in der Kunst, im Theater, in der Musik, in Reden, in Liedern, im Schauspiel, in Dichtungen, in Romanen, in der Malerei, in Kupferstichen u. a. m.

Die Wirkungsgeschichte der Freimaurerei, besonders ihre Rolle im gesellschaftlichen Entwicklungsprozess seit der Frühen Neuzeit, ist schwer zu erfassen. Die Gründe dafür liegen in der Tatsache, dass sich ein direkter Einfluss auf Staat, Politik und Gesellschaft nur schwer nachweisen lässt. Eine einigermaßen realistische Einschätzung der gesellschaftlichen Wirkung muss sich vor allem auf die Selbstbildung als Persönlichkeiten und die Kongruenz ihres Selbsterziehungsprogramms, auf ihre Ziele (Aufklärung, Humanität, Ethik und Toleranz) und auf ihre Auseinandersetzungen mit den wesentlichen Denkströmungen der jeweiligen historischen Epochen beziehen.

Es scheint so, dass sie bei der Auflösung der frühneuzeitlichen Dogmen, in der Aufklärung, in der Säkularisierung, in der bürgerlichen Gesellschaft und in den bürgerlichen Revolutionen eine gewisse Rolle spielte. Es war keine tragende Funktion, wohl aber eine katalysatorische in leichten Dosen, was sich besonders im Zusammenhang mit wichtigen historischen Entwicklungen verdeutlichen lässt, wie z. B. die Aufklärung, die westlichen Demokratien, die Herausbildung des modernen Staates (besonders des Sozialstaates) sowie des Parlamentarismus, die Verbreitung der Menschenrechte und das Eintreten für den Weltfrieden durch Humanität, Ethik, Bildung und Toleranz.

Die Freimaurerei kennt keine Geheimnisse. Ihre Ideen können auch durchaus rational erklärt werden. Der Begriff »Geheimnisse« im Untertitel dieser Einführung versteht sich daher nicht als Verdeckung, dass die Freimaurerei Wissen in Symbole verbirgt, sondern versteht das »Geheimnis« stärker als eine Denkform und nicht als ein einfaches Rätsel.

Der Dank des Herausgebers für wertvolle Hinweise, Hilfestellungen und redaktionelle Mitarbeit gilt besonders Peter Volk, Claus Oberhauser und Brigitte Abram und für Schreibarbeiten Jacqueline Lukovnjak. Besonderer Dank gebührt auch den Autoren, die ihre Artikel z. T. überarbeitet und ergänzt haben. Ohne wichtige Vorschläge zur redaktionellen Schlussarbeit verschiedener Kollegen wäre dieses Handbuch nicht zu einem guten Ende gekommen. Ich nenne sie hier in alphabetischer Reihenfolge: Jean Bénédikt, Žygintas Bučys, Miodrag Djordjevic, Pavel Glavusanov, Andreas Önnerfors, Branko Pilic, Valdis Pirags, Nikola Polenak, Nikolaus Schwärzler, Bojan Ŝober und Bratislav Stamenkovič.

Helmut Reinalter (Hg.)

Innsbruck, im Frühjahr 2017

Siehe auch

Links