Rezension: Sangeet Duchane: The Little Book of Freemasonry

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Sangeet Duchane: The Little Book of Freemasonry

Rezension von Roland Müller

Stümperhafte Einführung in die Freimaurerei


Sangeet Duchane: The Little Book of Freemasonry. New York: Barnes & Noble 2004; dt.: Freimaurerei. Köln: Taschen/ Evergreen 2007.


Die Autorin war früher Anwältin, hat in Kalifornien einen Master in Theologie erworben und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Esoterik und vergleichender Religions- und Philosophiegeschichte. Ihr kleines Büchlein möchte eine gefällige Einführung in die Freimaurerei geben. Jede der etwa 75 Seiten Text wird auf der gegenüberliegenden Seite mit einem Farbbild illustriert, das leider keinerlei Angabe zu Motiv, Künstler, Datierung, Verwendung, usw. enthält.

Gut gemeint, aber voller Fehler

Ebenso bedauerlicherweise ist der Text gut gemeint, aber falsch. Der dritte Satz der Einleitung behauptet: „Die Freimaurerloge wurde für die Unterweisung in Mysterien gegründet.“ So geht es pausenlos weiter: Freimaurerei werde „die Kunst“ genannt und habe als „Eine Form des Deismus“ begonnen.
Grosses Gewicht legt Frau Duchane auf die mögliche Herkunft der Freimaurerei von den Tempelrittern. „Ohne Zweifel überlebten viele Templer die Zerstreuung des Ordens [1307-14] und liessen sich an verschiedenen Orten in Europa nieder. Errichteten sie einen Geheimbund, um ihre Lehren weiterzureichen?“ (20). Bald wird behauptet: „Legenden über den Bau von Rosslyn wurden später Teil der Freimaurerei“ (24).

Manches ist schlicht konfus: Die Ideen des römischen Architekten Vitruvius und seinen Nachfolgern seien nach Europa gekommen, als das Römische Reich sich dorthin ausdehnte“ (31). Oder: „Wie die Steingebäude der Vergangenheit zeigten, waren europäische Steinmetze keinen blossen Maurer. Einige kannten sich auch mit Architektur und Geometrie aus, um komplizierte Pläne entwerfen und ausführen zu können, wie zum Beispiel wundervolle Kathedralen“ (32-35). Oder: „Wie andere Handwerksgilden auch veranstalteten die Steinmetze an Festtagen Mirakelspiele für die Gesellschaft. Dabei handelte es sich vermutlich um Stücke, die den Bau des ersten Tempels in Jerusalem beschrieben, eine Praxis, die sich in den Ritualen der Freimaurer bewahrt haben mag“ (37).

Verkürzungen und Konfusionen

Die Geschichte der Freimaurerei seit 1717 wird im Eilzugstempo abgehandelt. Das führt zu grotesken Verkürzungen. So behauptet Frau Duchane, die negative Haltung der katholischen Kirche habe den spanischen Diktator Franco bewogen, die Freimaurerei zu verbieten (51). Oder: „Die Freimaurerei wurde in Nazi-Deutschland verboten. In Bothas Apartheidsregierung in Südafrika wurde den Freimaurern vorgeworfen, eine Weltregierung und Weltreligion zu errichten. In den 90er Jahren beschuldigten einige Kroaten die Freimaurer, sie hätten die friedenserhaltenden Massnahmen mehrer Regierungen aufgehalten“ (53-54).

Die Konfusionen halten auch bei der Schilderung der Legenden und Symbole der Freimaurerei an. Frau Duchane behauptet: „Der Gott des Alten Testaments war der erste Maurer, da er die Welt in sechs Tagen erschuf“ (85). Später, nach dem Turmbau zu Babel, sagte Gott den Maurern, „sie sollten mit Geheimzeichen miteinander kommunizieren“. Viele Symbole der Freimaurer „sind verschiedenen Formen der Metaphysik entlehnt“ (93). „die Loge selbst ist ein Symbol für die metaphysische Struktur des Individuums und für die geistige Arbeit der Freimaurer“ (94).

Keine Ahnung von den Symbolen

Dass die Autorin keine Ahnung von der Freimaurerei hat, wird etwa deutlich, dass sie von achtzackigen Sternen spricht und die beiden Salomonischen Säulen zusammen mit einer dritten (ionischen) zu den Säulen „Weisheit, Stärke und Schönheit“ verwandelt (98). Anderswo veranschaulichen diese drei Säulen „bestimmte Prinzipien der Geometrie und symbolisieren den inneren Raum der Seele“ (126).
Den Tapis bezeichnet sie als „Tafel“. Solche Tafeln seien mit Scharnieren auf Brettern angebracht worden, „so dass sie aufbewahrt werden konnten und die Tafeln vor neugierigen Blicken bewahrt waren. Die so angebrachten Tafeln wurden Reissbretter genannt“ (105-106; ähnlich 122 und 135ff). Das musivische Pflaster, der flammende Stern und die mit Quasten besetzte Schnur – eine Art gezackte Einfassung – werden in den USA offenbar „Ornamentals“ genannt (117-118). Winkelmass und Zirkel werden nicht erläutert, dafür „Möbel im üblichen Sinne des Wortes“, z. B. Schränke für die Aufbewahrung von Kostümen und zwei hohle Blechsäulen, oder ein „Wasserdreieck, dessen Spitze nach unten zeigt“ (126) und wie das Winkelmass die Seele symbolisiert.

Auch die Beschreibung der drei Grade der blauen Maurerei ist voller schiefer Bilder und Behauptungen. Das symbolische Haus, das aus „veredelter Humanität“ gebaut wird, sei „der Tempel Gottes“ (121). „Während der Lehrling in das spirituelle Leben initiiert wurde und daran arbeitet, Körper und Seele zu harmonieren, ist der Geselle nun bereit, in seine eigene Seele zu schauen“ (131): Er muss die Wendeltreppe zum zweiten Stockwerk des Tempels hinaufgehen; dieses wird von zwei Säulen flankiert, die „auch als Weisheit und Stärke“ bezeichnet werden; „der Kandidat ist die dritte Säule, die Säule der Schönheit und Harmonie“ (132). Der Buchstabe „G“ steht für Geometrie und ist der Anfangsbuchstabe der Gottheit; er steht im Dreieck, das von einem Strahlenkranz umgeben ist; das ganze Symbol erinnert daran, „dass unsere Taten aufgezeichnet und in den Stoff des Lebens eingewoben werden“ (137). Auch der Meister muss „den Raum seines inneren Wesens“ (139) betreten und soll ein „Tempel Gottes“ sein. Er benützt die „Schlagschnur“, die den Setzhammer leitet und den Verstand, aber auch Tradition und Wissen symbolisiert (143).


Wie kann man auch als renommierter Verlag ein derart stümperhaftes Büchlein herausgeben.


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Ausgearbeitet von Dr. phil. Roland Müller, Switzerland / Copyright © by Mueller Science 2001-2015 / All rights reserved - ESOTERIK von Dr. phil. Roland Müller

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