Samuel von Brukenthal

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Samuel von Brukenthal

Berühmter Aufklärer und Freimaurer des 18. Jahrhunderts aus Siebenbürgen (damals Teil der Habsburger-Monarchie, heute Rumänien). Er war von 1777 bis 1787 zehn Jahre lang Gouverneur, also Statthalter der Habsburger in Hermannstadt (heute Sibiu), der Hauptstadt Siebenbürgens, die damals mehrheitlich von deutsch sprechenden „Siebenbürger Sachsen“ bewohnt wurde. Von Rudi Rabe

Biografisches aus dem Buch „Brüder, reicht die Hand zum Bunde – Die Mitglieder der Wiener Freimaurer-Logen 1742 – 1848“ von GÜNTER K. KODEK (Löcker-Verlag Wien, 2011; siehe Wiki-Link unten zur Rezension):

Samuel Brukenthal im Ornat eines Ritters des königlich-ungarischen St. Stephan Ordens

Geboren ist Brukenthal 1721 in Leschkirch bei Hermannstadt, gestorben 1803 in Hermannstadt; dazwischen längere Aufenthalte in Wien, Halle/Saale, und Leipzig. Nach seiner Pensionierung 1787 errichtete er in Hermannstadt ein Museum mit mehr als tausend Gemälden, eine Bibliothek mit 20.000 Büchern, ein Mineralien- und ein Münzkabinett.

Freimaurer ab 1743: Aufnahme, Beförderung und Erhebung am 2. März in der Wiener Loge ‚Aux Trois Canons‘; danach in deutschen Logen, und dann ist er schon im Herbst desselben Jahres Gründer der ‚Aux Trois Clefs d’Or‘ in Halle, wo er studierte. In Hermannstadt ist Brukenthal als Logenmitglied nicht nachweisbar, er hält aber Kontakt mit den dortigen Brüdern.

Seine kulturellen Leistungen wirken bis heute nach

Brukenthals ließ sich in Sibiu/Hermannstadt am Stadtplatz ein Palais bauen, das heute als eines der wichtigsten Barockdenkmäler in Rumänien gilt. In dem Gebäude ist das Brukenthal-Museum mit der Brukenthalschen Gemäldesammlung untergebracht. Außerdem baute er nahe Hermannstadt in Avrig/Freck eine Sommeresidenz, heute ein kulturhistorisches Kleinod mit einer außergewöhnlichen Parkanlage, der einzige Barockpark Rumäniens und unter Denkmalschutz.

Darüber hinaus erinnert das Brukenthal-Gymnasium an den großen Sohn der Stadt; dort ist auch seine Mineraliensammlung untergebracht. Und schließlich das Brukenthal-Apothekenmuseum. Dazu passt: Als Brukenthal 1777 in Hermannstadt seine Stelle als Gouverneur antrat begleitete ihn für zwei Jahre der junge Mediziner Samuel Hahnemann, der später die Homöopathie entwickelte. Noch im selben Jahr wurde Hahnemann dort in die Loge ‚Sankt Andreas zu den drei Seeblättern‘ aufgenommen.

‚Sankt Andreas zu den drei Seeblättern‘

Brukenthal selbst wurde wahrscheinlich nicht Mitglied, mit den Brüdern der Loge war er aber eng verbunden. Sie existierte bis 1790. Zwei Jahrhunderte später: Nach dem Wiedererstehen der rumänischen Freimaurerei in den Jahren nach dem Zusammenbruch des Kommunismus 1989 wurde in Sibiu/Hermannstadt auch die ‚Sankt Andreas zu den drei Seeblättern‘ wieder gegründet: jetzt als rumänische Loge, aber weiter mit diesem traditionsreichen deutschen Namen.

Vortrag über Brukenthal und die Hermannstädter Loge

Am 17. Oktober 2012 hielt Laszlo Rakosy (Roko), Mitglied der ‚Sankt Andreas zu den drei Seeblättern‘ in Sibiu/Hermannstadt vor fünfzehn Gästen der Wiener Loge „Bruderkette“ und anderen österreichischen Brüdern den folgenden Vortrag in deutscher Sprache mit dem Titel: Der Freimaurer Samuel Carl von Brukenthal (1721-1803) und die Loge „Sankt Andreas zu den drei Seeblättern“ in Hermannstadt (1767-1790).

Das Palais Bruckenthal am Hauptplatz in Sibiu/Hermannstadt: heute beherbergt es das Brukenthalmuseum
Sibiu 2012: Der Tempel der wieder gegründeten 'Sankt Andreas zu den drei Seeblättern' (außerhalb der Stadt)

Samuel von Brukenthal war ein eifriger Lichtträger, einer jener Repräsentanten, an dem sich die Zeit, ihre Visionen, aber auch ihre Ambivalenzen zeigten. Er war ein geborener Siebenbürger, der in Halle an der Saale studierte, doch seinen beruflichen Aufstieg der Wiener Metropole des Habsburgerreiches verdankt.

Mit nur 15 Jahren war Samuel Vollweise geworden. Er studierte in Klausenburg, Neumarkt und Hermannstadt. Nachdem sich seine finanzielle Lage durch das Auszahlen seines elterlichen Erbteils seitens seines Bruders verbesserte, beschloß Brukenthal im Jahr 1743 sein Studium an der Universität in Halle an der Saale zu vervollständigen.

Der Weg nach Halle führte über Wien, wo er am 2. März 1743 in die junge Freimaurerloge „Aux Trois Canons“ (gegründet am 17. September 1742) aufgenommen wurde. (Die erste deutsche Loge wurde 1737 in Hamburg gegründet, die erste in Österreich 1742 in Wien; sie bekam das Licht aus Breslau).

Die Mitglieder der ersten Logen Europas wurden wichtige Träger eines überregionalen Wertesystems und internationalen Netzwerkes. Sogar Franz Stephan von Lothringen, der Gemahl Maria Theresias, war schon 1731 für den Bund der „königlichen Kunst“ gewonnen worden.

Leider, nur fünf Tage nach der Aufnahme Brukenthals wurde die Loge am 7. März 1743 auf Befehl Maria Theresias aufgelöst. Zahlreiche Berater Maria Theresias sowie ihr Schwiegersohn Albert von Sachsen-Teschen waren Freimaurer. Freimaurer waren aber auch einige gefürchtete Gegner, die auf der Seite des Preußenkönigs Friedrich II. standen. Es gibt zahlreiche Beweise, daß die Freimaurerei durch eine Verfügung untersagt wurde, zugleich aber grundsätzlich bis zum Jahr 1795 geduldet worden ist.

Die Wiener Loge „Aux Trois Canons“ hatte während ihres nur sechsmonatigen Bestehens eine wichtige Rolle in der Pionierzeit der österreichischen und siebenbürgischen Freimaurerei gespielt. Die Begegnungen innerhalb der Loge vernetzten miteinander Personen auch über räumliche Entfernungen. Nach der Aufhebung der Loge arbeiteten die Brüder jedoch inoffiziell weiter oder traten anderen Logen bei.

Geplant oder ungeplant reiste Brukenthal von Wien nach Halle an der Saale, um in dieser bekannten Universität seine Ausbildung zu beginnen. Die kurze Präsenz in der Wiener Loge wird vermutlich Brukenthal keine Gelegenheit geboten haben, zum Meister befördert zu werden. Da er jedoch noch im Winter des Jahres 1743 in Halle zum „Meister vom Stuhl“ gewählt wurde, muss er in dieser kurzen Zeit in diese Position avanciert sein. Brukenthal hatte Kontakt auch zur Loge „Minerva“ in Leipzig, wo er eine Rede Anfang des Jahres 1747 hielt (Brukenthal Bibliothek V II 3023).

Der Großmeister Friedrich der II der Berliner Loge „Zu den drei Weltkugeln“ erlaubte Brukenthal, im Jahr 1743 eine eigene Loge namens „Aux Trois Clefs d'Or“ (Zu den drei goldenen Schlüsseln) in Halle zu gründen. Die feierliche Eröffnung fand am 14. Dezember 1743 statt. Die Loge verbot in ihren Satzungen Atheismus und Freigeisterei, Ansichten die auch Brukenthal vertrat. Die Loge „Zu den drei goldenen Schlüsseln“ entfaltete sich unter der Leitung Brukenthals und wuchs schnell. Die über 40 Mitglieder, meistens Studenten aus adeligen und bürgerlichen Kreisen, trafen sich vier- bis fünfmal im Monat. Einen Tempel gab es noch nicht, die Brüder trafen sich in einige Lokalen. Obwohl Brukenthal nur ein Jahr als „Meister vom Stuhl“ diente, strahlte seine Bauhütte schnell in die Umgebung aus. Brukenthals Loge trug zur Verpflanzung der Freimaurerei nach Bremen bei und gründete eine Deputationsloge in Jena (Autexier, 1998).

Unter der Leitung Brukenthals wurde der „Johannistag“ im Jahre 1744 eindrucksvoll zelebriert. Für die Armenkasse wurden 30 Taler gespendet. Zur Erinnerung an diese Feier wurde am 24. Juni I744 auch eine Gedenkmünze aus Gold und Silber geprägt. Auf der Vorderseite, der „Sonnenseite“, befindet sich das Bildnis des Stuhlmeisters Samuel von Brukenthal selbst mit kennzeichnenden freimaurerischen Symbolen und seinen Initialen „C.S.v.Br.“. Am Münzenrand stehen die Worte: „studio sapientia silentio et non fucata amicitia quid nobilius“ (Studium, Weisheit, Stillschweigen und ungeschminkte Freundschaft, was gibt es Edleres?). Je ein Exemplar dieser Medaille befindet sich im Brukenthal-Museum in Hermannstadt sowie im Kunsthistorischen Museum in Wien. Es wird vermutet, daß Brukenthal selbst ein Stück der Medaille an das Münzenkabinett in Wien geschickt hat. Graf Karl von Zinsendorf, der den Leiter des kaiserlichen Münzenkabinetts Abbé Neumann im Jahre 1791 besuchte, erwähnt in seinem Tagebuch die Besichtigung der Medaille sowie die Zugehörigkeit Brukenthals zu den Freimaurern.

Die enge Verbindung zu den Freimaurern prägte das spätere Leben Samuel von Brukenthals als Baron und Gouverneur Siebenbürgens. Seine Bücher-, Münzen- und Kunstsammlungen in der Residenz von Hermannstadt sowie sein Landsitz in Freck bildeten reale Räume des „Tempels der Humanität“, an dem er als junger Freimaurer metaphorisch zu arbeiten begonnen hatte. In weiterer Folge kann die Zugehörigkeit zur „königlichen Kunst“ geradezu als eine Vorbedingung seiner steilen Karriere gewertet werden.

Wegen des im Jahr 1744 ausgebrochenen Zweiten Schlesischen Krieges mußte Brukenthal sein Studium in Jena beenden. Wieder zurück in Hermannstadt heiratete Brukenthal die reiche Tochter des amtierendenBürgermeisters von Klocknern. Da seine Laufbahn in Hermannstadt nicht sehr eben war, entschloß sich Brukenthal (32 Jahre alt) im Jahr 1753 nach Wien zu fahren. Freimaurerkreise hatten für Brukenthal eine sehr gute und erfolgreiche Lobby in Wien gemacht, was durch eine Audienz bei Maria Theresia gekrönt wurde. Ein Jahr später wurde Brukenthal zum Gubernialsekretär ernannt, kurze Zeit danach zum Gubernialrath und schließlich zum Provinzkanzler mit Sitz in Wien. Von 1777 bis 1787 war Brukenthal der erste siebenbürgisch-sächsische Gouverneur Siebenbürgens. Maria Theresia war Katholikin, während Brukenthal protestantisch war.

Als Gouverneur (1771-1781) hat er die neuesten Ideen Europas in einem multiethnischen, multikulturellen und multireligiösen Siebenbürgen umgesetzt. Die Ergebnisse seiner Leistungen sind in dem ersten und größten Museum Südosteuropas zusammengefaßt. Seine Sommerresidenz in Freck/Avrig bildet den einzigen Barockpark Rumäniens. Brukenthal sammelte Bücher, Bilder, Münzen, Mineralien sowie innovative Ideen in seinem Palais in Hermannstadt. In seinem Testament (1802) vermachte er sein Lebenswerk der Öffentlichkeit. Seine Devise lautete: „Nicht mehr Adel durch Geburt, sondern Adel durch Leistung“.

Obwohl Brukenthal in seiner Amtszeit als Gouverneur keiner lokalen oder internationalen Freimaurerloge angehörte, wurde er von den Brüdern als einer der Ihren betrachtet. Von den elf Mitgliedern des Guberniums Brukenthal waren vier Freimaurer, die der 1767 gegründeten Hermannstädter Loge „St. Andreas zu den drei Seeblättern“ angehörten.

In Siebenbürgen ist ein Logenleben der Freimaurer zwischen 1749 und 1790 nachweisbar (Sindilariu 2002). In den vierzig Jahren sind den Logen Siebenbürgens 350 Brüder beigetreten.

Die Loge „St. Andreas zu den drei Seeblättern“ aus Hermannstadt wurde 1767 von Simon Friedrich Edler von Baussnern gegründet. Baussnern war in Dresden in die Würde des „Schottischen Meisters“ aufgenommen worden. Andere Gründerbrüder erhielten die ersten vier Grade in Jena, Erlangen oder Tübingen. Neun Jahre lang arbeiteten die Brüder der Loge im Stillen ohne Neuaufnahmen. Erst im Jahr 1776 öffnete sich die Loge „St. Andreas zu den drei Seeblättern“ für neue interessierte Mitglieder, was - vermutlich nicht zufällig - mit dem Amtsantritt Brukenthals als Gouverneur zusammentrifft.

In den kommenden Jahren wächst die Loge zu einer der größten der Habsburgermonarchie heran. Ihr gehörte die Mehrheit der Prominenz und der intellektuellen Elite Siebenbürgens an. Die Brüder pflegten Kontakte nach Bukarest, Iasi, in die Bukowina, Prag, Pest, Wien und andere.

In den 33 Jahren ihrer Tätigkeit wurden 259 Personen in die Loge aufgenommen. Sie hatte einen ausgeprägten multiethnischen und multireligiösen Charakter. Nach langen Verhandlungen wurde im Jahr 1784 die Große Landesloge von Österreich gegründet. Graf Georg Bánffy wurde Provinzialgroßmeister. Im selben Jahr führte man anläßlich des Johannisfestes das neue System mit nur drei Graden in die Loge „St. Andreas zu den drei Seeblättern“ ein.

Brukenthal war am 7. November 1785 als Gast in der Wiener Loge „Zur wahren Eintracht“ anwesend. Wahrscheinlich war Brukenthal in dieser Zeit Mitglied einer norddeutschen Loge, denn zu einem Besuch durfte er nur als Bruder eingeladen werden.

Aus Wien kam auch die Idee der Errichtung eines Mineralienkabinetts, einer botanischen Sammlung und eines Lesekabinetts in Hermannstadt. So wurde die naturwissenschaftliche Erforschung Siebenbürgens durch die Brüder begründet. In der Loge entstand ein Lesekabinett, dessen Ort ab 1790 in das Brukenthal-Palais verlegt wurde. Die Logenbrüder brachten auch eine eigene Zeitschrift „Die Siebenbürgische Quartalschrift“ heraus, die auch nach der Schließung der Loge (1790) eine wichtige meinungsbildende Funktion hatte.

Samuel von Brukenthal war jedoch kein Mitglied der Hermannstädter Loge, die von ihrer Gründung bis zum Jahr 1778 unter der Hammerführung von Simon von Baussnern war, zu welchem er ein schlechtes Verhältnis hatte.

Die Residenz Brukenthals fungierte vor und noch mehr nach der Auflösung der Loge (1790) als freimaurerische Denkwerkstatt. Zum Freundes- und Freimaurerkreis Brukenthals gehörten zahlreiche Prominente und Intellektuelle aus Österreich, Deutschland, Ungarn und Siebenbürgen. Unter Samuel von Brukenthal wird Hermannstadt Europa und Klein Wien im Osten.

Nach seiner Pensionierung widmete sich Brukenthal den Studien, seinen Sammlungen und Büchern sowie der Landwirtschaft und traf sich zu Diskussionsrunden regelmäßig mit den Logenbrüdern in seinem Palais. Damals sowie heute bot die Freimaurerei einen Rahmen, in dem über die bestehenden ständischen Schranken hinweg persönliche Kontakte und Beziehungen geknüpft werden konnten, die für eine weitere erfolgreiche individuelle oder kollektive Entwicklung entscheidend sind. Das sollte auch mit unserem heutigen Treffen geschehen! - Es geschehe also!

Bücher

  • Günter K. Kodek, 'Von der Alchemie zur Aufklärung - Chronik der Freimaurerei in Österreich und den Habsburgischen Erblanden 1717-1867'; sowie den oben erwähnten Parallelband über die Logenmitglieder jener Zeitspanne; Löcker, Wien 2011.
    Diese beiden Bücher sind Teil einer sechsbändigen Geschichte über die österreichische Freimaurerei von den Anfängen bis 1985: Dazu eine Rezension
  • Lisa Fischer, 'Eden hinter den Wäldern - Samuel Brukenthal: Politiker, Sammler, Freimaurer in Hermannstadt/Sibiu', Böhlau, Wien 2007.
  • Harald Roth, 'Hermannstadt - Kleine Geschichte einer Stadt in Siebenbürgen', Böhlau, Wien 2006.

Links


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