Steinmetz-Bruderschaften

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Steinmetz-Bruderschaftsrelief auf dem Quatuor Coronati- Fries in Florenz. Foto mit freundlicher Erlaubnis von Br Alper Sener
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Der Steinmetz mit Winkelmaß, Zirkel, Wasserwaage, Senkblei, Kelle, Spitzhammer: Begriffe aus dem Handwerk der Bauhütten, die heute noch in den Freimaurerlogen ihre Gültigkeit besitzen, rituell umgedeutet am symbolischen Bau.

Der Ursprung der Freimaurerei: DIE STEINMETZ-BRUDERSCHAFTEN

Quelle: Magazin "Humanität"

Westfassade des Straßburger Münsters, erbaut von Meister Erwin von Steinbach, 13. Jahrhundert Foto: Hartwig Kloevekorn

Baukundige Mönche im Mittelalter schlossen sich mit Laienbrüdern beim Bau ihrer Klöster und Kirchen zu Baubruderschaften zusammen. Hier sollten sich vor allem die Benedektiner besonders hervortun. Deren Ordensregeln aus dem 6. Jahrhundert prägten diese Baugemeinschaften und führten sie zu höchster Blüte. Zeugnisse ihrer sakralen Baukunst finden sich schon im 6. und frühen 7. Jahrhundert. Die Klosterbau-Bruderschaften, deren Ruhm sich bald grenzüberschreitend verbreitete, reisten von Land zu Land und waren zum Schutz gegen Überfälle, in militärischer Disziplin organisiert, bewaffnet. Aus diesen klösterlichen Organisationsformen gingen die Bauhütten hervor, deren Leitung bis ins 16. Jahrhundert überwiegend in Händen der Mönche lag.

Auf den Baustellen bildeten die Steinmetze eine besondere Bruderschaft, die hier nicht nur ihre Arbeiten organisierten, sondern auch ihre Zusammenkünfte abhielten, um unter Meistern, Gesellen und Lehrlingen in symbolischer Verbundenheit sich dem gemeinsamen Wirken am großen Bau verpflichtet zu fühlen. Verschwiegenheit über ihre Gebräuche, Unabhängigkeit gegenüber landesherrlicher Obrigkeit und Souveränität in eigener Gerichtsbarkeit – im Gegensatz zu den Zünften – machten die Bauhütten zu einer unantastbaren Organisation der Steinmetz- Bruderschaft, die sich weit über die Reichsgrenzen erstreckte. Die Blütezeit der sakralen Baukunst, beginnend im 11. Jahrhundert bis ans Zeitalter der Renaissance, prägte die Dombauhütten auf dem Kontinent unter dem Schutz und Siegel der Vier gekrönten Märtyrer – quatuor coronati – zu jenen Baustellen, in denen die Architektur als die Königin der Künste, die Kenntnisse der Geometrie sowie das bauhandwerkliche Können zu einer Vollkommenheit gelangten, wie sie ihre hohe Meisterschaft in der Gotik des Straßburger Münsters erfuhr.

Hier bildete sich der Mittelpunkt der deutschen Dombauhütten; hier entstand auch die älteste Ordnung der Steinmetzen zu Straßburg, datiert auf das Jahr 1459. Weitere maßgebende Bauhütten gab es u.a. in Köln, Bern, Zürich, Wien. Aus der Straßburger Steinmetzordnung von 1563 geht hervor, dass sich die Bauhütten nicht nur konfessionell bezogene Richtlinien gaben, sondern dass ebenfalls ethische und soziale Aspekte Eingang fanden.

Der Übergang zu einer weiter gefassten Ethik des Humanismus bahnte sich an. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts vollzog sich eine innere Wandlung der Dombauhütten. Die Leitung wechselte zunehmend an Laienmeister, auf der Schwelle zum 17. Jahrhundert wurden größere Bauvorhaben auch von weltlichen Bauhütten wahrgenommen. Hartwig Kloevekorn

Foto mit freundlicher Genehmigung von Alper Sener
Das Überreichen des Schlußsteines. Mit freundlicher Genehmigung von Alper Sener
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Steinmetz-Bruderschaften und ihre Zunftordnungen

Die wertvollsten Dokumente freimaurerischer Organisationsformen und -Regeln werden in Basel und Edinburgh verwahrt. Im Freimaurer-Wiki finden Sie jetzt die Übersetzungen des Regius-Poems und der Schaw-Statuten von 1598 und 1599 in der Bearbeitung von Roland Müller, sowie die ältesten Zunftordnungen verschiedener Steinmetz-Organisationen. Darunter u.a. die Verordnung für die Steinmetzen von St. Giles, den Edinburgher Siegelbrief, die Torgauer Steinmetzordnung und die Trierer Steinmetzen-Zunftordnung. Die Älteste Zunft-Urkunde 1248 stammt aus Basel.


Steinmetzbrauch

Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)


Die Tatsache ist heute kaum mehr bestritten, daß die Freimaurerei von 1717 durch ganz allmähliche Entwicklung auf dem Urboden der mittelalterlichen Bruderschaften der Bauleute und Steinmetzen erwachsen ist. In vielen Punkten diente das Brauchtum der mittelalterlichen Bauhütten-Bruderschaften (s. d.) und sein symbolischer Gehalt, "das ritualistische Geheimnis der sogenannten inneren Hütte", als Vorbild für die Freimaurerei in ihrer heutigen Form.

In der Bauhütte stand des Meisters Werkbank auf der ihm allein vorbehaltenen Ostseite. Im Westen arbeiteten die Parlierer, die Aufseher, im Süden die (in der Zunft sonst gleichberechtigten) Gesellen mit dem Gesicht nach Osten und im Norden die Lehrlinge. Der losgesprochene Lehrling, dem die Rechte eines Gesellen zuerkannt wurden, war "zünftig", wenn er nach bestandener Prüfung seiner Kenntnisse in den geheimen Zunftbräuchen regelrecht zum "ehrbaren Gesellen" geworden war. Der Ausweis der Zugehörigkeit erfolgte in der Hauptsache durch geheime Zwiereden, Zeichen und Stellungen, der Unterricht im geheimen Brauchtum erfolgte durch die "Ausweisgesellen".

Der "Ausweis" bestand aus "Zeichen und Wort" oder auch aus Schritt, Gruß und Handschenk (Schritt und Handschenk, s. Bauhütten-Brüderschaften). Das "Zeichen", Erkennungszeichen, wurde dadurch gegeben, daß man "die rechte Hand ausgebreitet, die vier Finger zusammengeschlossen so unter das Kinn legte, daß der Daumen unter dem rechten Ohr nach hinten zu stehen kam". Dieses Halszeichen findet sich schon im Jahre 1144 am Westportal der Wiener Stephanskirche im Brustbild eines bärtigen Mannes, eines Steinmetzen, eingehauen.

Der "Schlag" bestand aus zwei raschen und einem langsamen Anklopfen. Bei der Aufnahme zum Gesellen trat der Steinmetz halb entkleidet mit verbundenen Augen, bloßer Brust und mit entblößem linken Knie ein. Zu den "Heimlichkeiten" gehörten auch brauchtümliche Redewendungen- beim "Anschlag" der Aufnahme stellten sich die Anwesenden nach dreimaligem Hammerschlag des Meisters mit rechtwinkelig gestellten Füßen, die rechte Hand auf der linken Brustseite, zusammen, um einem Zwiegespräch zwischen Meister und dem zweiten Altermann zu lauschen, in dem u. a. in vernewerter Form von Adomhiram als erstem Maurer und Tubalkain als Erfinder des Werkzeugs die Rede war. Die "freie Morgensprache" wurde mit Frage nach der Zeit und dreifachem Hammerschlag geschlossen.

Die mittelälterlichen Steinmetzen waren sich des symbolischen Gehalts ihrer Werksarbeit und ihrer Werkzeuge wohl bewußt. Sie waren künstlerisch erzogen für ihre als Religion empfundene Kunst, symbolfreudige Männer, Zirkel, Winkelmaß, Wasserwaage und die anderen Werkzeuge hatten ihre tiefe sinnbildliche Deutung. Als oberstes Geheimnis, das mit dem Schleier der Mystik und Symbolik umhüllt streng bewahrt wurde, galt der sogenannte "rechte Steinmetzgrund", in dem das ganze Wesen des Konstruierens verborgen war, dessen Erkenntnis als höchstes Ziel des Br. galt. Dieser Steinmetzgrund enthielt in seinem rein praktischen Teil die drei Hauptfiguren des Quadrats, des gleichseitigen Dreiecks und des Kreises, die in der Gotik die Grundformen der Kirche, die Punkte der Säulenstellungen und die Höhenverhältnisse angaben aber auch zusammen mit dem Achteck und den Werkzeugen in den Beziehungen des rechtwinkeligen, gleichschenkeligen Dreiecks (des harmonischen Dreiecks) enthälten waren, in dem die ganze Harmonie des Baues begründet und ausgesprochen war, dem Sinnbild der geheimnisvollen Kraft, aus der die durch geniale Intuition erfaßte architektonische Harmonie erfloß, und das zugleich das unaussprechliche Erlebnis der innerlich erfaßten Einheit von gleichseitigem Dreieck, Quadrat und Kreis bezeichnete.

Goethe sagt über diese Sonderheit der Steinmetzen ("über Kunst und Ältertum in den Rhein- und Maingegenden"): Ihre Großen Vorteile: durch geheime Zeichen und Sprüche sich den ihrigen kenntlich zu machen... organisiert denke man sich eine unzählbare Menschenmasse durch alle Grade der Geschicklichkeit dem Meister an die Hand gehend, durch Religion begeistert, durch Kunst belebt, durch Sitte gebändigt; dann fängt man an zu begreifen, wie so ungeheure Werke konzipiert, unternommen und, wo nicht vollendet, doch immer weiter als denkbar geführt worden . . ." (Eduard Förster im "Bundesblatt" 1928, Nr. 10 und 11; vergl. ferner Eugen Weiß: "Steinmetzart und Steinmetzgeist", und Wagler: "Entstehung der Freimaurerei und ihrer Symbolik").

Siehe auch