Systeme und Rituale im Vergleich: Unterschied zwischen den Versionen

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Sitz des 1. Aufsehers (Westen - Sden), die Worte des 1.  und 2. Gra-
 
Sitz des 1. Aufsehers (Westen - Sden), die Worte des 1.  und 2. Gra-
 
des, und  damit  auch  die  Bezeichnung  der  Tempelsƒulen, sind  ver-
 
des, und  damit  auch  die  Bezeichnung  der  Tempelsƒulen, sind  ver-
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Forschungsloge QUATUOR CORONATI Kurzvortrag: Die Initiation – Ritualvergleiche 26. Arbeitstagung Okt. 2004
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Erwin Bohnacker SOKRATES ZUR STANDHAFTIGKEIT Seite 2 von  4
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tauscht und die Altarposition fr den damaligen alten Eid (Osten - Wes-
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ten).  Vor  allem  ist  das neuenglische Ritual deistisch  und  das  altengli-
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sche christlich geprƒgt.
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Erst 1813 fanden die beiden Gro‚logen zur United Grand Lodge of Eng-
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land zusammen, indem sich inhaltlich die ‘Moderns` stark an die Traditi-
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onalisten angenƒhert hatten. Die christlichen Bezge wurden aber gro‚-
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teils aus dem Ritual genommen.
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SCHOTTISCHES SYSTEM (Hochgradmaurerei).
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Eine ganz andere Freimaurerei als die Englische hatte sich wahrschein-
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lich lange vorher in Schottland entwickelt. Zwar ist der Ursprung beider
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Systeme im historischen Dunkel, aber die Geschichte einzelner schotti-
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scher Logen geht sehr weit zurck (z.B. Kilwinning), und Anfang des 18.
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Jh.  arbeiten  nachweislich  bereits mehrere Hochgradsysteme  in  Schott-
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land in Logen bzw. Kapiteln. Auch ist der Einfluss der spekulativen Mau-
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rer  ein  gƒnzlich  anderer,  denn  in  Schottland  wird  er hauptsƒchlich  auf
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Geistliche wie auch weltliche Orden zurckgefhrt, aber vor allem berief
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man sich darauf, das Erbe der Templer - Geschichte und Legenden sind
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ja hinreichend bekannt - gleichzeitig mit bernommen zu haben.
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Historische Wahrscheinlichkeit unbenommen, es ist eine geschichtliche
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Tatsache, dass aus Schottland eine Freimaurerei gƒnzlich anderer Prƒ-
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gung  hervorgegangen  ist  – sehr  christlich,  mit  durchgƒngig  weiterfh-
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renden Graden eines Lehrgebƒudes ber die ersten drei Grade hinaus.
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Wichtig fr unser Verstƒndnis der Freimaurerei und ihrer Rituale ist, dass die
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Freimaurerei nicht  nur in England ihren Ursprung hatte, denn die damalige
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schottische Hochgrad-Freimaurerei hat  sich  genauso  schnell  ber  die Welt
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verbreitet wie die englische.
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Die  Gro‚logen  der  romanischen und  der  sd- und mittelamerikanischen
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Lƒnder, sowie die Gro‚loge von Frankreich sind schottischen Ursprungs in
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reiner Form, und in abgewandelter Form die Gro‚logen der BeNeLux- sowie
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der nordischen Lƒnder und der Grand Orient Frankreichs.
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DEUTSCHE FREIMAURERISCHE SYSTEME
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1737  beginnt  in Hamburg die sich schnell verbreitende  Freimaurerei in
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Deutschland. Mitte  des  18.  Jh.  gab  es  Provincial-Gro‚logen der  Neu-
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englischen Freimaurerei in Hamburg und Frankfurt, sowie selbst ernann-
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te Gro‚logen in Berlin (des jungen 'Alten Fritz'), Dresden und Bayreuth
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die meisten bereits mit Tochterlogen.
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Zur gleichen Zeit hatte sich aber ber Paris (1737 dort von einem Ram-
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say propagiert) auch die Schottische Hochgradmaurerei nach Deutsch-
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land und Europa ausgebreitet.
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Zur Wahl und in Konkurrenz standen nun zwei freimaurerische Systeme
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a)  Symbolische  Werksmaurerei  in  3  Graden  - humanitƒr/egalisierend
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und b) Hochgradmaurerei in X Graden, esoterisch, wahre Geheimnisse,
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Exklusivitƒt und in Auswchsen auch finanzielle Gewinne versprechend.
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Wo sie in der deutschen Kleinstaaterei erlaubt war, blhte die Freimau-
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rerei, und  dem  Zeitgeist  entsprechend  entschied  man  sich  mehr  und
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mehr fr die Hochgradmaurerei.
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So hatte von Mitte des 18. Jh. an ein Hochgrad-System - die Strikte Ob-
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servanz  - viele  existierende  Gro‚logen und Logen  fr  sich  gewonnen
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und insbesondere  nach  der  Vereinigung  mit  dem  Klerikalen  System
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(1772) begonnen, die  deutsche  Freimaurerei zu  dominieren.  Der Tem-
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pelherrenorden  sollte  wieder  aufleben, mit  strengem Gehorsam  gegen
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unbekannte Obere.
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Ein  etwas  geƒndertes  franz„sisches Hochgrad-System  - basierend  auf
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der Templerlegende, absolut christlich, streng hierarchisch und sehr ex-
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klusiv - existierte seit 1736 in Schweden (und spƒter in ganz Skandina-
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vien). Dessen (Eckleffsche-)Rituale hatte  sich J.W.K. v.  Zinnendorf  be-
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sorgt, von 1768 an einige Logen gestiftet und in Folge die Gro‚e Lan-
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desloge der Freimaurer von Deutschland in Berlin gegrndet.
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Die  deutsche  Freimaurerei wurde  chaotisch. Scharlatane,  Idealisten,
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Machtschtige  und Betrger  betƒtigten  sich (pseudo-)freimaurerisch,
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und  bald machte  sich  Enttƒuschung  aus unerfllten Erwartungen,
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Machtkƒmpfen und Intrigen  breit.  1782  sollte  der Wilhelmsbader  Kon-
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vent die  vielfƒltigen  Probleme  l„sen. Das  gelang  nicht, man  kam  aber
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zum Schluss, dass die Legende der freimaurerischen Abstammung von
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den Tempelrittern  historisch  nicht  haltbar  sei. Das System  der  Strikten
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Observanz  wurde  zum  sogenannten  Rektivizierten  System reformiert.
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Damit war  das  Schicksal  der  Strikten Observanz  zwar  besiegelt, aber
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gro‚e  Teile  der deutschen  Freimaurerei  waren  auch  orientierungslos
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und gelƒhmt.
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Die GNML 3WK hatte  das  Rektivizierte  System  in  etwas  verƒnderter
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Form bernommen, l„ste sich kurz nach dem Konvent von der Strikten
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Observanz und erklƒrte  sich  fr  selbstƒndig. 1797  gab  sie  sich  eine
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neue  Grundverfassung, die Logen bekamen mehr Selbstƒndigkeit  (das
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Direktionsrecht  wurde  den  h„heren  Graden, welche Erkenntnisstufen
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wurden, entzogen) und sie nahm den heutigen Namen Gro‚e National-Forschungsloge QUATUOR CORONATI Kurzvortrag: Die Initiation – Ritualvergleiche 26. Arbeitstagung Okt. 2004
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Erwin Bohnacker SOKRATES ZUR STANDHAFTIGKEIT Seite 3 von  4
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Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln" an.
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Eine stetige Entwicklung und die Protektion der Preu‚ischen K„nige und
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Kaiser  (Edikt von  1798)  machte  sie  zur  gr„‚ten  Gro‚loge vor  der  Zeit
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der Dunkelheit.
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Die GLL FvD war vom Untergang der Strikten Observanz kaum berhrt,
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au‚er dass v.Nettelblatt die Templerlegende in den Ritualen zurckge-
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nommen hatte und diese spƒter (1888) gƒnzlich aufgegeben wurde. Das
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Ordens-System an  sich: absolut  christlich mit strenger hierarchischer
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Ausrichtung und die Betrachtung der Johannisgrade als Vorstufe zu den
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Hochgraden hat bis heute unverƒndert Bestand.
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Eine stetige Entwicklung wie auch die Protektion des Preu‚ischen Herr-
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scherhauses machte  sie  zur  zweitgr„‚ten  Gro‚loge  vor  der  Zeit  der
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Dunkelheit.
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Der  Eklektische Freimaurerbund in  Frankfurt  am  Main leitete  nach
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dem  Wilhelmsbader  Konvent  die  freimaurerische  Reformation  ein,  die
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der Hochgrad-mden  Freimaurerei neue  Orientierung  gab.  Auf  Betrei-
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ben  v.Ditfurths (Wetzlar)  und Br„nners (Frankfurt)  konnte 1783  durch
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Rckbesinnung  auf  die  Basiswerte  der  Freimaurerei der  Eklektische
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Bund  gegrndet  werden.  Rituale und  Gesetze basierten  auf  dem  neu-
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englischen Ritus der Loge zur Einigkeit, Frankfurt.
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In der 1. Hƒlfte des 19. Jh.  war der  Eklektische Bund durch die Ausei-
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nandersetzungen  um  das  'Christliche  Prinzip'  ma‚geblich  an  der  Prƒ-
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gung der 'humanitƒren' Freimaurerei beteiligt.
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Gro€e Loge von Preu€en (Royal  York zur  Freundschaft). Durch  den
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Beitritt Ignaz Fe‚lers 1796 in die Hochgrad-Loge Royal York war dieser
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nicht nur ihr Grnder als neuer Gro‚loge und somit des dritten Berliner
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christlichen Hochgradsystems erstanden,  sondern  die  deutsche  Frei-
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maurerei hatte auch  einen ihrer  gro‚en  Reformatoren bekommen.  Er
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schuf  zuerst  in  Anlehnung  an  das  altenglische  System die  Rituale  der
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Johannisgrade neu,  wandelte  dann  widerstrebend die  franz„sischen
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Hochgrade in  mehrere  Erkenntnisstufen  um, teilte  danach die  Loge
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mehrfach, um Gro‚logen-Status zu erreichen und erwirkte zudem noch
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das Protektorat des K„nigs.
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Die Fe‚lerschen Johannisgrade  wurden zur Basis anderer Rituale, ins-
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besondere derer der Gro‚loge "Zur Sonne" in Bayreuth.
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Gro€loge von Hamburg.  Der  gro‚e  Reformator  Friedrich  Ludwig
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Schr„der trat erfolgreich fr die Vereinfachung und Entmystifizierung der
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Freimaurerei ein, und  reformierte, indem er  alle Hochgrade eliminierte,
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System und Rituale nach dem altenglischen Ritus. 1801 war die 'Schr„-
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dersche  Lehrart' von seiner  Gro‚loge und 1816  bereits  von  33  Logen
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unter drei weiteren Gro‚logen angenommen worden. Schr„der war aber
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nicht nur Reformator (System und Engbund) sondern  auch ein Vereini-
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ger der Freimaurerei (Gro‚logenverein).
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Durch seine gro‚e Akzeptanz prƒgte das Schr„dersche System die hu-
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manitƒre Freimaurerei ma‚geblich.
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Gro€loge "Zur Sonne" in Bayreuth. Der wechselhaften Geschichte der
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1741  gegrndeten Bayreuther  Loge  durch Systemƒnderungen (Strikte
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Observanz,  Royal  York) und  Staatszugeh„rigkeiten (Markgrafschaft,
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Preu‚en, Bayern) folgte eine Glanzzeit unter der Gro‚meisterschaft J.K.
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Bluntschlis (1872-78).  Er  gab  seiner  Gro‚loge eine  neue  Verfassung
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und berarbeitete fr sie die Fe‚lerschen Johannis-Rituale.
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Vergleich der Historie der Rituale der VGLvD.
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(siehe nachfolgende grafische Darstellung)
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Von  den  fnf  unter  dem  Dach  der  VGLvD  vereinigten  Gro‚logen arbeiten
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vier nach historischen Ritualen. Zwei davon sind Hochgradsysteme schottischen
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Ursprungs: 1) die GNML 3WK arbeitet nach dem Rektivizierten System und
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2) die GLL FvD nach schwedischer Lehrart.
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Die anderen beiden Rituale sind englischen Ursprungs: 1) in den Logen der
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GL BFG wird gearbeitet  wie  es  in  der  Union  Emulation  Lodge  of  Improve-
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ment  seit  1814 unterrichtet  wird  und  2)  in  den  Logen  der  ACGL kommen
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Rituale  altenglischen  Ursprungs verschiedener Gro‚logen der  USA  und
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Kanada zur Anwendung.
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Die  in  der  GL A.F.u.A.M.v.D verwendeten  Rituale  - auch  englischen Ur-
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sprungs - tragen der Situation Rechnung, dass erst die Zusage an die beitre-
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tenden Logen, ihre Rituale weiterhin verwenden zu k„nnen, die Bildung der
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einen Gro‚loge nach  dem  Kriege  berhaupt  erm„glichte. Nach  Anfangs-
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schwierigkeiten  konnte  1966  ein  Gro‚logen-Ritual  vorgestellt  werden,  das
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eklektisch  versuchte, m„glichst  vielen  Brdern Vertrautes  zu  bieten.  Auf
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Grund einer Flut von 'Verbesserungs'-Wnschen und einer Schwerpunktver-
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lagerung  von  der  Belehrungsmethode  zum  kultischen  Erlebnis  wurde
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1981/82 eine berarbeitete Version in Kraft gesetzt.
 +
Heute  arbeiten  fast  80%  der  A.F.u.A.M.-Logen  nach  diesem  Gro‚loge-
 +
Ritual, die anderen hauptsƒchlich nach den alten "Schr„der"-, "Sonne"- und
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Eklektischen Ritualen.

Version vom 6. August 2010, 22:17 Uhr

Kurzvortrag für die Forschungsloge Quatuor Coronati:

Die Initiation – Ritualvergleiche

26. Arbeitstagung Okt. 2004

Erwin Bohnacker SOKRATES ZUR STANDHAFTIGKEIT

Für einen Vergleich der Rituale, die innerhalb der Vereinigte Großlogen von Deutschland im Gebrauch sind, wären zuvorderst die Rituale ihrer fünf Großlogen: Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland, Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland, Große National-Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln", American Canadien Grand Lodge A.F.&A.M. und Grand Lodge of Britisch Freemasons in Germany heranzuziehen. Zusätzlich sind aber aus historischen Gründen in der Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland noch eine ganze Reihe weiterer Rituale in Verwendung, die gebräuchlichsten davon sind das "Schröder"-, das "Sonne"- und das Eklektische Ritual. Insgesamt sind also in Deutschland mindestens acht "Haupt"-Rituale in Gebrauch. Das zeigt uns recht deutlich, dass im Gegensatz zu Ländern mit nur einer Großloge - und nur einem Ritual - wir in Deutschland eine ebenso bereichernde wie verwirrende Ritualvielfalt haben. In Frankfurt am Main wird z.B. in sieben verschiedenen Ritualen gearbeitet, und da ist das in Deutschland mit Abstand meistgebrauchte A.F.u.A.M.-Ritual nicht einmal dabei.

Deshalb ist m.E. ein inhaltlicher Vergleich wegen der Vielfalt und der Unter- schiede der zu vergleichenden Rituale im zeitlichen Rahmen nicht vernünf- tig. Auch eine tabellarische Aufstellung der einzelnen Initiations-Handlungen, wie z.B. von der Berliner Loge "Zur Werkstatt" als Resultat von Ritualvergleichen publiziert, finde ich für unseren Zweck nicht genügend aussagekräftig.

Da ich sowieso der Überzeugung bin, dass das richtige Verstehen des eigenen wie auch der anderen freimaurerischen Rituale das Wissen um den jeweiligen Ursprung und die nachfolgende historische Entwicklung bedingt, habe ich dies als Ansatz eines Vergleichs der in Deutschland meistgebräuchlichen Rituale genommen.

Vergleich der Historie der meistgebrauchten deutschen Rituale Die wichtigste und oft für die deutschen Freimaurer auch überraschende Erkenntnis über die geschichtliche Entwicklung der Freimaurerei ist, dass sie zwei Wurzeln hat.

Viel zu oft wird bei uns in der freimaurerischen Historie vom offiziellen An- fang der Freimaurerei 1717 in London gesprochen und dies fr die weiteren geschichtlichen Ausfhrungen als Ursprung der Freimaurerei dargestellt. Das ist aber grundlegend falsch. Die Freimaurerei wurzelt in zwei sich grundsƒtzlich unterscheidenden Systemen, dem SCHOTTISCHEN und dem ENGLISCHEN, und dies ist insbesondere fr unsere deutsche Freimaurerei wichtig, wie wir noch sehen werden. Dass die Freimaurerei aus Bauhtten sakraler Bauwerke durch den allmƒh- lichen …bergang von tatsƒchlichen Bauleuten zu 'spekulativen' Maurern hervorging, ist bekannt und historisch belegt. Aber gerade in diesen Ur- sprngen liegt bereits ein gravierender Unterschied in den beiden Systemen. ENGLISCHES SYSTEM (Werksmaurerei). Beim Englischen System ist ganz eindeutig und wichtig, dass die speku- lativen Maurer aus aufklƒrerischen Geistesgruppen kamen. Au‚erdem gab es auch fr einen langen und insbesondere fr die weltweite Ent- wicklung der Freimaurerei wichtigen Zeitraum in England zwei Systeme. Neuenglisch ('Moderns'). Als offizieller Anfang der Freimaurerei (weil ab hier historisch einwand- frei belegt) gilt gemeinhin 1717, als sich die vier Londoner Logen zu ei- ner Gro‚loge zusammenschlossen. 1723 wird ihre bekannte Constituti- on von Reverend Anderson mit den berhmten 'Alten Pflichten' ver„f- fentlicht und 1730 erscheint - glcklicherweise - die Verrƒterschrift der Rituale von Pritchard, 'Masonry dissected' - sonst hƒtten wir heute keine Informationen ber die damaligen Rituale. Diese Richtung der Freimaurerei hat einen ganz ausgeprƒgten Einfluss aufkl€rerischer (deistischer) Gedanken. Altenglisch ('Ancients'). Entschieden anderer Einstellung sind Logen mit wahrscheinlich irischem Einfluss, die es wohl zur gleichen Zeit - zumindest behaupteten sie es von sich - in London gab. Diese zweite Gruppierung von Logen warf nƒmlich der ersten Gro‚loge vor, sie sei vom Althergebrachten abgewichen, und sie selbst seien die traditionelleren und auch die ƒlteren. Sie nannten sich deshalb auch so: 'Ancients', die Alten. 1751 schlie‚en auch sie sich zu einer Gro‚loge zu- sammen, d.h., mindestens von da an haben wir bis zum Zusammen- schluss der beiden Gro‚logen offiziell zwei recht unterschiedliche englische Systeme. Vereinigte Gro‚loge von England (United Grand Lodge of England). Die Hauptunterschiede der Neu- und Altenglischen Systeme sind: der Sitz des 1. Aufsehers (Westen - Sden), die Worte des 1. und 2. Gra- des, und damit auch die Bezeichnung der Tempelsƒulen, sind ver- Forschungsloge QUATUOR CORONATI Kurzvortrag: Die Initiation – Ritualvergleiche 26. Arbeitstagung Okt. 2004 Erwin Bohnacker SOKRATES ZUR STANDHAFTIGKEIT Seite 2 von 4 tauscht und die Altarposition fr den damaligen alten Eid (Osten - Wes- ten). Vor allem ist das neuenglische Ritual deistisch und das altengli- sche christlich geprƒgt. Erst 1813 fanden die beiden Gro‚logen zur United Grand Lodge of Eng- land zusammen, indem sich inhaltlich die ‘Moderns` stark an die Traditi- onalisten angenƒhert hatten. Die christlichen Bezge wurden aber gro‚- teils aus dem Ritual genommen. SCHOTTISCHES SYSTEM (Hochgradmaurerei). Eine ganz andere Freimaurerei als die Englische hatte sich wahrschein- lich lange vorher in Schottland entwickelt. Zwar ist der Ursprung beider Systeme im historischen Dunkel, aber die Geschichte einzelner schotti- scher Logen geht sehr weit zurck (z.B. Kilwinning), und Anfang des 18. Jh. arbeiten nachweislich bereits mehrere Hochgradsysteme in Schott- land in Logen bzw. Kapiteln. Auch ist der Einfluss der spekulativen Mau- rer ein gƒnzlich anderer, denn in Schottland wird er hauptsƒchlich auf Geistliche wie auch weltliche Orden zurckgefhrt, aber vor allem berief man sich darauf, das Erbe der Templer - Geschichte und Legenden sind ja hinreichend bekannt - gleichzeitig mit bernommen zu haben. Historische Wahrscheinlichkeit unbenommen, es ist eine geschichtliche Tatsache, dass aus Schottland eine Freimaurerei gƒnzlich anderer Prƒ- gung hervorgegangen ist – sehr christlich, mit durchgƒngig weiterfh- renden Graden eines Lehrgebƒudes ber die ersten drei Grade hinaus. Wichtig fr unser Verstƒndnis der Freimaurerei und ihrer Rituale ist, dass die Freimaurerei nicht nur in England ihren Ursprung hatte, denn die damalige schottische Hochgrad-Freimaurerei hat sich genauso schnell ber die Welt verbreitet wie die englische. Die Gro‚logen der romanischen und der sd- und mittelamerikanischen Lƒnder, sowie die Gro‚loge von Frankreich sind schottischen Ursprungs in reiner Form, und in abgewandelter Form die Gro‚logen der BeNeLux- sowie der nordischen Lƒnder und der Grand Orient Frankreichs. DEUTSCHE FREIMAURERISCHE SYSTEME 1737 beginnt in Hamburg die sich schnell verbreitende Freimaurerei in Deutschland. Mitte des 18. Jh. gab es Provincial-Gro‚logen der Neu- englischen Freimaurerei in Hamburg und Frankfurt, sowie selbst ernann- te Gro‚logen in Berlin (des jungen 'Alten Fritz'), Dresden und Bayreuth die meisten bereits mit Tochterlogen. Zur gleichen Zeit hatte sich aber ber Paris (1737 dort von einem Ram- say propagiert) auch die Schottische Hochgradmaurerei nach Deutsch- land und Europa ausgebreitet. Zur Wahl und in Konkurrenz standen nun zwei freimaurerische Systeme a) Symbolische Werksmaurerei in 3 Graden - humanitƒr/egalisierend und b) Hochgradmaurerei in X Graden, esoterisch, wahre Geheimnisse, Exklusivitƒt und in Auswchsen auch finanzielle Gewinne versprechend. Wo sie in der deutschen Kleinstaaterei erlaubt war, blhte die Freimau- rerei, und dem Zeitgeist entsprechend entschied man sich mehr und mehr fr die Hochgradmaurerei. So hatte von Mitte des 18. Jh. an ein Hochgrad-System - die Strikte Ob- servanz - viele existierende Gro‚logen und Logen fr sich gewonnen und insbesondere nach der Vereinigung mit dem Klerikalen System (1772) begonnen, die deutsche Freimaurerei zu dominieren. Der Tem- pelherrenorden sollte wieder aufleben, mit strengem Gehorsam gegen unbekannte Obere. Ein etwas geƒndertes franz„sisches Hochgrad-System - basierend auf der Templerlegende, absolut christlich, streng hierarchisch und sehr ex- klusiv - existierte seit 1736 in Schweden (und spƒter in ganz Skandina- vien). Dessen (Eckleffsche-)Rituale hatte sich J.W.K. v. Zinnendorf be- sorgt, von 1768 an einige Logen gestiftet und in Folge die Gro‚e Lan- desloge der Freimaurer von Deutschland in Berlin gegrndet. Die deutsche Freimaurerei wurde chaotisch. Scharlatane, Idealisten, Machtschtige und Betrger betƒtigten sich (pseudo-)freimaurerisch, und bald machte sich Enttƒuschung aus unerfllten Erwartungen, Machtkƒmpfen und Intrigen breit. 1782 sollte der Wilhelmsbader Kon- vent die vielfƒltigen Probleme l„sen. Das gelang nicht, man kam aber zum Schluss, dass die Legende der freimaurerischen Abstammung von den Tempelrittern historisch nicht haltbar sei. Das System der Strikten Observanz wurde zum sogenannten Rektivizierten System reformiert. Damit war das Schicksal der Strikten Observanz zwar besiegelt, aber gro‚e Teile der deutschen Freimaurerei waren auch orientierungslos und gelƒhmt. Die GNML 3WK hatte das Rektivizierte System in etwas verƒnderter Form bernommen, l„ste sich kurz nach dem Konvent von der Strikten Observanz und erklƒrte sich fr selbstƒndig. 1797 gab sie sich eine neue Grundverfassung, die Logen bekamen mehr Selbstƒndigkeit (das Direktionsrecht wurde den h„heren Graden, welche Erkenntnisstufen wurden, entzogen) und sie nahm den heutigen Namen Gro‚e National-Forschungsloge QUATUOR CORONATI Kurzvortrag: Die Initiation – Ritualvergleiche 26. Arbeitstagung Okt. 2004 Erwin Bohnacker SOKRATES ZUR STANDHAFTIGKEIT Seite 3 von 4 Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln" an. Eine stetige Entwicklung und die Protektion der Preu‚ischen K„nige und Kaiser (Edikt von 1798) machte sie zur gr„‚ten Gro‚loge vor der Zeit der Dunkelheit. Die GLL FvD war vom Untergang der Strikten Observanz kaum berhrt, au‚er dass v.Nettelblatt die Templerlegende in den Ritualen zurckge- nommen hatte und diese spƒter (1888) gƒnzlich aufgegeben wurde. Das Ordens-System an sich: absolut christlich mit strenger hierarchischer Ausrichtung und die Betrachtung der Johannisgrade als Vorstufe zu den Hochgraden hat bis heute unverƒndert Bestand. Eine stetige Entwicklung wie auch die Protektion des Preu‚ischen Herr- scherhauses machte sie zur zweitgr„‚ten Gro‚loge vor der Zeit der Dunkelheit. Der Eklektische Freimaurerbund in Frankfurt am Main leitete nach dem Wilhelmsbader Konvent die freimaurerische Reformation ein, die der Hochgrad-mden Freimaurerei neue Orientierung gab. Auf Betrei- ben v.Ditfurths (Wetzlar) und Br„nners (Frankfurt) konnte 1783 durch Rckbesinnung auf die Basiswerte der Freimaurerei der Eklektische Bund gegrndet werden. Rituale und Gesetze basierten auf dem neu- englischen Ritus der Loge zur Einigkeit, Frankfurt. In der 1. Hƒlfte des 19. Jh. war der Eklektische Bund durch die Ausei- nandersetzungen um das 'Christliche Prinzip' ma‚geblich an der Prƒ- gung der 'humanitƒren' Freimaurerei beteiligt. Gro€e Loge von Preu€en (Royal York zur Freundschaft). Durch den Beitritt Ignaz Fe‚lers 1796 in die Hochgrad-Loge Royal York war dieser nicht nur ihr Grnder als neuer Gro‚loge und somit des dritten Berliner christlichen Hochgradsystems erstanden, sondern die deutsche Frei- maurerei hatte auch einen ihrer gro‚en Reformatoren bekommen. Er schuf zuerst in Anlehnung an das altenglische System die Rituale der Johannisgrade neu, wandelte dann widerstrebend die franz„sischen Hochgrade in mehrere Erkenntnisstufen um, teilte danach die Loge mehrfach, um Gro‚logen-Status zu erreichen und erwirkte zudem noch das Protektorat des K„nigs. Die Fe‚lerschen Johannisgrade wurden zur Basis anderer Rituale, ins- besondere derer der Gro‚loge "Zur Sonne" in Bayreuth. Gro€loge von Hamburg. Der gro‚e Reformator Friedrich Ludwig Schr„der trat erfolgreich fr die Vereinfachung und Entmystifizierung der Freimaurerei ein, und reformierte, indem er alle Hochgrade eliminierte, System und Rituale nach dem altenglischen Ritus. 1801 war die 'Schr„- dersche Lehrart' von seiner Gro‚loge und 1816 bereits von 33 Logen unter drei weiteren Gro‚logen angenommen worden. Schr„der war aber nicht nur Reformator (System und Engbund) sondern auch ein Vereini- ger der Freimaurerei (Gro‚logenverein). Durch seine gro‚e Akzeptanz prƒgte das Schr„dersche System die hu- manitƒre Freimaurerei ma‚geblich. Gro€loge "Zur Sonne" in Bayreuth. Der wechselhaften Geschichte der 1741 gegrndeten Bayreuther Loge durch Systemƒnderungen (Strikte Observanz, Royal York) und Staatszugeh„rigkeiten (Markgrafschaft, Preu‚en, Bayern) folgte eine Glanzzeit unter der Gro‚meisterschaft J.K. Bluntschlis (1872-78). Er gab seiner Gro‚loge eine neue Verfassung und berarbeitete fr sie die Fe‚lerschen Johannis-Rituale. Vergleich der Historie der Rituale der VGLvD. (siehe nachfolgende grafische Darstellung) Von den fnf unter dem Dach der VGLvD vereinigten Gro‚logen arbeiten vier nach historischen Ritualen. Zwei davon sind Hochgradsysteme schottischen Ursprungs: 1) die GNML 3WK arbeitet nach dem Rektivizierten System und 2) die GLL FvD nach schwedischer Lehrart. Die anderen beiden Rituale sind englischen Ursprungs: 1) in den Logen der GL BFG wird gearbeitet wie es in der Union Emulation Lodge of Improve- ment seit 1814 unterrichtet wird und 2) in den Logen der ACGL kommen Rituale altenglischen Ursprungs verschiedener Gro‚logen der USA und Kanada zur Anwendung. Die in der GL A.F.u.A.M.v.D verwendeten Rituale - auch englischen Ur- sprungs - tragen der Situation Rechnung, dass erst die Zusage an die beitre- tenden Logen, ihre Rituale weiterhin verwenden zu k„nnen, die Bildung der einen Gro‚loge nach dem Kriege berhaupt erm„glichte. Nach Anfangs- schwierigkeiten konnte 1966 ein Gro‚logen-Ritual vorgestellt werden, das eklektisch versuchte, m„glichst vielen Brdern Vertrautes zu bieten. Auf Grund einer Flut von 'Verbesserungs'-Wnschen und einer Schwerpunktver- lagerung von der Belehrungsmethode zum kultischen Erlebnis wurde 1981/82 eine berarbeitete Version in Kraft gesetzt. Heute arbeiten fast 80% der A.F.u.A.M.-Logen nach diesem Gro‚loge- Ritual, die anderen hauptsƒchlich nach den alten "Schr„der"-, "Sonne"- und Eklektischen Ritualen.