Traktat: Die Loge zur Einigkeit und der Eklektische Bund zwischen 1900 und 1935: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 5. März 2017, 21:34 Uhr

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Die Loge zur Einigkeit und der Eklektische Bund zwischen 1900 und 1935

Schw. Prof. Dr. Anne Eckerle, Hans Koller

Zum Umgang mit der NS-Zeit

Über diese schwere Zeit aus den Akten einer einzelnen Loge zu berichten, führt zu einer hohen Auflösung, die Details und Zufälle der Situation greifbar macht und uns das Handeln der Brüder in lebensnahen Zusammenhängen vorlegt. Die Entwicklungen in den deutschen Bundeslogen, der Großloge und dem Großlogenbund scheinen dabei in Form von Schriftwechsel, übergreifenden Aktionen und ständig begleitenden Bezugnahmen mit auf. Aus der Perspektive des Großlogenbundes treten die Besonderheiten zurück und werden überdeckt von der allgemeinen Tendenz des Zeitraums, über den wir berichten, der Anpassung an den Nationalsozialismus in Deutschland.

In dieser Spannung von Singulärem und Allgemeinem steckt eine historisch-methodische Aufgabe, die uns zu dieser Arbeit herausgefordert hat. Das Folgende bewegt sich deshalb auf zwei Ebenen: der Berichterstattung und der Kritik ihrer Interpretation.

Wir kommen zu dem Schluss, dass die Verantwortung von uns Späteren weiter reicht als üblicherweise beschrieben – und dass sie hoch aktuell ist.

Hinführung

Wir beginnen mit einer Unterscheidung:

  1. Das Engagement für die Aufarbeitung der Logengeschichte entsteht aus der Betroffenheit der Nachgeborenen, und zwar über Beides, die historische Annäherung an den Nationalsozialismus und das Schweigen, das in maurerischer Absprache nach 1945 darüber gelegt wurde.
  2. Die Aufarbeitung ist eine wissenschaftliche Nachzeichnung des Geschehenen und eine Auseinandersetzung mit den historisch Handelnden, in der es um deren Verantwortung für die Ereignisse geht.

Dabei ist das Engagement der Nachgeborenen an die Menschen der Jetzt- Gegenwart gebunden. Für (fast) alle gesellschaftlichen Felder liegen inzwischen Untersuchungen über die Entwicklungen zwischen Erstem und Zweitem Weltkrieg vor. Dabei war und ist das leitende Interesse neben einer redlichen Berichterstattung immer auf die Frage gerichtet: Wie können wir Heutigen die Verantwortung dafür übernehmen, dass eine ähnliche Situation nie wieder eintritt? Wir interpretieren die Fakten in unserer Sprache, in unseren Bedeutungsräumen, denn diese sind es auch, die wir im gegenwärtigen politischen Handeln und zur gesellschaftlichen Prävention einsetzen müssen (Interpretation ex post). Dabei ist die Chance zur Prävention (auch) davon abhängig, dass die Ursachen der Katastrophe gut verstanden wurden.

Die Auseinandersetzung mit den historisch Handelnden ist methodisch an ein anderes Vorgehen gebunden. Sie muss die hermeneutische Arbeit im Kontext der Damals-Gegenwart leisten und zu verstehen versuchen, wie Menschen zu ihren Meinungen und Taten kamen. Dabei geht es ebenso um die historischen Umgebungen für Sozialisation, Bildung und Erziehung (soziologische Aspekte) wie um die subjektiven Entscheidungen der vielen Einzelnen im Kontext und auf Grundlage dieser historischen Umgebungen (psychologische Aspekte). Wir interpretieren die Fakten daher nicht in unserer Sprache und deren Bedeutungsräumen, sondern wir begeben uns in die historischen Kontexte (Interpretation ex ante); denn diese sind es auch, die wir zur Erklärung und Zuweisung von Verantwortung an die Handelnden der Damals-Gegenwart einsetzen müssen.

Diese hermeneutische Arbeit ist Risiken „der ersten Art“ und „der zweiten Art“ ausgesetzt:

  1. Das Risiko der ersten Art besteht darin, dass die Öffentlichkeit und die Logen in der Jetzt-Gegenwart die ausstehende Aufarbeitung anmahnen und die Verschleppung gegen den Anspruch der Freimaurerei wenden.
  2. Das Risiko der zweiten Art besteht darin, dass die öffentliche Erwartung an die Ergebnisse der Auseinandersetzung einen Rahmen setzt, in dem die Interpretation ex post immer schon enthalten ist: Die historisch (falsch) Handelnden sind für die Katastrophe verantwortlich. Die methodisch gegenläufige

Annäherung ex ante kann daher als ungebührliche Bereitschaft zum Verstehen der damals Handelnden statt als wissenschaftliche Notwendigkeit aufgefasst werden.

Das Risiko erster Art ist nach einer Reihe von einschlägigen Publikationen und zuletzt mit dem Band „Identität und Gedächtnis“ von Br. Hans-Hermann Höhmann geringer geworden.1 Mit klarer Sprache und sorgfältiger Dokumentation hat Br. Höhmann die Bewegungen innerhalb der deutschen Großlogen nachgezeichnet und damit der Öffentlichkeit ein verständliches, im Umfang zumutbares und allgemein erreichbares Werk zur Verfügung gestellt. Die aufgezeigten Strukturen sind repräsentativ. Die Dokumente des Archivs der Loge zur Einigkeit könnten seine Belege mit gleicher Tendenz vielfältig weiterführen und bestätigen.

Das Risiko zweiter Art ist Ausgangspunkt für unseren „methodischen Einwand“. Die nachfolgende Erörterung wäre uns kaum möglich, wenn nicht das Risiko erster Art gemindert wäre. Die Arbeit an Vertiefungen und Details wird dadurch erleichtert, dass sie in einem gültigen Gesamten verortet werden können. Daher hoffen wir, unsere Leser gelassen in eine „ex ante“ Perspektive mitnehmen und die Auseinandersetzung um persönliche Verantwortung von da aus prüfen zu können.

In den Akten unseres Archivs treten uns die Brüder der Damals-Gegenwart leibhaftig entgegen. Sie tragen die Verantwortung im Damals, aber wir haben ihnen gegenüber die Verantwortung im Jetzt.

Das methodische Problem: Weiterführung einer Argumentation von Br. Höhmann

Br. Höhmann schickt seiner geschichtlichen Darstellung die Anmerkung voraus, dass wissenschaftliche Sorgfalt keineswegs den Verzicht auf moralisch begründete Urteile über das Gewesene verlange. „Gewiss gilt für den Betrachter immer ‚Ich weiß nicht, wie ich mich in der damaligen Situation verhalten hätte‘. Doch derartige Überlegungen sollten verhaltenskritischen historischen Reflexionen nicht im Wege stehen.

(1) Einmal bedeutet, nicht zu wissen, wie man sich selbst verhalten hätte, keineswegs, dass man nicht wüsste, wie man sich hätte verhalten sollen.
(2) Zum anderen haben sich andere Teile der deutschen Gesellschaft und auch der deutschen Freimaurerei anders, nämlich ablehnend gegenüber aggressiven, judenfeindlichen und zuletzt völkischen sowie nazistischen Strömungen verhalten.

Und schließlich

(3) zeigen auch die Beispiele einer Reihe anderer, ebenfalls von Kriegsfolgen und Weltwirtschaftskrise betroffener europäischer Länder, dass Krisenüberwindung ohne Verzicht auf Demokratie, gesellschaftlichen Pluralismus und Friedensorientierung möglich war – und wohl auch in Deutschland möglich gewesen wäre, wenn das deutsche Bürgertum über Kraft und Konzeptionen verfügt hätte,dies wirklich zu wollen.“ 2'

Unser Versuch, die Geschichte des Eklektischen Bundes aus der Perspektive ex ante nachzuzeichnen, wird besonders für Urteile entsprechend dem ersten Gesichtspunkt relevant sein. Im gleichen Zug ergeben sich aber Argumente, die auch die beiden anderen Gesichtspunkte mit betreffen.

Das „Völkische“ – ein Schlüsselbegriff der Argumentation

Ende des 18. Jahrhunderts nimmt das Interesse an historischen Forschungen über das Germanische/Deutsche zu. Sie beschreiben Überlieferungen, Bräuche, Entwicklungen der Sprache und des Rechts und tragen so die Inhalte eines kollektiven Bewusstseins zusammen, das sich politisch als „Kulturnation“ formiert und mental als „deutsche Volksseele“ oder „Volksgeist“.3

Völkisch, volklich, Volkheit, Volksseele und Volksgeist sind zum Ausgang des 18. Jahrhunderts gängige Wörter.

Zunächst stand „Volk“ als Bezeichnung für die niederen Schichten neben „Nation“ (von natio - Geburt) für die gehobenen Schichten. Doch mit zunehmender politischer Bewusstheit einer über alle deutschen Staaten hinweg reichenden Gemeinsamkeit setzt sich die Eindeutschung durch und nimmt den politischen Gedanken auf: die Zugehörigkeit auf der Basis gleicher Abstammung. „Die Kategorie Volk wird zunehmend eine offensive Kategorie, mit der Identität weniger durch Abgrenzung als durch Zugehörigkeit (zu einer Erzählgemeinschaft, einer Volksgemeinschaft, einer Blutsgemeinschaft) gestiftet wird. Mit dieser neuen Offensivität … wird der Begriff gleichzeitig zu einer brisanten politischen Kategorie.“4 In einem modernen progressiven Sinn steht zu Beginn des 19. Jahrhunderts das Völkische dem Staatlichen gegenüber; der Begriff steht für die neue Macht, die überall in Europa den Fürsten entgegen tritt.

Während der napoleonischen Besetzung wird dieses Bewusstsein zur Aufgabe. Der völkische Gedanke entfaltet seine Kraft - und wird benutzt.

Scharnhorst schreibt 1807/08: „Man muss der Nation das Gefühl der Selbständigkeit einflößen, man muss ihr Gelegenheit geben, dass sie mit sich selbst bekannt wird, dass sie (sich) ihrer selbst annimmt; nur erst dann wird sie sich selbst achten und von anderen Achtung zu erzwingen wissen. Darauf hinzuarbeiten, dies ist alles, was wir können. Die alten Formen zerstören, die Bande des Vorurteils lösen, die Wiedergeburt leiten, pflegen und sie in ihrem Wachstum nicht hemmen, weiter reicht unser hoher Wirkungskreis nicht. … Es scheint bei der jetzigen Lage der Dinge darauf anzukommen, dass die Nation mit der Regierung aufs Innigste vereinigt werde, dass die Regierung gleichsam mit der Nation ein Bündnis schließt, welches Zutrauen und Liebe zur Verfassung erzeugt und in ihr eine unabhängige Lage wert macht.“5

Ebenfalls 1808 hält Fichte seine suggestiven Reden an die deutsche Nation. In der 8. Rede beschwört er seine Zuhörer, ihr ewiges Leben im Fortleben des Volkes zu suchen: „Sein (des edlen deutschen Menschen) Glaube und sein Streben, Unvergängliches zu pflanzen, sein Begriff, in welchem er sein eigenes Leben als ein ewiges Leben erfasst, ist das Band, welches zunächst seine Nation, und vermittelst ihrer das ganze Menschengeschlecht innigst mit ihm selber verknüpft, und ihrer aller Bedürfnisse, bis ans Ende der Tage, einführt in sein erweitertes Herz. Dies ist seine Liebe zu seinem Volke, zuvörderst achtend, vertrauend, desselben sich freuend, mit der Abstammung daraus sich ehrend. ... Sodann thätig, wirksam, sich aufopfernd für dasselbe. Das Leben, bloss als Leben, als Fortsetzen des wechselnden Daseins, hat für ihn ja ohnedies nie Wert gehabt, er hat es nur gewollt als Quelle des Dauernden; aber diese Dauer verspricht ihm allein die selbstständige Fortdauer seiner Nation; um diese zu retten, muss er sogar sterben wollen, damit diese lebe, und er in ihr lebe das einzige Leben, das er von je gemocht hat.“6

Und in Ausführungen zur Organisation von Studenten 1811 fasst er im Sinn von Scharnhorst (und des Freiherrn vom Stein) die Zielrichtung zusammen: „Diese Zeit legt … dem deutschen Jünglinge auf, … sich deutsch zu bilden. Deutsch heißt schon der Wortbedeutung nach völkisch, als ein ursprüngliches und selbständiges, nicht als zu einem Andern gehöriges, und Nachbild eines Andern. … Es würde gut sein, wenn diese Grundsätze ausdrücklich mit Beziehung auf Erhaltung des deutschen Volkes ausgesprochen würden, und die Studierenden aller deutschen Universitäten zur Ausübung derselben sich vereinigten …“7

Was in diesen Texten anklingt, ist eine planvolle Vereinnahmung des Völkischen für die Befreiung von der französischen Besatzung, um den Preis der Domestizierung der progressiven Kraft durch Anbindung an die staatlichen Institutionen. In dem berühmten juristischen Kodifizierungsstreit8 anlässlich der Neuordnung Deutschlands nach Napoleon ging es auch um die politische Orientierung der völkischen Bewegung. Mit Friedrich Carl von Savigny setzte sich die konservative Seite durch. Savigny sieht Sprache und Recht in einem organischen Zusammenhang mit dem Wesen und dem Charakter des Volkes, als Ausdruck des Volksgeistes. „Wo wir zuerst urkundliche Geschichte finden, hat das bürgerliche Recht schon einen bestimmten Charakter, dem Volk eigentümlich so wie seine Sprache, Sitte, Verfassung. Ja diese Erscheinungen haben kein abgesondertes Dasein, es sind nur einzelne Kräfte und Tätigkeiten des einen Volkes, in der Natur untrennbar verbunden und nur unserer Betrachtung als besondere Eigenschaften erscheinend. Was sie zu einem Ganzen verknüpft, ist die gemeinsame Überzeugung des Volkes, das gleiche Gefühl innerer Notwendigkeit, welches allen Gedanken an zufällige und willkürliche Entstehung ausschließt.“9

Wenige Jahrzehnte später äußern sich zwei prominente Abgeordnete der Paulskirchenversammlung erleichtert über Savignys gelungene Abwehr des falschen Liberalismus, Georg Beseler, ein Jurist und Mitglied des preußischen Herrenhauses, und Friedrich Christoph Dahlmann, der führende deutsche Staatsrechtler und Verfassungshistoriker: Beide bekennen sich im Verfassungsausschuss der Paulskirche dazu, dass gerade der „tiefe konservative Sinn, der in unserem Volke durchaus maßgebend und vorherrschend“ sei und durch den sich „der tiefe germanische Zug der Genossenschaft“ bewahrt habe, genau vor jenen Schäden geschützt werden müsse, die „der … zersetzende [Eifer] des falschen Liberalismus namentlich seit der Aufklärungszeit in der Rheinbundepoche über Deutschland“ gebracht habe.10

Die völkische/nationale Bewegung nimmt – anders als in Frankreich –eine konservative Richtung an, die in der Zeit der Restauration und des Vormärz noch mit der progressiven Richtung parallel läuft, aber in der Paulskirche bereits mehrheitlich vertreten wird. Hier ist nicht der Platz, die versäumte deutsche Revolution zu beschreiben. Für die Bedeutung des Völkischen ist Mitte des Jahrhunderts kennzeichnend, dass sein Pathos mit den Befreiungskriegen verbunden bleibt. Analysen, die den Erfolg gegen Napoleon auf die nationale Sammlung zurückführen, sind Gemeingut. Das deutsche Volk muss zusammenstehen, darin erst kommt seine kulturelle und physische Überlegenheit zur Wirkung. Deutschland ist das kulturelle Zentrum Europas, andere Nationen nehmen seine Kraft auf und sind deshalb in der Lage, sich zu entwickeln.11

Auf Spaltungen, wie sie durch die antagonistische Entwicklung des Finanzbürgertums und der Industriearbeiterschaft drohen, auf die Polarisierung von Klassen, kann es daher nur eine Antwort geben: Sie gefährden die Nation, die nur aus ihrer Einheit und Geschlossenheit heraus ihre Kraft entwickeln kann.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts treten wissenschaftliche Forschungsgebiete hinzu, die die Grundlagen für ein solches Selbstbild in physischen Eigenschaften des deutschen Menschen suchen, die Völkerpsychologie (in ihrer biologistischen Ausrichtung) und die Rassenforschung (im Anschluss an die 1859 publizierte Evolutionstheorie von Charles Darwin). Jetzt erst nimmt das „Völkische“ Konnotationen mit auf, die es ex post der Vorgeschichte des Nationalsozialismus zuzuordnen erlauben. Die Überhöhung des Deutschen erhält jetzt eine im Erbgut angelegte Erklärung, die Minderwertigkeit der Anderen in gleicher Weise. Antisemitismus wird jetzt zu Rassismus. Die Chance, das deutsche Wesen zu verstehen, an deutscher Kultur teilzuhaben, ist - so die neue Lehre - von deutschem Blut abhängig. Wer diese Voraussetzung nicht mitbringt, steht verständnislos außerhalb der völkischen Gemeinschaft. Und: Wenn das so ist, dann muss die Reinheit des deutschen Blutes in deutschen Menschen ein hohes Ziel sein.

Die Aufnahme des Rassismus in die Bedeutungsumgebung des Völkischen ist nicht deckend. Die völkische Bewegung ist ideologisch, organisatorisch und nach ihren Zielen heterogen; ihre Gegensätze werden bis Ende der Weimarer Zeit in heftigen Kontroversen ausgetragen (z.B. zwischen Lebensreform- und völkisch-religiöser / antisemitischer / alldeutscher Bewegung). 12

Wie differenziert Antisemitismus und völkisches Denken nebeneinander stehen können, deutet sich in Golo Manns Kommentar zu Friedrich Treitschke an, der 1879 den Berliner Antisemitismus-Streit ausgelöst hatte: „Zugleich mit der Judenemanzipation, der neuen bürgerlichen Angleichung, erscheint der neue Antisemitismus. Aber er ist zunächst nicht das, was wir uns darunter vorstellen; er verlangt nicht Ausschließung, sondern völlige Angleichung und Bescheidenheit in der Angleichung; er verlangt Ausschließung nur derer, die sich nicht angleichen wollen. Ich will Ihnen für diese Ansicht, diese Haltung, nur ein merkwürdiges Beispiel geben, das des deutschen Historikers Heinrich von Treitschke.

Dieser große Schriftsteller gilt gemeinhin als Antisemit, und das war er auch; dennoch hätten etwa die Nazis mit seinem Antisemitismus durchaus nichts anfangen können. Treitschke war ein leidenschaftlicher, zorniger Patriot, sehr entschieden in seinem Urteil, aber mit einem schönen Sinn für das Gerechte und Wahre; etwas Unwahres, etwas Gemeines wäre nie aus seiner Feder gekommen. Und so sah Treitschke nur eine mögliche Lösung der Judenfrage in Deutschland: völliges Aufgehen des zahlenmäßig so geringen Judentums im Deutschtum, Preisgabe jedes eigenen jüdischen Lebensstiles. Er lobte die preußischen Juden, die in den Befreiungskriegen ehrenhaft ihre soldatische Pflicht getan hatten.“ 13

Treitschkes Form des Antisemitismus lässt, so Golo Mann, die Möglichkeit zu, vom Jüdischen zum Völkischen übergehen zu können. Die Bereitschaft zur Assimilation bietet die Chance des Zugangs zum deutschen Wesen. Hier ist die originale Auffassung des Völkischen als Kulturgemeinschaft gemeint, die Identität gibt, nicht aber auf Abtrennung geht. Die rassistisch-völkische Blutsgemeinschaft ließe eine Assimilation nicht zu. Dagegen ein Beispiel, bei dem das Deutsch-Völkische in den Rassebegriff überzugehen scheint und gegen weitere Rassen verglichen wird: Max Weber hält 1895 seine Antrittsrede über den „Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik“ in der Universität Freiburg.

„Was ich beabsichtige, ist zunächst: an einem Beispiel die Rolle zu veranschaulichen, welche die physischen und psychischen Rassendifferenzen zwischen Nationalitäten im ökonomischen Kampf ums Dasein spielen.“ Er wählt als Beispiel „das platte Land der preußischen Provinz Westpreußen“ und begründet das mit besonders signifikanten Umweltbedingungen: „Dieser Schauplatz verbindet die Eigenschaft eines nationalen Grenzlandes mit ungewöhnlich schroffen Unterschieden der ökonomischen und sozialen Existenzbedingungen, und dies empfiehlt ihn für unseren Zweck.“ 14

Er schildert, wie die Statusveränderung des Hintersassen zum Industriearbeiter die deutschen Landarbeiter zur Abwanderung veranlasst und dass es zum Ersatz durch polnische Landarbeiter kommt:

„Und weshalb sind es die polnischen Bauern, die an Terrain gewinnen? Ist es ihre überlegene ökonomische Intelligenz oder Kapitalkraft? Es ist vielmehr das Gegenteil von beiden. Unter einem Klima und auf einem Boden, welche neben extensiver Viehzucht wesentlich Getreide- und Kartoffelproduktion gestatten, ist hier derjenige am wenigsten durch die Ungunst des Marktes bedroht, der seine Produkte dahin bringt, wo sie durch den Preissturz am wenigsten entwertet werden: in seinen eigenen Magen, – der also für seinen Eigenbedarf produziert. Und wiederum ist derjenige begünstigt, der seinen Eigenbedarf am niedrigsten bemessen kann, die geringsten Ansprüche an die Lebenshaltung in physischer und ideeller Beziehung stellt. Der polnische Kleinbauer im Osten ist ein Typus sehr abweichender Art von dem geschäftigen Zwergbauerntum, welches Sie hier in der gesegneten Rheinebene durch Handelsgewächsbau und Gartenkultur sich an die Städte angliedern sehen. Der polnische Kleinbauer gewinnt an Boden, weil er gewissermaßen das Gras vom Boden frisst, nicht trotz, sondern wegen seiner tiefstehenden physischen und geistigen Lebensgewohnheiten.

Ein Ausleseprozess also scheint es zu sein, den wir sich vollziehen sehen. Beide Nationalitäten sind in die gleichen Existenzbedingungen seit langer Zeit hineingestellt. Die Folge war nicht, dass sie, wie der Vulgärmaterialismus es sich vorstellt, die gleichen physischen und psychischen Qualitäten annahmen, sondern dass die eine der anderen weicht, dass diejenige siegt, welche die größere Anpassungsfähigkeit an die gegebenen ökonomischen und sozialen Lebensbedingungen besitzt. - Diese verschiedene Anpassungsfähigkeit selbst bringen sie, so scheint es, als feste Größe mit, sie könnte vielleicht im Verlaufe generationenlanger Züchtungsprozesse so, wie sie in Jahrtausenden entstanden sein mag, wieder verschoben werden, aber für die Erwägungen der Gegenwart ist sie ein Moment, mit welchem wir, als gegeben, zu rechnen haben." 15

Max Weber ist ein bis heute geschätzter Soziologe aus dem liberalen Spektrum, das durch nahestehende Wissenschaftler und Politiker wie u.a. Simmel, Sombart, Lukács, Bloch, Jaspers, Naumann, Troeltsch, Heuss, Stresemann umrissen werden kann. Aus der Perspektive der Gruppensoziologie sieht er die Eigenschaften der polnischen Landarbeiter durch ihre Umweltbedingungen verursacht, und zwar so manifest, dass Züchtungsprozesse über längere Zeit erforderlich wären, um sie über die Generationen hin zu verändern. Es handelt sich also um rassische Eigenschaften, wie er auch einleitend anmerkt. Analog argumentiert er in Bezug auf Juden unter den ihnen gemeinsamen Lebensbedingungen. Hier begegnen uns Rassismen ohne Hervorhebung des Antisemitismus, wohl aber im Wert abstufend. Die überlegene Rasse der Deutschen „versagt“ bei der Anpassung an minderwertige Lebensverhältnisse; sie haben unter gleichen Bedingungen gelebt, aber ihre Rasse lässt Deprivierung nicht zu, sie brechen auf.

Soziologisch ist die völkische Haltung im Bürgertum verortet; sie geht auf der einen Seite bis in die Sozialdemokratie, in Gesellen- und Arbeiter- Bildungsvereine hinein und erreicht auf der anderen Seite die Universitäten und höheren Bildungsanstalten. Die Vereinnahmung der Professorenschaft durch das Völkische kommt 1914 klar zum Ausdruck, als 3016 Hochschullehrer der 53 deutschen Universitäten (!) folgenden Aufruf unterzeichnen. Mit diesem letzten Beispiel schließt unser Versuch, den Ausgangspunkt des Denkens um die Jahrhundertwende zu veranschaulichen, ab.

Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reiches

(16. Oktober 1914)

„Wir Lehrer an Deutschlands Universitäten und Hochschulen dienen der Wissenschaft und treiben ein Werk des Friedens. Aber es erfüllt uns mit Entrüstung, dass die Feinde Deutschlands, England an der Spitze, angeblich zu unsern Gunsten einen Gegensatz machen wollen zwischen dem Geiste der deutschen Wissenschaft und dem, was sie den preußischen Militarismus nennen. In dem deutschen Heere ist kein anderer Geist als in dem Deutschen Volke, denn beide sind eins, und wir gehören auch dazu. Unser Heer pflegt auch die Wissenschaft und dankt ihr nicht zum wenigsten seine Leistungen. Der Dienst im Heere macht unsere Jugend tüchtig auch für alle Werke des Friedens, auch für die Wissenschaft. Denn er erzieht zu selbstentsagender Pflichttreue und verleiht ihr das Selbstbewusstsein und das Ehrgefühl des wahrhaft freien Mannes, der sich willig dem Ganzen unterordnet. Dieser Geist lebt nicht nur in Preußen, sondern ist derselbe in allen Landen des Deutschen Reiches. Er ist der gleiche in Krieg und Frieden. Jetzt steht unser Heer im Kampfe für Deutschlands Freiheit und damit für alle Güter des Friedens und der Gesittung nicht nur in Deutschland. Unser Glaube ist, dass für die ganze Kultur Europas das Heil an dem Siege hängt, den der deutsche ‚Militarismus’ erkämpfen wird, die Manneszucht, die Treue, der Opfermut des einträchtigen freien Volkes.“ 16

Diese Erklärung wurde von dem Altphilologen Ulrich von Wilamowitz- Moellendorf (1848-1931), Professor an der Berliner Universität, verfasst und u.a. von Paul Ehrlich, Gottlob Frege, Kurt Albert Gerlach, Otto Hahn, Edmund Husserl, Karl Jaspers, Albert Jesionek, Franz von Liszt, Martin Möbius, Franz Oppenheimer, Max Planck, Gustav Radbruch unterschrieben. 17

Die Erklärung macht deutlich, was im Mittelpunkt steht: Einheit, deutsche Kultur als das Eigene und als nationale Leistung gegenüber anderen Völkern. Hier deutet sich auch die erzieherische Aufgabe des Militärs an, von der aus jede pazifistische Argumentation als kulturschädlich zurückgewiesen werden muss.

Zusammenfassend zum Völkischen: Zentrale Merkmale sind Identitätsstiftung durch gemeinsame Kultur, Teilhabe am gemeinsamen deutschen Wesen/Volksgeist, politische und militärische Kraftentwicklung durch Einheit aller deutschen Länder. Aus der Tradition der Befreiungskriege grenzt sich das Völkische zunächst gegen das Französische/Welsche ab. Mit aufkommender Industrialisierung, Evolutionstheorie und Rasseforschung differenziert es sich in liberale, konservativ-nationale, kulturkritische, rassistische, annexionistische, antipazifistische Richtungen aus, die aber alle in der zentralen Zuschreibung einer überlegenen deutschen Kultur und Kampfkraft und in ihrem Pathos als persönliche Moral und Opferbereitschaft übereinstimmen. Die Kennzeichnung als völkisch meint den Mainstream des Denkens der Jahrhundertwende.

Gegensatzbildner des Völkischen sind internationalistische Haltungen, also kommunistische, zionistische, freimaurerische. Dabei ist unseren Lesern vermutlich aufgefallen, dass die Anfänge des Völkischen Ende des 18. Jahrhunderts und in den Befreiungskriegen sehr weitgehend von Freimaurern geschaffen wurden. Herder, Fichte, Scharnhorst, der Freiherr vom Stein, Hardenberg waren Freimaurer.

Um diese Spannung zwischen Internationalismus und dem Völkischen geht es, wenn wir uns jetzt dem konkreten Geschehen zuwenden, das uns in den Akten der Loge zur Einigkeit und der Großen Mutterloge des Eklektischen Bundes entgegen tritt.

Der Eklektische Bund und die Loge zur Einigkeit

Im 19. Jahrhundert verbinden sich mehrere Entwicklungslinien, die für das Selbstverständnis der deutschen Freimaurerei vor und nach dem 1. Weltkrieg wesentlich sind. Als Ausgangsposition, die bis in die Weimarer Zeit immer wieder zur Sprache gebracht wird, kann die Erfahrung der Befreiungskriege kaum überschätzt werden. Hier werden die Gedanken der kulturellen deutschen Identität und der Einheit des deutschen Volkes verankert, wie es im Exkurs zum Begriff des Völkischen zum Ausdruck kommt. Die freimaurerischen Ziele, Arbeit am Bau der Menschheit und Bildungsarbeit für das eigene Volk, fließen ineinander. In der Mitte des Jahrhunderts erscheint Darwins Evolutionstheorie, im letzten Drittel dringen die ersten Ergebnisse der Rasseforschung an die Öffentlichkeit.

Der amerikanische Bürgerkrieg - Solidarität der deutschen Freimaurerei mit Menschen anderer Rassen

Ein Zug der Zeit ist die „Globalisierung“ der Freimaurerei als Folge der allgemeinen Ausweitung der Mobilität durch Verkehrs- und Nachrichtentechnik. Hatte der Eklektische Bund noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts nur mit den deutschen Großlogen und der Großloge von New York offizielle Beziehungen, so war er vor dem Ersten Weltkrieg mit allen wichtigen europäischen Großlogen sowie mit nord- und südamerikanischen Großlogen vernetzt. Durch den regelmäßigen Austausch von Protokollen, Berichten und Briefen hatte man auf diese Weise Nachricht über das internationale Geschehen (durch die Nachordnung von weltweit einbezogenen Kolonien auch über die angegebenen Räume hinaus). Dieser Ausbau der internationalen Beziehungen entsprach „allgemeinen Trends innereuropäischer und transnationaler Vernetzungen in der zweiten Jahrhunderthälfte.“ 18

Im Bund der Großlogen bestand das System, dass jede Großloge Repräsentanten für jede andere ernennt. Diese haben die Aufgabe, die Vorgänge in „ihrer“ Zielloge (Mandantin) mit zu verfolgen und bei den Vierteljahrestreffen Bericht zu erstatten. Dieses System bezog Mitte des Jahrhunderts die Großloge von New York ein und entwickelte sich im Zuge der internationalen Ausweitung fort.

In den Protokollen des Eklektischen Bundes tritt der Begriff der Rasse zunächst begleitend zu Nachrichten aus der Großloge von New York auf. Darin ging es um Mitgliedschaft und Besuchsrecht von Indianern und „Negern“. Die Berichte erwähnen Indianer, die mehr als 50 Jahre Freimaurer waren (also ab Beginn des 19. Jh.) und bemerkenswerte Leistungen erbracht haben. Und „Neger“, die um Aufnahme ersuchen und entweder abgewiesen oder mit innerfreimaurerisch markanter Geste eingeladen wurden. Diese Berichte weiten sich mit dem amerikanischen Bürgerkrieg (1861 - 65) aus.

Die Große Mutterloge des Eklektischen Bundes fasst 1859 einen Beschluss, „dass sie, da sie jede gerechte und vollkommene St. Johannis- Freimaurerloge anerkenne, auch deren Mitglieder, ohne Unterschied der Farbe, anerkenne und zum Logenbesuche zulasse, und … eben so wenig ein Bedenken trage, auch farbige Suchende, insofern sie die persönliche Tüchtigkeit und Würdigkeit zur Mitgliedschaft im Maurerbunde besitzen und die Vorschriften der Statuten für die Aufnahme erfüllen, zu dieser letzteren zuzulassen.“ 19

1865 gelangt über die Großloge von Hamburg eine Zeitschrift aus Ohio 20 an die LzE in Frankfurt, in der umgekehrt Nachrichten aus Europa für amerikanische Freimaurer berichtet wurden. Darin heißt es, dass sich deutsche und europäische Logen („vor ungefähr 2 oder 3 Jahren“) dahin ausgesprochen hätten, „dass sie, wenn der Kandidat sonst alle nötigen Eigenschaften besitzt, die dunkle Farbe seiner Haut als kein Hindernis der Aufnahme betrachten ...“ Br. Martini, MvSt der LzE, bekräftigte aus diesem Anlass, es werde den deutschen Maurern zum Ruhm gereichen, wenn sie den Grundsatz, dass die Freimaurerei keine Rücksicht auf Rasse und Hautfarbe nehme, zur Wahrheit mache. 21

Die Nachrichten, die in den Jahren nach dem Bürgerkrieg aus den USA eintrafen, lassen auf (in den USA) harte Kontroversen in dieser Frage schließen - wobei die Parteibildungen nicht immer der Einteilung in Nord und Südstaaten folgten. 22 1869 ergreift der Grand Orient de France die Initiative und gibt eine Resolution heraus, die andere Großlogen zur Stellungnahme nötigt. Er werde jede Verbindung mit jeglicher maurerischen Behörde abbrechen, die folgender Erklärung ihre Zustimmung versage:

„Die Maurer unter der Leitung des Großorients von Frankreich, welche durch ihre gesetzlichen Bevollmächtigten bei der Generalversammlung des Jahres 1869 vertreten waren, bekräftigen, dass die Humanität und die Maurerei verletzt sind, sobald Farbe, Volkstum oder Religion genüge, um einem Profanen den Eintritt in die Maurerfamilie zu verbieten.“ 23

Der eklektische Bund stimmt den maurerischen Grundsätzen dieser Resolution unter Verweis auf seinen Beschluss von 1859 zu, versagt seine Zustimmung aber der Sanktion (Abbruch der Beziehungen) gegenüber Logen, die der Resolution nicht folgen - unter Verweis auf die Bestimmungen des Stiftungsbriefes des Eklektischen Bundes 24, wonach er sich „alles Urteils über die Güte, Echtheit und Beweiskraft aller dieser Systeme (enthalte), weil unserer Meinung nach Toleranz eine Grundpflicht unseres Ordens ist.“

In gleichem Sinn äußert sich die Große Landesloge von Sachsen unter Hinweis auf einen Beschluss von 1850, nach dem „der Aufnahme von Nichtchristen in den Freimaurerbund, insofern diese nur Bekenner einer monotheistischen Religion sind, ein Bedenken nicht entgegensteht, und in Folge Beschlusses vom 28. Juni 1860 die Großloge von Sachsen nur gerechte und vollkommene Logen und daher auch nur Mitglieder solcher Logen als Freimaurer, übrigens ohne Unterschied der Hautfarbe, anerkennt und nur solchen den Besuch der Logen gestattet, dagegen auch Suchenden farbiger Rasse, wenn sie den Vorschriften der Statuten für die Aufnahme entsprechen, zu derselben zuzulassen kein Bedenken tragen würde.“ 25

Die Großloge „Zu den drei Weltkugeln“ (hierin auch „3WK“) stellt zu der französischen Resolution fest, „dass sie von dieser Anschauungsweise des Großorients von Frankreich Kenntnis nehme, mit dem Bemerken, dass die Mitglieder anderer gerechter und vollkommener Logen von ihr und ihren Bundeslogen nach Maßgabe ihres Grades Zutritt zu den maurerischen Arbeiten erhalten, wenn sie sich durch von ihren Großlogen beglaubigte, nicht über drei Jahre alte Zertifikate ausweisen können.“ 26

In einer Versammlung der deutschen Großmeister kurz vor dem Deutsch- Französischen Krieg im Sommer 1870 wird ein Beschluss über gemeinsam geteilte maurerische Grundsätze gefasst, unterschrieben auch von den Großmeistern der altpreußischen Großlogen „Zu den 3 Weltkugeln“ und „Royal York“ (der Großmeister der Großen Landesloge war auf der Sitzung nicht vertreten). Dabei handelt es sich um Präzisierungen der Alten Pflichten von 1723, die „als geschichtliches Denkmal der in England i. J. 1717 umgestalteten Freimaurerbrüderschaft anerkannt … (werden), soweit dieselben nicht durch die nachfolgenden Bestimmungen abgeändert werden.“ 27

In den „Allgemeinen Grundsätzen“ wird der Glauben an Gott als dem obersten Baumeister der Welt vorausgesetzt und werden Bibel, Zirkel und Winkelmaß als Symbole der maurerischen Pflichten bestätigt. In §3 heißt es: „Stand, Nationalität oder Farbe, Religionsbekenntnis und politische Meinung dürfen kein Hindernis der Aufnahme sein.“ 28

Hier ist „Rasse“ ganz eindeutig als Farbe gefasst; im Denken der Brüder ist der Begriff auf farbige Amerikaner bezogen. Die Erwägung, dass damit Brüder jüdischen Glaubens zugelassen worden wären, gab es nicht. Juden wurden weder 1859 und noch nicht 1870 als Brüder anderer Rasse - jedenfalls nicht im Kontext der Freimaurerei - sondern vor allem als Nichtchristen wahrgenommen.

1883 stand die Frage der Hautfarbe nicht mehr im Vordergrund, sondern der Berliner Antisemitismusstreit von 1879 kündigte einen Konfliktpunkt an, der in den kommenden Jahren an Gewicht gewinnen würde. Über die Aufnahme jüdischer Brüder war im Eklektischen Bund schon lange positiv entschieden (1848). Die Loge "Zur Einigkeit" (LzE), zusammen mit "Sokrates zur Standhaftigkeit", war aber innerhalb der Großen Mutterloge in der besonderen Position, dass sie die beiden jüdischen Logen in Frankfurt unterstützt und ihre Aufnahme in den Eklektischen Bund (EB) befürwortet hatte. Dies brachte sie innerhalb der Großloge und des Großlogenbundes in eine exponierte Situation, die sie offenbar auch als strategische Aufgabe wahrgenommen hat.

Rasse und Religion – die Zuspitzung der Judenfrage

Gegen Ende der Befreiungskriege erfolgt die rechtliche Gleichstellung der Juden, in Preußen war das die letzte Reform von Hardenberg. In den nächsten Jahrzehnten finden wir in den Akten beides, Nachrichten über die Gründung jüdischer Logen und Nachrichten über die Aufnahme von Juden vor allem in die humanitären Logen. Offenbar wird das in der Öffentlichkeit noch Mitte des Jahrhunderts als wichtige Nachricht erlebt. So berichtet das Frankfurter Journal 1845 über eine Tochterloge des Frankfurter Eklektischen Bundes in Hamburg:

„Wir beeilen uns, eine seit gestern Abend für das hiesige Freimaurertum eingetretene Neuerung mitzuteilen, welche gewiss auch die auswärtigen Logen lebhaft interessieren wird. Es wurde hier nämlich am 15. d.M. eine Tochterloge es eklektischen Bundes zu Frankfurt a.M. eingeweiht, welche es sich zum Grundsatz gemacht hat, auch die Hamburger Israeliten als Maurer aufzunehmen. Bisher konnten nur solche die Logen besuchen, welche auswärts in den Maurerbund eingetreten waren.

Unter diesen israelitischen Brüdern zeichneten sich besonders die beiden Prediger am hiesigen neuen israelischen Tempel die Doktoren Salomon und Frankfurter aus. Ersterer hat viel gelesene maurerische Schriften, zuletzt 'Die Stimmen aus dem Osten' veröffentlicht und Dr. Frankfurter hielt vor einigen Jahren in der Freimaurerloge Vorträge, welche allgemeines Aufsehen erregten. - Die neugestiftete Tochterloge führt den Namen '[[Die Brudertreue an der Elbe]]'; die Einweihung soll sehr feierlich und würdig gewesen sein. Man glaubt, dass auch die übrigen hiesigen Logen, wie die englischen es längst getan, sich zur Aufnahme der Israeliten binnen kurzem entschließen werden. Durch die neugestiftete ist die Zahl der in Hamburg arbeitenden Logen nun zwölf geworden.“ 29

Diese Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit trotz der schon länger bestehenden Liberalität hat ihren Grund in einem bis dahin überaus vorsichtigen Umgang des Eklektischen Bundes mit der Judenfrage. In den Annalen des Bundes wird das 1883 so kommentiert: 30

„Dieser (der eklektische) Bund darf sich rühmen, dass er die Fahne des Fortschritts immer hoch hielt, dass er stets bestrebt war, den echten Maurern, welche keinen Unterschied der Menschen kennen, die Herrschaft zu bereiten. Schon vor fünfundzwanzig Jahren (1859) hatten wir es offen und laut ausgesprochen, dass Rasse und Farbe, Religion und politische Stellung, Rang und Stand nur Nebendinge seien, die der Maurerbund ignoriere; für diese Überzeugung hatte er gekämpft und gestritten.

Aber Theorie und Praxis sind zweierlei. Vom Erkennen zum Tun ist noch ein großer Schritt. Der Bund tat, was weise war: Er ließ die einzelnen Logen auf dem von ihm als richtig bezeichneten Wege vorangehen, ließ sie durch entsprechende Aufnahmen ihre Übereinstimmung mit jenen Grundsätzen betätigen, ließ in den verschiedenen Bauhütten erst jenen Geist der vorurteilslosen Gleichberechtigung lebendig und wirklich werden, - und heute (1873) spricht die Gr. Mutterloge ihr Ja und Amen dazu und vollzieht einen Akt, der in der Geschichte der Freimaurerei nicht ohne Bedeutung bleiben wird (Hier ist die Rede von der Aufnahme der Loge „Zur aufgehenden Morgenröte“ in den Bund, die Anlass zu dieser zitierten Betrachtung gegeben hatte).

Wer schon eine Reihe von Jahren Mitglied der Gr. Mutterloge ist und ihre Geschichte kennt; wer sich alles dessen erinnert, was vorgekommen, aber nicht in den Protokollen steht, weil es nie zu geschäftsmäßiger Behandlung gelangt, der weiß, dass von Zeit zu Zeit von hier und da vertrauliche Anfragen an uns kamen: Wenn wir uns bei euch meldeten, würdet ihr uns in euren Bund aufnehmen? Dieser Bund aber hatte immer den Grundsatz, nicht auf die Zahl seiner Tochterlogen zu sehen, sondern auf ihre Qualität. Man erkundigte sich also, forschte und hörte hier und dort, und am Ende sprach man: Warum wollt ihr eure Mutter verlassen? Bleibt doch, wo ihr seid!“

Angesichts der weit auseinander liegenden Einstellungen sowohl innerhalb einzelner Logen, zwischen den Bundeslogen und innerhalb der Großlogen und der Öffentlichkeit hat der Eklektische Bund sein Handeln mindestens ex post als die Aufnahme jüdischer Brüder unterstützend, aber im taktischen Vollzug äußerst vorsichtig beschrieben.

Der Bau am Tempel der Menschheit - Die Ambivalenz von Vaterland und Menschheit

1887 hält ein Bruder in der Loge zur Einigkeit einen Vortrag über „Vaterlandsliebe und Freimaurerei“ und wirft damit in milderer Form das Problem auf, das nach dem Ersten Weltkrieg als „Völkische Bewegung und Internationalismus“ gefasst werden muss. Da die Rede ausdrücklich auf Wunsch der Brüder der Loge zur Einigkeit gedruckt wurde (Vorwort), kann davon ausgegangen werden, dass sie mehrheitlich auf Zustimmung stieß. In dieser Rede taucht der Rassebegriff bereits mit dem später so entscheidenden Nebenbegriff der Rassemischung auf, aber eingebettet in die zuvor vom Eklektischen Bund beanspruchten humanitären Haltungen. 31

Einleitend erwähnt Br. Wilbrand einen Konflikt, den er vor Jahren bei der Abfassung eines Aufsatzes erlebt habe: Sollten Freimaurer im Fall eines - vaterländischen - Krieges töten oder dazu beitragen, das Blutvergießen zu vermeiden? Hier die Argumentation:

Bruderliebe zu einer einzigen Familie zu verbinden; hiermit sollen selbstverständlich zwar die speziellen Eigentümlichkeiten der einzelnen Völkergruppen ... ihre Geltung behalten, zumal die Gesetze der Vermischung bis jetzt meist den Schwund der einen oder anderen Rasse im Gefolge zu haben scheinen, nicht aber sollen es die anscheinend oft zufällig entstandenen Schranken des Begriffes "Vaterland" sein, welche den Menschen vom Menschen trennen. Wir preisen es so oft als herrlich, dass wir unter den Persern und Hindu (hier offenbar nicht als Religionsbegriff verwendet) sowohl wie unter den Amerikanern und Afrikanern, der hellen wie der dunklen Haut, mit Zeichen, Wort und Griff unsere Brüder zu begrüßen im Stande sind.“ 32

Die Bruderkette besteht aus Völkergruppen, die rassisch verschieden sind und mit deren Eigenarten achtsam umgegangen werden soll; sonst könnte Rassenmischung leicht zu Verlusten führen. Eine zynische Unredlichkeit dieser Aussage ist dem Kontext nach nicht anzunehmen. „Rasse“ meint hier die Völkergruppen mit ihren Eigentümlichkeiten, zum Beispiel auch die Romanen. Hier tritt uns der Rassegedanke als Unterscheidungsbegriff, ohne Diskriminierung der „Anderen“ (so wie es in den allgemeinen Grundsätzen festgelegt worden ist), mit einer sozusagen gutartigen Absage an mögliche Mischung der Völkergruppen entgegen (deren Eigentümlichkeiten sollen erhalten bleiben - die Rezeption der Rasseforschung der Zeit deutet sich an; Br. Wilbrandt war Arzt). Der Vaterlandsgedanke dagegen soll „Menschen nicht von Menschen trennen“ - man könnte diesen Gedanken der Intention nach fortschreiben mit: Er adelt den Menschen/Mann, und zwar in jedem Vaterland/jeder Nation. Er ist als Liebe und Pflicht nach innen gerichtet und spaltet nicht nach außen.

Am Beispiel Frankreichs zeigt Wilbrandt aber, dass die Erfahrung des Krieges dazu führen kann, dass der „oberste Grundsatz der Maurerei offen mit Füßen getreten“ wird. Die Liebe zum Vaterland schließt nicht nach innen zusammen, sondern spaltet nach außen, wenn sie ‚dem höheren Gebote der maurerischen Nächstenliebe nicht untertan bleibt‘.“ 33

Nach historischen Beispielen, in denen er den Verlust oder Missbrauch der Vaterlandsliebe kritisiert, verweilt er bei den Befreiungskriegen und dem noch frisch zurückliegenden Krieg gegen Frankreich. Aus der inneren Zerrissenheit Deutschlands habe nur die Liebe zum Vaterland befreien können. 34 Die Freimaurer schwörten bei ihrer Aufnahme, den Gesetzen ihres Landes treu zu gehorchen, sie seien daher ein Hort der nationalen Selbständigkeit und der tatkräftigen Vaterlandsliebe. „Und so, meine Brüder, sehen wir überall, wohin wir unsere Blicke wenden, im Gebiete des profanen Lebens Stellen, an welchen der gelernte Maurer den rauhen Stein zu glätten hat, damit er sich einfüge in den festen Bau des Vaterlandes, unter dessen Dach wir Alle wohnen und wohnen wollen.

Der Maurer ist in erster Linie dazu berufen, dieses Haus (Bau des Vaterlandes) nicht nur mit zu erbauen, sondern auch mit unablässig wachsamem Auge es zu erhalten, seine Schäden mit kundiger Hand auszubessern.“ 35 Diese Betrachtungen ordnet Br. Wilbrandt den Friedenszeiten zu. Tritt aber der Kriegsfall ein, dann verändern sich die Prioritäten. Jetzt konkurrieren nicht die Liebe zum Vaterland mit dem höheren Gebote der maurerischen Nächstenliebe, sondern das Vaterland ist in Gefahr. „Kommt dagegen der Zeitpunkt, in welchem wir plötzlich unser Vaterland von außen her gefährdet sehen, dann tritt sofort die aktive Pflicht seiner Verteidigung vor allem anderen in den Vordergrund ... Milde gegen den Wehrlosen und Besiegten wird der Maurer auch im Feindeslande ausüben und damit dem Gebote der Nächstenliebe neben demjenigen seines Kriegsberufes gerecht werden.“ 36

Die Verschmelzung von Bruder und Menschheit mit Bürger und Vaterland findet ihre Zuspitzung in dem Auftrag an den Freimaurer als Vater, seinen Söhnen schon früh die Pflicht zum Tod für das Vaterland nahe zu bringen. „Einfachheit, ernstes Streben, Fleiß und Gewöhnung an Gehorsam und Entsagung bilden die Gemütsrichtungen, in welchen der wahre Maurer seine Nachkommen durch die Erziehung lenken wird. Eine solche Generation wird nie … zum Spielballe des Auslandes werden.“ 37

Bruder Wilbrandts Rede kennzeichnet das Denken im eklektischen Bund gegen Ende des Jahrhunderts in repräsentativer Weise. Die Freimaurer sind danach staatstragend, die auf deutsche Kultur und deutsches Wesen gegründete Vaterlandsliebe ist mit den maurerischen Pflichten und der Mannesehre untrennbar verbunden. Der Bau des deutschen Freimaurers ist das Vaterland.

Das wird in kaum mehr zu überbietender Weise deutlich, als 1917 zu dem Grauen an den Fronten die Entbehrungen in der Heimat hinzukommen und der Meister vom Stuhl der LzE, Br. Becker, zum Johannisfest den Krieg als Titanenkampf gegen die halbe Menschheit bezeichnet. 38 An diesem Johannisfest waren der Großmeister und die beiden zugeordneten Meister des Eklektischen Bundes Gäste der LzE, die von ihnen in der Begrüßung durch den Großmeister als die eigentliche Mutter des Eklektischen Bundes gewürdigt wird. Die Festrede in dieser herausgehobenen Situation hielt der Meister vom Stuhl, Br. Becker:

Das deutsche Volk kämpfe nicht nur gegen, sondern auch für die Menschheit. Der Krieg sei eine Konstantinsschlacht, deren Ergebnisse eine neue Zeit einleiten würden. Deutsche Kultur sei das letzte Kriegsziel. Den Feinden bedeute Freiheit die Abwesenheit aller Bindung, „uns“ sei sie das Selbständigwerden der Persönlichkeit, die das Gesetz in sich trägt. Das sei die große Zukunftsaufgabe der Freimaurerei, deren Brüder die Aufgabe hätten, ihr ganzes Wesen in Einklang zu bringen mit dem deutschen Kulturideal.

Wie Br. Wilbrandt knüpft Br. Becker an bei dem völkischen Selbstbild, wie es seit den Befreiungskriegen die Bedeutung des Deutschtums ausfüllt. Und wie die Freimaurer der Befreiungskriege erleben Br. Wilbrandt und Br. Becker Bruderliebe, Vaterlandsliebe und Deutschtum als Handlungsanweisung gegenüber der Nation.

Zwei Jahre später war die Niederlage eingetreten. Im Jahresbericht der LzE hieß es, dass die deutschen Heere als besiegte Sieger, unter den roten Fahnen der Revolution, den Rückmarsch in die Heimat angetreten hätten. 39 Das neugestaltete Vaterland möge die demokratischste aller demokratischen Verfassungen verbürgen, die auf Menschenveredelung sinnenden Freimaurer würden mehr dadurch berührt, dass Sitte, Zucht und Ordnung, alle Würde der Menschheit abhandengekommen seien. Die Selbstverpflichtung als Freimaurer gegenüber der deutschen Kultur führt vorbei an den aktuellen politischen Fragen des zerbrochenen Reiches und richtet sich auf den Punkt der fortdauernden Identität; die maurerische Arbeit und die vaterländische Pflicht fließen zusammen in der Hinführung der gefährdeten Nation zu deutscher Kultur.

Hinwendung der Loge zur Einigkeit zu vaterländischen Prioritäten

1920 wird Br. Bender Meister vom Stuhl, ein Studienrat aus der Umgebung der Jugendbewegung und der deutschen Turnerschaft. Br. Bender verstärkt die nationalistischen Deutungen der vaterländischen Pflicht. In der LzE werden jetzt jährlich die Feste der Reichsgründung gefeiert, mit „mannhaften Vaterlandsreden“ und „gemeinsamen Vaterlandsgesängen“. Über einem Tisch im Clubraum, an dem besonders national gesinnte Brüder sich zusammenfanden, hängt programmatisch und viel zitiert das Gedicht von Bogislav v. Selchow:

Ich bin geboren, deutsch zu fühlen,
Bin ganz auf deutsches Wesen eingestellt.
Erst kommt mein Volk, dann all die ander’n vielen
Erst meine Heimat, dann die Welt.

Das Jahr 1923 wurde mit dem Kettenspruch abgeschlossen:

„ … Wann wird, o Deutschland, endlich die Stunde der Freiheit
Schlagen, das Morgenroth leuchten der glücklichen, besseren Zeit?
Tief in der Mitternacht Dunkel, im Unglück befangen, leiden
germanische Kinder, ersehnen die Boten des Frühlings,
der sich schon anschickt, die Erde aus nächtlichem Eise
sieghaft und strahlend zu lösen, zu brechen unwürdige Bande.
Noch fehlt uns ein Baldur, ein göttlicher Führer und Streiter,
der unser Wesen erneuert, moralische Rüstung uns schmiedet,
Deutsch uns lehrt fühlen und Deutsch nur zu sein bis zum Tode.
Schenk uns, o Schicksal, den Helden, den Führer zur Freiheit,
der uns mit eiserner Hand und mit weisem Beginnen
Einigkeit lehrt und Treue im Dienst unseres Volkes und Landes,
willig die Armut heißt tragen, neu adelt die Arbeit,
der uns der Selbstsucht entäußert, das Ich uns zwingt zu vergessen,
Opfer auf Opfer zu bringen zum Wohle des Ganzen.
Nur so erretten die Ehre als letztes und köstlichstes Gut wir! ...“

Dieser Kettenspruch ist für Menschen, die nach der NS Zeit und nach den Forschungen über Autoritarismus leben, kaum erträglich. Er bebt förmlich in Begeisterung und Pflichtbewusstsein und könnte bei einer Minderheit, die auch innerhalb der LzE den neuen Stuhlmeister für „zu deutsch“ hielt, Bedenken ausgelöst haben; wir erfahren hierüber jedoch nichts.

Mehrheitlich ging die LzE in eine Richtung, die die eingangs im Anschluss an Br. Höhmann gestellte Frage aufwirft. Haben die Brüder um den neuen Stuhlmeister „gewusst, wie man sich hätte verhalten sollen“?

Mehrheitlich waren die Brüder 1925 nicht etwa opportunistisch, sondern - in ihrer Sicht der patriotischen Verpflichtung - moralisch gesinnt und ersehnten den Führer, der das Schicksal des Vaterlandes in seine starken Hände nehmen würde, aus vollem Herzen. In den Akten stoßen wir immer wieder auf Schilderungen der Schmach und Ungerechtigkeit, die den Deutschen zugefügt würde.

Und von Not, Elend und Sittenverfall, die das gekränkte Volk weiter bedrängten und die besonders von französischer Seite mit weiteren Repressalien verschärft würden. Das Empfinden einer „entsetzlichen Zeit“ liegt gleichförmig ab dem 1. Weltkrieg über freimaurerischem Denken. Auch einsichtigere Mahner in der Einigkeit und im eklektischen Bund teilten die Auffassung, dass die deutsche Freimaurerei vorläufig ihre Arbeit ganz der Not des Vaterlandes widmen müsse. Diese Haltung wird in den von uns gesichteten Akten an keiner Stelle angezweifelt. Sehr wenige Mitgliedslogen sind aber der Meinung, dass diese Aufgabe nicht durch Zurückweisung von Kontakten, sondern durch ihre Entwicklung unterstützt werden müsse (s. dazu weiter unten).

Zwischendurch (Einschub der Autoren):

Wusste jeder Bruder der Einigkeit, wie man sich hätte verhalten sollen? Der Text in dem Kasten stimmt uns heute nachdenklich. Sind wir uns heute bewusst, wie wir uns verhalten sollen?

Die Einigkeit nimmt einen Sonderweg innerhalb der Großen Mutterloge. Zunächst noch deren führende Bundesloge steht sie in der öffentlichen Wahrnehmung für die humanitären Logen, und das heißt vordergründig zunächst: für die nicht christlichen. Akzentuiert wird diese öffentliche Wahrnehmung dadurch, dass die Einigkeit in der gleichen Stadt auch freundschaftlich mit zwei jüdischen Logen verbunden ist. - Dagegen wird sie innerhalb der humanitären Logen unter ihrem neuen Stuhlmeister als „zu deutsch“ wahrgenommen. Eine 1925 als sicher erwartete Wahl von Br. Bender zum zugeordneten Großmeister der Großen Mutterloge kommt vor diesem Hintergrund nicht zustande. Die Rede ist von Chauvinismus und Hurra-Patriotismus. Vorläufig steht die Einigkeit mit ihrer konsequenten Absage an internationale Kontakte zwar noch im Konsens der Anderen - etwa als sie 1927 einer Gruppe von französischen hohen Logenbeamten klar macht, dass die Voraussetzung für eine brüderliche Kooperation die Kritik der französischen Logen am Versailler Vertrag sei. 1932 aber, als es um die Wiederaufnahme der Kontakte mit der Großloge von England ging, findet sie sich mit ihrer Ablehnung in der Minderheit. Innerhalb der Bruderschaft gingen die Auffassungen in dieser Frage zwar auseinander, die Ablehnung basierte jedoch auf der Mehrheit. Der Antrag, wegen der Englandfrage aus der Großen Mutterloge auszuscheiden, scheiterte nur, weil für diese Entscheidung eine Dreiviertelmehrheit vorgeschrieben war. In der Rückbetrachtung 1933 führt der dann amtierende MvSt, Br. Nückell, aus, dass die Loge zur Einigkeit „in ihrer Stellung im Bunde … fast zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken sei, im Gegensatz zu ihrer einst führenden und ausschlaggebenden Stellung.“ Der Gleichklang der Gesinnung habe gefehlt.40

Aus heutiger Sicht war die Loge zur Einigkeit also in einer widersprüchlichen Situation, einerseits als judenfreundlich, andererseits als „zu deutsch“ wahrgenommen. Vorstellbar ist, dass die nach dem Weltkrieg verstärkt einsetzende Judenhetze für sie noch herausfordernder war als für andere Logen. In den Unterlagen finden sich aber keine Texte, die belegen könnten, dass intern ein Widerspruch zwischen dem gesteigerten Patriotismus und der Nähe zu jüdischen Logen und jüdischen Brüdern empfunden worden wäre. Dieses Thema tritt dann erst 1933 nach der Aufnahme der LzE bei der „Großen National-Mutterloge zu den drei Weltkugeln“ (3WK) auf und wird mit Hinweis auf die Bedeutungslosigkeit der vier verbliebenen jüdischen Brüder bagatellisiert.

Die Themen der Weimarer Zeit: Internationalismus und Pazifismus Auf einem internationalen Freimaurerkongress in Basel, an dem auch 35 Deutsche als Private, ohne Rückendeckung ihrer Logen teilnahmen, wurde 1925 eine Resolution bestätigt: „Die internationale Freimaurer- Zusammenkunft erklärt erneut als die größte Aufgabe der Freimaurerei, zur Wiederherstellung des Friedens in Europa jene Ziele wieder aufzunehmen, die der Internationale Freimaurer-Kongress in Brüssel (1924) einstimmig als die vornehmste Aufgabe der Weltfreimaurerei bezeichnet hat: Die Wiederannäherung und Wiederversöhnung Deutschlands und Frankreichs zu fördern.“ 41

Die deutschen Maurer aber bestanden darauf, dass erst der Vertrag von Versailles zurückgewiesen und das Rheinland geräumt werden müsse, bevor Gespräche über die Wiederaufnahme von Beziehungen zu ausländischen Logen begonnen werden könnten. Abweichungen von dieser Linie wurden als Verletzung der Ehre des Vaterlandes gewertet, aber auch als ehrverletzend für die individuellen Brüder, die friedliebend, statt unbeugsam auftraten.

Diese Haltung wird anschaulich am Fall eines Bruders der Bundesloge „Carl zum aufgehenden Licht“, der im Jahr des Baseler Kongresses aufgrund von Angriffen innerhalb des Eklektischen Bundes gedeckt hatte und kurz darauf gestorben war. Er stand seit längerem im Verdacht, dass er durch die Anerkennung des „Schmachfriedens von Versailles“ und durch die hartnäckige Arbeit für ein Freundschaftsverhältnis zwischen Eklektischem Bund und französischen Brüdern „die Ehre unseres lieben deutschen Volkes opfern, die ihm (dem Volk) auferlegten Sklavendienste und seine Leiden, namentlich in den Grenz- und besetzten Gebieten stillschweigend hinnehmen“ wollte. Der Großmeister und persönliche Freund des Verstorbenen, Heinrich Becker, berichtet in seiner Trauerrede, dass ihm seit Jahren die bittere Pflicht erwachsen sei, dem Freund scharf entgegen zu treten. Nach Sichtung seines Nachlasses aber habe er es besser gewusst. Es habe sich unwiderleglich erwiesen, dass der Bruder seinen ausländischen Freunden gegenüber gar nicht so hingebungsvoll und friedesuchend gewesen sei und also die Ehre seines Volkes nicht verletzt habe. Es folgt eine lange Liste der Ungerechtigkeiten gegen Deutschland, die von dem verstorbenen Bruder angesprochen worden waren. Und der Großmeister schließt: „So ist Br. Bangel also gar nicht jener vaterlandslose Friedensfreund um jeden Preis gewesen.“ 42

Einen ähnlichen Zusammenhang stellt der Großmeister des Eklektischen Bundes 1926 her, als er zum Johannisfest im Tempel der Einigkeit die Brüder begrüßte. Er befasste sich mit dem Gegensatz von Pazifismus und Kosmopolitismus. Letzterer denke und fühle universal und pazifistisch, in seiner letzten Folgerung verneine er die Volksgemeinschaft, verliere den Boden der Wirklichkeit unter den Füßen und werde zum Unrecht am eigenen Volk, dem in erster Linie unsere Liebe gelten müsse. 43

Anfang 1932 hielt Br. Nückell, damals noch zug. MvSt, in der Einigkeit einen Vortrag über „Volk und Menschheit“. Dieses Thema war allen Bundeslogen von der Großloge als Studienthema aufgegeben worden. 44 Br. Nückell führte aus: Der Krieg habe die Möglichkeit des Verkehrs zwischen den Bauhütten der Länder und der Teilnahme an internationalen Zusammenkünften beendet. Der Ruf „Freimaurer aller Länder, vereinigt euch, damit nie wieder Krieg werde“ sei ein Ruf der Sieger, der zugleich auch die Rufer offenbart hätte.

„Es waren Romanen, die ja im schroffen Gegensatz zu uns Politik und Freimaurerei immer wieder zusammenwerfen.“ Die Freimaurerei sei über die Welt hin gespalten. Die Angelsachsen und Amerikaner könnten mit den Romanen nicht in eine Kette treten, weil diesen Religion Privatsache sei. Und die Deutschen hätten eine eigene Maurerei. Wohl hätten sie früher - wie alle Gebildeten des 18. Jahrhunderts - von einem idealen Weltbürgertum gesprochen. Aber damals sei Deutschland ja nur ein geografischer Begriff gewesen, seine Kleinstaaten hätten ein nationales Gemeinschaftsgefühl nicht aufkommen lassen. Das habe sich aber unter dem „furchtbaren Druck Frankreichs“ auf alle deutschen Staaten um die Jahrhundertwende (zum 19. Jahrhundert) geändert. Für deutsche Freimaurer sei seitdem das Vaterland „die heilige Stätte, in der Weltbürger-Gedanken gelebt werden müssen.“ 45

An seinen Vortrag schloss sich eine Diskussion „der zahlreich versammelten Bruderschaft“ unter Leitung des amtierenden MvSt der Loge zur Einigkeit, Br. Billerbeck, an: Wenn Menschen über die Grenzen von Nation und Rasse hinaus einander näher treten wollten, sei damit immer ein „selbstischer Zweck“ verbunden, Wirtschaft oder Wille zur Macht. Weltverbrüderung sei ein schönes Märchen, Volksverbrüderung das Ziel, „dessen herrlicher Erfüllung … unsere ganze freimaurerische Kraft und Arbeit geweiht sein muss.“ 46

Zwar habe Deutschland eine besondere geopolitische Lage, nehme teil an den erleichterten Verkehrsverbindungen in alle Welt und habe eine starke Rassenmischung – drei Voraussetzungen, die einer Völkerverständigung guten Boden geben könnten – aber die Anderen wollten ja gar nicht. Der Begriff „Pazifismus“ bedeute nicht etwa Streben nach Weltfrieden, sondern „romanisches Streben nach Weltmacht“. Daher sei es gut, dass die Loge zur Einigkeit sich von internationalen Bestrebungen zurückgezogen habe. Deutsche Freimaurerei sei eine ganz besondere Lehre, die von ausländischen Freimaurern weder gepflegt noch auch verstanden werde. 47 Daher seien Vertretungen bei ausländischen Logen riskant, weil sie dazu beitragen würden, dass „uns die Ausländer mit ihrem sehr ausgeprägten Nationalgefühl nicht verstehen.“ 48

Abschließend wurde eine Entschließung an die auftraggebende Großloge beschlossen: „Als Ergebnis des Vortrags über das Thema 'Volk und Menschheit' und der anschließenden Besprechung wird einstimmig festgestellt, dass die Loge zur Einigkeit den Standpunkt der Großloge billigt, internationale freimaurerische Beziehungen abzulehnen. Die ‚Einigkeit‘ erblickt die Aufgabe des eklektischen Freimaurerbundes darin, die Freimaurerei in Deutschem Geist zu pflegen.“ 49

Dass zu Beginn des Jahres 1932 die Annahme, die Großloge lehne internationale Beziehungen ab, noch realistisch war, muss bezweifelt werden. Die Wiederaufnahme der Beziehungen zur englischen Großloge war ja bereits in Vorbereitung. Interessant ist in diesem Zusammenhang aber der Hinweis auf Motive, der abschließend in den Annalen des Eklektischen Bundes gegeben wird. Danach sahen sich die humanitären Logen in Bedrängnis, weil die Großloge in Wien die Symbolische Großloge anerkannt hatte, die von den humanitären Logen konsequent als undeutsch abgelehnt wurde (dazu unten). Man habe nun befürchtet, dass auch die englische Großloge sich zur Anerkennung entschließen könnte. So gesehen wäre die Annäherung an England als taktisches Verhalten des Eklektischen Bundes gegen die Symbolische Großloge zu interpretieren. Diese Deutung würde auch erklären, dass die Mitgliedslogen in den vorangehenden Jahren nur vereinzelt Stellung gegen nationale Einengung nehmen. Innerhalb des Eklektischen Bundes gab es nur zwei Logen, die sich dahin äußerten, dass es Aufgabe der humanitären Freimaurerei sei, über internationale Verbindungen den Weg zur Verständigung zu suchen.

1929 der Großloge, dass sie Verständnis für ihre abweichende Meinung zeige und drückt die Hoffnung aus, dass in Zukunft auf diesem „wichtigsten Gebiet freimaurerischer Arbeit“ eine Entwicklung eintreten möge, die es erlaube, „getreu den höchsten freimaurerischen Grundsätzen an der endgültigen Befriedung der Welt tatkräftig mitzuarbeiten.“ 50

kritisiert: „Der weltumspannende Gedanke der Bruderkette darf nicht, der Einstellung Einzelner wegen, ein Buchstabe bleiben“ 51 Sie wolle helfen, dass der Weltbauwille aller Völker mit ihrer wohlbehüteten Eigenart in das Ganze des werdenden Menschheitsorganismus oder des Menschheitstempels sich einfüge. 52 Dieses Ziel wird ein Jahr später bekräftigt: „Innerhalb unserer Logengemeinde selbst wird der Betätigung allgemeiner Menschenliebe und Völkerversöhnung immer der breiteste Spielraum gelassen bleiben.“ 53

Zum Umgang mit jüdischen Brüdern im Eklektischen Bund

Wie oben bereits angesprochen nahmen innerhalb des Großlogenbundes seit den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts, mit Ausnahme der "Großen Landesloge" (FO) und 3WK, alle deutschen Logen Juden auf; und alle Logen, auch die Altpreußen, gewährten ihnen das Besuchsrecht. Der Anteil an jüdischen Brüdern war in der Großen Loge von Hamburg und im Eklektischen Bund am ausgeprägtesten. Hier gab es die geringsten Widerstände bei der Aufnahme. Im Verlauf stellte sich aber heraus, dass beide Großlogen dafür einen hohen Preis zahlen mussten.

Auch in Zeiten, in denen deutsche Juden ohne gesetzliche Einschränkungen lebten und auch sozial und beruflich erfolgreich waren, also gegen Ende des 19. Jahrhunderts, ruhte der Antisemitismus nicht. Der oben erwähnte Berliner Antisemitismusstreit 54 ist ein Beispiel dafür, wie Denkmuster in die öffentliche Debatte gelangen und dort aufgenommen und genutzt werden. Brosch schreibt dieser von Treitschke angestoßenen öffentlichen Debatte eine prägende Wirkung für das Identitätsbewusstsein sowohl der Führungseliten als auch der Mittelschichten im Deutschen Kaiserreich zu. 55

Im Folgenden geht es aber darum, den in diesem Kontext gedachten Antisemitismus zu unterscheiden von dem der Nachkriegszeit – immer eingedenk der Tatsache, dass der Mainstream auch Ränder hat, an denen die Vorstellungen sich treffen.

Nach Treitschke waren die Juden das Gegenteil alles Deutschen und damit eine Gefahr für die deutsche Kultur. Damit wurde der Antisemitismus zum Gegenpol der deutschen Identität, nämlich der Ideologie einer überlegenen deutschen Kultur, wie sie als Inbegriff des Völkischen gesehen wurde. Volkov schreibt in seinem Essay „Antisemitismus als kultureller Code“:

„Die Fronten des Konflikts waren klar, und man musste entweder die Emanzipation (der Nation) in toto oder den Antisemitismus in toto akzeptieren. Für die meisten Deutschen war das selbstverständlich.“ 56

(Hier soll noch einmal erinnert werden, dass Treitschkes Antisemitismus den Juden den Weg in das deutsche Volkstum offen lässt. Ein jüdischer Deutscher und seine Nachkommen können durch die Bereitschaft zur Akkulturation Teil der deutschen Nation werden; vgl. den Exkurs über das Völkische. Treitschke geht damit wie Max Weber von einem Rassebegriff aus, der eine charakterliche Disposition bezeichnet, die von der Umwelt, nicht aber genetisch geprägt ist. Zum Verständnis des bürgerlichen Antisemitismus in der Kaiserzeit gehört das Leitthema der deutschen Kultur, an der Juden nicht teilhaben).

Nach dem ersten Weltkrieg dramatisierte „die Schmach von Versailles“ das völkische Prinzip. Das Wort des Freiherrn vom Stein, Deutschland könne nur durch Deutschland gerettet werden, stand über den Befreiungskriegen und dem deutsch-französischen Krieg, und es wurde erneut beschworen nach dem verlorenen Weltkrieg: Einheit und deutsches Volkstum seien die Kraftquellen der Nation.

Ein Begriff, der eben so alt wie das Völkische ist, wird jetzt häufiger als zuvor dem Völkischen hinzugefügt, der des deutschen Blutes. Unter Einwirkung der nun breit rezipierten, vermeintlich naturwissenschaftlichen Rasseforschung wird er biologistisch umgedeutet. Am deutschen Volkstum, so heißt es jetzt, kann nur teilnehmen – es verstehen und selbst leben – wer deutschen Blutes ist. In der Ex-post-Geschichtsschreibung wird übersehen, dass auch dieser Gedanke seit dem beginnenden 19. Jahrhundert, also ein halbes Jahrhundert vor Darwins Evolutionstheorie und der sich naturwissenschaftlich gebenden Rasseforschung vorhanden ist.

Die Koppelung von Blut und Persönlichkeitsmerkmalen zu Rasse- Eigenschaften, ebenso wie die Vorstellung einer Rassenmischung sind nicht Vorstellungen im Vorfeld des Nationalsozialismus. Arno Herzig, fachlich auf deutsch-jüdische Geschichte der frühen Neuzeit spezialisiert, führt als Beispiel Ernst Moritz Arndt an, der eine "Blutvermischung" mit Juden abgelehnt habe, weil er von ihr eine "Bastardisierung" des deutschen Volkes befürchtete. Wichtig ist wiederum der Zusatz, den Herzig anfügt: Arndt habe wie zahlreiche Konservative, darunter auch der Hofprediger Adolf Stoecker, eine Überwindung der negativen "jüdischen Eigenschaften" durch die Taufe im Lauf der Zeit für möglich gehalten: 57

:„Die Juden sind und bleiben ein Volk im Volke, ein Staat im Staate, ein Stamm für sich unter einer fremden Rasse. Alle Einwanderer gehen zuletzt in dem Volke auf, unter welchem sie wohnen; die Juden nicht. Dem germanischen Wesen setzen sie ihr ungebrochenes Semitentum, dem Christentum ihren starren Gesetzeskultus oder ihre Christusfeindschaft entgegen. Wir können sie darum nicht verurteilen; solange sie Juden sind, können sie gar nicht anders. Aber wir müssen uns mit klarer Erkenntnis vor den Gefahren schützen, die in einer solchen Vermischung liegen. Allein in Berlin wohnen 45,000 Juden, soviel wie in ganz Frankreich, wie in ganz England. Das ist zu viel. Wenn sie wirklich mit uns verbunden wären, hätte die Zahl nichts Bedenkliches. Aber da jenes halbe Hunderttausend eine in sich geschlossene Gemeinschaft bildet, in guten Verhältnissen, in steigender Macht, mit einer sehr profitablen Verstandeskraft ausgerüstet, ohne Teilnahme für unsere christlich-germanischen Interessen, so liegt darin eine wirkliche Gefahr.“ 58

Die zeitliche Einordnung des Rassebegriffs, seine Unterscheidung von der sogenannten Rasseforschung Mitte des 19. Jahrhunderts, die (teilweise) sozio-ökonomische statt genetische Belastung des Begriffs - das sind Gesichtspunkte für das Verstehen ex ante, also aus den Lebensumständen und Denkerfahrungen der Zeit. Wir fügen dem einen weiteren Gesichtspunkt hinzu, der das Verständnis des Völkischen überraschend verallgemeinert; er bezieht sich auf Martin Bubers Überlegungen zu einem völkischen Zionismus59, auf die Kremer 2007 in einer sprachwissenschaftlichen Untersuchung eingeht: „Nicht verschwiegen werden darf: Bis zum Ersten Weltkrieg zeigte der völkische Stil der Zeit seine Wirkung in Bubers Schriften ebenso wie in den Publikationen vieler anderer jüdischer Denker, ob sie nun eher zionistisch oder liberal-jüdisch justiert waren. Buber hat wiederholt von ‚Rasse‘ gesprochen, und sein Schüler Hans Kohn erinnert daran, dass der Lehrer die zionistische Jugend in Deutschland beeinflusst habe mit Begriffen wie ‚Blut‘ und ‚Volksgemeinschaft‘.“ - Der Autor führt aus, dass „Blut“ bei Buber kein genetischer Abdruck des reinen Volkskörpers, sondern Ausdruck des Volksgeistes, keine biologische Determinante, sondern eine mythischgeistige Konstante sei. Weil im Blut die ganze Tradition gespeichert sei, könne aus ihm heraus die Renaissance des Judentums, verstanden als kulturelle Erneuerung, in Gang gesetzt werden. 60

Ähnlich 2012 Moshe Zimmermann auf einer Tagung über die Politisierung der Wissenschaft im Nationalsozialismus in Frankfurt: Das völkisches Denken sei zu einer Exportware geworden, die ihren Weg über die Bewegung des Zionismus und über jüdische Historiker in die israelische Gesellschaft und in das israelische Geschichtsverständnis gefunden habe.61 Die Annahme, dass Merkmale von Volksgruppen, also Rassemerkmale, durch prägende physische, soziale und kulturelle Umweltbedingungen entstanden seien, ist, das sollen diese Beispiele andeuten, bis zum Weltkrieg verbreitet. Deutscher oder Jude zu sein ist das Ergebnis des Lebens innerhalb der jeweiligen völkischen Kultur. Die Beispiele von Martin Buber und Moshe Zimmermann zeigen, dass diese Idee in Umkehrung der deutschen Betrachtung auch für Juden aufgenommen wurde. Deutsche und Juden waren über verschiedene Völker verstreut oder in verschiedenen Staaten getrennt. Ganz im Sinn von Hannah Arendt kann bei beiden die völkische Identität als eine Kompensation übergangener nationaler Emanzipation interpretiert werden.

Die genetisch-rassistische Umdeutung, nach der Jude-Sein nach außerhalb der persönlichen Entscheidungsmöglichkeiten rückt, ist Ergebnis der antisemitischen Hetze, die nach dem „Schandfrieden von Versailles“ einsetzt. Jetzt geht es nicht mehr um Taufe und Akkulturation, jetzt sind deutsche Juden ohne eigene Handlungsmacht, die ihnen zugeschriebenen charakterlichen Merkmale werden nicht mehr als durch Umwelteinflüsse erworben, sondern als durch Anlage determiniert aufgefasst. „Deutsches Blut“ wird zur Ausschlussformel gegen Juden. Der Begriff des Völkischen geht auf die Meinungsgegner über und wird logenintern entweder durch "vaterländisch", "deutsch" oder "volklich" ersetzt - so noch 1931 Heinrich Junker, ein Bruder und Professor für Sprachwissenschaft an der Universität Leipzig, der im Auftrag des Vereins deutscher Freimaurer den Brüdern Vorträge über Nationalsozialismus gehalten hat: "Jedenfalls haben wir ohne Rücksicht auf Rassenanschauungen es durch Erziehung und Unterricht dahin zu bringen, dass wir unserer volklichen Eigenart und unseres volklichen Eigenwertes bis zur gefühlsmäßigen gesicherten Selbstverständlichkeit inne werden und inne bleiben."

Die Freimaurerei hat die rassistische Uminterpretation des Jüdisch-Seins nicht mit vollzogen. Die Rasseforschung wird im Gegenteil in Zweifel gezogen und als wenig bewährt kritisiert. Der eben erwähnte Br. Junker findet spöttisch-herabsetzende Worte, um diese „wissenschaftliche Grundlage“ des Antisemitismus zu kritisieren. „Die Rassenlehre ist viel zu sehr zum biologischen Gottesgnadentum missdeutet worden, auf dem, als Faulbett, sich germanisch dünkende Selbstgefälligkeit ausstreckt. Sie hat viel zu sehr schon die aufbauenden männlichen Energien verweichlicht und verweibischt durch die Einflüsterung: nur die Gegenrasse, nicht aber zuallererst eigene Genusssucht, Untüchtigkeit und Energielosigkeit wären Schuld am Niedergange unseres Volkes.“

Vermutlich haben die Nationalsozialisten, über deren Denkweise Junker aufklären wollte, mit ähnlicher Missachtung über Freimaurer gedacht, wenn sie ihnen vorgeworfen haben, die rassistische Wendung nicht mitvollzogen zu haben. Das Reichssicherheitshauptamt gibt 1935 eine Schrift über die Weltfreimaurerei heraus, in der es auf S. 36 heißt: „Für die deutsche Freimaurerei aller Schattierungen war übrigens die Judenfrage zu keiner Zeit ein Rassenproblem. Selbst die sich gern als antijüdisch bezeichnenden altpreußischen Großlogen fassten die Judenfrage nur als ein Konfessionsproblem auf und schlossen getaufte Juden, die z. T. auch führende Logenämter einnahmen, niemals von der Aufnahme in ihre Logen aus. Es waren im Gegenteil auch bei ihnen stets starke Bestrebungen vorhanden, die sich für die gleichberechtigte Zulassung auch der Religionsjuden einsetzten, sich jedoch wegen Fehlens der satzungsgemäß notwendigen Mehrheiten (Zweidrittelmehrheit z. B. bei 3WK) nicht durchsetzen konnten“.

Politisch unterstellen die zunehmenden Angriffe gegen die Freimaurerei nach dem Weltkrieg

  • zum einen die Verbindung zwischen Weltfreimaurerei und Schicksalsschlägen der deutschen Nation, etwa das Attentat von Sarajewo, das Friedensdiktat, die Besetzung des Rheinlands und die Inflation (1923), den Ruhrkampf, die Reparationen;
  • zum anderen die Infiltration der Logen durch das internationale

Judentum.

Die Tätigkeit der Freimaurer, stehe – möglicherweise naiv und wohlmeinend, aber blind für die Gefahr - im Dienst des internationalen Judentums und arbeite auf eine Weltrepublik, also auf Weltherrschaft hin. Nicht nur unmittelbar, sondern auch durch die Freimaurerei hindurch wird das Judentum angegriffen, die Verteidigungslinie wird daher der Nachweis der Trennung zwischen Beiden.

Auch der Eklektische Bund als führende humanitäre Großloge wurde direkt angegriffen. Zwei herausgehobene Beispiele: Br. Müllendorff, Landesgroßmeister GLD, nahm 1921 in deutschen Tagesblättern Stellung zu der Frage, wie sich die deutsche Freimaurerei zum Internationalismus verhalte. Damit erregte er die Aufmerksamkeit von 50 „deutschen Führern“ (hier verstanden als Personen in Führungspositionen, wie überhaupt der Führerbegriff damals im Umgangssprachlichen benutzt wurde), die ihrerseits seine Thesen zu Fragen des Deutschtums beantworteten und dabei den Eklektischen Bund angriffen, welcher bekanntermaßen stark jüdisch beeinflusst sei und mit seinen humanitären Grundsätzen und seiner Schwärmerei für die Utopie der allgemeinen Menschenverbrüderung so unheimlich großes Unheil angerichtet habe und auch fernerhin anrichten werde, trotz der nationalen Maske, die er neuerdings vorgenommen habe.

1924 traf eine Bemerkung des Kaisers in seinen Memoiren „Ereignisse und Gestalten aus den Jahren 1878 – 1918“ den Eklektischen Bund. Die deutschen Großlogen seien mit zwei Ausnahmen, in denen die nicht deutsche Finanz herrschte (also das Judentum, Eck.) und die im Geheimen mit dem Grand Orient in Paris in Verbindung stünden, durchaus loyal und treu gewesen. - Der Großmeister der Großen Mutterloge nahm dazu Stellung in der Tagespresse und in den maurerischen Publikationen. Es handele sich um einen völlig falschen, „ohne den Schatten eines Beweises gegen deutsche Männer erhobenen Vorwurf, dass sie teilgenommen hätten an der durch eine angebliche „Internationale Großorientloge“ betriebene langjährige und zielbewusste Politik der Vorbereitung des gegen die monarchistischen Mittelmächte gerichteten Weltkrieges“ mit dem Ziel „Zerstückelung von Österreich-Ungarn, Demokratisierung Deutschlands, Beseitigung des Hauses Habsburg, Abdankung des Deutschen Kaisers, Rückgabe von Elsass Lothringen an Frankreich, Vereinigung Galiziens mit Polen, Beseitigung des Papstes und der katholischen Kirche wie überhaupt jeder Staatskirche in Europa.“

Die Offenheit gegenüber Juden wurde mit solchen Ereignissen bedrohlich für die eigene Reputation und – im Verlauf – für die Existenz der Loge. Im April 1920 gründet der Großlogenbund einen Ausschuss zur Abwehr von Angriffen der Völkischen auf die Freimaurerei (Abwehrschriften- Ausschuss). Bei einem konstituierenden Treffen im April ging es um Berichte von allen Seiten über Angriffe in Schriften, Versammlungen (darunter sogenannte Wichtl-Versammlungen, in denen Freimaurer diesem aggressiven Autor persönlich entgegengetreten sind) und Briefen, letztere in großer Zahl vom Deutsch-Völkischen Bund (gegründet 1919 durch den Alldeutschen Verband, noch im laufenden Jahr zum Deutsch-Völkischen Schutz- und Trutzbund umbenannt) an Brüder persönlich adressiert. Der Ausschuss bearbeitet den Entwurf einer Flugschrift, verfasst von Bruder Lazarus, Loge zur Aufgehenden Morgenröte, und ergänzt ihn um drei signifikante Absätze (49 -54, Akte 593):

  • Den humanitären Großlogen gewährt gerade im ethischen sowie

vaterländischen Forschen und Streben die Mitarbeiterschaft ihrer heimischen jüdischen Gründer eine wertvolle Hilfe.

  • Glaubet übrigens nicht, dass die Mehrheit der neutralen (gemeint:

humanitären) Logenverbände deutschfeindlich ist! Gerade sie nützten und nützen den deutschen Freimaurern und dem deutschen Vaterland unendlich viel in der Aufklärung der nichtdeutschen Welt über grundlegende deutsche Lebensanschauungen.

  • Eine Reihe führender ausländischer Freimaurer hat nachweisbar

vor und in dem Kriege gegen Kriegshetze und Deutschenhetze gearbeitet.

Diese Flugschrift soll "an alle Volksschullehrer und derartige Kreise" erfolgen. Die drei Absätze markieren exakt die Themen, die ab jetzt im Mittelpunkt von Angriff und Verteidigung stehen: Mitgliedschaft der Juden, vaterländische Glaubwürdigkeit und internationale Logenbeziehungen.

Die Brüder finden sich paradoxerweise in einer Nachweispflicht für eben die „treu-deutsche“ Gesinnung, die sie bis dahin als Ausgangspunkt ihrer maurerischen und ethischen Pflicht erlebt haben. Wie Werner Bergmann in seiner Geschichte des Antisemitismus anmerkt, haben sich "die Resonanzbedingungen für antisemitische Politik" nach dem Krieg verändert.

Das frühere Völkische schwingt nicht mehr mit, wenn das neue Völkische angeschlagen wird. Für die Brüder verkehrt sich die Welt. In den kommenden Jahren geht es um ihre Ehre als vaterländischer Bund und um die Abwehr der Angriffe durch öffentliche Bekundung eben dieser Gesinnung. Später, 1934, wird der amtierende Meister vom Stuhl der Loge zur Einigkeit rückblickend die Paradoxie kommentieren: „Wenn uns die frühere Regierung verboten hätte, wäre das nicht zu verwundern gewesen. Und nun ! – Ironie und Tragik des Schicksals zugleich, - nun verlangen es die Verhältnisse, dass wir unsere vaterländische Einstellung unter Beweis stellen müssen. … Hier in Frankfurt wäre der Beweis schon dadurch geführt, dass Br. Georg Bender die Loge über 8 Jahre geleitet hat … Jedes Kind kannte ihn, jedermann wusste, dass er national bis auf die Knochen war. … Nicht eine Minute hätte er gezögert, seiner ‚Einigkeit‘ den Rücken zu kehren, wenn sie nicht mit ihm aus einem Gusse gewesen wäre, was er ja so oft zum Ausdruck gebracht hat.“

In einer Zeitungsnotiz von 1924, die als Erklärung des Großlogenbundes (damals bereits ohne die Altpreußen), formuliert durch den Großmeister des Eklektischen Bundes, in die "Frankfurter Post - Vaterländische Tageszeitung" eingerückt wurde, werden die Eckpfeiler der Verteidigung erneut deutlich gemacht: "Der Deutsche Großlogenbund umfasst deutsche Männer von gutem Ruf, unwandelbarer Vaterlandsliebe und religiöser Gesinnung, die ihren Volksgenossen durch werktätige Liebe und sittliches Höherführen selbstlos dienen wollen. Solche Männer können nur deutsch fühlen und handeln. ... Sie lehnen jede politische oder konfessionelle Tätigkeit für sich als eine die nationale Einheit schädigende Handlung ab und stehen in gleicher Weise dem Internationalismus fremd gegenüber.

Sie unterhalten keine Beziehungen zu den Logen eines feindlichen Staates ... (Die freimaurerische Arbeit) dient der Pflege deutschen Volksbewusstseins und fördert die Hingabe an einen wirklichen Aufbau des deutschen Vaterlandes." - Hier fällt auf, dass die so häufig unterstellte konspirative Verbindung mit dem Judentum nicht angesprochen wird. In der Öffentlichkeit distanzieren sich der Eklektische Bund und mit ihm die humanitären Logen nicht von ihren jüdischen Mitgliedern. In den Akten wird dieser Punkt selten berührt, und wenn dann mit vertraulicher Geste als Interpretation, über die nicht öffentlich gesprochen werden sollte. Die judenfreundliche Grundhaltung des Eklektischen Bundes wird bis 1933 offiziell nicht zurück genommen. Führende Logenbeamte des Eklektischen Bundes und des (zu der Zeit geschrumpften) Großlogenbundes kommen bis zur Machtübernahme aus den jüdischen Logen. In Frankfurt wird das Johannisfest alljährlich mit den Logen „Zum Frankfurter Adler“ und „Zur aufgehenden Morgenröte" gemeinsam gefeiert.

Innerhalb des Großlogenbundes aber polarisieren sich in diesem Punkt die Auffassungen. 1919 beginnend1 grenzen sich - zunächst noch innerhalb des Großlogenbundes - die humanitären Logen als "Fünfbund" von den altpreußischen Großlogen ab.

Während einer Tagung der Großmeister des Fünfbundes in Leipzig wird das erste Mal - streng vertraulich - darüber berichtet, dass ein Schreiben der Altpreußen eingegangen sei. Dieses sei "eine ganz ungeheuerliche Kundgebung, die direkt auf eine Trennung und Spaltung innerhalb der deutschen Freimaurerei in 'treudeutsche und internationale Logen' (!) hinarbeitet". Die Botschaft ist, dass die drei altpreußischen Großlogen aus dem Großlogenbund austreten wollen.

In späterer Interpretation werden dieser dann 1922 tatsächlich durchgeführten Trennung antisemitische Gründe zugeschrieben. 1926 führt Br. Bischoff, Leipzig, in seinem Referat für die Herbsttagung des Vereins deutscher Freimaurer (im Festsaal der LzE) zum Thema „Einheit und Trennung im deutschen Maurerwesen“ aus: „Überall in der Freimaurerei sehen wir einen Willen zur Gemeinsamkeit. Diesem Unismus gegenüber sind separatistische Bestrebungen aufgetreten. Sie gehen von nationalen Erwägungen aus und sind veranlasst worden durch die völkischen Ideen, aus denen der Antisemitismus hervorgeht.“

Exkurs

Den Austritt der Altpreußen aus dem Großlogenbund ganz den antisemitischen Tendenzen zuzuschreiben greift aber vermutlich zu kurz. Die Verstimmung zwischen Altpreußen und Humanitären waren eine Folge der ungleichen Machtverteilung. Die Humanitären hatten im Zuge der Einheitsbewegung der deutschen Freimaurerei, die nach der Reichsgründung einsetzte, den Vorschlag eines Maurerparlaments gemacht, in der die gemeinsamen Angelegenheiten nicht auf Großlogenebene, sondern auf der Ebene aller einzelnen Logen hätten diskutiert werden können. Dieser Vorschlag stieß auf die Ablehnung der Altpreußen. Die Initiative zur Abtrennung innerhalb des Großlogenbundes ging unmittelbar nach Kriegsende von den Humanitären aus und wird noch 1919 mitgeteilt. Die altpreußischen Logen, die sich ihrerseits durch interne Großmeistertreffen schon länger eine Binnenstruktur gegeben hatten, reagierten empfindlich auf diesen Schritt.

In einem Schreiben vom Oktober 192075 monierten sie den durch die Namensgebung entstehenden Eindruck, dass ihnen die humanitäre Haltung abgesprochen würde und verwiesen auf frühere Schriftwechsel in dieser Frage. Auch maßte sich der Fünfbund an, sozusagen durch die Hintertür das zuvor diskutierte und im Großlogenbund zurückgewiesene "Maurerparlament" nur für den Fünfbund einzusetzen und dennoch über Belange der deutschen Freimaurerei diskutieren zu lassen. Schließlich mahnten sie die Übersendung der Satzung an, die der Fünfbund ihnen vorenthalten hatte und verwiesen demgegenüber auf die nur informelle Struktur des Großmeisterbundes der Altpreußen.

Bei dem gleichen Treffen im Dezember 1920, bei dem auch der geplante Austritt der Altpreußen erstmals bekannt wurde, berieten die Großmeister des Fünfbundes das fünfseitige Schreiben und beschlossen - deutlich mit zurückweisendem Gestus - auf die fünf Seiten betont knapp mit wenigen Zeilen zu antworten: Man entnähme dem Schreiben, dass die Altpreußen in mehrfacher Beziehung von einer irrtümlichen Auffassung ausgingen. Zweifellos werde man die Missverständnisse bei einer gelegentlichen mündlichen Aussprache beseitigen können.

Die jüdischen Brüder äußern sich zu den Angriffen auf ihre Logen kaum. Ein Beitrag wie der folgende von Bruder Lazarus von der Loge „Zur aufgehenden Morgenröte“, geschrieben in der aufgeregten Phase kurz nach dem Krieg unter dem Eindruck der massiven Angriffe der sich formierenden völkischen Gruppierungen und der drohenden Spaltung, bleibt ein einzelnes Vorkommnis. Er verfasst ein Mahnwort, das für die Brüder des Eklektischen Bundes gedruckt wird. Nach der rhetorischen Frage, ob Deutschland wirklich gerettet wäre, wenn alle Juden vernichtet wären, fasst er die Geschichte der Deutschen, die auch Juden sind, zusammen und geht auf seine Kriegserfahrung als Fortbildner der Soldaten ein. Das deutsche Volksheer mit seiner Einordnung des Einzelnen in den Dienst einer großen Gesamtheit sei der machtvollste Ausdruck sozialer Kultur gewesen.

Nach dem Zusammenbruch des Heeres müsse es ersatzweise eine gewaltige Steigerung der anderen vorhandenen Mittel geben, die zur Förderung der sozialen Kultur geeignet seien, nämlich der religiös fundierten Sittlichkeit und der Freimaurerei. „Wohl hat heute auch die deutsche Freimaurerei ihr ‚Judenschicksal‘, wie das deutsche Vaterland seines tragen muss. Von so vielen Seiten wird auch sie gehasst, geschmäht, mit Schmutz beworfen.“

Er kommt auf die innere Zerrissenheit der Freimaurerei und mahnt zur wechselseitigen Achtung der unterschiedlichen „maurerischen Konfessionen“ – um dann so fortzufahren: „Freilich, eine Grenze der Duldung gibt es. Sie wird überschritten, wenn sich solche freimaurerische ‚Konfessionalität‘ bereitfindet, der Gegnerschaft gegen irgendeine Rassen- oder Religionsgemeinschaft zu dienen.


Mit tiefem Schmerz – einem Schmerz, den ich um der Freimaurerei willen empfinde – hat mich ein Vorkommnis jüngster Zeit erfüllt. Zwei deutsche Bauhütten (Anm.: aus dem Orient Nürnberg) haben sich von ihrer angestammten Mutterloge losgesagt, die eine noch in schämiger Verhüllung ihrer Beweggründe, die andere schon ganz offenkundig, beide getrieben von ihrem Judenhass; und zwei deutsche Großlogen haben es über sich gebracht, ihnen die Bruderhand zu bieten, um je eine in ihren Schoß aufzunehmen! … Alle Beschönigung hilft hier nichts. Hier muss der Finger auf die Wunde gelegt werden. Notzeichen im Sturm! Will die deutsche Freimaurerei ihrer Aufgabe gerecht werden, will sie das vor allem zum Heil ihres unglücklichen Vaterlandes, dann muss sie aus ihren Tempeln den Judenhass verbannen! Sonst vergeht sie sich aufs schwerste an ihrem eigenen Geist wie an der Seele des deutschen Volkes.“


Diese Offenheit in der Judenfrage war wie gesagt in dieser Klarheit eine Seltenheit. In der zweiten Hälfte der 20er Jahre finden sich in den Akten des Eklektischen Bundes kaum Hinweise auf Auseinandersetzungen um Juden. Im Mittelpunkt von Angriff und Verteidigung standen internationalistische Aspekte (sieht man von den sich selbst zunehmend diskreditierenden Anwürfen der beiden Ludendorffs ab; sie werden schließlich nur noch ironisch berichtet und auch in der Öffentlichkeit nicht mehr ernst genommen). Der Vertrag von Locarno (1925) und die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund (1926) haben die Frage nach einer Wiederaufnahme maurerischer Beziehungen zu den Siegermächten neu belebt; eine Herausforderung zur Neuorientierung.

Internationalismus und die Symbolische Großloge

Die Kooperation mit Logen des Auslandes wurde innerhalb der humanitären Freimaurerei geduldet, wenn sie mit der „deutschen Ehre“ vereinbar war, das hieß konkret, dass die Kriegsschuld zurück zuweisen und die Bedrängnis des eigenen Volkes durch einen ungerechten Friedensschluss zu monieren war. Die Internationale Freimaurerliga, die ab 1925 mit Manifesten und ab 1927 mit jährlichen Kongressen hervortrat, fand keine Unterstützung bei den regulären deutschen Logen und Großlogen. Da die Liga aber nicht Organisationen, sondern Personen aufnahm, wurden persönliche Kontakte innerhalb der humanitären Logen zugelassen – mit der Verpflichtung, die deutsche Ehre zu wahren. Im Einzelfall erregten sie dennoch Anstoß – als undeutsches Handeln. Der Großmeister des Eklektischen Bundes hatte eine widersprüchliche Haltung zur Liga.

Zwar sei sie eine gute Gründung, aber sie habe zur Verschärfung der Gegensätze beigetragen und müsse daher abgelehnt werden. Diese Rücksicht auf Konsensfähigkeit hatte den Grund, dass die verbliebenen vier Großlogen im Großlogenbund einen engen Zusammenschluss zu einer einheitlichen neuen Großloge planten, ein Ziel, das nicht von entbehrlichen Streitigkeiten geschwächt werden sollte.80 Die Ambivalenz des Großmeisters hatte ihre Entsprechung in den Präferenzen der Brüder; insbesondere im Eklektischen Bund fand die pazifistische Idee Befürworter und löste so Konflikte aus – innerhalb des Bundes und im Großlogenbund.

Auf diese Situation trifft die Gründung der Symbolischen Großloge im Sommer 1930 (durch Leo Müffelmann, früher der Großloge zur Sonne zugehörig, dann übergegangen - nach Anfeindungen wegen seiner engagierten Rolle in der Freimaurerliga – zu der Loge Labor in Wien).

Br. Müffelmann gehörte dem Schottischen Ritus an und hatte 1929 den 33. Grad im österreichischen Obersten Rat erreicht. Die Obersten Räte der Schweiz und der Niederlande hatten im April 1930 den Obersten Rat für Deutschland installiert; dieser gründete seinerseits im gleichen Jahr acht Logen und fasste sie unter der Leitung von Br. Müffelmann zur Symbolischen Großloge zusammen. Ihre Mitglieder kamen zum einen aus dem vergeblich sich um Anerkennung bemühenden „[[Freimaurerbund zur aufgehenden Sonne]]“ (FzaS) in Bayreuth, zum anderen aus regulären Logen, deren Mitglieder das offene Bekenntnis zu Pazifismus und Internationalismus schätzten. Bis zur Machtergreifung umfasste die Symbolische Großloge 26 Tochterlogen mit etwa 1200 Mitgliedern. Im Freimaurer Wiki wird unter dem Stichwort „Symbolische Großloge“ angegeben, dass etwa ein Viertel der 80 000 deutschen Freimaurer der Weltfreimaurerei zugeneigt gewesen seien.

Das rasche Anwachsen der Symbolischen Großloge macht deutlich, welche Irritation in der humanitären Maurerei durch die Neugründung entstehen musste. Es galt, deren Anerkennung zu verhindern. Nichts schien verhängnisvoller, als den eigenen Mitgliedslogen eine Alternative anzubieten, mit der sie die Regularität ihrer Arbeit wahren und die Einengung auf die konservative treudeutsche Haltung überwinden könnten. Das führte auf die Frage, wie England sich der Neugründung gegenüber verhalten werde. Würde die englische Großloge die Symbolische Großloge anerkennen? In Weimar tagten im Oktober 1930 die vier Großmeister des Großlogenbundes, am folgenden Tag alle Großmeister der alten deutschen Logen. Hier wurde diese Frage aufgeworfen. In dem Bericht über das Treffen heißt es, dass zwei Gründe für die Wiederaufnahme sprächen: Die Engländer könnten die alten deutschen Logen im Kampfe gegen den Versuch, andere freimaurerische Methoden einzuführen, unterstützen; weiter sei es für die deutschen Brüder im Ausland von Bedeutung, Anschluss an die – unpolitischen – englischen Logen zu finden.

Ausführlicher geht der Großmeister des Eklektischen Bundes, Br. Ganser, im Frühjahr 1931 auf den Zusammenhang der Englandfrage mit der Symbolischen Großloge ein: „Gerade die humanitäre Freimaurerei wird von der symbolischen Großloge bekämpft und des Verrates an den alten Pflichten geziehen. Es wurde versucht, einzelne Brüder, ja ganze Gruppen von Brüdern aus unseren Logen dort hinüberzuziehen. Es kann uns danach durchaus nicht gleichgültig sein, ob auch andere auswärtige Großlogen dem Beispiel von Wien folgen und durch ihre Anerkennung der Symbolischen Großloge ein Ansehen gaben, das ihr bisher fehlte. Dabei konnte die Stellungnahme der Große Loge von England von großer Wichtigkeit werden.“

Die GLL sei deutsch. „Des deutschen Vaterlandes Bestand und Gedeihen muss das Ziel des Strebens, des Vaterlandes Ehre und Würde die Richtschnur für das Handeln jedes Ordensbruders sein. Pazifismus und Internationalismus können, wie bisher, so auch in Zukunft keine Stätte in unserem Orden finden, und die Beteiligung an einer Weltfreimaurerei hat der Orden stets abgelehnt“. Nach Ausführungen über die christlichen

Die altpreußischen Großlogen und die Große Loge von Sachsen entscheiden sich für vorläufige Zurückhaltung; es sei noch nicht an der Zeit für die Wiederaufnahme der Beziehungen. Man werde aber die andere Entscheidung der vier humanitären Logen nicht als unfreundlichen Akt auffassen.

Dennoch bleiben die Turbulenzen nicht aus. Offenbar ausgelöst durch die fortdauernden Angriffe von außen teilt die Große Landesloge in einer amtlichen Bekanntmachung im Januar 1931 mit, dass sie ihrem Namen ab sofort die Ergänzung „Deutsch-christlicher Orden“ hinzufügen werde. In einer logenpolitischen Rundum-Erklärung heißt es, dass damit Pflichten der Brüder heißt es dann bezeichnend für das Motiv der Namensergänzung: „Die Landesloge lehnt es ab, sich Vorschriften von irgendwelchen Parteien oder Verbänden machen zu lassen, die zwar in der Liebe zu Vaterland und Volk mit uns eins sind, aber ohne Kenntnis der wirklichen Verhältnisse in jedem Freimaurer einen Schädling und Feind des Vaterlandes bekämpfen …“

Die Großloge 3WK zieht nach: „Die große Nationalmutterloge ‚Zu den drei Weltkugeln‘ hält sich grundsätzlich und gemäß ausdrücklicher Satzungsbestimmung von jeglicher Politik fern und bildet dadurch einen bewussten Gegensatz zu der Freimaurerei anderer, insbesondere der romanischen Länder. … Als eine ihrer wesentlichsten Aufgaben sieht (sie) seit jeher die Pflege der Liebe zum deutschen Vaterland unter ihren Mitgliedern an und lässt sich in diesem nationalen Bestreben von keiner, wie immer gearteten anderen Organisation übertreffen. (Sie) lehnt jegliche Beziehungen zu den Logen der ehemals feindlichen Staaten auf das entschiedenste ab und steht auch allen pazifistischen Bestrebungen ablehnend gegenüber“87. In der bald folgenden Johannis-Botschaft wird festgelegt, dass sich die Kontakte zu den humanitären Großlogen in Zukunft auf „dringende Fälle“ beschränken sollen.

Ebenfalls während ihrer Jahresversammlung beschäftigt sich die Große Loge von Preußen mit einer möglichen Abgrenzung von den in der Öffentlichkeit angegriffenen humanitären Logen. Hier wird wie bei den anderen beiden preußischen Großlogen deutlich, dass die aufgrund langjähriger Angriffe erlittene Stigmatisierung auf die humanitären Großlogen umadressiert werden soll. Darüber hinaus fordert Br. Richter aus Stettin in seiner programmatischen Rede, man müsse sich mit dem Nationalsozialismus beschäftigen. „Wenn die Jugend merkt, dass wir unterrichtet sind, dann fasst sie auch Vertrauen zu uns, dann gewinnen wir Einfluss.“

Vorbedingung sei, dass die altpreußischen Großlogen entschieden von den Großlogen abrückten, die weder national noch christlich seien und die Preußen diskreditierten. Die Rituale müssten von alttestamentarischem Beiwerk befreit werden.

Angesichts dieser Ausrichtung der "Großen Loge von Preußen, [[Royal York genannt Zur Freundschaft]]" (RY) wirkt der oben angeführte Briefwechsel mit dem Großmeister des Eklektischen Bundes bereits überholt und ohne jede Chance. Auf den Vorwurf des Großmeisters, Br. Feistkorn, die Kontaktaufnahme mit England sei Verrat an dem schwer darniederliegenden Vaterland (Annalen, S. 94), gibt Br. Ganser seiner Hoffnung Ausdruck, dass Royal York nicht dem Beispiel des GLLFO folgen werde und "deutsche Maurer in den Augen der Öffentlichkeit in den Verdacht bringe, in nationaler Beziehung weniger zuverlässig zu sein“. Auf diesen Brief erfolgte keine Antwort mehr, und die von Br. Ganser gegebenen Hinweise auf die Bedrohung durch die Symbolische Großloge (SG) finden auch keine Berücksichtigung in der Denkschrift von Royal York zum Abbruch der Beziehungen zu den Humanitären.90 Im Herbst 1931 scheidet die Wiesbadener Loge „Plato zur Beständigkeit“ u.a. wegen der Englandfrage aus dem Eklektischen Bund aus und schließt sich 3WK an; die Weimarer Loge Amalia geht von der Großloge von Hamburg ebenfalls zu 3WK; die beiden alten Nürnberger Logen wechseln vom Eklektischen Bund zu Royal; 1932 versucht auch die Loge „Zur Einigkeit“ einen Austrittsbeschluss zu fassen, scheitert aber an der vorgeschriebenen Dreiviertel-Mehrheit. Ebenfalls 1932 verlässt die Darmstädter Großloge „Zur Eintracht“ den Großlogenbund, wegen der Englandfrage, aber auch wegen heftiger Streitigkeiten des Großmeisters mit den anderen Großlogen. Im gleichen Kontext entwickeln sich längerfristige Streitigkeiten zwischen der Großen Landesloge und der Großloge zur Sonne, die Bernhard Beyer in seiner Schrift „Ich klage an“ ausführlich dokumentiert.

1932 bieten die Logen des ehemaligen Großlogenbundes also folgendes Bild:

  • Die Altpreußen und die Große Landesloge von Sachsen bemühen

sich, die öffentlichen Anfeindungen gegen Freimaurer auf die humanitären Logen zu lenken und die öffentliche Wahrnehmung der eigenen Großlogen zu korrigieren. Sie verweisen darauf, dass ihre Reputation nur deshalb schlecht sei, weil sie von einer unkundigen Öffentlichkeit mit den judenfreundlichen, internationalistischen und pazifistischen Einstellungen und Handlungsweisen der Humanitären belastet würden. Sie brechen im März 1932 die Beziehungen zu den humanitären Großlogen ab.

  • Der frühere Fünfbund umfasst nur noch den Eklektischen Bund, die

Große Loge von Hamburg und die Großloge „Zur Sonne“ in Bayreuth. Die Großloge „Zur Bruderkette“ (1927) und die Darmstädter Großloge „Zur Eintracht“ (1932) haben den Bund verlassen.

  • Die deutschen Logen haben den Kontakt mit der Großloge von

Wien abgebrochen.

  • Die Symbolische Großloge und die Altpreußen polarisieren die

Einstellungen in der deutschen Freimaurerschaft: Beide erhalten Zulauf aus den humanitären Logen, innerhalb derer die Polarisierung ausgehalten werden musste und zu Konflikten führte.

  • Innerhalb des Eklektischen Bundes hatte sich ab 1930 eine

Krisenstimmung ausgebreitet, die von Selbstzweifeln und dem Wunsch nach Standortbestimmung geprägt war (erkennbar an der thematischen Ausrichtung im Eklektischen Bundesblatt).

Die Mitgliederzahlen gingen zurück, der Altersdurchschnitt stieg an, Streit und Zerrissenheit schwächten den Abwehrkampf (dem eine eigene Rubrik im Eklektischen Bundesblatt eingeräumt war). Die Passung zwischen der konservativen Haltung und dem gesellschaftlichen Wandel (neuer Mittelstand) sowie das Verhältnis der traditionsgebundenen Freimaurer zur jungen Generation wurden in Aufsätzen diskutiert – wobei die junge Generation als die erscheint, die ein Verständnis für die nationalsozialistische Bewegung zeigt.

  • In der zu Ende gehenden Weimarer Republik hatte nach der

Weltwirtschaftskrise die nationalsozialistische Partei an Macht gewonnen, so dass Angriffe gegen die Freimaurerei nicht mehr nur ideologische Auseinandersetzung blieben, sondern unmittelbar als Drohung zukünftigen Regierungshandelns gewertet werden mussten.

Gang der Ereignisse nach der Machtübernahme

Ende März 1933, nach 130jährigem Bestehen, stellt der Eklektische Bund seine Arbeit ein. Die gleiche Entscheidung treffen die Großloge von Darmstadt sowie die Symbolische Großloge (letztere setzt ihre Arbeit in Israel fort). Die Altpreußen sowie die Großloge von Sachsen und die Großloge Zur Bruderkette wählen den Weg der Großen Landesloge und wandeln sich in Christliche Orden, die Bayreuther Großloge „Zur Sonne“ in die „Gesellschaft zur Pflege deutscher Kultur“ um. Die fünf christlichen Orden arbeiten in den nächsten Jahren zusammen (Austausch von Texten und Informationen).

Die Loge zur Einigkeit hatte aus ihrem 1932 gescheiterten Versuch, aus dem Eklektischen Bund auszutreten, den Schluss gezogen, dass sie eine erneute Abstimmung mit dem Übergang in eine neue Großloge verknüpfen sollte. Noch im Sommer 1932 begann sie mit Erkundungen bei Royal York, 3WK und der Darmstädter Großloge.

Daneben begannen Informationsabende für die eigenen Brüder, auf denen über die Gründe für den Austritt und über die Denk- und Arbeitsweisen der für einen Beitritt erwogenen Großlogen informiert wurde. Offenbar wurde eine erneute Abstimmung durch die Bitte des amtierenden Stuhlmeisters, bis nach seiner Amtszeit zu warten, zunächst verzögert. Unter dem Druck der Ereignisse übernahm im Frühjahr 1933 der neue Stuhlmeister Nückell sein Amt vorzeitig und führte unmittelbar im Anschluss die anstehende Abstimmung durch (März 33). Anfang April wurde die Loge zur Einigkeit in die 3WK aufgenommen.

Dieser Übertritt hat Konsequenzen für die jüdischen Brüder der LzE. Ein Bruder erinnert sich: „Um den Bestand und besonders das große Vermögen der Loge zur Einigkeit zu retten, wurde den 2 jüdischen Mitgliedern nahegelegt, in die beiden zu mehr als 90 % ‚jüdischen‘ Logen über zu treten. Sie deckten beide. Das alles geschah in dem einzigen Gedanken, unseren Bund und das große Vermögen (Archiv, Bibliothek und Museum) der Loge über die - so dachten Viele - kurze Nazizeit hinwegzuretten. Man hörte, dass wir in die Wohlfahrtsorganisationen der Partei eingegliedert werden sollten.“

Diese Konsequenzen wurden offenbar bewusst in Kauf genommen. Der MvSt Br. Nückell geht 1934 in einem Rückblick auf die Rede des GM Ganser von 1932 ein, in der dieser die Wiederaufnahme der Kontakte zu England rechtfertigte (sie hatte ja den EB verstärkt der Kritik sowohl innerhalb der FM als auch der Öffentlichkeit ausgesetzt und war insofern riskant). Br. Nückell gibt zu, dass es damals für den Wunsch seiner Loge, den EB zu verlassen, unterschwellig ein weiteres Motiv gab: „Eine der Hauptursachen für die Missstimmung in der Einigkeit gegen die Eklektische Großloge war wohl das immer mehr anwachsende Judentum und sein Einfluss auf die Großloge. Man sprach zwar nicht davon, wohl in Rücksicht auf die beiden Mitglieder, die man sehr schätzte, aber man konnte immer wieder herausfühlen, dass die Judenfrage mitbestimmend für die Stellungnahme der Einigkeit war. Am klarsten trat dies in Erscheinung, als der Großmeister Ganser in seiner Rechtfertigungs- Versammlung am 10. Juni 1932 sagte:"… ‚dann wollen wir mit unseren jüdischen Brüdern untergehen!‘ Darauf war die Losung der Einigkeit: ‚Nein, wir wollen ohne die jüdischen Brüder mit unsern deutschen Brüdern leben‘."

Diese Äußerung gibt die Hinweise,

  • dass die drei humanitären Großlogen die Unterstützung ihrer

jüdischen Brüder und Logen auch 1932 nicht aufgegeben hatten;

  • und zugleich, dass die LzE tatsächlich bereits 1932 außerhalb des

Konsens des EB standen.

Br. Nückell ist in der 1933 verfassten Denkschrift zum Übertritt der LzE zu 3WK offenbar nicht konformistisch auf die Denkweisen der aufnehmenden Großloge eingegangen, sondern hat sich auf tatsächlich gegebene Differenzen bezogen. Neben der Haltung gegenüber den jüdischen Brüdern betreffen sie: die internationalistische Haltung, die - einen nicht bekannten Anteil - der vaterländisch empfindenden Brüder verletzt hat; ebenso wie die bittere Enttäuschung, an Bedeutung verloren zu haben in eben dem Bund, in dem man seit seiner Gründung eine führende Rolle innehatte. „Abgesehen von all den angegebenen Gründen fühlten sich die Einigkeitsbrüder im Bunde nicht mehr wohl, es fehlte der Gleichklang der Gesinnung, ohne den ein ersprießliches Zusammenarbeiten undenkbar ist.“

Die Loge zur Einigkeit wurde 1933 eine christliche Loge. In einer von 3WK angeforderten Ergänzung der Denkschrift, mit der sie ihren Übertritt begründet hatte, belegt sie die Darstellung, dass sie schon immer im vaterländischen Geist gearbeitet habe, mit Auszügen aus Jahresberichten und ausgewählten Kettensprüchen. Am 15. April übergibt sie ihr Geschick mit einer umfassenden Erklärung an den Großordensrat von 3WK: „Wir stimmen den bisher getroffenen Maßnahmen zur Umformung der Großloge zu und sind mit allen weiteren Abänderungen, die von der Bundesleitung getroffen werden, einverstanden.“

Im April richtet der Christliche Orden „Friedrich der Große“ zwei Schreiben an die Parteileitung der NSDAP und an den Reichsminister Dr. Goebbels, mit denen er über seine Umformung informiert. Die neuen Regularien genügten den Anforderungen zur Gleichschaltung im nationalen Volksstaat. Man habe alle Verbindungen mit freimaurerischen Verbänden gelöst, die Kontrolle der Deutschstämmigkeit der Mitglieder nach den Grundsätzen der NSDAP sichergestellt und das Gebot der Verschwiegenheit über das Ritual aufgehoben.

„Verankern Sie, Herr Reichsminister, diese unsere 20 000 Mitglieder in unserem Staatswesen, und sie werden Ihnen diese Tat durch Treue und Hingebung danken.“ Der Orden habe nach dem Krieg die Bezeichnung Freimaurerloge nur noch als überlieferten Namen getragen. Die Beziehungen zu den Logen, die Juden und Judenstämmlinge aufnähmen, seien abgebrochen. „Wir glauben daher, dass nun auch kein äußerer Grund mehr bestehen kann, unseren Ordensmitgliedern den Eintritt in die NSDAP zu versagen. Wir sind keine Freimaurer!“

Diese Schreiben wiederholen sich in den folgenden zwei Jahren inhaltlich in den verschiedensten Variationen, von denen nur eine noch als Beispiel hervorgehoben werden soll. Am Tag, an dem Deutschland aus dem Völkerbund ausgeschieden ist, dem 28. Oktober 1933, schreiben die Großordensmeister der Nationalen Christlichen Orden „Friedrich der Große“ und „Zur Freundschaft“ an Hitler auf dem Obersalzberg: „Wir begrüßen mit Stolz und Freude den Entschluss der Reichsregierung, der allein der Ehre und Würde des deutschen Volkes entspricht und stellen uns in treuer Gefolgschaft hinter unseren Reichskanzler.“

Die nach der Machtübernahme anlaufenden Verhandlungen und Selbstdarstellungen führten zu Auskünften von Partei und Reichsregierung, die in Rundschreiben den Mitgliedern bekannt gemacht wurden und abwechselnd Hoffnung und Resignation auslösten. In dieser Ungewissheit schreibt der „Ordensobermeister“ Nückell an den „Ordensgroßmeister“ Bordes: „Es wäre freilich schmerzlich für uns, wenn auch wir die ritualmäßige Arbeit aufgeben müssten. Doch es gilt vor allem, unseren Bestand zu wahren. Dass wir dabei Manches in Kauf nehmen müssen, was uns schmerzt, das wird nicht zu umgehen sein.“100 Wie die Haltung innerhalb der LzE sich entwickelt hatte, deutet sich in der Zeichnung zur Wintersonnenwende 1933 an, in der Br. Fricke auf das Jahr zurückblickte. „Deutschland ist erwacht. Jener Ruf: Deutschland erwache, war nicht umsonst geschehen. In Millionen Menschen, und nicht zuletzt in uns sind Volkstum und Liebe zur Nation mit staunendem Ja aufgebrochen. Was wir schon immer als richtig, als einzig richtig mit dem Herzen und auch mit dem Munde anerkannt hatten, nun plötzlich ist es Geschehen und reißt uns im Handeln mit.“

Und mehrere Seiten später: „Die neuen Männer unseres Staates kannten … die Verjudung der österreichischen Logen und den Rückschritt dieses, unseres Bruder-Volkes, sie fürchteten auf Grund der unangenehmen Eigenschaften der semitischen Rasse ein Ähnliches für Deutschland … ists da verwunderlich, wenn diese neuen Männer in den zu errichtenden unsichtbaren Tempeln Bauwerke argwöhnen, in denen es gar viele Schlupfwinkel gibt …?“ Er geht auf den Streit innerhalb der Logen ein und fragt schließlich: „Sind wir wirklich nicht Überläufer …? Lebt der Geist, der alte Geist der K.K. noch in uns allen? Ja, und abermals ja, wir haben den rechten Geist gerettet und mitgenommen in unsern christlichnationalen Orden, … wir Ordensbrüder in Deutschland (haben) nicht feige fliehend, sondern rettend den Geist der alten deutschen K.K. herausgetragen aus dem Chaos und dem Zusammenbruch des Tempels, in dem sich gar zu verschiedene Männer zu versammeln pflegten, die einen dieses, die andern jenes Ziel verfolgend.“

Wie Br. Fricke auf Logenebene so zeigte der Ordensgroßmeister auf oberster Ebene Verständnis für den Vernichtungswillen des nationalsozialistischen Staates. Aus dem preußischen Ministerium des Innern erging an die drei altpreußischen Großlogen die Aufforderung, die Selbstauflösung von Logen zu erleichtern. Diese sollte mit einfacher Mehrheit zu beschließen sein, zur Beratung habe man auf Antrag eines einzigen Bruders zusammen zu treten, das Vermögen der Loge falle ab sofort nicht wie bisher an die Großloge, sondern die Mitglieder hätten über seinen Verbleib zu beschließen. In einleitenden Sätzen wurde deutlich gemacht, dass kein Bedürfnis für die Erhaltung der Logen erkennbar sei (Akte Nückell, Mitteilung vom 10. Jan. 1934). In einem Rundschreiben des Großordensmeisters an die Tochterlogen wird der Erlass in einem beruhigenden Sinn interpretiert, u.a. führt Br. Bordes aus: „Der Nationalsozialismus (erhebt) den Anspruch auf absolute Totalität, d.h. er will den Einzelmenschen vollkommen ergreifen und erfüllen mit seiner Idee. Das muss und soll natürlich jede weitere Zugehörigkeit und Tätigkeit in irgendeiner anderen Vereinigung ausschließen.“ Der Erlass hätte daher für den Fall Recht, wenn der Christliche Orden diesem Ziel der Totalität entgegenstünde. Tatsächlich aber hätte der Orden die Fähigkeit und den ernsthaften Willen, sich in die nationalsozialistische Parteiorganisation einzubauen.

Diese beklemmende Interpretation zeugt davon, dass der Großordensmeister den Anspruch der NSDAP richtig erfasst – und seine Brüder nicht gewarnt hat.

Im Lauf des Jahres 1934 kommt es zu ersten Konfiskationen von Logeneigentum, so auch in der Loge zur Einigkeit. Bibliothek, Archiv und Museum wurden ausgeräumt, das Mobiliar abtransportiert, die wertvolle Orgel ausgebaut, Gemälde teils mitgenommen, teils zertrampelt. In einem Schreiben drückt das (inzwischen so genannte) „[[Bundesdirektorium der Großen National-Mutterloge zu den drei Weltkugeln]]“ der „Johannisloge Zur Einigkeit“ seine Erschütterung aus und teilt mit, dass in den letzten Wochen gegen 15 seiner Tochterlogen ähnlich vorgegangen worden sei. Man habe an höchster Stelle Beschwerde eingelegt und bleibe im Verein mit den anderen beiden Großlogen bemüht, die Zurücknahme der getroffenen Maßnahmen zu erreichen.

Zugleich wird ein Musterschreiben übersandt, mit dem bei der örtlichen Geheimen Staatspolizei Einspruch erhoben werden sollte.

Br. Nückell hatte rechtzeitig die wichtigsten Akten und Gegenstände der Loge zur Einigkeit in seinem Garten vergraben und sie damit vor dem Zugriff der Gestapo bewahrt. Nach dem Krieg nahm er die Neugestaltung der Loge zur Einigkeit in die Hand und wurde noch zwei Mal zum Meister vom Stuhl gewählt. In der nächsten Zeit verdichten sich die Anzeichen dafür, dass es auch den altpreußischen Logen nicht gelingen würde, sich zu erhalten. In Berlin verhandelten die Großlogen und erreichten schließlich ein Abkommen, dessen wichtigstes Ziel die Wahrung ihrer Ehre war. Sie stimmten folgender Erklärung zu:

„Die drei altpreußischen Großlogen geben hiermit dem Herrn Reichs- und preußischen Minister des Innern, nachdem er ihnen unter Hinweis auf die Einheit des Deutschen Volkes und die Ausschließlichkeit des in der NSDAP verkörperten Staatsgedankens die Auflösung nahegelegt hat, folgende Erklärung ab: Es ist stets der oberste Grundsatz der Altpreußischen Großlogen und ihrer Tochterlogen gewesen, dass Vaterland, Staat und Volk bei sämtlichen Handlungen voranzustehen haben. Demgemäß sind die drei Großmeister bereit, der ihnen erteilten Anregung Folge zu geben und den Großlogen sowie ihren Tochterlogen die Auflösung zu empfehlen.“

Man habe sich bis heute zu diesem Schritt nicht entschließen können, weil zuvor die schwerwiegenden Angriffe gegen die Ehre der Großlogen ausgeräumt werden mussten. Es folgt eine Aufzählung der großen geschichtlichen Tradition von Friedrich d.Gr. über die Helden der Freiheitskriege, der Reichsgründung und des Ersten Weltkrieges, die nun mit der freiwilligen Auflösung fortgesetzt und abgeschlossen würde. Die Erklärung schließt mit der Aufforderung an die Mitglieder, „dass sie getreu der bei uns immerdar gepflegten Gesinnung durch rastlose Arbeit an dem Neuaufbau des Staates und des deutschen Vaterlandes“ mitschaffen sollten.

In dem Abkommen war festgelegt, dass diese Erklärung veröffentlicht werden sollte; diese Zusage wurde nicht eingehalten. Lediglich „die Blätter der Mathilde Ludendorff" druckten den vollen Wortlaut ab.109 Die „Große National-Mutterloge Zu den drei Weltkugeln“ löste sich mit Wirkung vom 18. Juli 1935 auf, die „Johannisloge Zur Einigkeit“ folgte ihr am 21. Juli. Die letzte humanitäre Großloge war die von Hamburg, sie schloss ihre Arbeit am 30. Juli 1933.

Br. Schulze beschreibt den letzten Tag seiner Einigkeit: „Am Eingang Kaiserstraße standen einige Herren, in denen wir Gestapoleute sahen, die beobachteten, wer da alles hineinging. Es waren meines Wissens etwa 25 - 30 Brr. anwesend, niemand von Partei oder Staat war gekommen. Es war eine tief ergreifende Tempelarbeit, wie ich sie außer meiner Aufnahme und Erhebung nicht erlebt habe. Traurig verließen wir das Haus, an dessen Ausgang an der Kaiserstraße "einige Herren" standen, offensichtlich geschickt, um zu sehen, wer da herauskommt. Br. Nückell nahm vorsorglich das Konstitutionspatent unter der Weste mit nach Hause.“

Weiterführung der Argumentation von Br. Höhmann

(1) Nicht zu wissen, wie man sich selbst verhalten hätte, bedeutet

keineswegs, dass man nicht wüsste, wie man sich hätte verhalten sollen.

(2) Zum anderen haben sich andere Teile der deutschen Gesellschaft und

auch der deutschen Freimaurerei anders, nämlich ablehnend gegenüber aggressiven, judenfeindlichen und zuletzt völkischen sowie nazistischen Strömungen verhalten.

(3) Die Beispiele einer Reihe anderer, ebenfalls von Kriegsfolgen und

Weltwirtschaftskrise betroffener europäischer Länder zeigen, dass Krisenüberwindung ohne Verzicht auf Demokratie, gesellschaftlichen Pluralismus und Friedensorientierung möglich war – und wohl auch in Deutschland möglich gewesen wäre, wenn das deutsche Bürgertum über Kraft und Konzeptionen verfügt hätte, dies wirklich zu wollen“.

Br. Dr. Bernhard Beyer, Psychiater und Gründer des Freimaurer-Museums in Bayreuth sowie der Forschungsloge Quatuor Coronati, hat die Entwicklung der Logen während der Weimarer Zeit aus der Sicht der Großloge „Zur Sonne“ miterlebt.

Nach dem Krieg dokumentiert und kommentiert er in seiner Schrift „Ich klage an! Der Abmarsch der drei altpreußischen Großlogen ins nationalsozialistische Lager“ die Logenpolitik der Altpreußen.

Etwa in der Mitte der Schrift hält er an und fügt eine Stellungnahme ein: „Im Übrigen aber möchte ich an dieser Stelle schon betonen, dass das ungemein beklagenswerte Geschehen in der Geschichte der deutschen Freimaurerei der Jahre 1920 – 1935 nur vom pathologischen Gesichtspunkt aus verständlich ist. Das ganze deutsche Volk war infolge der Menschenopfer und der Hungerjahre des Ersten Weltkrieges, der Hungerblockade noch nach Abschluss des Waffenstillstandes, der gleich nach Friedensschluss einsetzenden Inflationszeit und der nach Beendigung derselben immer schwerer und schwerer werdenden wirtschaftlichen Depression körperlich und seelisch so zermürbt, dass man an die Ereignisse der Nachkriegszeit keine normalen Maßstäbe mehr anlegen kann.“

In Gesellschaft und Politik hätten sich Menschen durchsetzen können, die in normalen Zeiten keine Chance gehabt hätten. Erstaunlich sei aber, dass dies auch in den Logen geschehen konnte …

Dieser Erklärung kann man nicht widersprechen, zweifellos sind die Verantwortung tragendenden Generationen in den fünfzehn Jahren zwischen Kriegsende und Machtübernahme existentiellen Bedrohungen und traumatisierenden Erfahrungen ausgesetzt gewesen. Als Argument im Sinne der Statistik ist damit eine Tendenz der Menschen angesprochen, das Früher zurück zu sehnen, für das Gegenwärtige die Schuldfrage zu stellen und das Künftige, wenn notwendig, auch mit außerordentlichen Mitteln herbei zu zwingen. Die historische Analyse der Vorgeschichte des Nationalsozialismus argumentiert in vergleichbarer Weise.

Für die besondere Frage von Br. Beyer – was hätte man von Freimaurern erwarten können – finden wir darin allerdings keine Antwort. An dieser Stelle ist es notwendig, die ethisch-moralische Bewertung des geschilderten Ablaufs im Eklektischen Bund und seiner freimaurerischen Umwelt zu differenzieren. Die Vorgänge der sogenannten Tarnung und die Leugnung der eigenen freimaurerischen Verpflichtung sind in Br. Höhmanns Darstellung und Wertung erfasst und bedürfen nicht einer erneuten Kommentierung. Wir haben den Ausschnitt des Eklektischen Bundes aus der Aktenlage im (bisher erfassten) Archiv der Loge zur Einigkeit hinzugefügt und damit das bisher bekannte Geschehen ergänzt und differenziert.

Im Folgenden befassen wir uns aber mit dem Syndrom, das bis zuletzt als Frage der nationalen Ehre handlungswirksam ist. Wir haben in diesem Beitrag viel Wert auf eine Rekonstruktion der Weltsicht der Brüder ex ante gelegt. Dabei spielte der Begriff des Völkischen eine besonders wichtige Rolle, bis sein Bedeutungsumfang nach dem Ersten Weltkrieg von der extremen Rechten neu definiert wurde. Die Tragik, die mit diesem Begriff ausgedrückt wird, steckt mit der gleichen Rationale in dem Begriff des Nationalen: Beide drückten die progressive Bewegung des Volkes gegen seine absolutistischen Herrscher aus. Während in Frankreich eine konstitutionelle Situation erreicht werden konnte, ist das in Deutschland zunächst nicht gelungen.

Die Dynamik der Bewegung wurde dagegen benutzt und nach Erfolg die Idee des Völkischen an sich zurückkämpfenden absolutistischen Herrscher geheftet. Die Freimaurer verehren ihre Brüder, die die Befreiungskriege gelenkt haben, und sie erkennen ihre Obrigkeit als von Frankreich Befreite, nicht als ihre absolutistischen Unterdrücker. Ihre narrative Version ist: Der Hass auf den Erbfeind definiert die Tugend des völkisch denkenden staatstragenden Bürgertums. Der deutsch-französische Krieg und die jährlichen Feiern zum Sedanstag glorifizieren diese Tugend. Es ist eine Frage der Ehre, eben diese Tugend nicht untergehen zu lassen, nachdem Deutschland durch Betrug von innen und außen besiegt und in den Jahren danach von den Mächten der Entente geknechtet wurde: „Der Zusammenbruch der Front brachte uns tieftraurige Gewissheit: Deutschlands Stern ging unter, und als besiegte Sieger, unter den roten Fahnen der Revolution traten die Heere den Rückmarsch in die Heimat an. Da war nun mit einem Male zu all dem Schweren der Kriegsjahre tiefe Trauer, Leid und bittere Scham gekommen. Aufs schwerste betroffen und innerlich tief gebeugt, rückten die Brüder eng aneinander und im Segen des Leides brachte das gemeinsame Schicksal die Hoffnung auf bessere Zeiten.“

Und vier Jahre später, zur Jahresschlussfeier 1923, dem Jahr der Inflation und in der Amtszeit von Br. Bender als MvSt, dichtet ein Bruder den oben bereits zitierten Kettenspruch (siehe Kasten im Abschnitt „Hinwendung der Loge zur Einigkeit zu vaterländischen Prioritäten“):

„Wann wird, o Deutschland, endlich die Stunde der Freiheit
Schlagen, das Morgenrot leuchten der glücklichen, besseren Zeit?
Tief in der Mitternacht Dunkel, im Unglück befangen, leiden
Germaniens Kinder, ersehnen die Boten des Frühlings,
der sich schon anschickt, die Erde aus nächtlichem Eise
sieghaft und strahlend zu lösen, zu brechen unwürdige Bande.
Noch fehlt uns ein Baldur, ein göttlicher Führer und Streiter,
der unser Wesen erneuert, moralische Rüstung uns schmiedet,
Deutsch uns lehrt fühlen und Deutsch nur zu sein bis zum Tode.
Schenk uns, o Schicksal, den Helden, den Führer zur Freiheit,
der uns mit eiserner Hand und mit weisem Beginnen
Einigkeit lehrt und Treue im Dienst unseres Volkes und Landes,
willig die Armut heißt tragen, neu adelt die Arbeit,
der uns der Selbstsucht entäußert, das Ich uns zwingt zu vergessen,
Opfer auf Opfer zu bringen zum Wohle des Ganzen.
So nur erretten die Ehre als letztes und köstlichstes Gut wir! …"

Wir zitieren diese Texte, weil sie wohl nicht die Option offen lassen, unseren Brüdern den Willen zu moralischem Handeln abzusprechen. Sie äußern sich nicht opportunistisch, also tatsächlich wissend, dass andere Richtungen angebrachter, für sie aber nachteilig wären. Die gerade zitierten Auffassungen wurden entweder geteilt oder doch für möglich gehalten. Die Berichte über das Logengeschehen geben keinen Hinweis auf Auseinandersetzungen in dieser Frage. Vermutlich gab es nach dem Vertrag von Locarno in der Frage der Völkerverständigung auch in der LzE abweichende Auffassungen, sie blieben aber in der Minderheit. Lothar Gall hat 2011 eine Humboldt-Biografie vorgelegt, die ihm Anlass gab, die Entwicklung des Liberalen vom Weltbürgertum zum Nationalen zu schildern. Ein Rezensent bringt seine Ausführungen mit der Schnoddrigkeit, die wir Gegenwärtigen uns im Rückblick leisten, auf den Punkt: „Anhand von Humboldt und seinen freisinnigen Mitstreitern skizziert Gall die geistige Entwicklung des frühen Liberalismus vom Weltbürgertum zum Nationalstaatsgedanken, der einige seiner liberalen Zeitgenossen in deutschtümelnde Narren verwandelte.“

Unsere Brüder haben – subjektiv - als Freimaurer moralisch gehandelt. Auch die Pflichtethik Kants hätte sie zu keiner anderen Entscheidung geführt.115 Sie waren bereit, Opfer zu bringen, ihre Selbstsucht zurück zu stellen, sich in den Dienst des Ganzen zu stellen – gerade darin lag aus unserer heutigen Sicht der Verlust ihrer persönlichen Verantwortungsfähigkeit. Wären sie nur opportunistisch gewesen, könnten wir ihnen Versagen vorwerfen. Das Problem besteht nicht nur darin, dass wir ihnen damit Unrecht täten; wir würden aus dem Geschehen auch nur unzureichend lernen – dass Menschen schwach sind, in der Abwägung zwischen dem Verantwortung für das Ganze und eigenen Nachteilen bzw. Nachteilen für ihre Familie der Nähe nach gehen. Kurzum, wir würden unsere Auffassung von der Verführbarkeit der Menschen ein weiteres Mal bestätigt sehen.

Wir kommen zu der Auffassung, dass eine Rückbesinnung auf die zentrale Aufgabe der Aufklärung, die Kritik, radikalisiert werden muss; im Sinn Poppers, der als ethische Pflicht setzt, nicht zu glauben, sondern zu zweifeln. Und nicht beim Zweifel zu bleiben, sondern auf Fehlersuche zu gehen, Fragwürdiges dingfest zu machen und die Auffassungen von der Welt, die dadurch unhaltbar werden, zu revidieren. Und der zur Voraussetzung der Fehlersuche macht, dass kein anderer uns hindert, keine staatliche Gewalt und keine Konformismus einfordernde Umgebung. Auf dieser Ebene begegnen sich Popper und Habermas, indem sie zur Voraussetzung des Diskurses die Freiheit von jeder Form der Herrschaft fordern. „Schenk uns, o Schicksal, den Helden, den Führer zur Freiheit, der uns mit eiserner Hand und mit weisem Beginnen Einigkeit lehrt und Treue …“ – nein, wir müssen nicht zur Einigkeit geführt werden, sondern uns zu ihr entschließen, n a c h d e m unsere kritische Prüfung der Sache, der uns anzuschließen wir erwägen, uns keinen Anhaltspunkt gibt, davon Abstand zu nehmen. Leichter ist eine ethische Entscheidung nicht zu haben. Diese Überlegung füllt die Symbole des Zirkels und der Winkelwaage, sie enthält die Anforderungen, die die K.K. an jeden Einzelnen von uns Brüdern und Schwestern stellt.

Gebt Acht auf euch selbst!

Andere Brüder haben es besser gemacht, zum Beispiel die Brüder Bangel aus dem Eklektischen Bund und Br. Müffelmann aus der [[Großloge zur Sonne]]. Br. Bangel ist von seinen Brüdern angegriffen worden und hat resigniert. Br. Müffelmann hat in der Großloge von Wien und in den Obersten Räten der Schweiz, Frankreichs und der Niederlande eine Umgebung gefunden, mit der seine Ziele übereinstimmten. Der berühmte Brief des Großmeisters von Wien an Br. Beyer, der doch ebenfalls zu den Kritikern der auf die völkische Ebene eingegangenen Altpreußen gehört, zeigt die Unterschiede der Wertentscheidungen zwischen Beiden.

Aber eine angemessene Würdigung der persönlichen Entschlusskraft und Tapferkeit eines Leo Müffelmann – oder eines anderen aus der Sicht ex post richtig handelnden Bruders wäre keine angemessene Antwort auf die hier aufgeworfene Frage, denn sie bliebe stehen bei der persönlichen Größe eines Bruders, und mit ihm der anderen Brüder, für die wir ihn als Beispiel erwähnen.

Aber diese Wertschätzung oder der Vorwurf an die vielen anderen, die es nicht so gut gemacht haben, gehen an der zentralen Frage vorbei, nämlich:

Warum schützt uns die K.K. nicht vor schrecklichen Fehlurteilen?


Siehe auch

Quellenangaben

1 Höhmann, Hans-Hermann, Identität und Gedächtnis, Salier Verlag, Leipzig 2014.
2 Höhmann, ebda., S. 34 ff.
3 Vgl. z.B. Möser, Herder, Wilhelm von Humboldt, die Brüder Grimm, von Arnim,
Brentano, Savigny.
4 Jakli, Timon, Volkspoesie und Volk von Herder bis Grimm. Kulturpolitische
Abgrenzungsstrategien und realpolitische Entsprechungen, Diplomarbeit Wien 2008,
S. 70; http://www.jakli.at/txt/diplomarbeit.pdf.
5 Zit. nach Fischer, Bernd, Das Eigene und das Eigentliche. Episoden aus der
Konstruktionsgeschichte nationaler Intentionalitäten, Erich Schmidt, Berlin 1995,
S. 119.
6 Johann Gottlieb Fichtes sämmtliche Werke. Herausgegeben von J. H. Fichte, Band 1-
8, Veit & Comp., Berlin 1845/1846, Bd. 7, S. 381/382.
7 J.G. Fichte’s literarischer Briefwechsel. Herausgegeben von seinem Sohne J. H.
Fichte, Seidelsche Buchhandlung, Sulzbach 1831, S. 147 ff.
https://books.google.de/books?id=1HcNAAAAYAAJ&pg=PA147&lpg=PA147&dq=
deutsch+hei%C3%9Ft+schon+der+Wortbedeutung+nach+v%C3%B6lkisch&source=
bl&ots=M_CQ-g2Zv&sig=TPoqTclJLfds67gcoeoqmSz2gKA&hl=de&sa=X&ei=DR
rpVM_KK4XyUJzKg5gE&ved=0CD8Q6AEwBw#v=onepage&q=deutsch%20hei%C
3%9Ft%20schon%20der%20Wortbedeutung%20nach%20v%C3%B6lkisch&f=false.
8 Zwischen Thibaut und Savigny ab 1812 – eine juristische Auseinandersetzung
darüber, ob es eine einheitliche Kodifizierung des Bürgerlichen Rechts für ganz
Deutschland geben oder eine am Gewohnheitsrecht orientierte Rechtsordnung
fortgeschrieben werden solle.
9 Von Savigny, Friedrich Carl, Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und
Rechtswissenschaft, S. 8, zit. in: Stroh, Friedrich, Handbuch der germanischen
Philologie, De Gruyter, Berlin 1952. S. 55; https://books.google.de/books?id=JE
83iqJkdrEC&pg=PA52&lpg=PA52&dq=herder+volksseele&source=bl&ots=GM8Dg
yDqf2&sig=cnoW2j0KJcrtNbEnYwPeXLzuPus&hl=de&sa=X&ei=u_7UVJTjNsyrU
5zhgNgD&ved=0CDMQ6AEwBTgU#v=onepage&q=herder%20volksseele&f=false.
10 Droysen, Johann Gustav, Die Verhandlungen des Verfassungs-Ausschusses der
deutschen Nationalversammlung. Erster Theil, Leipzig 1849, S. 24;
https://books.google.de/books?id=1PMReKXZUpoC&pg=PA463&lpg=PA463&dq=
Revolution+von+1848,+Ideologie&source=bl&ots=vFHrbeVh2f&sig=7GiYlhFQf6T
UdN5yClayoJS0g_Q&hl=de&sa=X&ei=7qnoVJyjK8XvaICwgIAM&ved=0CCcQ6A
EwAzgK#v=onepage&q=Revolution%20von%201848%2C%20Ideologie&f=false.
11 so der Rechtshistoriker Georg Waitz, 1848, zitiert in: Lenhard-Schramm, Niklas,
Konstrukteure der Nation: Geschichtsprofessoren als politische Akteure in Vormärz
und Revolution 1848/49, Münster 2014, S. 136; ähnlich auch Droysen, ebda.
12 Nach Puschner, Uwe / Vollnhals, Clemens (Hrsg.), Die völkisch-religiöse Bewegung
im Nationalsozialismus: Eine Beziehungs- und Konfliktgeschichte, Vandenhoeck und
Ruprecht, Göttingen 2012, S. 13 ff; https://books.google.de/books?id=NII7ToZuv2s
C&pgPA29&lpg=PA29&dq=uwe+puschner+die+v%C3%B6lkische+bewegung&sour
ce=bl&ots=uwzDH0QhKC&sig=cwd2D3rHRaufOR_lXepZFxWuHoA&hl=de&sa=X
&ei=BWfqVMruFcT3asPJgcgI&ved=0CCAQ6AEwADgU#v=onepage&q=uwe%20p
uschner%20die%20v%C3%B6lkische%20bewegung&f=false.
13 Mann, Golo, Über Antisemitismus, in: Geschichte und Geschichten. Fischer 1961,
S. 178; siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_von_Treitschke.
14 Weber, Max, Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik (1895), Kürzere
politische Schriften - Kapitel 1, J.C.B. Mohr 1958, zitiert nach:
http://gutenberg.spiegel.de/buch/kurzere-politische-schriften-8126/1
15 Ebda.
16 Böhme, Klaus (Hrsg.), Aufrufe und Reden deutscher Professoren im Ersten Weltkrieg,
Stuttgart 1975, S. 49/50; http://www.der-deutsche-intellektuelle.de/html/dokumente.
html.
17 Die 3016 Unterzeichnenden können, aufgeteilt nach Universitäten und Fakultäten,
nachgeschlagen werden unter: http://de.wikisource.org/wiki/Erkl%C3%A4rung_der
Hochschullehrer_des_Deutschen_Reiches.
18 Berger, Joachim, Europäische Freimaurereien (1850-1935): Netzwerke und
transnationale Bewegungen, in: Europäische Geschichte Online (EGO), hrsg. vom
Institut für Europäische Geschichte (IEG), Mainz 2010; http://www.iegego.
eu/bergerj-2010-de URN: urn:nbn:de:0159-20100921101.
19 Zitiert unter Verweis auf 1859 in: Mitteilungen aus dem Protokoll der Gr. Mutterloge
des Eklektischen Freimaurerbundes Februar 1870, S. 3.
20 „Triangels“, Nr. 4.
21 Mitteilungen aus dem Protokoll der Gr. Mutterloge des Eklektischen
Freimaurerbundes, August 1866, S. 9.
22 Mitteilungen ..., Mai 1869, S. 4.
23 Mitteilungen ..., Februar 1870, S. 2.
24 Reorganisationsakte S. 47.
25 Mitteilungen aus dem Protokoll der Gr. Mutterloge des Eklektischen
Freimaurerbundes, Mai 1870, S. 4.
26 Ebda.
27 Protokoll der Versammlung der deutschen Großmeister in Hamburg, 7. Juni 1870,
S. 10, (Anhang zu den Mitteilungen aus dem Protokoll der Gr. Mutterloge des
Eklektischen Freimaurerbundes, August 1870); Archiv der LzE.
28 Ebda.
29 Frankfurter Journal Nr. 261, 21.09.1845
30 Annalen des Eklektischen Freimaurerbundes, 1766 – 1883. Festgabe zur Säkularfeier
am 18. März 1883. Im Auftrag der Großen Mutterloge des Eklektischen
Freimaurerbundes verfasst von Br. Karl Paul, Großsekretär, S. 170;
https://archive.org/stream/bub_gb_kzMZAAAAYAAJ#page/n177/mode/2up.
31 Wilbrand, Leopold, Vaterlandsliebe und Freimaurerei. Vortrag in der Loge zur
Einigkeit, Mahlau und Waldschmidt 1887; Archiv der LzE.
32 Ebda., S. 4.
33 Ebda., S. 5.
34 Ebda., S. 8.
35 Ebda., S. 10.
36 Ebda., S. 11.
37 Ebda., S. 11.
38 Jahresbericht der Loge zur Einigkeit 1917, S. 11.
39 Jahresbericht der Loge zur Einigkeit 1918/19, S. 1.
40 Ebda., S. 7.
41 Eklektisches Bundesblatt, Sept. 1925, S. 97.
42 Eklektisches Bundesblatt, 1925, S. 79.
43 Eklektisches Bundesblatt, Juli/August 1926, S. 288.
44 Annalen, a.a.O., S. 83.
45 Manuskript mit Zusammenfassung der Diskussion im Archiv der LzE.
46 Volk und Menschheit, Vortrag Br. Nückell in der Loge zur Einigkeit am 13. Jan. 1932
47 Ergänzung E/K: weil sie nicht deutsch empfinden und denken können.
48 Ebda.
49 Ebda.
50 Jahresbericht der Loge Mozart zur Liebe und zur Pflicht 1928/29, S. 2.
51 Jahresbericht 1928/29, a.a.O., S. 4.
52 Ebda.
53 Jahresbericht 1930/31, S. 3.
54 vgl. Abschnitt „Das ‚Völkische‘“.
55 Rezension Matthias Brosch: K. Krieger (Hrsg). Der "Berliner Antisemitismusstreit"
1879-1881. Eine Kontroverse um die Zugehörigkeit der deutschen Juden zur Nation.
Eine kommentierte Quellenedition im Auftrag des Zentrums für
Antisemitismusforschung, K.G. Saur, München 2003, S. XXXI; http://www.
hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-2622.
56 Volkov, Shulamit, Antisemitismus als kultureller Code, München 2000, S. 13-36.
zitiert in Arno Herzig, 2010. 1815-1933: Emanzipation und Akkulturation.
Informationen zur politischen Bildung Nr. 307/2010;
http://www.bpb.de/izpb/7643/juedisches-leben-in-deutschland
57 Herzig, Arno, 1815-1933: Emanzipation und Akkulturation. Informationen zur politischen Bildung Nr. 307/2010; http://www.bpb.de/izpb/7643/juedisches-leben-indeutschland
58 Stöcker, Adolf, „Unsere Forderungen an das moderne Judenthum“, in: Das moderne
Judenthum in Deutschland, besonders in Berlin. Zwei Reden in der christlich-socialen
Arbeiterpartei, 2. Ausg., Wiegandt und Grieben, Berlin 1880, S. 4-20; http://german
historydocs.ghi-dc.org/pdf/deu/410_Adolf%20Stoecker_Antisemitismus_111.pdf.
59 https://archive.org/details/vomgeistdesjude00bubegoog
60 Kremer, Arndt, Deutsche Juden, deutsche Sprache: jüdische und judenfeindliche
Sprachkonzepte und -konflikte 1893-1933, Walter de Gruyter, Berlin 2007, S. 397;
https://books.google.de/books?id=bMqWApv10-YC&pg=PA117&lpg=PA117&dq
=Robert+Eskau+Juden&source=bl&ots=pYoC-MFzK&sig=2wLs5QTpZImnExQJn
Jtn7MGZ_yA&hl=de&sa=X&ei=fkQUVfXiB8n3O-mgdgM&ved=0CCEQ6AEwAA

  1. v=onepage&q=Robert%20Eskau%20Juden&f=false.

61 http://www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-4805
62 Der nationalsozialistische Gedankenkreis. Verein Deutscher Freimaurer. Leipzig,
S. 16.
63 Ebda., S. 41.
64 Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD. Die Weltfreimaurerei. Nur für den
Gebrauch innerhalb der Sicherheitspolizei und des SD; ohne Jahr, aber nach 1935;
http://archive.org/stream/DieWeltfreimaurerei/Reichssicherheitshauptamt-
DieWeltfreimaurerei61S.Scan_djvu.txt.
65 Die Angriffe von außen sind offenbar nicht erst nach dem Ersten Weltkrieg ein
Thema. Der Eklektische Bund stellt bereits 1897 einen Antrag an den Großlogentag
„Mittel und Wege zur Abwehr der in neuester Zeit gegen die Freimaurerei gerichteten
Angriffe beraten und beschließen (zu wollen)“. (Bericht über die Verhandlungen des
Deutschen Großlogentages am 6. Juni 1897, S. 5).
66 Annalen, a.a.O., S. 44.
67 Zit. nach http://freimaurer-wiki.de/index.php/Wilhelm_II.
68 Bergmann, Werner, Geschichte des Antisemitismus, Beck, München 2004;
http://www.antisemitismus.net/geschichte/weltkrieg.htm.
69 Akte Nückell, Brief an Jungfer, 29. Jan. 1934, S. 1.
70 Akte 593, o.S.
71 Bezug auf 1919 im Schreiben der GLL vom 16.10.1920 an die "Vereinigung der
humanitären Großlogen Deutschlands, Akte 593, S. 108)
72 Gründung des Fünfbundes am 28.05.1920, Mitteilung an die altpreußischen
Großlogen am 8.06.1920 (Akte 539, S. 137) - Diese Gründung steht im Kontext der
gescheiterten Versuche, eine einheitliche deutsche Großloge zu schaffen. 1898 zogen
die Johannislogen daraus den Schluss, dass eine Vereinheitlichung im Rahmen des
Großlogentages nicht möglich sei, sondern den Johannislogen - im Gegensatz zu den
übermächtigen Altpreußen – die Initiative übertragen werden müsse. Damals war die
Idee, einen Maurertag einzuberufen, der eine einheitliche Organisation der
Johannislogen beraten und schaffen sollte. (Quelle: Bericht über die Verhandlungen
der Vertreterversammlung deutscher Logengauverbände, betreffend die Einberufung
eines Freimaurertags der deutschen Johannislogen, 1899, Akte 32).
73 Bericht der Leipziger Tagung, S. 3.
74 Eklektisches Bundesblatt, Mai 1926, S. 182.
75 Vgl. ebda.
76 Lazarus, Arnold, Juden, Deutsche, Freimaurer. Ein Mahnwort, gedruckt für die
Brüder des Eklektischen Freimaurerbundes, 1920, S. 9.
77 Ebda., S. 11.
78 Ebda., S. 15.
79 Das zeichnete sich 1924 bereits ab, als zwei Brüder des Eklektischen Bundes und ein
Bruder aus Zürich, Hans Bluntschli, Gespräche über Völkerversöhnung begannen, die
zu dem Entwurf von 7 Punkten als "Maureraufgaben der Gegenwart" führten und zu
heftigen Turbulenzen im Eklektischen Bund geführt haben; u.a. haben sie den bereits
schwebenden Austritt der beiden Nürnberger Tochterlogen entschieden (Annalen,
a.a.O., S. 52 ff.).
80 Annalen, a.a.O., S. 72.
82 Annalen, a.a.O., S. 79.
83 Brief vom 6. Mai 1932 an den Großmeister von Royal York, abgedruckt in: Annalen,
a.a.O., S. 95.
84 Ebda.
85 Eklektisches Bundesblatt, 1931, Heft 1, S. 23.
86 Ebda., S. 24.
87 Eklektisches Bundesblatt 1931, 7/8, S. 223 ff.
88 Eklektisches Bundesblatt 1931, 9, S. 259.
89 Eklektisches Bundesblatt 1931, 9, S. 258.
90 Der Grundgedanke, dass die Logen mehr Wissen über den Nationalsozialismus
brauchten, wird von dem Verein deutscher Freimaurer geteilt, der zu diesem Zeitpunkt
bereits mehrere Vorträge des Br. Junker (s.o.) zum Thema organisiert hatte.
91 Annalen, a.a.O., S. 85.
92 Denkschrift über den Austritt der LzE aus der Großen Mutterloge des Eklektischen
Bundes, S.7ff.
93 Schulze, Robert, Text 1, Archiv der LzE.
94 Textauslassung in der Quelle, red., Akte Nückell, Brief an Bordes, 21. Jan. 1934.
95 Nückell, Denkschrift zum Austritt der „Loge zur Einigkeit aus der Großen Mutterloge
des Eklektischen Bundes, 1933, S.7.
96 Brief Nückell an den Großordensrat des Nationalen Christlichen Ordens Friedrich d.
Gr., 15. April 1933.
97 Schreiben 3WK an Goebbels, 12. April 1933.
98 Schreiben 3WK an die Parteileitung der NSDAP, 12. April 1933.
99 Akte Nückell, 28. Okt. 1933
100 Akte Nückell, 29. Jan. 1934.
101 Karl Fricke, Zur Wintersonnenwende 1933, S. 1.
102 Ebda., S. 6.
103 Ebda., S. 7.
104 Akte Nückell, Rundschreiben 26. Jan. 1934.
105 Akte A1/NS/3,13 (Archiv LzE).
106 Akte A1/NS/3,14 (ebda.).
107 Akte A1/NS/2, 24.
108 Ebda., S. 2.
109 Archiv-Info Nr. 3 der LzE, S. 5.
110 Archiv-Info Nr. 3 der LzE, S. 4.
111 Ebda., S. 34 ff.
112 Beyer, Bernhard, Ich klage an! Der Abmarsch der drei altpreußischen Großlogen ins
nationalsozialistische Lager, o.J., S. 62 (Archiv LzE).
113 MvSt der LzE, Br. Herwig, Jahresbericht 1918/19.
114 Jaques Schuster, Humboldt war der beste Krisenmanager Preußens. DIE WELT, 28.
Dez. 2011. http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article13770527/Humboldtwar-
der-beste-Krisenmanager-Preussens.html
115 Das Handeln der Brüder setzte ihre Mitbürger als Ziel, ihre Maximen galten ihnen
als allgemeines Naturgesetz.
116 http://freimaurer-wiki.de/index.php/Gro%C3%9Floge_Zur_Sonne.