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Sinnsuche hat viele Gesichter. Religion, heidnisches Brauchtum, Fantasie, Science Fiction und diverse Pseudowissenschaften sind unterschiedliche Ausdrucksformen dieser Suche.
 
Sinnsuche hat viele Gesichter. Religion, heidnisches Brauchtum, Fantasie, Science Fiction und diverse Pseudowissenschaften sind unterschiedliche Ausdrucksformen dieser Suche.
  
Wer sich von Ihnen mit der Science-Fiction-Literatur ein wenig eingelassen hat, dem ist sicherlich der englische Autor [[Arthur C. Clarke]] ein Begriff. Im Zusammenklang mit Autoren wie [[Ray Bradbury]] und [[Isaac Assimow]] waren sie in meiner Jugendzeit die großen literarischen Helden einer sogenannten Social-Science-Fiction. Diese Autoren waren keine Spinner, sondern hatten teilweise einen durchaus profunden Berufshintergrund. Isaac Asimov war beispielsweise Kernphysiker und schrieb sich in seinen Romanen lediglich seine Zukunftsvisionen von der Seele.
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Wer sich von Ihnen mit der Science-Fiction-Literatur ein wenig eingelassen hat, dem ist sicherlich der englische Autor [[Arthur C. Clarke]] ein Begriff. Im Zusammenklang mit Autoren wie [[Ray Bradbury]] und [[Isaac Asimov]] waren sie in meiner Jugendzeit die großen literarischen Helden einer sogenannten Social-Science-Fiction. Diese Autoren waren keine Spinner, sondern hatten teilweise einen durchaus profunden Berufshintergrund. Isaac Asimov war beispielsweise Kernphysiker und schrieb sich in seinen Romanen lediglich seine Zukunftsvisionen von der Seele.
  
 
=== „Die neun Milliarden Namen Gottes" ===
 
=== „Die neun Milliarden Namen Gottes" ===

Version vom 24. Oktober 2017, 07:52 Uhr

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Neue Esoterik

Von Jens Rusch 1998 /Ditmarsia

Über das Bedürfnis nach einer neuen Esoterik

Im Zuge der Wiederlichteinbringungen in der Nachkriegszeit wurde der Grundstein für eine sachliche, nüchterne, den materiellen Notwendigkeiten dieser Zeit entsprechende Entwicklung gelegt. War in der Vorzeit die Freimaurerei durchaus durchsetzt und inspiriert von esoterischen, ja mystischen Anleihen aus den entlegendsten Phantasien der Weltkulturen gewesen, so wurde jetzt bestenfalls auf das Vorhandene zurückgegriffen. Eine neue Inspiration hat sich seitdem nicht entwickeln können. Häufigstes Argument, das man auch heute noch in diesem Zusammenhang hören kann, ist dabei das für unanfechtbar gehaltene : Was gut ist, braucht man auch nicht ändern !

Von Ändern soll hier auch gar nicht die Rede sein, wohl aber vom Bedürfnis des Menschen nach Esoterik und von der Frage nach einer zeitgemäßeren Entsprechung durch die Freimaurerei. Sinnsuche hat viele Gesichter. Religion, heidnisches Brauchtum, Fantasie, Science Fiction und diverse Pseudowissenschaften sind unterschiedliche Ausdrucksformen dieser Suche.

Wer sich von Ihnen mit der Science-Fiction-Literatur ein wenig eingelassen hat, dem ist sicherlich der englische Autor Arthur C. Clarke ein Begriff. Im Zusammenklang mit Autoren wie Ray Bradbury und Isaac Asimov waren sie in meiner Jugendzeit die großen literarischen Helden einer sogenannten Social-Science-Fiction. Diese Autoren waren keine Spinner, sondern hatten teilweise einen durchaus profunden Berufshintergrund. Isaac Asimov war beispielsweise Kernphysiker und schrieb sich in seinen Romanen lediglich seine Zukunftsvisionen von der Seele.

„Die neun Milliarden Namen Gottes"

Von Arthur C. Clarke stammt die berühmte Novelle, die ursprünglich „All the Names of God" hieß, und in der Nachkriegszeit unter dem Titel „Die neun Milliarden Namen Gottes" in Deutschland erschien. In dieser Novelle geht es darum, daß es sich eine tibetische Lamasekte zum Ziel gemacht hat, alle nur erdenklichen Gottesnamen durch Permutation der Laute aufzuschreiben. All die Namen des Allerhöchsten- Gott, Jehova, Allah ( oder großer Baumeister aller Welten ) sind nur vom Menschen erfundene oder gefundene Bezeichnungen..... Aber irgendwo unter allen möglichen Buchstabenkombinationen verberge sich das , was man den : wirklichen Namen Gottes nennen kann! Die Lamas verpflichten nun zur Lösung dieser Aufgabe, um den Prozess etwas zu beschleunigen, weil sie hiermit die Erfüllung des Schicksales ihres irdischen Daseins verbinden und die Lösung aller endgültigen Aufgaben, einige Computerfachleute, die ihnen hierfür eine geeignete Anlage in einem Kloster installieren. Dieser Computer heißt „Modell V". Man bedenke, daß Clarke dieses vor mehr als einem halben Jahrhundert schrieb. Dieser Computer spuckt nun also Quadratkilometer von Papierbögen aus, bedeckt mit sinnlosen Worten, die von den eifrigen Mönchen zerschnitten und in riesige Bücher geklebt werden. Die westlichen Fachleute haben fast Mitleid mit den Lamas, die sich in ihrem Projekt, das sie „Shangri La „ nennen, mit einer solch irrsinnigen Aufgabe beschäftigen. Überdies befürchten sie aber auch eine Enttäuschung ihrer Auftraggeber, wenn das Computerprogramm ausgelaufen sei, und die ersehnten „Posaunen des jüngsten Gerichts" nicht erschollen sind.

Um Auseinandersetzungen mit den Mönchen aus dem Weg zu gehen, machen sich die Computer -Fachleute vorzeitig aus dem Staub, um ihr wartendes Flugzeug zu besteigen, das sie heimbringen soll. Ein Uhrenvergleich zeigt, daß inzwischen die Anlage im Kloster ihre Arbeit bald vollenden müßte. Einer von ihnen hebt die Augen zum Himmel und flüstert ergriffen: Seht nur, dort oben, seht ! Alles geschieht irgendwann einmal zum letzten Mal".... Über ihnen erloschen still die Sterne.

Gottesbegriff

Der Autor läßt hier bewußt offen, ob die Mönche den Namen Gottes gefunden hatten und damit ein magisches Schlußwort unter die Schöpfungsgeschichte schrieben, oder ob der Verstoß gegen die Gebote, die diejenigen nicht ungestraft lassen, die seinen Namen mißbrauchen, zum Erlöschen der Sterne geführt hatte.

Hinter dieser kleinen Geschichte verbirgt sich ein wichtiger, weil zeitloser Kern.

Der Gottesbegriff ist in allen nur denkbaren Färbungen immer die Quintessenz , immer die höchste Ausdrucksform allen Suchens und Strebens. Ob tanzende Schamanen, Derwische oder Voodoo-Priester, ob Philosophen oder Rosenkreuzer, ob Alchimisten oder Religionsstifter jeglicher Coleur, sie kommen früher später alle an den Punkt des Unerklärlichen. Agnostiker oder Atheisten anerkennen durch ihre Abstinenz ungewollt die Existenz einer höheren Instanz. Was nicht existiert, braucht man ja auch nicht abzulehnen. Diesen Wiederspruch brachte Arno Schmidt auf den kurzen Punkt : Gottseidank bin ich Atheist !

Bleibt also die Suche

Und ganz gewiss ist die Suche heutiger Menschen anders geartet, als in den Jahren der Wiederlichteinbringung. Unser Bruder Johann Wolfgang von Goethe drückte das so aus: „Dreißig Jahre Frieden, dann entdecken die Frauen die Unsterblichkeit" Damit meinte das charmante Lästermaul einfach, daß in saturierter Inhaltsleere die Beschäftigung mit so etwas Überflüssigem, wie der Esoterik, wieder salonfähig würde. Aber er mußte sich gerade melden, strotzt doch sein FAUST nur so von mystischen und esoterischen Anspielungen und Szenerien.

Das verlorene Meisterwort

Hans Biedermann schreibt in seinem Buch „ Das verlorene Meisterwort" „Das Freimaurertum hat esoterische Züge; dies zu leugnen, würde nichts anderes verraten, als Unbildung auf dem Gebiet der Kultur-und Geistesgeschichte. Zweifellos beruht die für viele Zeitgenossen unleugbar vorhandene Faszination des Bundes auf der Tatsache, daß es sich eben nicht nur um einen elitären Verein wie viele andere handelt, sondern daß vermutet wird, es stecke mehr dahinter - etwas wie ein sonst verborgenes Wissen aus allen Epochen der Menschheit, älter als die Bauhütten des Mittelalters.... Überdies, was nur geflüstert mitgeteilt wird, erweckt ohnedies den Eindruck, daß es sich dabei um etwas Hochbedeutsames handelt."

August Horneffer

In diesem Punkt unterscheidet sich die Freimaurerei sehr bedeutsam von den etablierten Religionen. Die Kirchen lehnen jede Art von Arkansdisziplin ab, da sie für jedermann bgreifbar sein möchten. Ich zitiere August Horneffer, der 1924, also vor der dunklen Zeit schrieb: „Die Kirche hatte keine Geheimnisse mehr. Niemand war damals noch der Meinung, daß die offiziellen Religionsvertreter von Gott und Mensch mehr wüßten, als jeder Laie.... Der Katechismus, der in jedermanns Hand war, gab die Wahrheit nicht als Mysterium, nicht als ein noch Ungefundenes...., sondern als einen seit langem feststehenden Memorierstoff, den sich schon Schulkinder zu eigen machen können. Ganz anders die Rosenkreuzer und Freimaurer ! Da fühlte man das Wehen des Mysteriengeistes....... Und dieses Gefühl trog nicht."

Horneffer ergänzte: „ Die ersten Freimaurer hätten sich und ihre Nachkommen nicht durch so schwere Eide und so umständliche Verhaltensmaßregeln gebunden, wenn sie nicht Dinge zu besitzen geglaubt hätten, die des Schutzes würdig und bedürftig waren."

Fiction and No-Fiction

Ganz gleich also, wieweit die heutige Freimaurerei diesen Kriterien noch entspricht, ihre Außenwirkung könnte eine identische sein, wenn wir uns nur ein wenig überzeugter in dieser Hinsicht öffnen würden.

Als ich das 1982 auf der Frankfurter Buchmesse war, betrat ich eine Flugzeughangar-große Messehalle, die Bücher unter dem Obertitel „Fiction and No-Fiction" enthielt. Tausende und abertausende Neuerscheinungen wurden hier vorgestellt. Aus allen möglichen Grenzbereichen menschlichen Suchens, von Bibelforschern bis zu Erich von Däniken, von Rudolf Steiner bis zu Arbeitsanleitungen für selbstgebaute Orgon-Akkumulatoren fand hier der Sinnsuchende seine spezielle Fachliteratur. Mir fiel damals spontan das FAUST-Zitat aus der nordischen Walpurgisnacht ein:

Faust sagt „Hier muß sich manches Rätsel lösen" und Mephistopheles merkt leise an: „....und manches neue Rätsel knüpft sich auch..."

In der unübersehbaren Menge von Messebesuchern versuchte ich, Suchender, der ich war, einen einzigen Stand zu finden, der mir etwas über Freimaurerei anbieten würde.

Ich fand keinen einzigen: Dabei gibt es Berge von freimaurerischer Literatur, Unmengen an seriösen und auch unseriösen Fachbüchern.

Kann es sein, daß diese immer nur die erreichen, die ohnehin schon Bescheid wissen?

Ein gemeinsamer Messestand der Vereinigten Großlogen, auf denen all' diese Publikationen der verschiedensten Verlage zusammengefasst wären, und wir hätten eine äußerst kraftvolle Selbstdarstellung der aktuellen deutschen Freimaurerei für wenig Geld erreicht. Und nicht nur das, wir hätten auch eine Zielgruppe erreicht, die für uns äußerst ansprechbar wäre.

Überdies würde es der Freimaurerei neue Brüder bringen, deren Ziel wirklich die Selbsterziehung ist, und die dieses bei ihrer Aufnahme nicht nur vorgeben.

Das könnte der aktuellen Freimaurerei genau die Impulse bringen, die ihr zur Zeit fehlen.

Flyer, Streu- und Infomaterial, das sich punktgenau an diese Zielgruppe richtet, existiert kaum.

Freimaurerei ist irgendwie etwas ungeheuer Luxuriöses

Wir erlauben es uns, eine gigantische Interessengruppe außer acht zu lassen, die schon früher in unseren Reihen, wie ihr aus meinen aufgeführten Zitaten ersehen konntet, ein sehr bedeutendes Potential darstellte.

Siehe auch