Symbolik

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Symbolik

Gedanken zu Symbolen

von Arnold Grunwald

Das Wort Symbol entstammt dem Altgriechischen Begriff "symbolon" und wird unterschiedlich übersetzt und interpretiert. Mögliche Übersetzungen sind: Kennzeichen, Merkmal, Emblem oder Bild. Die üblichste Übertragung ist das Wort "Sinnbild". Ein Symbol ist etwas, das nicht für sich selbst, sondern gleichzeitig für etwas anderes steht, das entweder gegenwärtig oder nicht gegenwärtig ist. Jedes Objekt kann zu einem Symbol werden. Das Objekt wird zu einem Bedeutungsträger für eine Vorstellung, die Bedeutungszusammenhänge hervorruft. Das Symbol kann nicht nur ein Gegenstand, sondern auch ein Zeichen, eine Handlung oder ein sprachlicher Ausdruck sein. In der Sprache werden Symbole zu Metaphern. Die Sprache ist voller Metaphern, die richtig gedeutet werden müssen. Das Symbol steht für ein Als-Ob oder für eine Idee.

Hans Blumenberg sagt folgendes zu Symbolen: "Darauf beruht die Besonderheit von Symbolen, dass sie für sich zunächst nichts bedeuten, aber gerade dadurch Bedeutung anzunehmen imstande sind. Darin liegt etwas Gemeinsames mit Ideen, durch keine abgeschlossene oder abschließbare Erfahrung exemplarisch versinnlicht werden zu können." (Hans Blumenberg: Theorie der Unbegrifflichkeit, Frankfurt 2007, S. 56)

Die Linguistik verwendet nach Saussure für sprachliche Ausdrücke die Bezeichnung Signifikat und Signifikant. Das Signifikat ist das Bezeichnete, das, worauf man hinweist. Das Signifikant ist das Bezeichnende, das Wort, mit dem man etwas benennt. Das Wort hat zugleich einen Inhalt, eine Begrifflichkeit, indem es etwas benennt. Gleich ob es gesagt oder geschrieben wird. Diese Begrifflichkeit geht aus dem Zusammenhang mit anderen Wörtern im Satz hervor.

Im erweiterten Sinne sind auch Hinweiszeichen Symbole. Etwa Verkehrszeichen, Hinweisschilder in Räumen, Zeichen für Vereine, für Betriebe oder Markenartikel. Solche Zeichen können auch von den der jeweiligen Sprache nicht Kundigen und von Analphabeten verstanden werden. Man kann auch Schriftzeichen als Symbole für Sprache betrachten. Auch in der Mathematik und der Chemie werden Symbole verwandt. In der Kunst wird häufig das Symbolische und Metaphorische angewandt. Es soll dabei ein besonderes Gefühl vermitteln, das anders nicht vermittelt werden kann.

Manche Symbole werden als Ursymbole betrachtet, da sie bei allen Völkern zu allen Zeiten vorkommen. Etwa der Kreis, das Dreieck, das Kreuz oder die Schlange. Auch Zahlensymbole wie die Drei, die Sieben oder die Zwölf können symbolisch verwandt werden.

In der Politik werden Symbole als Mittel des Dazugehörens gebraucht. Dazu gehören neben den Flaggen und Hymnen Zeichen wie das Hakenkreuz, Hammer und Sichel oder der Halbmond. In Religionen werden Symbole für Mythen und Ideen verwandt, die auf etwas Transzendentales verweisen.

Die Freimaurerei verwendet viele Symbole. Sie wird manchmal als "Symbolischer Bund" bezeichnet, womit auf die besondere Bedeutung der Symbole verwiesen werden soll. Mehrere Symbole werden auf der sogenannten "Arbeitstafel" dargestellt. Sie wird auch als Teppich, Tapis, im Englischen als Tracingboard oder Trestle board bezeichnet. Die Arneitstafel dient als Lehrtafel zur Erklärung von Symbolen für die unterschiedlichen Grade und Erkenntnisstufen. Sie wurde früher mit Kreide auf den Boden gemalt und danach wieder weggewischt. Manche Logen halten das auch heute noch so. Sie kann auch auf Holz- oder Papiertafeln gezeichnet sein und aufgestellt werden. In vielen Logen ist sie als Teppich gewebt, der während einer Logenarbeit im Tempel aufgerollt wird. Auf dem Teppich für die Lehrlinge sieht man bei einer Logenform ein musivisches Pflaster, Säulen, einen 24-zölligen Maßstab, einen rauen Stein, Spitzhammer, Winkelmaß, Lot, Kelle, Sonne und Mond, Pentagramm und eine Kordelschnur.

Viele Symbole in der Freimaurerei entstammen dem mittelalterlichen Bauhandwerk, andere Symbole stehen im direkten Zusammenhang mit der Philosophie der Freimaurer. Einige Symbole sind der Sprache entnommen und haben metaphorischen Charakter.

Die Deutung der Symbole ist zwar dem einzelnen Freimaurer freigestellt, es gibt jedoch Interpretationen, die von der Mehrheit der Freimaurer anerkannt werden. Es sollen hier einige Beispiele für die mögliche Deutung von Symbolen genannt werden, die aber nur eine Verkürzung sein kann und weitergehende Erklärungen nicht nur zulässt, sondern erfordert.

Das musivische Pflaster zeigt an, dass die Welt aus Gegensätzen besteht, dass es im Leben und in der Natur Schwarz und Weiß gibt und dass nach dem Dunklen das Helle folgt.

Der 24-zöllige Maßstab steht für die 24 Stunden des Tages und ist Mahnung, seine Zeit mit Weisheit einzuteilen und seinen Pflichten gegenüber der Menschheit nachzukommen.

Das Winkelmaß steht für die winkelgerechte Lebensführung, für die Ausgeglichenheit zwischen Körper und Seele. Die ungleichen Schenkel im Verhältnis drei zu vier ermöglichen die Konstruktion eines Dreiecks und verweisen zudem auf den Satz des Pythagoras, aus dem sich ein Quadrat errechnen lässt.

Der Zirkel verweist von seinem Mittelpunkt zum Kreisumfang auf die Beziehung zwischen der einzelnen Person zum Bruderkreis und umschließt symbolisch den gesamten Erdkreis als Bruderkette.

Das Senkblei ist ein Symbol für das Ausloten der eigenen Person, das mit der Aufforderung: "Schau in Dich" in Verbindung steht.

Das Pentagramm wird als "flammender Stern" bezeichnet. Der Mensch befindet sich im Mikrokosmos des Pentagramms. Es lässt sich über den goldenen Schnitt konstruieren. Zu jeder Strecke und Teilstrecke findet sich eine Teilstrecke, die im Verhältnis des goldenen Schnitts steht. Die fünf Spitzen weisen auf fünf Tugenden hin: Klugheit, Gerechtigkeit, Stärke, Fleiß und Mäßigung. Sie können auch als die Elemente Feuer, Wasser, Erde, Luft und Geist gedeutet werden.

Das Hexagramm wird aus zwei sich kreuzenden Dreiecken gebildet. Man kann die beiden Dreiecke als Feuer und Wasser oder Geist und Materie sehen, die als die Vereinigung von Gegensätzen stehen. Es wird auch als der "Stern Salomonis" bezeichnet.

Das allsehende Auge ist ein Hinweis auf das geistige Sehen des Menschen und das Licht, das aufgeht und über den Menschen scheint.

Die Kordelschnur als Lemniskate, die liegende Acht, ist ein Symbol für die Unendlichkeit allen Seins.

Die Rose ist zuerst ein Zeichen für Schönheit der Natur, aber auch ein Symbol der Verschwiegenheit, das schon die Römer unter der Bezeichnung "sub rosa" verwandten. Die Rosen in den Farben rot, rosa, weiß werden dem verstorbenen Freimaurerbruder auf das Grab gelegt.

Neben diesen sichtbaren Symbolen werden in der Freimaurerei auch sprachliche Symbole in Form von Metaphern gebraucht. Manche sprachlichen Ausdrücke klingen fremdartig, da sie aus Ritualen einer vergangenen Zeit übernommen worden sind.

Einige Ausdrücke werden allgemein gebraucht. So bezeichnen die Freimaurer alle Nichtfreimaurer als "Profane" und alle Freimaurer als "Brüder" und deren Lebensgefährtinnen als "Schwestern". Sie veranstalten ihre Rituale in Räumen, die sie als "Tempel" bezeichnen. Das ist nicht ein Tempel als ein besonderes Bauwerk, sondern jeder beliebige Raum kann durch das Ritual zum Tempel werden. Die Versammlung im Tempel nennen die Freimaurer "Arbeit". Gemeint ist eine Arbeit an sich selbst.

Gewisse Ausdrücke mit dem Bezug zur Zeit beziehen sich nicht auf die im profanen Leben üblichen Zeitvorstellungen, sondern sind Metaphern für die Einstellung des Freimaurers während der Arbeit. Wenn zu Beginn der Arbeit der Meister vom Stuhl an seinen ersten Aufseher die Frage stellt: "Welche Zeit ist es?", so erhält er zur Antwort "Es ist Mittag, ehrwürdiger Meister." Kurze Zeit danach fragt er seinen zweiten Aufseher: "Welche Zeit ist es jetzt?" und erhält zur Antwort: "Hochmittag und die rechte Zeit, unsere Arbeit zu beginnen, ehrwürdiger Meister." Hochmittag ist ein Symbol für die Mitte des Lebens und Hochmitternacht für das Lebensende. Am Ende der rituellen Arbeit fragt der Meister seinen ersten Aufseher: "Um welche Zeit gehen die Brüder von der Arbeit?" und erhält als Antwort: "Um Mitternacht, ehrwürdiger Meister." Daraufhin fragt er den zweiten Aufseher: "Welche Zeit ist es jetzt?" Der zweite Aufseher antwortet: "Hochmitternacht und die rechte Zeit, unsere Arbeit zu beenden." Es ist ja keinesfalls Mittag, Hochmittag, Mitternacht und Hochmitternacht nach profaner Zeitrechnung, sondern vielleicht früher oder später Abend. Die Brüder treten symbolisch aus der profanen Zeit, um in die "rechte Zeit", die Zeit der inneren Einkehr zu treten.

Am Ende der Arbeit bilden die Brüder die "Kette", das heißt, dass sie die Hände des neben ihm stehenden Bruders ergreifen und so einen geschlossenen Kreis bilden. Diese "Kettenbildung" ist zum einen Symbol für die Verbundenheit der Brüder innerhalb einer Loge, aber darüber hinaus auch ein Hinweis auf die "Weltbruderkette".

Besondere Symbole sind Metaphern, die einen transzendenten Bezug haben. Hier ist die Deutung vielschichtig und darf nicht dogmatisch vorgeschrieben sein,

Der Buchstabe G, der in die übereinander liegenden Symbole Winkelmaß und Zirkel oder in das Pentagramm eingefügt ist, wird unterschiedlich interpretiert. Manche sehen es als Abkürzung für "Gott", andere für "Geometrie" oder "Genius" oder "Gnosis" und noch anderes.

Der Begriff "Großer Baumeister aller Welten" mit der Abkürzung GBaW oder auch "Allmächtiger Baumeister aller Welten" mit der Abkürzung ABaW steht für eine transzendente Wesenheit. Manche sehen in dieser Metapher "Gott", andere ein nicht definiertes über dem Dasein stehendes Sein. Den letzteren ist es etwas Spirituelles, das undefiniert bleibt. In der Freimaurerei bestehen hierzu unterschiedliche Deutungen.

Es gibt zudem noch Symbole, Metaphern und Handlungen, die in den verschiedenen Ritualen Gebrauch finden und dem Arkanum unterliegen. Sie dürfen nicht öffentlich benannt werden. Zumeist handelt es sich um Sätze, die dem Bruder Freimaurer erklärt werden. Sie haben einen spirituellen Charakter, der nichts Geheimnisvolles enthält, sondern erklärt werden kann.

Stellen wir uns vor, man würde eine Tempelarbeit vor Zuschauern auf einer Bühne vorführen. Die Zuschauer könnten die Symbole nicht verstehen, den Sinn der Arbeit nicht erschließen und würden wahrscheinlich gelangweilt das Theater verlassen. Für Freimaurer hingegen ist jede Arbeit immer wieder ein neues Erlebnis mit erweiterten Deutungsmöglichkeiten der Symbole und Metaphern. Auch wenn sie diese Arbeit schon dutzende oder hunderte Male mit immer gleich bleibendem Text und Handlung erlebt haben, betrachten sie sich weiterhin als Suchende und kommen zu neuen Erkenntnissen.

Dort wo die Sprache versagt, können Symbole zu tieferen Erkenntnissen des eigenen Selbst, der Welt und des Außerweltlichen führen. Sie sind Werkzeuge der Erkenntnis und der Erfahrung. Insofern ist die Freimaurerei als ein "symbolischer Bund" eine Möglichkeit zur Verbesserung der eigenen Person und der Gemeinschaft.

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Courtesy Lodge of Research Vermont
Courtesy Lodge of Research Vermont
Courtesy Lodge of Research Vermont

Zeichensystem

In der Freimaurerei werden die Symbole als ein Verweissystem verstanden, bei dem das eine für etwas anderes steht, für einen mehr oder weniger festgelegten Sinn oder Inhalt. Dieses Verweissystem ist plausibel und lernbar. Es ordnet den Umgang mit der komplexen profanen Welt in einsichtiger Weise und bietet als Ordnungsgefüge Hilfe und Stütze für das eigene Handeln. Durch das rituelle Erlebnis werden Sinn und Inhalt des Zeichens vertieft zum Symbol. Das gruppenspezifische Verweissystem soll durch freie Interpretation zum individuellen verhaltensbestimmenden Symbolsystem werden. Einerseits fügt sich die Symbolwelt ein in die Zeichensysteme barocker Gelehrtheit, andererseits popularisiert das freimaurerische Zeichensystem ein damals und heute nur Gelehrten verständliches Sinngefüge aus antiken und mittelalterlichen Inhalten.

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Symbolik

Quelle: QCWiki

Das griechische Wort „Symbol“ (von Symbolon = zusammenwerfen, zusammenfügen, Erkennungsmarke) hat eine unvergleichliche Erfolgsgeschichte in den Sprachen unseres Kulturkreises durchlebt. Ein Symbol ist ein Sinnbild, das einen Gehalt veranschaulichen und erkennbar werden lassen soll. Symbole sperren sich einer vollständigen rationalen Erklärung. Sie sprechen einen ursprünglichen Bezug zu einer Sache aus und treten als Vermittler zwischen Mensch und Gegenstand auf.

Religionen benötigen Symbole vor allem zur Vergegenwärtigung des Jenseitigen im Diesseits. Dadurch kommt der Charakter des Symbols besonders deutlich zutage. Es ist es selbst und zugleich ein anderes, das selbst nicht erscheinen kann. Das Symbol wird dadurch auch zum Stellvertreter. In Religion lassen Symbole das übersinnliche in sinnlicher Gestalt auftreten. Das Symbol trägt immer ein Element der Entsprechung mit dem, was es symbolisiert, bei sich.

Für die Freimaurerei ist die Übertragung des Symbolcharakters auf die Sprache besonders bedeutsam, wie er in den Mysterienkulten der griechischen Achsenzeit erstmals zur Geltung gekommen ist. Aus pythagoreischer Mystik entnommen gewinnen Worte und Sätze Symbolcharakter, die zwar für sich einen Sinn ergeben, aber in ihrer gewandelten Bedeutung nur den Eingeweihten in die Mysterienkulte verständlich waren.

Die Zahl 3

Von stärkster Aussagekraft ist die Symbolik der Zahl 3 noch immer im Freimaurerischen Ritus. Für die Schule der Pythagoreer steht die 3 als Symbol der Gerechtigkeit. Sie liegt aufgespannt und sinnlich wirksam vor uns im rechtwinkligen Dreieck und im Winkelmaß. Die drei Säulen im Tempel und die drei großen und kleinen Lichter, die drei Johannisgrade und die stets betonte Dreiheit werden zum tragenden Bestand einer Symbolik, in welcher Gerechtigkeit, Ethik und Moral vergegenwärtigt werden. Die Symbolik ist der vorsichtige und deutliche Hinweis in einem. Das Sinnbild der Gerechtigkeit ist noch nicht die Gerechtigkeit selbst. Von dieser Symbolik lehrt die Freimaurerei. Sie ist die Gegenwart des nicht Gegenwärtigen, jedoch abzüglich aller jenseitiger Komponenten. Symbolik der Gerechtigkeit bedeutet in der Freimaurerei nicht die Besinnung auf das jenseits der Welt thronende Gerechte an sich, vielmehr erscheint sie in Symbolen der Hoffnung, die das moralisch Vollkommenere erahnen lassen in den unvollkommenen Gestalten des Gegenwärtigen.

Leitgedanken ästhetischer Theorien

Seit den philosophischen Schriften der mittelalterlichen Mystik wird behauptet, dass uns der Zugang zu den göttlichen Dingen nur durch Symbole als Weg offen stehe (Nikolaus von Kusa). Hierdurch erfüllt Symbolik immer auch die Sehnsucht der Menschen nach Verdunkelung und Verflüchtigung des Klaren und Sichtbaren. In der Goethe-Zeit gestaltet sich die Symbolik zu einem Leitgedanken ästhetischer Theorien. Eingang in die Theoriebildung der Psychoanalyse findet die Symbolik im frühen 20. Jahrhundert durch die Traumdeutung. Symbolik übernimmt hier die Mittlerrolle zwischen menschlichem Bewusstsein und den Kräften des Unbewussten in der Psyche.

Auch Ernst Cassirer hat in seiner Philosophie der symbolischen Formen das Wechselverhältnis untersucht, das sich zwischen dem Gegenstand und dem Betrachter durch das Symbol ereignet. Für ihn manifestiert sich im Symbol eine objektive Bedeutung. Allerdings handele es sich dabei nicht um ein triviales Abbildungsverhältnis, sondern um eine Art Verwandlung. Wurzel des Geschehens betrachtet er im Ritus, der in seinem Ursprung „keinen bloß allegorischen, nachbildenden oder darstellenden, sondern durchaus realen Sinn“ habe (S. 51).

Symbole

Im ursprünglichen Sprachgebrauch war der Sinn des griechischen Wortes »symbolon« der eines Erkennungszeichens. Wenn zwei Freunde für längere Zeit oder für immer voneinander schieden, so zerbrachen sie eine Münze, ein Tontäfelchen oder einen Ring; kam nach Jahren jemand von der befreundeten Familie zurück, so konnten die zusammengefügten Teile (symbállein = zusammenwerfen, zusammenfügen) bestätigen, dass der Träger des einen Bruchstückes wirklich Anspruch auf die Gastfreundschaft besaß. Das Symbol ist also ein »Zusammengefügtes«, in dem ein sonst nicht wahrnehmbarer Sinninhalt manifestiert wird. Zunächst »Symbol aus etwas« (die beiden zusammenzufügenden Teile) geht der Sprachgebrauch über zum »Symbol von etwas«; das Symbol steht stellvertretend für eine geistige Realität (die Freundschaft der Besitzer der Bruchstücke), die an ihm wahrnehmbar wird. Das Symbol ist sichtbares Zeichen einer unsichtbaren Wirklichkeit.

Schon in der Antike konnten mit »Symbola« die verschiedensten Dinge bezeichnet werden, z.B. Verträge in der Rechtskunde, das Losungswort im Kriegswesen und in Mysterienbünden, der zur Weissagung dienende Vogelflug. Bischof Cyprianus von Carthago (Mitte des 3. Jh.) gebraucht das Wort Symbol erstmals in der Bedeutung von Glaubensbekenntnis (Symbolum). Die Stoiker erblickten im Symbol einen verhüllenden Hinweis auf eine philosophische oder theologische Wahrheit; diese »symbolische« - richtiger: allegorische - Auslegungsweise übernahm Philon von Alexandrien für die Erklärung der Bibel.

Als Zusammengesetztes steht das Symbol im Schnittpunkt zweier verschiedener Seinsebenen. Gerade durch seinen Schnittpunktcharakter ist es aber nicht nur ein (von einer Ebene auf die andere) hinweisendes Zeichen, sondern es hat auch an beiden teil: im Äußeren offenbart es das Innere, im Körperlichen das Geistige, im Sichtbaren das Unsichtbare. Nach Goethe (Maximen und Reflexionen) ist die wahre Symbolik überall dort, »wo das Besondere das Allgemeine repräsentiert, nicht als Traum und Schatten, sondern als lebendig augenblickliche Offenbarung des Unerforschlichen«. Zwischen dem Symbol und dem von ihm Repräsentierten besteht ein innerer Zusammenhang, der auf eine Wesenseinheit hinausläuft. Das Bezeichnete (Signifikat) und das Bezeichnende (Signifikant) lassen sich - im Gegensatz zum willkürlich gesetzten Zeichen - nicht austauschen. Die Erscheinung des Symbols ist nicht etwas Zufälliges, sondern gehört letztlich zum Wesen der sich darstellenden Wirklichkeit.

Die in der wissenschaftlichen Literatur im Hinblick auf »Symbol« und »Zeichen« anzutreffende Begriffsverwirrung ist in der Weise zu klären, dass in den anthropologischen Disziplinen der Begriff Symbol als signum repraesentativum (vergegenwärtigendes, teilhabendes Zeichen) vom willkürlich bezeichnenden Zeichen, dem signum significativum, zu unterscheiden ist. Nach M. Thiel gehört letzteres zur Vertretungs-Symbolik (das Zeichen steht stellvertretend für etwas anderes), ersteres zur Transparenz-Symbolik (im Symbol scheint das Sein durch). Als drittes ist die Real-Symbolik zu nennen, bei der das Symbol nicht als solches erfaßt, sondern mit dem Symbolisierten als Einheit erlebt, empfunden wird (häufig bei den sog. Naturvölkern anzutreffen, aber auch in Hochkulturen und ›höheren‹ Religionsformen) wenn man auch nicht von einer Identität sprechen darf, so können »Bild« und Wirklichkeit doch so ineinander übergehen, dass sie eins zu sein scheinen. Die hiermit aufgezeigte Abgrenzung zwischen dem willkürlich bezeichnenden Zeichen und dem das Symbolisierte durch Analogie vergegenwärtigenden (transparent machenden) oder an ihm (an seiner Realität) teilhabenden Symbol ist für jede weitere Terminologie grundlegend.

Die dem Bild und Symbol nahestehenden Termini ergeben aneinandergereiht eine Art »Spektralband«, bei dem infolge verschiedener Wertigkeit nicht alle Begriffe gleich viel ›Raum‹ einnehmen und auch ihr Nebeneinander durchaus variabel ist: Allegorie, Analogie, Archetyp, Chiffre, Emblem, Gleichnis, Metapher, Motiv, Typos.

Die Spannung zwischen sinnlicher Anschaulichkeit und geistiger Bedeutung macht das Symbol zu einem wichtigen Ausdrucksmittel in Philosophie, Religion und Kunst. In der Philosophie zeigt sich, dass die Grundgegebenheiten von Welt und Leben rational nicht ausschöpfbar sind; im Symbol jedoch wird die Natur, die materielle Welt transparent auf ihren Existenzgrund hin. Das Symbol ist Verhüllung und Offenbarung zugleich; deshalb ist die Deutung von Symbolen oft so schwierig. Bei der Übertragung in die Sprache der Begriffe, bleibt immer ein unübersetzbarer Rest. Gerade weil das Symbol auf das Unsichtbare und Unbegreifbare weist und es repräsentiert, lässt es sich nicht mit unserer Ratio begreifen. Mircea Eliade hebt als Eigenart des Symbols hervor, dass es sich an den ganzen Menschen wendet und nicht nur seinen Verstand. Das Symbol ist immer ein Extrakt, ein Auszug aus einer Fülle von Einzelgedanken; es fasst ganze Gedankenreihen in eine sonst unerreichte bildhafte Kürze zusammen. Symbole sind keine starren, präzise abzugrenzenden Gebilde, sondern veränderlich und oft mehrdeutig mehrdeutig (Ambivalenz).

Quelle: Manfred Lurker, Gründungsmitglied der Gesellschaft für wissenschaftliche Symbolforschung. Artikel »Symbol«, in: Wörterbuch der Symbolik. Unter Mitarbeit zahlreicher Fachwissenschaftler, herausgegeben von Manfred Lurker. Fünfte, durchgesehene und erweiterte Auflage. Stuttgart: Alfred Kröner Verlag, 1991, S. 719-720. (= Kröners Taschenausgabe Band 464).

Literaturhinweise

  • Burkert, Walter, Antike Mysterien, München 1990.
  • Cassirer, Ernst, Philosophie der symbolischen Formen, Darmstadt 1987.
  • Eliade, Mircea, Geschichte der religiösen Ideen, Freiburg i. Br. 1978.
  • Jung, Carl Gustav, Der Mensch und seine Symbole, Olten 1979.
  • Lehner, Alfried, Die Esotherik der Freimaurer, Gerabronn 1997.
  • Lehner, Alfried, Freimaurerische Symbole und Rituale in der Entwicklung der unterschiedlichen Logensysteme, in: Joachim Berger und Klaus-Jürgen Grün (Hrsg.), Geheime Gesellschaft. Weimar und die deutsche Freimaurerei, München 2002.

Siehe auch

Links