Tutzinger Gespräche

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Tutzinger Gespräche

Quelle: SGOvD

Tutzinger Gespräche zwischen der Freimaurerei und der Evangelischen Kirche

Zwischen Vertretern der Vereinigten Großlogen von Deutschland und der Evangelischen Kirche haben mehrere Gespräche stattgefunden. Die kirchlichen Vertreter fassen die Ergebnisse folgendermaßen zusammen.

1.

Das Freimaurertum versteht sich nicht als Religionsgemeinschaft, die mit den christlichen Konfessionen oder anderen Religionen in Konkurrenz treten will. Andererseits ist für das Freimaurertum die Andersonsche Konstitution von 1723 in Geltung, die in Abschnitt I. besagt: „Der Maurer ist als Maurer verpflichtet, dem Sittengesetz zu gehorchen; und wenn er die Kunst recht versteht, wird er weder ein engstirniger Gottesleugner, noch ein bindungsloser Freigeist sein.“

2.

Bei der Freimaurerei handelt es sich nach ihrem eigenen Verständnis um einen Bruderbund zur ethischen Vervollkommnung des Menschen. Diesem Ziel dienen auch die freimaurerischen Rituale und Symbole.

3.

In ihrem Gottesverständnis und in ihren ethischen Wollen steht die Freimaurerei in keinem ausschließenden Gegensatz zum Christentum. Sie bezeichnet in den abendländischen Logen die Bibel als das „erste Große Licht“.

4.

Weil die Freimaurer unterschiedlichen Religionen und Konfessionen angehören, gibt es keine die Freimaurer insgesamt bindende Interpretation des Gottesglaubens im biblischen Verständnis. Die Aussagen über Gott und Jesus Christus, über die Bedeutung der Bibel und über das Verständnis von Menschen werden daher von den einzelnen Freimaurern unterschiedlich akzentuiert. Das sollten evangelische Christen und Kirchen im Gespräch mit der Freimaurerei berücksichtigen.

5.

Es war für die kirchlichen Gesprächspartner nicht möglich, sich über das Ritual in seiner Bedeutung und in seiner Erlebnisqualität eine abschließende Meinung zu bilden. Dabei bewegte sich die Frage, ob das Ritualerlebnis und die Arbeit des Maurers nicht die Rechtfertigung aus Gnaden in ihrer Bedeutung für den evangelischen Christen mindern könnte. Sie haben es den freimaurerischen Gesprächspartnern abgenommen, dass das Ritual nach seiner Intension und seiner Gewichtigkeit weder Ersatz für den Gottesdienst und das Sakrament ist, noch dem evangelischen Glauben entgegensteht.

6.

Ein genereller Einwand gegen eine Mitgliedschaft evangelischer Christen in der Freimaurerei kann nach Meinung der evangelischen Gesprächsteilnehmer nicht erhoben werden. Die Entscheidung über die Mitgliedschaft in der Freimaurerei muß dem freien Ermessen des einzelnen überlassen werden.

7.

Falls es in einzelnen evangelischen Landeskirchen Ordnungen geben sollte, die diesen Feststellungen entgegenstehen, sollten sie aufgehoben werden.

8.

Bei auftretenden Schwierigkeiten sollten evangelische Kirche und Freimaurertum eine Möglichkeit haben, darüber Kontakt aufzunehmen.

9.

Die evangelischen Teilnehmer baten die Freimaurer, in geeigneter Weise dazu beizutragen, daß ein höheres Maß von Informationen vermittelt wird, um Vorurteile abzubauen.

Tutzing, den 13. Oktober 1973

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