Gustav Meyrink: Unterschied zwischen den Versionen
Oberg (Diskussion | Beiträge) K (hat „Meyrink“ nach „Gustav Meyrink“ verschoben) |
Version vom 5. April 2012, 22:02 Uhr
Meyrink, Gustav
Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)
Schriftsteller, * 1868, der bekannte Verfasser des ,,Golem" und anderer phantastischer, okkultistischer Romane. Seine Vorliebe für das mystische Prag hat ihm wiederholt Anlaß gegeben, wenn nicht die Freimaurer, so doch die Asiatischen Brüder u. a. dichterisch zu verwenden. In welch eigenartiger Weise er während des Weltkrieges mit der Freimaurerei in Beziehung kam, erzählt Pfarrer Carl Vogl in seinem Buch: "Aufzeichnungen und Bekenntnisse eines Pfarrers" (Aegis-Verlag, Wien, Berlin). Die Stelle sei ausführlich zitiert weil sie einen guten Beweis dafür erbringt, wie gegnerische Propaganda selbst von amtlichen Stellen betrieben wird. Meyrink ist nicht Freimaurer, Pfarrer Vogl hat sich von ihm die ausdrückliche Ermächtigung zur Veröffentlichung der geschilderten Umstände erwirkt.
Er schreibt: "Als ich Meyrink im dritten Kriegsjahre (Juli 1917) besuchte sah ich bei ihm einen Tisch voll aufgehäuft mit alten und neuen Büchern freimaurerischen Inhalts. Bezüglich ihrer gab mir Meyrink die Auskunft er habe sie aus dem Auswärtigen Amt in Berlin und erzählte wie folgt: "Ich wurde telegraphisch nach Berlin ans Auswärtige Amt gebeten. Dort traf ich einen Legationsrat nebst zwei Vertrauensmännern, darunter den ehemaligen Beichtvater der Konigin von Bayern.
Man stellte mir sofort folgenden Antrag: Schreiben Sie uns einen Roman, in dem Sie den Nachweis führen daß die Freimaurer am Weltkrieg schuld sind.
Die einschlägige Literatur, die auf einem Tische bereit lag, wurde mir zur Verfügung gestellt. Der Roman sollte ins Englische und Schwedische übersetzt, in einer halben Million Exemplaren gedruckt und in alle Welt verschickt werden. Ich war nicht wenig erstaunt und erwiderte, man solle doch lieber Frenssen oder Ganghofer mit dieser Aufgabe betrauen. Doch die Herren meinten, die seien viel zu national und militärfreundlich, man brauche einen prominenten Schriftsteller, von dem das Publikum weiß daß er kritisch, ja mehr als kritisch diesen Dingen gegenüberstande. Ich hatte mich von meinem Erstaunen noch nicht erholt und fragte wo man das Papier hernehmen wolle für eine so ungeheure Auflage. Lächelnd erwiderte man mir, Papier stände in unbegrenzter Menge zur Verfügung."
Meyrink übernahm die Mission und hatte, wie ich aus dem weiteren Gespräch ersah, seine Sache so fein gemacht, daß er seine Überzeugung nicht verleugnet hätte. Ob allerdings seine Auftraggeber an dem Werk ungetrübte Freude erlebt hätten, ist eine andere Frage. Dies ist, wie ich vermute, wohl auch der einzige Gründ, weshalb nach einem halben Jahre der erwähnte Legationsrat nach Starnberg kam, um Meyrink zu ersuchen, er mochte den begonnenen Roman abbrechen; er sei von seiten gewichtiger Freimaurer gebeten worden, Meyrink auszuschalten.
Eine Stunde vor diesem Besuch bereits ist Meyrink telegraphisch aufgefordert worden, die schriftlichen Beilagen, die ihm in Berlin mitgegeben worden, unverzüglich zurückzuschicken. Er tat es, nicht ohne vorher eine Kopie sich angefertigt zu haben. Die ausführlich en Richtlinien, die ich in Händen hätte, gehen darauf hinaus, die Freimaurerei— vor allem die französische und italienische, aber auch die übrige— habe den Krieg ,vorbereitet', ,angefacht' und ,ausgebreitet', ,Italien dem Dreibund abspenstig gemacht', den ,Friedens schluß verhindert', ,jeden Sonderfrieden gewältsam unterdruckt', sie sei überhaupt ,die Trägerin des Krieges'. Obzwar jene Unterredung im Auswärtigen Amt geheim gehalten werden sollte und die vier Teilnehmer zu strengstem Stillschweigen sich verpflichtet hatten, war doch acht Tage Später in einem völkischen Hurrablatt Hamburgs zu lesen, man hatte sich in Berlin nicht entblödet, dem ,Vaterlandsverräter' Meyrink freimaurerische Geheimnisse zu Romanzwecken aus zuliefern.
Die Meyrink entzogene Arbeit ist dann Dr. Wichtl in Wien übertragen worden, der sich seiner Aufgabe in einer maßlosen Gehässigkeit, Willkur und Rückständigkeit entledigte ( ,Weltfreimaurerei, Weltrevolution, Weltrepublik. Eine Untersuchung über Ursprung und Endziele des Weltkrieges", 1920).