William Hogarth: Unterschied zwischen den Versionen
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1720 hatte er sein eigenes Geschäft für Gravur, Exlibris und Porträtmalerei. | 1720 hatte er sein eigenes Geschäft für Gravur, Exlibris und Porträtmalerei. | ||
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Berühmt wurde Hogarth aber vor allem durch seine modern moral subjects, moralische Bilderfolgen, in denen er das Leben einer Prostituierten, den Lebenslauf eines Wüstlings oder die unglückliche Ehe des Sohns eines verarmten Adligen mit einer reichen Bürgertochter schilderte: A Harlot’s Progress in sechs Bildern (1731–32; Gemälde 1755 verbrannt), A Rake's Progress in acht Bildern (1735) und Marriage A-la-Mode in sechs Bildern (1745). Die Kupferstich-Versionen dieser Gemälde wurden in ganz Europa verbreitet. Georg Christoph Lichtenberg schrieb Ende des 18. Jahrhunderts seine berühmten, ganz im satirischen Geiste der Kupferstiche verfassten deutschen Kommentare zu diesen Werken (G. C. Lichtenbergs ausführliche Erklärung der Hogarthischen Kupferstiche, 1794–99). Wegen der Popularität der Hogarthschen Stiche kursierten schon früh zahlreiche Fälschungen und Raubdrucke, gegen die der Künstler 1735 in England ein Urheberrechtsgesetz (englisch copyright law) erwirkte, das auch heute noch seinen Namen trägt (Hogarth Act). | Berühmt wurde Hogarth aber vor allem durch seine modern moral subjects, moralische Bilderfolgen, in denen er das Leben einer Prostituierten, den Lebenslauf eines Wüstlings oder die unglückliche Ehe des Sohns eines verarmten Adligen mit einer reichen Bürgertochter schilderte: A Harlot’s Progress in sechs Bildern (1731–32; Gemälde 1755 verbrannt), A Rake's Progress in acht Bildern (1735) und Marriage A-la-Mode in sechs Bildern (1745). Die Kupferstich-Versionen dieser Gemälde wurden in ganz Europa verbreitet. Georg Christoph Lichtenberg schrieb Ende des 18. Jahrhunderts seine berühmten, ganz im satirischen Geiste der Kupferstiche verfassten deutschen Kommentare zu diesen Werken (G. C. Lichtenbergs ausführliche Erklärung der Hogarthischen Kupferstiche, 1794–99). Wegen der Popularität der Hogarthschen Stiche kursierten schon früh zahlreiche Fälschungen und Raubdrucke, gegen die der Künstler 1735 in England ein Urheberrechtsgesetz (englisch copyright law) erwirkte, das auch heute noch seinen Namen trägt (Hogarth Act). | ||
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Seine Misserfolge in der traditionellen, idealisierenden Malerei waren wohl auch mit ein Grund dafür, dass er sich schon früh der „komischen Historie“ zuwandte und zum comic history painter wurde, wie sein Freund Henry Fielding meinte. Sein Hang zur Satire drückt sich auch darin aus, dass er mit ironischem Akzent in viele seiner Bilder Anspielungen auf die Gemälde berühmter anderer großer Meister der Malerei integrierte. | Seine Misserfolge in der traditionellen, idealisierenden Malerei waren wohl auch mit ein Grund dafür, dass er sich schon früh der „komischen Historie“ zuwandte und zum comic history painter wurde, wie sein Freund Henry Fielding meinte. Sein Hang zur Satire drückt sich auch darin aus, dass er mit ironischem Akzent in viele seiner Bilder Anspielungen auf die Gemälde berühmter anderer großer Meister der Malerei integrierte. | ||
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== Antiakademische Haltung == | == Antiakademische Haltung == | ||
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Aus Opposition gegen die Einflüsse der kontinentalen Kunst machte sich Hogarth für eine nationale englische Schule der Malerei als Alternative zur damals beliebten französischen und italienischen Historienmalerei stark, stieß aber damit bei vielen anderen englischen Künstlern und Kunstkennern auf Widerstand. Dennoch versuchte er, den Geist einer demokratischen Zeichen- und Malschule in der von ihm mitgeleiteten St. Martin’s Lane Academy eine Zeitlang weiterzuführen. | Aus Opposition gegen die Einflüsse der kontinentalen Kunst machte sich Hogarth für eine nationale englische Schule der Malerei als Alternative zur damals beliebten französischen und italienischen Historienmalerei stark, stieß aber damit bei vielen anderen englischen Künstlern und Kunstkennern auf Widerstand. Dennoch versuchte er, den Geist einer demokratischen Zeichen- und Malschule in der von ihm mitgeleiteten St. Martin’s Lane Academy eine Zeitlang weiterzuführen. | ||
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+ | '''William Hogarth war im 18. Jahrhundert einer der bedeutendsten englischen Maler und Kupferstecher. Seine Spezialität waren sozialkritische Karikaturen. Hogarth war Freimaurer, er brachte es bis zum Großschaffer. Das hinderte ihn nicht daran, mit seinen Bildern auch seine Brüder mit beißendem Spott zu überziehen, wobei er wie bei allen seinen Karikaturen konkrete Personen darstellte. Zwei Gustostückerln aus ZEIT&MASS, dem Mitgliedermagazin der Großloge von Österreich. Quelle: Eine Ausstellung der englischen Großloge in London (2013). Von Rudi Rabe.''' | ||
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+ | Der Kaiser von China und seine Mandarine zelebrieren das „Ritual“ der Gormogons. Die Hauptperson ist James Anderson, der Autor der berühmten Konstitution mit den ‚Alten Pflichten’. Sein Kopf steckt zwischen den Sprossen einer Leiter, und er versucht, den nackten Hintern des alten Weibes auf dem Esel zu küssen. Die Gormogons waren so etwas wie eine Phantasiebruderschaft zur Verspottung der Freimaurer; viel weiß man nicht. Das dargestellte „Ritual“ persifliert die jährliche Prozession der Freimaurer durch London. Hogarth macht sich über Andersons lustig, weil dieser die Geschichte der Freimaurer mit dem Stammvater Adam beginnen ließ. In einer frühen Version der Konstitution hieß es tatsächlich: Adam lehrte seine Söhne die Baukunst, und sie gründeten eine Loge. Großmeister waren dann so illustre Gestalten wie Nimrod, Salomon und Julius Cäsar. Diesen Unsinn ließ man bald wieder fallen. | ||
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+ | Der alkoholisierte Richter Thomas de Veil wird von einem Mitbruder heimgeführt. Hogarths Logenbruder de Veil war zwar ein lautstarker Kritiker des verbreiteten Gin Trinkens, aber er galt als korrupt und verlogen. Interessant die vielen Details: Links ein betrunkener Barbier-Dentist, der seinen Patienten geschnitten hat. Auf dem Fensterbrett stehen Töpfchen mit dem Blut anderer Patienten; darunter Obdachlose, die sich wärmen. Der betrunkene Richter und sein helfender Bruder unter der Perücke tragen ihre Schurze öffentlich: Das war damals durchaus üblich, wurde aber bald darauf eingestellt. Blut auf ihren Köpfen könnte auf eine Schlägerei hindeuten. Von oben wird ein Nachttopf auf die beiden geschüttet. Neben dem Lagerfeuer eine umgestürzte Kutsche, die Passagiere versuchen herauszuklettern; einem geht versehentlich ein Schuss los. Überall Chaos, außer im Hintergrund beim Wirt mit der Pfeife; er schüttet Bier in ein Fass. | ||
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+ | '''Nachtrag von Rudi Rabe für das Freimaurer-Wiki:''' <br/> | ||
+ | Der Stich rechts heißt 'Night': Er gehört zu einer Serie über die Tageszeiten. Als ich ihn mit demselben Stich auf dieser Seite oben verglich, dachte ich zuerst: Eine der beiden Illustrationen ist seitenverkehrt; wohl ein Versehen. Doch bei genauer Betrachtung stellte sich Verblüffung ein: Die Schriften auf der Kutsche und auf dem Dentistenschild sind beide formal korrekt, also nicht spiegelverkehrt, und mit inhaltlich kleinen Unterschieden. Also kein Versehen! Offenbar wurde eine der beiden Illustrationen bearbeitet: vielleicht schon im 18. Jahrhundert (siehe den von Wikipedia übernommenen Absatz). Welcher Stich das Original ist, muss also letztlich offen bleiben: ist auch nicht so wichtig. | ||
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[[Kategorie:Persönlichkeiten|Hogarth]] | [[Kategorie:Persönlichkeiten|Hogarth]] |
Version vom 23. Juni 2013, 17:19 Uhr
William Hogarth (* 10. November 1697 in London; † 26. Oktober 1764 ) war ein sozialkritischer englischer Maler und Grafiker. Als Vorläufer der modernen Karikaturisten prangerte er in Gemälden und Kupferstich-Folgen die Sitten und Gebräuche seiner Zeit schonungslos und mit beißender Ironie an. Hogarth war Freimaurer.
In seinem Zyklus "Die vier Tageszeiten" prangerte er die Trinksitten seiner Zeit rüde an und machte auch vor Freimaurern nicht Halt. In seinem wohl bekanntesten Kupferstich "The Night" zeigt er einen betrunken und singend aus dem Logengebäude nach Hause wankenden Logenmeister. Seine Frau hat ihm den Degen bereits abgenommen. Er trägt aber noch seine gesamte Logenkleidung. Jemand schüttet einen Nachttopf auf ihn aus.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Sein Vater Richard Hogarth war Lateinlehrer, dieser eröffnete ein Kaffeehaus in London, welches nicht gut lief. Wegen der angehäuften Schulden musste er ins Fleet-Gefängnis, wurde aber wegen einer Amnestie entlassen.
Mit sechzehn Jahren kam William Hogarth zu Ellis Gamble in die Lehre, einem Silbergraveur.
1720 hatte er sein eigenes Geschäft für Gravur, Exlibris und Porträtmalerei.
Gemalte und gestochene Moralstücke: die "Modern Moral Subjects"
Quelle: Wikipedia
Berühmt wurde Hogarth aber vor allem durch seine modern moral subjects, moralische Bilderfolgen, in denen er das Leben einer Prostituierten, den Lebenslauf eines Wüstlings oder die unglückliche Ehe des Sohns eines verarmten Adligen mit einer reichen Bürgertochter schilderte: A Harlot’s Progress in sechs Bildern (1731–32; Gemälde 1755 verbrannt), A Rake's Progress in acht Bildern (1735) und Marriage A-la-Mode in sechs Bildern (1745). Die Kupferstich-Versionen dieser Gemälde wurden in ganz Europa verbreitet. Georg Christoph Lichtenberg schrieb Ende des 18. Jahrhunderts seine berühmten, ganz im satirischen Geiste der Kupferstiche verfassten deutschen Kommentare zu diesen Werken (G. C. Lichtenbergs ausführliche Erklärung der Hogarthischen Kupferstiche, 1794–99). Wegen der Popularität der Hogarthschen Stiche kursierten schon früh zahlreiche Fälschungen und Raubdrucke, gegen die der Künstler 1735 in England ein Urheberrechtsgesetz (englisch copyright law) erwirkte, das auch heute noch seinen Namen trägt (Hogarth Act).
"Comic History Painter"
Seine Misserfolge in der traditionellen, idealisierenden Malerei waren wohl auch mit ein Grund dafür, dass er sich schon früh der „komischen Historie“ zuwandte und zum comic history painter wurde, wie sein Freund Henry Fielding meinte. Sein Hang zur Satire drückt sich auch darin aus, dass er mit ironischem Akzent in viele seiner Bilder Anspielungen auf die Gemälde berühmter anderer großer Meister der Malerei integrierte.
Antiakademische Haltung
Aus Opposition gegen die Einflüsse der kontinentalen Kunst machte sich Hogarth für eine nationale englische Schule der Malerei als Alternative zur damals beliebten französischen und italienischen Historienmalerei stark, stieß aber damit bei vielen anderen englischen Künstlern und Kunstkennern auf Widerstand. Dennoch versuchte er, den Geist einer demokratischen Zeichen- und Malschule in der von ihm mitgeleiteten St. Martin’s Lane Academy eine Zeitlang weiterzuführen.
Aus ZEIT&MASS: "Der wilde William"
William Hogarth war im 18. Jahrhundert einer der bedeutendsten englischen Maler und Kupferstecher. Seine Spezialität waren sozialkritische Karikaturen. Hogarth war Freimaurer, er brachte es bis zum Großschaffer. Das hinderte ihn nicht daran, mit seinen Bildern auch seine Brüder mit beißendem Spott zu überziehen, wobei er wie bei allen seinen Karikaturen konkrete Personen darstellte. Zwei Gustostückerln aus ZEIT&MASS, dem Mitgliedermagazin der Großloge von Österreich. Quelle: Eine Ausstellung der englischen Großloge in London (2013). Von Rudi Rabe.
Das „Geheimnis der Freimaurer“:
Der Kaiser von China und seine Mandarine zelebrieren das „Ritual“ der Gormogons. Die Hauptperson ist James Anderson, der Autor der berühmten Konstitution mit den ‚Alten Pflichten’. Sein Kopf steckt zwischen den Sprossen einer Leiter, und er versucht, den nackten Hintern des alten Weibes auf dem Esel zu küssen. Die Gormogons waren so etwas wie eine Phantasiebruderschaft zur Verspottung der Freimaurer; viel weiß man nicht. Das dargestellte „Ritual“ persifliert die jährliche Prozession der Freimaurer durch London. Hogarth macht sich über Andersons lustig, weil dieser die Geschichte der Freimaurer mit dem Stammvater Adam beginnen ließ. In einer frühen Version der Konstitution hieß es tatsächlich: Adam lehrte seine Söhne die Baukunst, und sie gründeten eine Loge. Großmeister waren dann so illustre Gestalten wie Nimrod, Salomon und Julius Cäsar. Diesen Unsinn ließ man bald wieder fallen.
Der betrunkene Freimaurer:
Der alkoholisierte Richter Thomas de Veil wird von einem Mitbruder heimgeführt. Hogarths Logenbruder de Veil war zwar ein lautstarker Kritiker des verbreiteten Gin Trinkens, aber er galt als korrupt und verlogen. Interessant die vielen Details: Links ein betrunkener Barbier-Dentist, der seinen Patienten geschnitten hat. Auf dem Fensterbrett stehen Töpfchen mit dem Blut anderer Patienten; darunter Obdachlose, die sich wärmen. Der betrunkene Richter und sein helfender Bruder unter der Perücke tragen ihre Schurze öffentlich: Das war damals durchaus üblich, wurde aber bald darauf eingestellt. Blut auf ihren Köpfen könnte auf eine Schlägerei hindeuten. Von oben wird ein Nachttopf auf die beiden geschüttet. Neben dem Lagerfeuer eine umgestürzte Kutsche, die Passagiere versuchen herauszuklettern; einem geht versehentlich ein Schuss los. Überall Chaos, außer im Hintergrund beim Wirt mit der Pfeife; er schüttet Bier in ein Fass.
Nachtrag von Rudi Rabe für das Freimaurer-Wiki:
Der Stich rechts heißt 'Night': Er gehört zu einer Serie über die Tageszeiten. Als ich ihn mit demselben Stich auf dieser Seite oben verglich, dachte ich zuerst: Eine der beiden Illustrationen ist seitenverkehrt; wohl ein Versehen. Doch bei genauer Betrachtung stellte sich Verblüffung ein: Die Schriften auf der Kutsche und auf dem Dentistenschild sind beide formal korrekt, also nicht spiegelverkehrt, und mit inhaltlich kleinen Unterschieden. Also kein Versehen! Offenbar wurde eine der beiden Illustrationen bearbeitet: vielleicht schon im 18. Jahrhundert (siehe den von Wikipedia übernommenen Absatz). Welcher Stich das Original ist, muss also letztlich offen bleiben: ist auch nicht so wichtig.
Auch in der Deutung des Bildes erlaube ich mir nach sorgfältiger Recherche und nach genauer Betrachtung in einem nicht unwichtigen Detail eine andere Auffassung: Die den betrunkenen Freimaurer stützende Person ist nicht seine Frau sondern ein Logenbruder.