Stolberg: Freimaurerlieder: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Freimaurer-Wiki
 
(16 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
 
==Christian und Friedrich Leopold, Grafen zu Stolberg==
 
==Christian und Friedrich Leopold, Grafen zu Stolberg==
 +
'''Sieben Freimaurerlieder, 1774-1781
 +
'''
 +
<poem>
 +
 
Ausarbeitung von [[Roland Müller]]
 
Ausarbeitung von [[Roland Müller]]
  
Sieben Freimaurerlieder, 1774-1780
 
 
<poem>
 
  
 
siehe:
 
siehe:
Zeile 29: Zeile 30:
 
Auch in:
 
Auch in:
 
Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer, 1784, 139-140 (mit einer neuen dritten und vierten Strophe)
 
Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer, 1784, 139-140 (mit einer neuen dritten und vierten Strophe)
 +
mit dem Titel: '''Menschenfreude'''
 +
Vollständiges Liederbuch der Freymäurer. Dritter Theil mit ganz neuen Melodien. 1788, 74-77,
 +
unter dem Titel: Menschenfreude
 +
Sammlung auserlesener Freymaurer-Lieder zum Gebrauch der Logen und andrer Freunde des Gesangs. 1790, 153-154 (sehr stark verändert),
 
mit dem Titel: Menschenfreude
 
mit dem Titel: Menschenfreude
Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 289 (die Strophen zwei und drei sind stark verändert, die vierte ist von 1784 übernommen)
+
Neue Lieder geselliger Freude. Herausgegeben von Johann Friedrich Reichardt. Erstes Heft, Leipzig  1799, 55-56,
 +
unter dem Titel: Geschwisterlied
  
 +
Vertont von Johann Gottlieb Naumann (1786) und Friedrich Wilhelm Rust (1796)
  
Wir wollen unser Lebenlang
+
 
Uns süssen Freuden weihen!
+
 
Der Wiese Duft, der Waldgesang
+
Wir wollen unser Lebenlang [1790: Lebenslang]
 +
Uns süssen Freuden [1788, 1790: süsser Freude] weihen!
 +
Der Wiese Duft [1788, 1790: Der Wiesenduft], der Waldgesang
 
Soll immer uns erfreuen!
 
Soll immer uns erfreuen!
 
Uns grünen Saaten, Trift und Hain,
 
Uns grünen Saaten, Trift und Hain,
Zeile 41: Zeile 50:
 
Uns mahlt des Himmels Wiederschein
 
Uns mahlt des Himmels Wiederschein
 
Roth, weiß und blau die Quelle.
 
Roth, weiß und blau die Quelle.
[1801: des Himmels farb’gen Widerschein
+
[1788, 1790: So veilchenbau die Quelle.]
zeigt spiegeln uns die Quelle.]
 
  
 
Aus Blumenkelchen lächelt uns
 
Aus Blumenkelchen lächelt uns
Zeile 50: Zeile 58:
 
[1784: uns reift der Baum, der Weinstock uns,
 
[1784: uns reift der Baum, der Weinstock uns,
 
uns blöckt und brüllt die Weide]
 
uns blöckt und brüllt die Weide]
Es danket unser frohe Blick
+
[1788, 1790: Uns reift der Baum, der Weinstock uns,
 +
Uns hüpft das Lamm der Weide!]
 +
Es danket unser frohe [1784, 1788, 1790: froher] Blick
 
Dem Gott, der uns ins Leben
 
Dem Gott, der uns ins Leben
 
Gerufen, und so manches Glück
 
Gerufen, und so manches Glück
Zeile 74: Zeile 84:
  
  
1784: neue dritte und vierte Strophe:
+
''1784, 1788 und 1790: neue dritte und vierte Strophe'':
  
 
So wallet stets die sanfte Bahn
 
So wallet stets die sanfte Bahn
Der weisen Freude, Brüder!
+
[1788, 1790: Mit dem Gefühle wallt die Bahn,]
 +
Der weisen Freude [1788, 1790: Freud‘ ihr], Brüder!
 
Liebt jeden frommen, guten Mann,
 
Liebt jeden frommen, guten Mann,
 
und herzt ihn treu und bieder;
 
und herzt ihn treu und bieder;
und eilt dem Dürft’gen, den ihr seht,
+
[1788, 1790: Liebt jeden guten frommen Mann --]
 +
Bleibt ohne Wanken – bider!]
 +
und eilt dem Dürft’gen [1788, 1790: Armen], den ihr seht,
 
wer er auch sey, entgegen,
 
wer er auch sey, entgegen,
 
und reichet ihm – noch eh‘ er fleht,
 
und reichet ihm – noch eh‘ er fleht,
Zeile 87: Zeile 100:
 
Denn selig ists, ein Mensch zu seyn,
 
Denn selig ists, ein Mensch zu seyn,
 
und sich an Menschen schliessen,
 
und sich an Menschen schliessen,
vom Hunger Dürft'ge zu befrey‘n,
+
vom Hunger Dürft'ge zu befrey’n [1788, 1790: Dürftige befreyn],
und Menschennoth versüssen,
+
und Menschennoth [1788: Bruder Leid; 1790: Brüderleid] versüssen,
und, wann [1801: wenn,] an guten Thaten reich,
+
und, wann [1788, 1790, 1801: wenn,] an guten Thaten reich,
 
wir unser Ziel erreichen,
 
wir unser Ziel erreichen,
 
mit Ruhe, reifen Früchten gleich,
 
mit Ruhe, reifen Früchten gleich,
 +
[1788, 1790: Mit Ruh, der reifen Aehre gleich,]
 
das Haupt zur Erde neigen.
 
das Haupt zur Erde neigen.
  
  
1801: ''neue zweite und dritte Strophe'':
+
''Stark verändert in'':
 +
Friedrich Wilhelm von Schütz: Versuch einer vollstændigen Samlung Freimaurer-Lieder zum Gebrauch der Loge Ferdinand zum Felsen in Hamburg.1790, 112-114
 +
Versuch einer vollständigen Sammlung Freimaurerlieder zum Gebrauch deutscher Logen. 2. Aufl. 1800, 120-121
 +
Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 289 (die vierte Strophe ist von 1784 übernommen)
  
Aus Blumenkelchen lächelt uns
+
Wir wollen unser Lebenlang
ihr Morgenduft entgegen;
+
Uns süsser Freude [1801: süßen Freuden] weihen!
Feld, Baum und Weistock tragen
+
Der Wiesenthau [1801: der Wiese Duft] , der Waldgesang
uns den reichsten Aerntesegen.
+
Und alles soll uns freuen.
 +
[1801: soll immer uns erfreuen]
 +
Uns grünen Saaten, Trift und Hain
 +
Uns rauschen Wasserfälle,
 +
Uns mahlt des Himmels Wiederschein
 +
Des Himmels farbgen Widerschein
 +
Zeigt spiegelnd uns die Quelle.
 +
 
 +
Aus Blumenkelchen lächelt uns
 +
Ihr Morgenduft entgegen;
 +
Feld, Baum und Weinstock tragen uns
 +
Den reichsten Erndtesegen.
 
Drum singe Dank ein jeder Blick
 
Drum singe Dank ein jeder Blick
dem Gott, der uns ins Leben
+
Dem Gott, der uns ins Leben
gerufen, und so volles Glück
+
Gerufen, und so volles Glück
als Vater uns gegeben.
+
Als Vater uns gegeben.
  
 
Doch wißt, .es ist die Freudenbahn
 
Doch wißt, .es ist die Freudenbahn
nicht bloß für euch, ihr Brüder!
+
Nicht bloß für euch, ihr Brüder —
führt, sie zu wandeln, jeden an,
+
Führt, sie zu wandeln jeden an,
der fromm ist, treu und bieder;
+
Der fromm ist, treu und bieder,
und eilt dem Dürft'gen, den ihr seht,
+
Und eilt dem Dürftgen, den ihr seht,
sey wer er sey, entgegen,
+
Sei wer er sei, entgegen,
und theilt mit ihm noch eh' er fleht,
+
Und teilt mit ihm, noch eh' er fleht,
gern euren Freudesegen.
+
Gern euren Freudesegen.
 +
 
 +
Wer andern wohlzuthun nicht weiß
 +
Ist eignes Glücks Bestreiter,
 +
Denn Wohlthunsübung macht den Kreis
 +
Der Freude eben, weiter,
 +
Und hilft uns, guter Werke reich
 +
In Seegen, Fried und Ehren
 +
Zuletzt, den reifen Früchten gleich,
 +
Zur Erde heimzukehren.
 +
 
 
</poem>
 
</poem>
  
Zeile 132: Zeile 170:
 
Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer, 1784,125-126;
 
Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer, 1784,125-126;
 
mit dem Titel: Aufnahmelied
 
mit dem Titel: Aufnahmelied
 +
Taschenbuch für Brüder Freiymaurer. 1784a, 46-48 (ohne die 4.Strophe),
 +
unter dem Titel: Bei der Tafel an einen neuen Bruder,
 +
und mit der Kennzeichnung: D *.
 +
Freymaurer-Lieder, zum Gebrauch für die Mitglieder der gerechten und gesetzmässigen Loge Charlotte zu den drey Sternen.1786, 49-51,
 +
unter dem Titel: Bey der Aufnahme eines neuen Bruders
 +
Sammlung auserlesener Freymaurer-Lieder zum Gebrauch der Logen und andrer Freunde des Gesangs. 1790, 73.75,
 +
mit dem Titel:  Bey der Aufnahme eines neuen Brüders,
 +
und mit der Angabe: F. L. Graf zu Stollberg
 
Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 257-258.
 
Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 257-258.
Neues Gesangbuch für die große National-Mutterloge zu den drei Weltkugeln in Berlin, 1841, 177-179,
+
Lieder-Buch für die Große Landes-Loge von Deutschland zu Berlin und ihre Töchter-Logen. Berlin 1832, 86-87;
mit der Angabe: F. L. Graf zu Stollberg.
+
1857 und 1869, 145-147,
 +
mit den Angaben: Ged. v. F. L. Graf zu Stollberg. 1778. – Comp. v. André.
 +
Neues Gesangbuch für die große National-Mutterloge zu den drei Weltkugeln in Berlin, 1841, 177-179
 +
 
  
  
Zeile 143: Zeile 192:
 
Auf! begrüßt den braven Mann,
 
Auf! begrüßt den braven Mann,
 
Der in unsern [1780a: unserm] freien Orden
 
Der in unsern [1780a: unserm] freien Orden
Eben aufgenommen worden;
+
Eben [1832, 1841: Heute] aufgenommen worden;
 
Der nicht weis, wie ihm geschah,
 
Der nicht weis, wie ihm geschah,
 
Ob der Wunder, die er sah!
 
Ob der Wunder, die er sah!
 +
[1832, 1841: Der nicht wuß’t, wie’s ihm erging,
 +
Bis er volles Licht empfing.]
  
 
Lieber Bruder, freue dich!
 
Lieber Bruder, freue dich!
 
Wir auch freun uns inniglich.
 
Wir auch freun uns inniglich.
 
[1801: Bruderherzen segnen dich.]
 
[1801: Bruderherzen segnen dich.]
So [1801: Wenn] du als ein Maurer handelst,
+
[1832, 1841: Liebe ließ dich schau’n das Licht;
Auf [1780a und b: Und] der Weisheit Pfade wandelst;
+
Bruder! achte deiner Pflicht!]
 +
So [1801, 1832, 1841: Wenn] du als ein Maurer handelst,
 +
Auf [1780a und b, 1784b, 1786, 1832, 1841: Und] der Weisheit Pfade wandelst;
 
Hüllet [1780b: Hellet] mit der Zeiten Lauf
 
Hüllet [1780b: Hellet] mit der Zeiten Lauf
 
Neue Wahrheit dir sich auf!
 
Neue Wahrheit dir sich auf!
  
Senke, Bruder, nicht den Blick
+
Senke [1784a: Schenke], Bruder, nicht den Blick
 
In die Finsternis zurück;
 
In die Finsternis zurück;
Forsche [1801: dringe] tiefer in die [1780a: der] Wahrheit;
+
Forsche [1801, 1832, 1841: dringe] tiefer in die [1780a: der] Wahrheit;
 
Von der Dämmrung geh zur Klarheit;
 
Von der Dämmrung geh zur Klarheit;
 
Wandle sicher; strauchle nicht,
 
Wandle sicher; strauchle nicht,
Bis du fleugst von Licht zu Licht!
+
Bis du fleugst [1784a: fleuchst] von Licht zu Licht!
[1801: durch die Dämmerung zur Klarheit!
+
[1801, 1832, 1841: durch die Dämmerung zur Klarheit!
 
Durch die Nacht zum reinsten Licht
 
Durch die Nacht zum reinsten Licht
 
wandle muthig, wanke nicht.]
 
wandle muthig, wanke nicht.]
Zeile 167: Zeile 220:
 
Sei getrost, und achte nicht,
 
Sei getrost, und achte nicht,
 
Was der Thor und Heuchler spricht;
 
Was der Thor und Heuchler spricht;
Sie, die uns im Finstern[1801: mit Bosheit] richten,
+
Sie, die uns im Finstern [1801, 1832, 1841: mit Bosheit] richten,
 
Lügen an die [1780b: der] Wahrheit dichten,
 
Lügen an die [1780b: der] Wahrheit dichten,
[1801: streben Wahrheit zu vernichten]
+
[1801, 1832, 1841: streben Wahrheit zu vernichten]
 
Was gehn einen braven Mann
 
Was gehn einen braven Mann
 
Alle Splitterrichter an?
 
Alle Splitterrichter an?
  
Merke [1780a und b, 1784 und 1801: Höre] was die Weisheit spricht:
+
Merke [1780a und b, 1784, 1784a, 1786, 1801, 1832, 1841: Höre] was die Weisheit spricht:
 
»Thue Recht, und zittre nicht!«
 
»Thue Recht, und zittre nicht!«
 
Ob ihm tausend Feinde dräuen,
 
Ob ihm tausend Feinde dräuen,
Zeile 185: Zeile 238:
 
Soll sich unser Bruder freuen!
 
Soll sich unser Bruder freuen!
 
Maurer, schenkt die Gläser voll!
 
Maurer, schenkt die Gläser voll!
Trinkt auf unsers Bruders Wohl!
+
Trinkt auf unsers [1832, 1841: uns’res] Bruders Wohl!
 +
 
 
</poem>
 
</poem>
  
Zeile 199: Zeile 253:
 
Heinrich August Ottokar Reichard: Freimäurer-Lieder, 1776, 83-86
 
Heinrich August Ottokar Reichard: Freimäurer-Lieder, 1776, 83-86
 
Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer, 1784, 94-95;
 
Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer, 1784, 94-95;
mit dem Titel: An einen Freymäurer-Bruder bey seiner Aufnahme
+
mit dem Titel: '''An einen Freymäurer-Bruder bey seiner Aufnahme'''
 +
Gesänge für Brüder Maurer. Görliz 1784a, 17-19 (ohne die 3. und 4, 12 bis 14. Strophe)
 +
Freymaurer-Lieder, zum Gebrauch für die Mitglieder der gerechten und gesetzmässigen Loge Charlotte zu den drey Sternen.1786, 36-39,
 +
unter dem Titel: Bey der Aufnahme eines neuen Bruders,
 +
und mit der Angabe: F. L. Graf zu Stolberg
 +
Sammlung auserlesener Freymaurer-Lieder zum Gebrauch der Logen und andrer Freunde des Gesangs. 1790, 69-72,,
 +
mit dem Titel: Bey der Aufnahme eines neuen Bruders,
 +
mit der Angabe: F. L. Graf zu Stollberg
 
Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 181 (ohne die dritte und vierte Strophe)
 
Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 181 (ohne die dritte und vierte Strophe)
 +
Maurerische Gesänge für die Loge Archimedes zu den Drei Reißbretern in Altenburg. 1804, 152-154
 +
  
 
1.
 
1.
 
Mit Beben, wie die Freude bebet,
 
Mit Beben, wie die Freude bebet,
 
Und dankbar segnend dein [Reichard: sein] Geschick,
 
Und dankbar segnend dein [Reichard: sein] Geschick,
Von kühner Ahndung [1801: Ahnung] neu belebet,
+
Von kühner Ahndung [1786, 1801: Ahnung] neu belebet,
 
Voll Bruderliebe Herz und Blick;
 
Voll Bruderliebe Herz und Blick;
  
Zeile 214: Zeile 277:
 
Dein Herzensfreund zu seyn bereit;
 
Dein Herzensfreund zu seyn bereit;
  
[1801: So, Bruder, tritt in unsre Mitte,
+
[1784a, 1801: So, Bruder! tritt in unsre Mitte
in unser Heiligthum herein,
+
In unser Heiligthum herein,
und jeder wird nach Maurer Sitte,
+
Und jeder wird nach Maurer Sitte
Dein Führer und dein Bruder seyn.]
+
Dein Führer und dein Bruder sein.]
  
 
3.
 
3.
Zeile 236: Zeile 299:
 
Fliehst du den Kampf, fliehst du die Pfade,
 
Fliehst du den Kampf, fliehst du die Pfade,
 
Dann wehe! wehe! wehe! Dir.
 
Dann wehe! wehe! wehe! Dir.
 +
[1784a: Fliehst du den Kampf und diese Pfade,
 +
Dann wehe, dreifach wehe dir!]
 
[1801: dann wehe, junger Bruder, dir!]
 
[1801: dann wehe, junger Bruder, dir!]
  
Zeile 241: Zeile 306:
 
Getrost! du fliehst sie nicht! Beginne
 
Getrost! du fliehst sie nicht! Beginne
 
Mit Mut und Vorsicht deine Bahn,
 
Mit Mut und Vorsicht deine Bahn,
Und dringe zu des [1784: durch des; 1801: auf des] Gipfels Zinne,
+
Und dringe zu des [1784: durch des; 1784a, 1801: auf des] Gipfels Zinne,
Zu der nur Hochgeweihte [1801: Auserwählte] nahn.
+
Zu der nur Hochgeweihte [1784a, 1801: Auserwählte] nahn.
  
 
7.
 
7.
Zeile 251: Zeile 316:
  
 
8.
 
8.
Schon sank die Hülle! Sieh, es winket
+
Schon sank die Hülle! Sieh, es winket [1784a: blinket]
Dir fern [Reichard: schon] Aurorens junger Schein,
+
Dir fern [Reichard, 1786: schon] Aurorens junger Schein,
 +
[1784a: Dir schon der Morgenröthe Schein,]
 
Doch grauer Nebel wallt und sinket
 
Doch grauer Nebel wallt und sinket
 
Und hüllt in Dämmerung dich ein!
 
Und hüllt in Dämmerung dich ein!
Zeile 264: Zeile 330:
 
10.
 
10.
 
Da schwiegen Psalter [1801: Harfen], schwiegen Lieder;
 
Da schwiegen Psalter [1801: Harfen], schwiegen Lieder;
 +
[1784a: Da schwiegen Psalter, Harfen, Lieder]
 
Da flehte Salomon; da goß
 
Da flehte Salomon; da goß
 
Ein Strom des Lichtes sich hernieder,
 
Ein Strom des Lichtes sich hernieder,
Zeile 269: Zeile 336:
  
 
11.
 
11.
So quill‘ [1801: quell] auch dir des Lichtes Quelle,
+
So quill‘ [1784a, 1801: quell] auch dir des Lichtes Quelle,
 
Ergieß' im vollen Strome sich,
 
Ergieß' im vollen Strome sich,
[Reichard: In vollem Strom ergieß sie sich,]
+
[Reichard, 1784a, 1786: In vollem Strom ergieß sie sich,]
Verscheuche [Reichard: Verscheuch die] Nebel, und erhelle
+
Verscheuche [Reichard, 1784a, 1786: Verscheuch die] Nebel, und erhelle
 
Und kräftig‘ und belebe dich!
 
Und kräftig‘ und belebe dich!
  
Zeile 284: Zeile 351:
 
Bey unserm Freudenmahl' erneue
 
Bey unserm Freudenmahl' erneue
 
Der volle Becher unser Band;
 
Der volle Becher unser Band;
Die Freud' erschein' uns! [Reichard: erschein‘, und] Wahrheit, Treue,
+
Die Freud' erschein' uns! [Reichard, 1786: erschein‘, und] Wahrheit, Treue,
 
Und Sittsamkeit [anderswo: Und edle Zucht] an ihrer Hand!
 
Und Sittsamkeit [anderswo: Und edle Zucht] an ihrer Hand!
  
Zeile 292: Zeile 359:
 
Und blicken auf bedrängte Brüder,
 
Und blicken auf bedrängte Brüder,
 
Und lindern freudig ihr Geschick.
 
Und lindern freudig ihr Geschick.
 +
 +
 +
''Stark verändert und verkürzt in'':
 +
Gesangbuch für Freymäurer. Königsberg 1787, 241-242
 +
 +
Sanft bebend wie die Freude bebet
 +
Und dankbar für dein neues Glück,
 +
Von schönen Ahndungen belebet,
 +
Voll Bruderliebe Herz und Blick:
 +
 +
2.
 +
So, Bruder, tritt in unsere Mitte
 +
Gelob dem Orden heilge Treu
 +
Und dann empfang nach alter Sitte
 +
Bey uns die Maurerordens weih‘.
 +
 +
3.
 +
Für dich ist uns nie Hab und Leben,
 +
Wenn es dich schützen kann, zu theur,
 +
So sey auch dir Hab‘, Gut und Leben
 +
Zur Bruderrettung nie zu theur.
 +
 +
4.
 +
Rauh sind oft unste Lebenswege
 +
Und harte Kämpfe kämpfen wir,
 +
Fliehst du den Kampf, die rauhen Stege
 +
Verzagt, dann, Bruder, wehe dir –
 +
 +
5.
 +
Nein, nein, du wirst nicht fliehn, beginne
 +
Mit Müh und Vorsicht nur die Bahn
 +
Und laß nicht ab, bis du die Zinne
 +
Erreicht, der sich nur Weise nah'n.
 +
 +
6.
 +
Kraft stärke deine schwache Rechte
 +
Wenn sie den Kampf der Tugend ficht,
 +
Und durch des Zweifels Nebelnächte
 +
Führ dich der Weisheit reines Licht.
 +
 +
7.
 +
Schon sinkt der Nebel hin, schon winket
 +
Dir sanft der Morgendämmrung Schein –
 +
Harr nur, bis ganz die Decke sinket,
 +
Tag wird dir überall dann seyn.
 +
 +
8.
 +
Wohl dir in unserm Bruderkreise!
 +
Stets bleib dir heilig dieser Tag,
 +
Feyr ihn nach kluger Väter Weise
 +
Durch Gutthun, wie dein Herz vermag.
 +
 +
9.
 +
Und wenn dies Herz beim Freudenbecher
 +
Mit Brüdern innigst sich erfreut,
 +
Auch dann sey sein Gefühl nie schwächer
 +
Für Unschuld, Treu und Mäßigkeit.
 +
 
</poem>
 
</poem>
  
  
 
1779, 137-139
 
1779, 137-139
 +
 
===Rundgesang===
 
===Rundgesang===
 
<poem>
 
<poem>
 
(Friedrich Leopold)
 
(Friedrich Leopold)
 
1775
 
1775
 +
 +
Zuerst in Hamburger Musenalmanach, 1777, 83-85
  
 
Auch in:
 
Auch in:
 
Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer, 1784, 55 (ohne die 2. und 4. Strophe);
 
Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer, 1784, 55 (ohne die 2. und 4. Strophe);
mit dem Titel: Rundgesang  
+
mit dem Titel: '''Rundgesang'''
  
 
Fröhlich tönt der Becher Klang
 
Fröhlich tönt der Becher Klang
Zeile 370: Zeile 498:
 
  (Christian)
 
  (Christian)
 
1778
 
1778
 +
 +
Zuerst in: Hamburger Musenalmanach für 1780, 122-130
 +
 
Auch in:
 
Auch in:
(jeweils nur die ersten zwei Strophen)
+
(''jeweils nur die ersten zwei Strophen'')
 
Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer, 1784, 141;
 
Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer, 1784, 141;
mit dem Titel: Für den wahren Maurer
+
mit dem Titel: '''Für den wahren Maurer'''
Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 294
+
Gesangbuch für Freymäurer. Königsberg 1787, 308 (verändert)Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 294
 
Maurerische Gesänge für die Loge Archimedes zu den Drei Reißbretern in Altenburg. 1804, 290-291
 
Maurerische Gesänge für die Loge Archimedes zu den Drei Reißbretern in Altenburg. 1804, 290-291
 +
  
 
Wundersam, durch Dunkelheiten,
 
Wundersam, durch Dunkelheiten,
 
Geht, allheilige Natur,
 
Geht, allheilige Natur,
 
Deines Zaubertrittes Spur;
 
Deines Zaubertrittes Spur;
Ahndend ]1801 und 1804: ahnend] folgen die Geweihten;
+
Ahndend ]1801, 1804, 1820, 1821: ahnend] folgen die Geweihten;
 
Aber sieh, es irren, gleiten
 
Aber sieh, es irren, gleiten
 
Klüglinge, die selbst sich leiten,
 
Klüglinge, die selbst sich leiten,
Zeile 400: Zeile 532:
 
In die Himmel, neu belebet;
 
In die Himmel, neu belebet;
 
Bald, als Wolkensäul', umschwebet
 
Bald, als Wolkensäul', umschwebet
Heilig Dunkel uns; dann bebet
+
Heilig Dunkel [1781: dunkel] uns; dann bebet
Ahnungsschauer, der uns mild
+
Ahnungsschauer [1781, 1794: Ahndungsschauer] , der uns mild
 
Lockt in Edens Duftgefild.
 
Lockt in Edens Duftgefild.
  
Zeile 541: Zeile 673:
 
Dennoch, ach! der Weiber Herzen
 
Dennoch, ach! der Weiber Herzen
 
Sind ein Räzel allzumal! –
 
Sind ein Räzel allzumal! –
Fand sie Freude [später: Kurzweil] manchesmal
+
Fand sie Freude [1820, 1821: Kurzweil] manchesmal
 
Ihren trauten Mann zu schmerzen,
 
Ihren trauten Mann zu schmerzen,
[später: Mir zu brüten Sorg' und Schmerzen,]
+
[1820, 1821: Mir zu brüten Sorg' und Schmerzen,]
 
Kalt zu küßen, kalt zu herzen,
 
Kalt zu küßen, kalt zu herzen,
 
Und der Liebe sein zu scherzen.
 
Und der Liebe sein zu scherzen.
[später: Leicht mit meiner Ruh' zu scherzen,]
+
[1820, 1821: Leicht mit meiner Ruh' zu scherzen,]
 
Meiner Liebe! warm und treu,
 
Meiner Liebe! warm und treu,
 
Immer alt und immer neu!«
 
Immer alt und immer neu!«
Zeile 570: Zeile 702:
  
  
 +
 +
***
  
 
''Das nachfolgende Gedicht erst in''
 
''Das nachfolgende Gedicht erst in''
Zeile 576: Zeile 710:
 
''ferner in:''
 
''ferner in:''
 
Gesammelte Werke, 1820, 113 und 1827, 113:
 
Gesammelte Werke, 1820, 113 und 1827, 113:
Es entstand auf der Schweizer Reise 1775 angesichts des Rheinfalls (7. Juni),
+
Es entstand auf der Schweizer Reise '''1775''' angesichts des Rheinfalls (7. Juni),
 
siehe: Deutsches Museum,
 
siehe: Deutsches Museum,
 
Erster Band, Jänner bis Junius 1776, 192;
 
Erster Band, Jänner bis Junius 1776, 192;
 
Erstes Stück, Jänner 1780, 37; und
 
Erstes Stück, Jänner 1780, 37; und
 
Siebentes Stück. Julius 1780, 5
 
Siebentes Stück. Julius 1780, 5
 +
 
</poem>
 
</poem>
  
Zeile 591: Zeile 726:
 
Versuch einer vollständigen Sammlung Freimaurerlieder zum Gebrauch deutscher Logen. 2. Aufl. Altona 1800, 13 (eingefügt ist eine neue dritte Strophe)
 
Versuch einer vollständigen Sammlung Freimaurerlieder zum Gebrauch deutscher Logen. 2. Aufl. Altona 1800, 13 (eingefügt ist eine neue dritte Strophe)
 
Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer, 1801, 238 (eingefügt ist eine neue dritte Strophe)
 
Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer, 1801, 238 (eingefügt ist eine neue dritte Strophe)
 +
Auswahl von Liedern für die Freimaurer-Loge Balduin zur Linde in Leipzig, 1824, 133
 
Lieder-Buch für die Große Landes-Loge von Deutschland zu Berlin, 1832, 268 (nur drei Strophen)
 
Lieder-Buch für die Große Landes-Loge von Deutschland zu Berlin, 1832, 268 (nur drei Strophen)
 
Neues Gesangbuch für die große National-Mutterloge zu den drei Weltkugeln in Berlin, 1841, 317-318,
 
Neues Gesangbuch für die große National-Mutterloge zu den drei Weltkugeln in Berlin, 1841, 317-318,
 
mit der Angabe: Graf zu Stollberg.
 
mit der Angabe: Graf zu Stollberg.
 +
 +
Vertont von Johann Abraham Peter Schulz (1782), Wilhelm Ferdinand Halter (1782), August Harder, Franz Schubert (1816); Johann Karl Gottfried Loewe, Ferdinand von Hiller, Robert Kahn, Ernest Vietor
  
  
Zeile 612: Zeile 750:
 
Segen ihm vom Himmel thaut.]
 
Segen ihm vom Himmel thaut.]
  
Ach! [1801 und 1832: O,] wie wohl ist mir bei dir!
+
Ach! [1801, 1824 und 1832: O,] wie wohl ist mir bei dir!
 
Will dich lieben für und für;
 
Will dich lieben für und für;
 
Laß mich geh'n auf deiner Spur,
 
Laß mich geh'n auf deiner Spur,
 
Süße, heilige Natur!
 
Süße, heilige Natur!
 +
 +
 
</poem>
 
</poem>
 +
  
 
  ***
 
  ***
Zeile 627: Zeile 768:
 
C. Gr. z. Stolberg
 
C. Gr. z. Stolberg
  
findet sich folgendes Gedicht (das üblicherweise Friedrich Leopold zugeschrieben wird; hier mit veränderter 3. Strophe). Es datiert von 1780.
+
findet sich folgendes Gedicht (das üblicherweise Friedrich Leopold zugeschrieben wird; hier mit veränderter 3. Strophe). Es datiert von '''1781'''.
 
siehe:
 
siehe:
 
Sämmtliche Gedichte der Brüder Christian und Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg. Neue vermehrte Auflage. Frankfurt und Leipzig 1783, 225,
 
Sämmtliche Gedichte der Brüder Christian und Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg. Neue vermehrte Auflage. Frankfurt und Leipzig 1783, 225,
 
unter dem Titel: Lied
 
unter dem Titel: Lied
  
 +
Auch in: Hamburger Musenalmanach. 1782, 11
  
Es wurde vertont von Johann Abraham Peter Schulz (1782), Franz Schubert (1823 – unter dem Titel „Die Mutter Erde“), Justus Amadeus Lecerf (1840) und Ferdinand Vogel (1875)
+
In: Sammlung auserwählter Lieder über die wichtigsten Gegenstände der Natur. Zweyter Theil. Wien 1817, 319-320, steht das Lied unter dem Titel: Erdenschlummer,
 +
und mit der Eingangszeile: Des Lebens Traum ist schwer und schwül.
 +
 
 +
Es wurde vertont von Johann Abraham Peter Schulz (1782), Johann Heinrich Egli (1785), Franz Schubert (1823 – unter dem Titel „Die Mutter Erde“), Justus Amadeus Lecerf (1840) und Ferdinand Vogel (1875)
  
  
Zeile 651: Zeile 796:
 
Wir scheuten sein Umfassen nicht.
 
Wir scheuten sein Umfassen nicht.
  
[1783:
+
[1783, 1817:
 
Uns sammlet alle, Klein und Groß,
 
Uns sammlet alle, Klein und Groß,
 
Die Muttererd‘ in ihren Schooß.
 
Die Muttererd‘ in ihren Schooß.
 
O sähn wir ihr ins Angesicht;
 
O sähn wir ihr ins Angesicht;
 
Wir scheuten ihren Busen nicht.]
 
Wir scheuten ihren Busen nicht.]
 +
  
 
</poem>
 
</poem>
Zeile 662: Zeile 808:
 
{{RolandMueller}}
 
{{RolandMueller}}
 
[[Kategorie:Lieder]]
 
[[Kategorie:Lieder]]
 +
[[Kategorie: Persönlichkeiten]]

Aktuelle Version vom 28. Juli 2015, 11:31 Uhr

Christian und Friedrich Leopold, Grafen zu Stolberg

Sieben Freimaurerlieder, 1774-1781


Ausarbeitung von Roland Müller


siehe:
http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Stolberg-Stolberg,_Friedrich_Leopold_Graf_zu
http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Stolberg-Stolberg,_Christian_Graf_zu


Heinrich Christian Boie (Hrsg.): Gedichte der Brüder Christian und Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg. Leipzig, in der Weygandschen Buchhandlung 1779;

weitere Aufl. Frankfurt und Leipzig 1781;
Carlsruhe bey Christian Gottlieb Schmieder. 1794; auch noch 1821;

spätere Ausgabe:
Gesammelte Werke der Brüder Christian und Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg. Hamburg 1820, bei Perthes und Besser; auch 1827


1779, 56-57

An meine Geschwister.

 (Friedrich Leopold)
1774
Auch in:
Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer, 1784, 139-140 (mit einer neuen dritten und vierten Strophe)
mit dem Titel: Menschenfreude
Vollständiges Liederbuch der Freymäurer. Dritter Theil mit ganz neuen Melodien. 1788, 74-77,
unter dem Titel: Menschenfreude
Sammlung auserlesener Freymaurer-Lieder zum Gebrauch der Logen und andrer Freunde des Gesangs. 1790, 153-154 (sehr stark verändert),
mit dem Titel: Menschenfreude
Neue Lieder geselliger Freude. Herausgegeben von Johann Friedrich Reichardt. Erstes Heft, Leipzig 1799, 55-56,
unter dem Titel: Geschwisterlied

Vertont von Johann Gottlieb Naumann (1786) und Friedrich Wilhelm Rust (1796)



Wir wollen unser Lebenlang [1790: Lebenslang]
Uns süssen Freuden [1788, 1790: süsser Freude] weihen!
Der Wiese Duft [1788, 1790: Der Wiesenduft], der Waldgesang
Soll immer uns erfreuen!
Uns grünen Saaten, Trift und Hain,
Uns rauschen Wasserfälle,
Uns mahlt des Himmels Wiederschein
Roth, weiß und blau die Quelle.
[1788, 1790: So veilchenbau die Quelle.]

Aus Blumenkelchen lächelt uns
Der süsse Blick der Freude!
Wir sehen ihn, und freuen uns
Wie Lämmer auf der Weide!
[1784: uns reift der Baum, der Weinstock uns,
uns blöckt und brüllt die Weide]
[1788, 1790: Uns reift der Baum, der Weinstock uns,
Uns hüpft das Lamm der Weide!]
Es danket unser frohe [1784, 1788, 1790: froher] Blick
Dem Gott, der uns ins Leben
Gerufen, und so manches Glück
Aus Vaterhuld gegeben!

So wallen wir auf sanfter Bahn
Der Freude stets entgegen!
Uns lächelt mancher gute Mann,
Und giebt uns seinen Segen!
Auch ist der Freunde Zahl nicht klein,
Die gern sich an uns schließen,
Wie selig ist's, ein Mensch zu seyn
Und Freundschaft zu genießen!

O daß wir alle Hand in Hand
Durchs Leben könnten gehen,
Und unser liebes Vaterland
Mit Thränen wiedersehen!
Und an dem Ziele noch zugleich
(So wolle Gott es lenken!)
Mit Ruhe, reifen Früchten gleich,
Das Haupt zur Erde senken!


1784, 1788 und 1790: neue dritte und vierte Strophe:

So wallet stets die sanfte Bahn
[1788, 1790: Mit dem Gefühle wallt die Bahn,]
Der weisen Freude [1788, 1790: Freud‘ ihr], Brüder!
Liebt jeden frommen, guten Mann,
und herzt ihn treu und bieder;
[1788, 1790: Liebt jeden guten frommen Mann --]
Bleibt ohne Wanken – bider!]
und eilt dem Dürft’gen [1788, 1790: Armen], den ihr seht,
wer er auch sey, entgegen,
und reichet ihm – noch eh‘ er fleht,
reicht ihm von euerm Segen!

Denn selig ists, ein Mensch zu seyn,
und sich an Menschen schliessen,
vom Hunger Dürft'ge zu befrey’n [1788, 1790: Dürftige befreyn],
und Menschennoth [1788: Bruder Leid; 1790: Brüderleid] versüssen,
und, wann [1788, 1790, 1801: wenn,] an guten Thaten reich,
wir unser Ziel erreichen,
mit Ruhe, reifen Früchten gleich,
[1788, 1790: Mit Ruh, der reifen Aehre gleich,]
das Haupt zur Erde neigen.


Stark verändert in:
Friedrich Wilhelm von Schütz: Versuch einer vollstændigen Samlung Freimaurer-Lieder zum Gebrauch der Loge Ferdinand zum Felsen in Hamburg.1790, 112-114
Versuch einer vollständigen Sammlung Freimaurerlieder zum Gebrauch deutscher Logen. 2. Aufl. 1800, 120-121
Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 289 (die vierte Strophe ist von 1784 übernommen)

Wir wollen unser Lebenlang
Uns süsser Freude [1801: süßen Freuden] weihen!
Der Wiesenthau [1801: der Wiese Duft] , der Waldgesang
Und alles soll uns freuen.
[1801: soll immer uns erfreuen]
Uns grünen Saaten, Trift und Hain
Uns rauschen Wasserfälle,
Uns mahlt des Himmels Wiederschein
Des Himmels farbgen Widerschein
Zeigt spiegelnd uns die Quelle.

Aus Blumenkelchen lächelt uns
Ihr Morgenduft entgegen;
Feld, Baum und Weinstock tragen uns
Den reichsten Erndtesegen.
Drum singe Dank ein jeder Blick
Dem Gott, der uns ins Leben
Gerufen, und so volles Glück
Als Vater uns gegeben.

Doch wißt, .es ist die Freudenbahn
Nicht bloß für euch, ihr Brüder —
Führt, sie zu wandeln jeden an,
Der fromm ist, treu und bieder,
Und eilt dem Dürftgen, den ihr seht,
Sei wer er sei, entgegen,
Und teilt mit ihm, noch eh' er fleht,
Gern euren Freudesegen.

Wer andern wohlzuthun nicht weiß
Ist eignes Glücks Bestreiter,
Denn Wohlthunsübung macht den Kreis
Der Freude eben, weiter,
Und hilft uns, guter Werke reich
In Seegen, Fried und Ehren
Zuletzt, den reifen Früchten gleich,
Zur Erde heimzukehren.


1779, 99-101

Freimäurerlied

bei der Aufnahme eines neuen Bruders
(Friedrich Leopold)
1775
Auch in:
Nachtrag zu: Freymäurer-Lieder. 1780a, 22-24,
mit dem Titel: Aufnahmelied.
Lieder für Frey-Mäurer. Zwote Sammlung. 1780b, 91-94
unter dem Titel: LVI. Nach einer Aufnahme
Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer, 1784,125-126;
mit dem Titel: Aufnahmelied
Taschenbuch für Brüder Freiymaurer. 1784a, 46-48 (ohne die 4.Strophe),
unter dem Titel: Bei der Tafel an einen neuen Bruder,
und mit der Kennzeichnung: D *.
Freymaurer-Lieder, zum Gebrauch für die Mitglieder der gerechten und gesetzmässigen Loge Charlotte zu den drey Sternen.1786, 49-51,
unter dem Titel: Bey der Aufnahme eines neuen Bruders
Sammlung auserlesener Freymaurer-Lieder zum Gebrauch der Logen und andrer Freunde des Gesangs. 1790, 73.75,
mit dem Titel: Bey der Aufnahme eines neuen Brüders,
und mit der Angabe: F. L. Graf zu Stollberg
Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 257-258.
Lieder-Buch für die Große Landes-Loge von Deutschland zu Berlin und ihre Töchter-Logen. Berlin 1832, 86-87;
1857 und 1869, 145-147,
mit den Angaben: Ged. v. F. L. Graf zu Stollberg. 1778. – Comp. v. André.
Neues Gesangbuch für die große National-Mutterloge zu den drei Weltkugeln in Berlin, 1841, 177-179



In der Freymäurer-Bibliothek. Zweyte Aufage, Berlin 1782, 201, findet sich die Angabe: Aus dem Vossischen Musen-Almanach v. J. 1776.


Wackre Brüder, stimmet an,
Auf! begrüßt den braven Mann,
Der in unsern [1780a: unserm] freien Orden
Eben [1832, 1841: Heute] aufgenommen worden;
Der nicht weis, wie ihm geschah,
Ob der Wunder, die er sah!
[1832, 1841: Der nicht wuß’t, wie’s ihm erging,
Bis er volles Licht empfing.]

Lieber Bruder, freue dich!
Wir auch freun uns inniglich.
[1801: Bruderherzen segnen dich.]
[1832, 1841: Liebe ließ dich schau’n das Licht;
Bruder! achte deiner Pflicht!]
So [1801, 1832, 1841: Wenn] du als ein Maurer handelst,
Auf [1780a und b, 1784b, 1786, 1832, 1841: Und] der Weisheit Pfade wandelst;
Hüllet [1780b: Hellet] mit der Zeiten Lauf
Neue Wahrheit dir sich auf!

Senke [1784a: Schenke], Bruder, nicht den Blick
In die Finsternis zurück;
Forsche [1801, 1832, 1841: dringe] tiefer in die [1780a: der] Wahrheit;
Von der Dämmrung geh zur Klarheit;
Wandle sicher; strauchle nicht,
Bis du fleugst [1784a: fleuchst] von Licht zu Licht!
[1801, 1832, 1841: durch die Dämmerung zur Klarheit!
Durch die Nacht zum reinsten Licht
wandle muthig, wanke nicht.]

Sei getrost, und achte nicht,
Was der Thor und Heuchler spricht;
Sie, die uns im Finstern [1801, 1832, 1841: mit Bosheit] richten,
Lügen an die [1780b: der] Wahrheit dichten,
[1801, 1832, 1841: streben Wahrheit zu vernichten]
Was gehn einen braven Mann
Alle Splitterrichter an?

Merke [1780a und b, 1784, 1784a, 1786, 1801, 1832, 1841: Höre] was die Weisheit spricht:
»Thue Recht, und zittre nicht!«
Ob ihm tausend Feinde dräuen,
Wird der Redliche nichts scheuen;
Weichet weder links noch rechts,
Fühlt sich göttliches Geschlechts.

Bruder, gieb uns deine Hand,
Unsrer Freundschaft Unterpfand!
Unser Bündniß zu erneuen
Soll sich unser Bruder freuen!
Maurer, schenkt die Gläser voll!
Trinkt auf unsers [1832, 1841: uns’res] Bruders Wohl!


1779, 131-134

Lied an einen Freimaurer bei seiner Aufnahme

 (Christian)
1775
Auch in:
Heinrich August Ottokar Reichard: Freimäurer-Lieder, 1776, 83-86
Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer, 1784, 94-95;
mit dem Titel: An einen Freymäurer-Bruder bey seiner Aufnahme
Gesänge für Brüder Maurer. Görliz 1784a, 17-19 (ohne die 3. und 4, 12 bis 14. Strophe)
Freymaurer-Lieder, zum Gebrauch für die Mitglieder der gerechten und gesetzmässigen Loge Charlotte zu den drey Sternen.1786, 36-39,
unter dem Titel: Bey der Aufnahme eines neuen Bruders,
und mit der Angabe: F. L. Graf zu Stolberg
Sammlung auserlesener Freymaurer-Lieder zum Gebrauch der Logen und andrer Freunde des Gesangs. 1790, 69-72,,
mit dem Titel: Bey der Aufnahme eines neuen Bruders,
mit der Angabe: F. L. Graf zu Stollberg
Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 181 (ohne die dritte und vierte Strophe)
Maurerische Gesänge für die Loge Archimedes zu den Drei Reißbretern in Altenburg. 1804, 152-154


1.
Mit Beben, wie die Freude bebet,
Und dankbar segnend dein [Reichard: sein] Geschick,
Von kühner Ahndung [1786, 1801: Ahnung] neu belebet,
Voll Bruderliebe Herz und Blick;

2.
So, Bruder, tritt in unsre Mitte
So schwör den schauervollen Eid,
Und jeder ist nach Maurersitte,
Dein Herzensfreund zu seyn bereit;

[1784a, 1801: So, Bruder! tritt in unsre Mitte
In unser Heiligthum herein,
Und jeder wird nach Maurer Sitte
Dein Führer und dein Bruder sein.]

3.
Und willig, Habe, Blut und Leben,
Nimm diesen Bruderkuß zum Pfand!
Für dich und jeden hinzugeben,
Der sich, wie du, mit uns verband.

4.
Auch dir sey Habe, Blut und Leben
Zu theur für deine Brüder nicht,
Mit Freud' und Demuth es zu geben,
Das, Bruder, ist des Maurers Pflicht!

5.
Ach! [1801: Denn] rauh und steil sind unsre Pfade,
Und harte Kämpfe kämpfen wir;
Fliehst du den Kampf, fliehst du die Pfade,
Dann wehe! wehe! wehe! Dir.
[1784a: Fliehst du den Kampf und diese Pfade,
Dann wehe, dreifach wehe dir!]
[1801: dann wehe, junger Bruder, dir!]

6.
Getrost! du fliehst sie nicht! Beginne
Mit Mut und Vorsicht deine Bahn,
Und dringe zu des [1784: durch des; 1784a, 1801: auf des] Gipfels Zinne,
Zu der nur Hochgeweihte [1784a, 1801: Auserwählte] nahn.

7.
Die Stärke stütze deine Rechte,
Wenn machtlos sie im Streite ficht;
Des Irrsals und des Zweifels Nächte
Erhelle dir der Weisheit Licht.

8.
Schon sank die Hülle! Sieh, es winket [1784a: blinket]
Dir fern [Reichard, 1786: schon] Aurorens junger Schein,
[1784a: Dir schon der Morgenröthe Schein,]
Doch grauer Nebel wallt und sinket
Und hüllt in Dämmerung dich ein!

9.
So wallte Nebel einst, und deckte
Des Tempels Heiligthum; es bebt
Der Söhne Levi Schaar; sie schreckte
Gott, dessen Schauer sie umschwebt.

10.
Da schwiegen Psalter [1801: Harfen], schwiegen Lieder;
[1784a: Da schwiegen Psalter, Harfen, Lieder]
Da flehte Salomon; da goß
Ein Strom des Lichtes sich hernieder,
Der in des Weisen Seele floß.

11.
So quill‘ [1784a, 1801: quell] auch dir des Lichtes Quelle,
Ergieß' im vollen Strome sich,
[Reichard, 1784a, 1786: In vollem Strom ergieß sie sich,]
Verscheuche [Reichard, 1784a, 1786: Verscheuch die] Nebel, und erhelle
Und kräftig‘ und belebe dich!

12.
Wohl dir, in unsrer Brüder Kreise [Reichard: Brüderkreise]!
Wohl uns! wir feiern diesen Tag!
Ihm folge, nach der Väter Weise,
Ein froh bekränzter Abend nach.

13.
Bey unserm Freudenmahl' erneue
Der volle Becher unser Band;
Die Freud' erschein' uns! [Reichard, 1786: erschein‘, und] Wahrheit, Treue,
Und Sittsamkeit [anderswo: Und edle Zucht] an ihrer Hand!

14.
Dann schallen festlich unsre Lieder,
Wir trinken ferner Brüder Glück,
Und blicken auf bedrängte Brüder,
Und lindern freudig ihr Geschick.


Stark verändert und verkürzt in:
Gesangbuch für Freymäurer. Königsberg 1787, 241-242

Sanft bebend wie die Freude bebet
Und dankbar für dein neues Glück,
Von schönen Ahndungen belebet,
Voll Bruderliebe Herz und Blick:

2.
So, Bruder, tritt in unsere Mitte
Gelob dem Orden heilge Treu
Und dann empfang nach alter Sitte
Bey uns die Maurerordens weih‘.

3.
Für dich ist uns nie Hab und Leben,
Wenn es dich schützen kann, zu theur,
So sey auch dir Hab‘, Gut und Leben
Zur Bruderrettung nie zu theur.

4.
Rauh sind oft unste Lebenswege
Und harte Kämpfe kämpfen wir,
Fliehst du den Kampf, die rauhen Stege
Verzagt, dann, Bruder, wehe dir –

5.
Nein, nein, du wirst nicht fliehn, beginne
Mit Müh und Vorsicht nur die Bahn
Und laß nicht ab, bis du die Zinne
Erreicht, der sich nur Weise nah'n.

6.
Kraft stärke deine schwache Rechte
Wenn sie den Kampf der Tugend ficht,
Und durch des Zweifels Nebelnächte
Führ dich der Weisheit reines Licht.

7.
Schon sinkt der Nebel hin, schon winket
Dir sanft der Morgendämmrung Schein –
Harr nur, bis ganz die Decke sinket,
Tag wird dir überall dann seyn.

8.
Wohl dir in unserm Bruderkreise!
Stets bleib dir heilig dieser Tag,
Feyr ihn nach kluger Väter Weise
Durch Gutthun, wie dein Herz vermag.

9.
Und wenn dies Herz beim Freudenbecher
Mit Brüdern innigst sich erfreut,
Auch dann sey sein Gefühl nie schwächer
Für Unschuld, Treu und Mäßigkeit.


1779, 137-139

Rundgesang

(Friedrich Leopold)
1775

Zuerst in Hamburger Musenalmanach, 1777, 83-85

Auch in:
Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer, 1784, 55 (ohne die 2. und 4. Strophe);
mit dem Titel: Rundgesang

Fröhlich tönt der Becher Klang
Im vertrauten Kreise;
Lieblich schallt ein Rundgesang
Nach der Väter Weise!
Freunde, freut euch alle!
Freunde, trinket alle!
Singt mit lautem Schalle:
Traute Brüder, schenket ein!
Stosset an, und trinkt den Wein!

Winde schwanke Reben mir
Um das Haar; ich winde
Epheu um den Becher dir,
Lächelnde Belinde!

[andere Version:
Winde diese Blumen mir
In das Haar; ich winde
Epheu um den Becher dir,
Freundliche Selinde!]
Laß den Becher rauschen,
Wenn die Mägdlein lauschen,
Ob wir Küsse tauschen.
Traute Brüder, schenket ein!
Stosset an, und trinkt den Wein!

Du dort, schenke [1784: Aber schenket] mäßig ein!
Denn Erfahrung lehret,
Scherz und Freude scheucht der Wein,
Wenn er uns bethöret.
Ach, sie fliehn erschrocken
Aus zerstörten Locken
Von geworfnen Brocken!
Traute Brüder, schenket ein!
Stosset an, und trinkt den Wein!

Wer mit Gegenliebe liebt,
Freue sich von Herzen;
Wen sein Mädchen noch betrübt,
Hoffe Trost nach Schmerzen;
Freund, beim Rosenbecher
Leert vielleicht dein Rächer
Amor seinen Köcher!
Traute Brüder, schenket ein!
Stosset an, und trinkt den Wein!

Neue Freuden gehn mir auf,
Glatter wird die Stirne,
Leicht wird meines Blutes Lauf,
Leichter [anderswo: Heller] mein Gehirne!
Seht, die Gläser blinken!
Selbst die Mädchen [anderswo: Mägdlein] winken,
[1784: Brüder, seht sie winken]
Noch einmal zu trinken.
Traute Brüder, schenket ein!
Stosset an, und trinkt den Wein!


1779, 244-254

Der wahre Traum. Eine Ballade.

 (Christian)
1778

Zuerst in: Hamburger Musenalmanach für 1780, 122-130

Auch in:
(jeweils nur die ersten zwei Strophen)
Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer, 1784, 141;
mit dem Titel: Für den wahren Maurer
Gesangbuch für Freymäurer. Königsberg 1787, 308 (verändert)Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 294
Maurerische Gesänge für die Loge Archimedes zu den Drei Reißbretern in Altenburg. 1804, 290-291


Wundersam, durch Dunkelheiten,
Geht, allheilige Natur,
Deines Zaubertrittes Spur;
Ahndend ]1801, 1804, 1820, 1821: ahnend] folgen die Geweihten;
Aber sieh, es irren, gleiten
Klüglinge, die selbst sich leiten,
Die des Dünkels Irrwischschein
Zieht in Sumpf und Pfuhl hinein.

Wohl mir, Göttin, daß zu deiner
Hochbeglückten Jünger Schaar,
Als die Mutter mich gebar,
Du mich lasest, von gemeiner
Bahn mich führtest, zu geheimer
Weisheit Pfad, wo heller, reiner
Jeder Wahrheit Urborn quillt,
Und des Forschers Schmachten stillt.

Bald, als Feuersäul‘, erhebet
Sich dein Haupt gen Himmel; wir,
Voll Begeist‘rung, folgen dir
In die Himmel, neu belebet;
Bald, als Wolkensäul', umschwebet
Heilig Dunkel [1781: dunkel] uns; dann bebet
Ahnungsschauer [1781, 1794: Ahndungsschauer] , der uns mild
Lockt in Edens Duftgefild.

Oft, um mütterlich zu walten,
Lehr' und Warnung zu verleihn,
Wenn Gefährlichkeiten dräun,
Muth und Glaub' in uns erkalten,
Bei der Rechten uns zu halten,
Hüllst du dich in Traumgestalten,
Lispelst, in des Schlummers Ruh,
Offenbarungen uns zu.

So noch gestern. – Freunde, hören
Sollt ihr staunend, was geschah,
Welches Traumgesicht ich sah;
Eu'r Vertrauen zu vermehren,
Soll euch dieser Handschlag schwören,
Daß ich euch nicht will bethören,
Wahrlich dieser Traum nicht sei
Ein Gespinnst der Phantasei.

Als ich sanft und schlummernd ruhte,
Alles Kummers unbewußt,
Wol auf meines Weibes Brust,
Horcht, da kam mit hohem Mute,
Wie entsproßt aus edlem Blute,
Zu der Eich', an der ich ruhte,
Schön gewappnet, angethan
Nach der Ritter Brauch, ein Mann;

Reichte traulich mir die Rechte,
Traulich schlug ich drein, alsdann
Seine Red' er so begann:
»Müßig ruhst du hier? Ich dächte,
Lieber, kämst mit mir; ich möchte
Wetten schier, wohin ich brächte
Dich, da soltest du gestehn,
Daß du nie so was gesehn.«

Sonder Säumen thät ich wallen
Mit dem Ritter, der mich bald,
Wo am dunkelsten der Wald
Schattete, bald, nach Gefallen,
Leitete durch Felsenhallen,
Bald durch Trümmer wild verfallen,
Dann der schroffen Kluft entlang,
Dann bedroht vom Klippenhang.

Endlich langten wir zur Stelle,
Zu des Ritters Fehdeschloß,
Das ein Zwinger rund umschloß;
Brücken, Warten, Zinnen, Wälle,
Pforten, Stein so Pfost' als Schwelle,
Sicherten für Uberfälle
Diese Burg; als wir davor,
Schloß von selbst sich auf das Thor.

Aus dem Thore schlich zur Linken,
Unterirdisch, wüst' und bang,
Ein gewölbter Niedergang;
Unterm Fuß, so thät‘s mir dünken,
Sah ich Leichensteine blinken;
Aengstlich folgt' ich, sahe sinken
Eine Fallthür; Leichenduft
Athmete die grause Gruft.

Särge standen hier die Fülle.
Einer, schön von Marmelstein,
Hatt' ein eigen Kämmerlein.
»Hier in dieses Grabes Stille,«
Sprach der Ritter, »ist mein Wille,
Daß du sehest, Freund, die Hülle
Des Gebeins, einst weich und warm,
Ach! des Weibs in meinem Arm!«

Auf des Todtenmahles Mitte
War, von Silber, glatt und schön,
Ein gediegner Kelch zu sehn.
»Sage, Ritter, sag', ich bitte« – –
Zürnend blickt' er, winkt' und litte
Nicht zu enden, stieg drei Tritte,
Gab den Kelch mir, sah mich an:
»Zittre nicht! Du bist ein Mann!«

Kaum hatt' er den Kelch gegeben,
Als es in dem Wunderding
Brausend an zu gähren fing
Und mit Macht herauszustreben,
Gleich als ob der Traube Leben
Perlte drinnen; sich erheben
Thät alsbald der weiße Schaum
Höher denn des Kelches Saum.

Aus dem Schaumgesprudel stiegen
Holder Blümlein drei heraus,
Wanden sich in einen Strauß;
Schaum und Gährung sanken, schwiegen.
Schwebend sich im Kelche wiegen
Sah ich Ros' und Veilchen, schmiegen
Sich um beide, unschuldweiß,
Das geliebte Kind des Mais.

Hold und lieblich duftend, blühten
Meine Blümlein; plötzlich gohr
Schaumgezisch im Kelch empor;
Sausend stieg's, verschlang mit Wüten
Meine Blümlein; drauf versprühten
Gischt und Blasen, ängstlich mühten,
Ach! nicht lieblich, wie zuvor,
Meine Blümlein sich hervor.

Aschenfarb und welk, verblichen
Jede Schöne, süßer Duft
Nun verkehrt in Grabesluft!
Todesschweiß und Schauer schlichen,
Ob dem bangen, fürchterlichen
Anblick, über mich; entwichen
Wär ich schier. Der Rittersmann
Sah's und hub zu reden an:

»Einst hatt' ich ein Weib! Besingen
Thät kein Dichter je ein Weib,
Schön, wie sie, an Seel und Leib;
Keinem Maler (hundert gingen
Stolz zum Werke!) thät's gelingen,
Sie auf Leinewand zu bringen;
Sie nur malte fein und glatt
Einst sich auf ein Rosenblatt.

Einst hatt' ich ein Weib!« (Es bebten,
Als er's seufzte, perlenklar,
Thränen an der Wimper Haar.)
»Lieb' und Gegenliebe lebten
In uns; Ruh und Wonn' umschwebten
Uns, und Heiterkeit; die webten
In des Lebens Ungemach
Süsse Freuden, Nacht und Tag.

Dennoch, ach! der Weiber Herzen
Sind ein Räzel allzumal! –
Fand sie Freude [1820, 1821: Kurzweil] manchesmal
Ihren trauten Mann zu schmerzen,
[1820, 1821: Mir zu brüten Sorg' und Schmerzen,]
Kalt zu küßen, kalt zu herzen,
Und der Liebe sein zu scherzen.
[1820, 1821: Leicht mit meiner Ruh' zu scherzen,]
Meiner Liebe! warm und treu,
Immer alt und immer neu!«

Immer thät das Wunder währen
In dem Kelch; es saußte, stieg,
Blühte, welkte, braußte, schwieg.
»Was dies Sträuslein sei, dies Gähren,
Sollst du,« sprach er, »staunend hören.
Dieser Kelch faßt meine Zähren,
Die der Liebe Freudendrang,
Und auch Gram, vom Auge zwang!« –

Da erwacht' ich bebend. Sehen
Thät ich, statt des Traumes Bild,
Nur mein Weiblein süß und mild.
Ihres Odems leises Wehen,
Ihres Busens sanftes Blähen
Hieß mein Beben schnell vergehen.
Deine Warnung, Nachtgesicht,
Dank der Liebe! schreckt mich nicht!




 ***

Das nachfolgende Gedicht erst in
Sämmtliche Gedichte der Brüder Christian und Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg. Neue vermehrte Auflage, Frankfurt und Leipzig 1783, 210-211,

ferner in:
Gesammelte Werke, 1820, 113 und 1827, 113:
Es entstand auf der Schweizer Reise 1775 angesichts des Rheinfalls (7. Juni),
siehe: Deutsches Museum,
Erster Band, Jänner bis Junius 1776, 192;
Erstes Stück, Jänner 1780, 37; und
Siebentes Stück. Julius 1780, 5

An die Natur.

 (Friedrich Leopold)

Auch in:
Versuch einer vollstændigen Samlung Freimaurer-Lieder zum Gebrauch der Loge Ferdinand zum Felsen in Hamburg.1790, 14 (eingefügt ist eine neue dritte Strophe)
Versuch einer vollständigen Sammlung Freimaurerlieder zum Gebrauch deutscher Logen. 2. Aufl. Altona 1800, 13 (eingefügt ist eine neue dritte Strophe)
Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer, 1801, 238 (eingefügt ist eine neue dritte Strophe)
Auswahl von Liedern für die Freimaurer-Loge Balduin zur Linde in Leipzig, 1824, 133
Lieder-Buch für die Große Landes-Loge von Deutschland zu Berlin, 1832, 268 (nur drei Strophen)
Neues Gesangbuch für die große National-Mutterloge zu den drei Weltkugeln in Berlin, 1841, 317-318,
mit der Angabe: Graf zu Stollberg.

Vertont von Johann Abraham Peter Schulz (1782), Wilhelm Ferdinand Halter (1782), August Harder, Franz Schubert (1816); Johann Karl Gottfried Loewe, Ferdinand von Hiller, Robert Kahn, Ernest Vietor


Süße, heilige Natur,
Laß mich geh'n auf deiner Spur,
Leite mich an deiner Hand,
Wie ein Kind am Gangelband!

Wenn ich dann ermüdet bin,
Sink' ich dir am Busen hin,
Athme [1801 und 1832: sauge] süße Himmelslust
Hangend an der Mutterbrust.

[1790, 1800 und 1801 neue Strophe eingefügt:
Süß, Natur, süß schmeckest du!
Dem fließt reine Wonne zu,
der sich dir, Natur, vertraut,
Segen ihm vom Himmel thaut.]

Ach! [1801, 1824 und 1832: O,] wie wohl ist mir bei dir!
Will dich lieben für und für;
Laß mich geh'n auf deiner Spur,
Süße, heilige Natur!


***

Lied für die Trauerloge

In:
Gesangbuch für die Loge Ernst zum Compaß in Gotha. 1860, 79,
unter dem Titel: Trauerloge, und mit der Angabe:
C. Gr. z. Stolberg

findet sich folgendes Gedicht (das üblicherweise Friedrich Leopold zugeschrieben wird; hier mit veränderter 3. Strophe). Es datiert von 1781.
siehe:
Sämmtliche Gedichte der Brüder Christian und Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg. Neue vermehrte Auflage. Frankfurt und Leipzig 1783, 225,
unter dem Titel: Lied

Auch in: Hamburger Musenalmanach. 1782, 11

In: Sammlung auserwählter Lieder über die wichtigsten Gegenstände der Natur. Zweyter Theil. Wien 1817, 319-320, steht das Lied unter dem Titel: Erdenschlummer,
und mit der Eingangszeile: Des Lebens Traum ist schwer und schwül.

Es wurde vertont von Johann Abraham Peter Schulz (1782), Johann Heinrich Egli (1785), Franz Schubert (1823 – unter dem Titel „Die Mutter Erde“), Justus Amadeus Lecerf (1840) und Ferdinand Vogel (1875)


Des Lebens Tag ist schwer und schwül,
Des Todes Odem leicht u nd kühl;
Er wehet freundlich uns hinab
Wie welkes Laub in’s stille Grab.

Es scheint der Mund. es fällt der Thau
Auf's Grab. wie auf die Blumenau;
Auch fällt der Freunde Thrän' hinein,
Erhellt von sanfter Hoffnung Schein.

Uns führet alle, Klein und Groß,
Ein Engel zu der Mutter Schooß.
O säh’n wir ihm in’s Angesicht!
Wir scheuten sein Umfassen nicht.

[1783, 1817:
Uns sammlet alle, Klein und Groß,
Die Muttererd‘ in ihren Schooß.
O sähn wir ihr ins Angesicht;
Wir scheuten ihren Busen nicht.]


Msgruenklein.gif

Ausgearbeitet von Dr. phil. Roland Müller, Switzerland / Copyright © by Mueller Science 2001-2015 / All rights reserved - ESOTERIK von Dr. phil. Roland Müller