Hermetik: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 13. Juli 2019, 15:57 Uhr
Quelle: Wikipedia
Inhaltsverzeichnis
Definition
Mit diesem Begriff ist die neuzeitliche Bezeichnung für eine antike, vor allem in der Renaissance stark nachwirkende religiös-philosophische Offenbarungslehre gemeint.
Der Name bezieht sich auf die mythische Gestalt des Hermes Trismegistos (griechisch Ἑρμῆς Τρισμέγιστος Hermḗs Trismégistos), des „dreifach größten Hermes“, der als der Wissensspender galt. Dabei handelt es sich um eine im ägyptischen Hellenismus entstandene synkretistische Verschmelzung des griechischen Gottes Hermes mit Thot, der in der ägyptischen Mythologie und Religion der Gott der Weisheit und der Wissenschaft ist. Allerdings erscheint Hermes in manchen Texten nicht als Urheber der Offenbarung, sondern als deren menschlicher Empfänger und Verkünder.
In der Römischen Kaiserzeit gewann die Lehre beträchtlichen Einfluss. Auf Mitteilungen des Hermes Trismegistos wurde der Inhalt vieler verschiedenartiger Schriften zurückgeführt. Sie werden in der Forschung unter der Bezeichnung „Hermetica“ zusammengefasst. Diese heterogene Literatur zerfällt in zwei Gruppen: Neben theoretisch ausgerichteten Werken, die religiöses und philosophisches Lehrgut vermitteln, stehen praxisorientierte Schriften mit dem Anspruch, dem Leser nutzbare Kenntnisse über die Natur zu verschaffen. Die religiös-philosophische Hermetik gibt Erklärungen für die Entstehung und Beschaffenheit der Welt und erteilt Anweisungen für die Erlangung von Weisheit und die Läuterung und Erlösung der Seele. Die „technische“ Hermetik bezweckt Lebensmeisterung und Naturbeherrschung durch okkultes Wissen und Zauberei. Ihr Schrifttum beschreibt eine Vielzahl von magischen, astrologischen und alchemistischen Vorstellungen.
In der Frührenaissance wurde das zuvor verschollene Corpus Hermeticum, eine Sammlung antiker hermetischer Offenbarungsschriften, entdeckt. Marsilio Ficino übersetzte es aus dem Griechischen ins Lateinische. Die Wirkung war stark und nachhaltig, denn viele Renaissance-Humanisten hielten Hermes Trismegistos für einen Verkünder altehrwürdiger Weisheitslehren aus der Zeit der alttestamentlichen Propheten. Man glaubte, dass seine Lehren mit dem christlichen Glauben vereinbar seien und diesem sogar eine Stütze bieten könnten. Der humanistischen Hermesverehrung wurde jedoch die Grundlage entzogen, als Isaac Casaubon 1614 die kaiserzeitliche Entstehung des angeblich uralten Corpus nachwies. Dennoch faszinierten die hermetischen Offenbarungen weiterhin in okkultistischen und esoterischen Kreisen.
Die moderne Forschung fragt nach der Herkunft des Gedankenguts und befasst sich mit der Einbettung der Hermetik in den Gesamtzusammenhang der kaiserzeitlichen Kulturgeschichte. Hervorgehoben werden die altägyptischen Wurzeln und die Bezüge zum Platonismus. Ein oft erörtertes Thema ist das Verhältnis zwischen der Weltdeutung der religiös-philosophischen Offenbarungen und den okkulten Techniken des „populären“ Hermetismus. Dabei geht es um den Zusammenhang zwischen den beiden Hauptelementen der Hermetik: der Weisheitssuche einer gebildeten Elite und dem Interesse breiterer Schichten an handfesten magischen Machtmitteln. Es hat sich gezeigt, dass eine saubere Trennung zwischen philosophischer und technischer Hermetik nicht möglich und unhistorisch ist; vielmehr gibt es gewichtige Überschneidungen.
Hermes Trismegistos als mythischer Urheber
Das besondere Ansehen der hermetischen Schriften beruhte auf dem Glauben, dass es sich um Zeugnisse uralten Wissens handle, das von Hermes Trismegistos, einem Gott oder göttlich inspirierten Menschen der Urzeit, verkündet worden sei. Der Gott Thot galt in Ägypten als allwissend; die wichtigsten Erfindungen, insbesondere die Schreib- und Rechenkunst, wurden auf ihn zurückgeführt. Schon im Zeitalter des Hellenismus pflegte man Thot mit Hermes gleichzusetzen. In der ägyptischen Sprache wurde er dreimal als groß gepriesen; und durch Übersetzung ins Griechische entstand sein Ehrenname Trismegistos („der dreifach Größte“ oder „der dreimal Größte“). Dieser ist nach der vorherrschenden Forschungsmeinung erst um die Wende vom 1. zum 2. Jahrhundert bezeugt; die erste Erwähnung findet sich bei Philon von Byblos, dessen Darstellung allerdings nur indirekt überliefert ist. Ein mutmaßlicher Beleg in Hieroglyphenschrift aus der Zeit um 200 v. Chr. ist umstritten.
Einer verbreiteten Forschungsmeinung zufolge war die Hermetik ein ausschließlich oder überwiegend literarisches Phänomen. Ob es organisierte Gemeinschaften praktizierender Anhänger und einen Kult gab, ist umstritten. Manche Forscher sehen keine überzeugenden Indizien für die Existenz einer Kultgemeinde, vielmehr gebe es gewichtige Anzeichen für einen rein literarischen Charakter der Schriften. Andere glauben, die Hermetiker seien zumindest teilweise organisiert gewesen und hätten zu Lesungen, Meditationen und Ritualen Zusammenkünfte abgehalten.[3] Peter Kingsley nimmt ein intensives Zusammenwirken von Lehrern und Schülern an.
Das Schrifttum
Das überlieferte philosophische Schrifttum der antiken Hermetik stammt zum weitaus größten Teil sicher aus der Römischen Kaiserzeit, wenngleich nicht auszuschließen ist, dass einzelne Texte bereits im 1. Jahrhundert v. Chr. entstanden sind. Allerdings ist anscheinend nur ein kleiner Teil der gesamten, sehr reichhaltigen Produktion erhalten geblieben. Nach den Angaben des Kirchenvaters Clemens von Alexandria gab es 42 grundlegende „Bücher des Hermes“; davon enthielten 36 die gesamte „Philosophie der Ägypter“, die übrigen sechs behandelten medizinische Themen. Zum „philosophischen“ Schrifttum zählte Clemens neben den Büchern, die den Götterkult behandelten, auch astronomisch-astrologische und geographische Werke.[8] Der spätantike Neuplatoniker Iamblichos berichtete mit Berufung auf heute verlorene Quellen, Hermes habe seine Lehren in 20.000 oder sogar 36.525 Büchern dargelegt. Alle überlieferten Werke waren ursprünglich in griechischer Sprache abgefasst; zum Teil liegen sie aber heute nur in lateinischer, koptischer oder armenischer Übersetzung vor.
Einige der wichtigsten Schriften sind im Corpus Hermeticum zusammengestellt, einer Sammlung, die möglicherweise erst im Mittelalter angelegt wurde; ihre heutige Bezeichnung ist modern. Der erste Gelehrte, der diese Sammlung oder zumindest einen Teil von ihr nachweislich kannte, Michael Psellos, lebte im 11. Jahrhundert. Das Corpus umfasst siebzehn teils in schlechtem Zustand überlieferte griechische Traktate unterschiedlicher Herkunft, die nicht aufeinander abgestimmt sind und einander zum Teil sogar widersprechen. Manche sind in Dialogform gestaltet, wobei meist Hermes seinen älteren Sohn Asklepios oder seinen jüngeren Sohn Tat belehrt. An den Anfang der Sammlung stellte der unbekannte Redaktor den Poimandres, eines der bekanntesten Werke der philosophischen Hermetik. Daher nannte man das ganze Corpus früher Pimander oder Poemander, denn man glaubte, es handle sich bei den Traktaten um Kapitel ein und desselben Werks. Außerhalb des Corpus überliefert ist die umfangreichste der bekannten hermetischen Schriften, der Dialog Asclepius.
Rezeption und Bezug zur Freimaurerei
Stark rezipiert wurde die Hermetik im 17. Jahrhundert bei den frühen Rosenkreuzern, deren Philosophie sowohl von ihren Wortführern als auch von ihren Gegnern mit der hermetischen Lehre gleichgesetzt wurde.
Isaac Newton, der sich intensiv mit Alchemie auseinandersetzte, schrieb einen Kommentar zur [Tabula smaragdina], der unveröffentlicht blieb. Das Manuskript stammt wohl aus den frühen 1680er Jahren. Den englischen Naturforscher interessierte die alchemistische Vorstellung materieller Gegensatzpaare, deren Pole aufeinander einwirken, ineinander übergehen und dabei ein Drittes erzeugen. Davon erhoffte er sich Einsicht in die Struktur der Materie und das Verhältnis von Geist und Materie.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wuchs bei den Freimaurern das Interesse am Trismegistos; man berief sich auf die hermetische Tradition. Sowohl in der aufklärerischen Strömung der Freimaurer, zu deren Wortführern Ignaz von Born zählte, als auch in der rosenkreuzerischen Freimaurerei griff man auf die Hermetik des Altertums zurück, in der man einen Vorläufer der eigenen Bestrebungen sah. Von Born hielt den Trismegistos für einen Wissenschaftler und für den Gründer eines Ordens, der sich der Förderung des Gemeinwohls gewidmet habe.
Johann Gottfried Herder schrieb den zweiteiligen Dialog Hermes und Poemander, den er 1803 in seiner Zeitschrift Adrastea publizierte. Dort ist Hermes der gelehrige Schüler, der sich von Poemander belehren lässt. Das literarische Vorbild des Dialogs ist der erste Traktat des hermetischen Corpus. Poemander hilft seinem Schüler, den Weltgeist, den die Hermetik Nous nennt, zu entdecken, wobei er die Betrachtung des nächtlichen Sternenhimmels – der sichtbar gewordenen Weltordnung – als Ausgangspunkt wählt. Herder übernahm formale Elemente seiner antiken Vorlage und verwendete den Dialog als Einkleidung für die Präsentation von Schlüsselkonzepten seiner Naturphilosophie.
In erster Linie ging es ihm dabei um die Entdeckung der „einen großen Regel“, die nach seinem Verständnis das Urprinzip aller Bildungsgesetze der schaffenden Natur angibt. Damit meinte er die Grundlage der Symmetrie, Harmonie und Eintracht in den Naturprozessen: die Einheit, die dem Verhältnis der einander entgegengesetzten, aufeinander einwirkenden und ineinander übergehenden Prinzipien zugrunde liege.
Ergänzung:
Wir finden in der freimaurerischen Symbolik viele Verbindungen zur Hermetik. Das Hexagramm, dass in der Verbindung von Feuer und Wasser, von oben und unten, von Mikrokosmos und Makrokosmos ie angestrebte Einheit symbolisiert ist wohl das deutlichste davon. Wenn man die sieben hermetischen Gesetze studiert fallen den meisten Freimaurerei noch mehr Parallelen ein.
Im nachfolgenden Bild sieht man die Dualität auch durch Sonne und Mond dargestellt, die ebenfalls auf freimaurerischen Arbeitstafeln zu finden sind.
Das Kybalion - die sieben hermetischen Gesetze
Das Kybalion ist ein unter Esoterikern und Okkultisten populäres Buch, welches erstmals auf Englisch im Dezember 1908 in Chicago veröffentlicht wurde. Das Werk beinhaltet sieben „hermetische Prinzipien“. Die Autorschaft ist nicht ganz geklärt, da die Urheber anonym blieben und das Buch selbst nur auf „drei Eingeweihte“ verweist.
Trotz der uneindeutigen Autorschaft des Kybalions ist es möglich, die Herkunft des Inhalts näher zu bestimmen. Die Veröffentlichung des Buches fällt in die Zeit der Neugeist-Bewegung (engl. New Thought Movement) in den USA. Auch wenn das Kybalion vorgibt, reine hermetische Lehre zu überliefern, verbindet es hermetisches Gedankengut mit dem des New Thought. Die sieben hermetischen Prinzipien erinnern vor allem an Schriften bekannter Autoren jener Geistesrichtung wie bspw. William Walker Atkinson, deren Werke sich bereits vor der Veröffentlichung des Kybalions größtenteils mit Polarität, Karma, Schwingungen und Gedankenkraft auseinandersetzten.
Inhalt des Kybalions Inhaltlich bezieht sich das Buch auf die Aussagen der Tabula Smaragdina und des Corpus Hermeticum. Laut Kybalion war jener Hermes ein ägyptischer Meister und Begründer der esoterischen Lehren die u. a. Alchemie und Astrologie umfassten. Die im Buch enthaltenen „Hermetischen Prinzipien“ sollen einen Schlüssel bilden, um an die Bedeutungen hermetischer Texte herangeführt zu werden. Das Ziel der hermetischen Alchemie ist laut Buch keineswegs die Herstellung eines Steins der Weisen, welcher unedle Metalle je nach Perfektion desselben in Gold oder Silber transmutiert, sondern die Umwandlung von mentalen Schwingungen in andere mentale Schwingungen. Somit wird im Kybalion vor allem von geistiger und nicht materieller Alchemie gesprochen. Grundlage dieser Auffassung ist die im Buch vertretene Ansicht, dass das „All“ geistiger Natur ist.
Dessen Struktur wird nun in sieben „Prinzipien“ näher erläutert:
1. Das Prinzip der Geistigkeit: „Das All ist Geist; das Universum ist geistig.“ Gedanken verändern die Welt. am Anfang war das Wort.
2. Das Prinzip der Analogie (Entsprechung): „Wie oben, so unten; wie innen, so außen; wie der Geist, so der Körper“. Die Verhältnisse im Universum (Makrokosmos) entsprächen demnach denen im Individuum (Mikrokosmos) – die äußeren Verhältnisse spiegelten sich im Menschen und umgekehrt. Veränderungen im mikrokosmischen Bereich wirkten sich folglich auch auf die Gesamtheit aus (Magie).
3. Das Prinzip der Schwingung: „Nichts ruht; alles ist in Bewegung; alles schwingt “
4. Das Prinzip der Polarität: „Alles ist zweifach, alles ist polar; alles hat seine zwei Gegensätze; Gleich und Ungleich ist dasselbe. Gegensätze sind ihrer Natur nach identisch, nur in ihrer Ausprägung verschieden; Extreme begegnen einander; alle Wahrheiten sind nur Halb-Wahrheiten; alle Paradoxa können in Übereinstimmung gebracht werden.“
5. Das Prinzip des Rhythmus: „Alles fließt – aus und ein; alles hat seine Gezeiten; alles hebt sich und fällt, der Schwung des Pendels äußert sich in allem; der Ausschlag des Pendels nach rechts ist das Maß für den Ausschlag nach links; Rhythmus gleicht aus.“
6. Das Prinzip der Kausalität (Ursache und Wirkung / Karma): „Jede Ursache hat ihre Wirkung; jedes Phänomen hat seine Ursache; alles geschieht gesetzmäßig; Zufall ist nur ein Begriff für ein unerkanntes Gesetz; es gibt viele Ebenen von Ursachen, aber nichts entgeht dem Gesetz.“
7. Das Prinzip des Geschlechts: „Geschlecht ist in allem; alles trägt sein männliches und sein weibliches Prinzip in sich; Geschlecht offenbart sich auf allen Ebenen.“