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Aktuelle Version vom 15. Januar 2022, 21:50 Uhr
Der Freimaurergarten, oder eine maurerische Analogie
H.-J. Schikofsky, Dezember 2014
Vor ein paar Jahren stand in dem Bundesbahnjournal „mobil“, das in den Fernzügen ausgelegt ist, ein Artikel über Gartenbau zu lesen. Für diese Zeitschrift ist das ein eher ungewöhnliches Thema.
Die Überschrift über dem Artikel lautete:
Ein ZEN-Priester errichtet derzeit in einem Ostteil der Stadt Berlin, im Bereich der ehemaligen Plattenbauten, einen Garten. ZEN, das ist die japanische Form des Meditations-Buddismus.
Wie verbindet man nun den Bau eines Gartens mit unserer Gemeinschaft der Freimaurer ?
Der Architekt in Berlin schrieb zu dem Gartenbau-Projekt folgendes:
Ich grenze den Garten rundherum ab. So entsteht ein klar umgrenzter schützender Raum. Draußen sind die Menschen damit beschäftigt, ihre Stellung in der Gesellschaft zu erkämpfen. Der Garten aber ist ein Ort, an dem man über sich selbst nachdenken kann. Man soll hierher kommen, wenn man sich in einer mehr oder weniger schwierigen Situation die Frage stellt: ‚Was soll ich bloß tun‘, oder ganz einfach nur um Ruhe zu finden.
Dieser Spezialist unter den Gartenbauern hat ein ganzes Jahr lang nach den Steinen für die Gestaltung der einzelnen Ruhebereiche gesucht. Er ist dabei nach folgendem Prinzip verfahren:
Nicht das Material allein spielt die große Rolle, entscheidend ist die Atmosphäre, die vermittelt wird, also die Ausstrahlung.
Jeder Stein in seinem Garten hat seine Bedeutung. Später wird die Stadt Berlin übrigens den Garten übernehmen und auch verwalten. Verantwortlich bei der Stadt Berlin ist eine Frau, die den Gartengestalter während seiner Arbeit begleitet hat, um Erfahrungen zu sammeln. Sie sagte dazu später:
„Dieser ZEN-Priester arbeitete sehr präzise und sehr sorgfältig. Und dabei strahlt er eine bewundernswerte Ruhe aus. Es machte Spaß, an dieser Gestaltung mit zu arbeiten.“
Wer vielleicht schon mal den ersten, den 2., oder sogar schon den 3. Schritt in einen weitestgehend unbekannten Garten gewagt hat, wird ein weitestgehend unbekanntes Feld in dem Sinne was sich da so tut vorfinden. Auch wir Brüder erleben beim Besuch eines Gastes etwas Besonderes. Wir sind dann nämlich nicht nur unter uns, sondern es sind noch andere Menschen da.
Ich behaupte einfach mal, dass der Raum in einem Logenhaus eine gewisse Ruhe ausstrahlt. Es wird eine bestimmte Atmosphäre vermittelt und das, obwohl die unterschiedlichsten Personen versammelt sind.
Die Mitglieder der Logen sind gerne ihrem Logenhaus, denn sie sind ja schließlich auch dort zu Hause.
Das gleiche haben der Gärtner und seine Kollegin von ihrem Garten auch gesagt.
Und die Neugier der Außenstehenden am Bauzaun draußen war auch schon sehr groß geworden. Verständlich! Denn nur der erlebt die Atmosphäre, der hinein darf, wenn alles fertig ist. Und da ein Garten je nach der Jahreszeit sein Gesicht verändert, stellt sich die große Zufriedenheit nicht ein, wenn man nur einmal im Jahr hineingeht. Man muß immer mal wieder hineinschauen, damit man auf dem aktuellsten Stand ist und damit der Garten auch auf einen wirken kann.
Anschließend geht man dann nach Hause und erzählt von dem Besuch und man wird vielleicht sogar Freunde dazu einladen, das gleiche zu tun – denn mit der Erzählung wird Neugier geweckt.
Aber es hört sich ja wunderbar an. Aber wir können das alles noch nicht so 100-prozentig verwirklichen, weil es solche Freimaurer Gärten heute immer noch zu wenig gibt. Leider! Und ganz offen gestanden, gibt bei uns immer noch nicht genug Neugierige vor dem Bauzaun, wie das damals in Berlin vor dem Garten der Fall war. Aber warum ist das so? Haben wir unseren Freimaurer-Garten in den letzten 50 Jahren nicht genug gepflegt, oder haben wir den Bauzaun die ganzen Jahre noch nicht abbauen können ?
Nun, unser Freimaurer-Zaun selbst ist in vielerlei Hinsicht zu nüchtern und besteht wahrscheinlich nur aus einfachem grauem Beton. Das findet bestimmt niemand so richtig anziehend.
Der ZEN-Preister schrieb dazu, daß er nach der Fertigstellung des Gartens die Abgrenzung nach außen hin durch verschiedene Bäume und Pflanzen in Blickrichtung auf die Plattenbauten freundlicher gestalten will. Damit wird zwar immer noch ein gewollter Schutz erreicht, aber er erscheint nicht mehr so abweisend. Der Grüngürtel rundherum schafft einen freundlichen Eingang für den Neugierigen. Naturgemäß sucht er den Eingang und findet ihn auch. Und er kommt auch hinein, wenn er denn sein Eintrittsgeld bezahlt hat. Man wird sich wohl fragen, was denn daran neu sei, das sei doch immer so, wenn man irgendwo hinein will. Ich glaube, daß genau das Gegenteil der Fall ist. Es gibt bei uns noch nicht genug von dem, was der ZEN-Priester in Berlin erreichen wollte.
Auch wir wollen, daß unser Freimaurer-Garten die Neugier der Außenstehenden weckt – wir müssen dafür nur gute Gärtner sein. Der Chef-Gartengestalter bei den Freimaurern hat viele wichtige Aufgaben. Er hat dazu ein fast 300 jähriges Konzept in den Händen und muß versuchen, es umzusetzen. Dieses Konzept ist schon sehr gut, aber die Zeiten haben sich halt verändert und es gilt dieses Konzept unserer Zeit und auch unserer heutigen Sprache anzupassen. Der von uns demokratisch auf Zeit gewählte Obergärtner, wir nennen ihn Meister vom Stuhl, hat diese Aufgabe bei uns übernommen.
Die Steine, von denen der ZEN-Gärtner sagte, daß es keine Rolle spiele um welche Art es sich handele, das sind die Brüder unseres Bundes. Das wichtigste ist die Atmosphäre, die sie vermitteln. Sie sollen ausstrahlen auf die Menschen, die den Freimaurer-Garten besuchen wollen. Dabei ist es auch wichtig, dass die Erwartungshaltung für den Besuch des Gartens nicht zu hoch angesetzt wird. Es soll hier niemanden verbogen werden und es ist auch keine Sekte und keine Nebenreligion. Wir sind Menschen wie du und ich, nur mit besonderen Zielen.
Einer unserer früheren Obergärtner hat es auf den Punkt gebracht. Er hat gesagt:
„Freimaurerei ist ein besonderes moralisches System, dargestellt durch Symbole und verhüllt durch Sinnbilder. Es soll eine Lebensweise bewirken, sich aufrecht und in gutem Verhältnis zu seinen Mitmenschen zu verhalten.“
Ein anderer sagt:
„Freimaurerei ist für mich auch
- einmal in der Woche mit Freunden und Gleichgesinnten zusammen zu sein
- einmal in der Woche nicht nur über profane Dinge zu sprechen
- einmal in der Woche nicht taktieren zu müssen
und dann am Abend nach Hause zu gehen und etwas mitgenommen zu haben.“
Unseren Garten der Gemeinschaft zu pflegen, dazu braucht es auch Regeln und Durchführungsbestimmungen, die es umzusetzen gilt. Das können nur die Verantwortlichen tun. Die Pflege aber obliegt uns allen.
Wie schon gesagt, als Obergärtner auf Zeit trägt unser Meister vom Stuhl hier in der Loge die Verantwortung. Das heißt aber auch, daß er über unseren Gartenzaun hinausschauen muss, um zu erkennen, was denn in anderen Gärten für ein Dünger benutzt wird. Denn den Einheitsdünger, den gibt es nicht, dafür sind die Böden zu unterschiedlich. Der Garten muss sich ja schließlich weiter entwickeln und gedeien.
Die Besucher sollen schließlich später auch sagen können:
Es macht Spaß in den Garten zu gehen, aktiv zu sein und trotzdem Ruhe zu finden.
Wir, die Brüder, haben uns vorgenommen in unserem Logengarten aktiv mitzuarbeiten. Ich weiß, daß die Verantwortlichen unserer Gemeinschaft mit dem gleichen Spaß darangehen, den ich beim Schreiben dieses hatte, dessen Idee mir übrigens ein Freund geliefert hat.
Wir haben uns Gedanken gemacht, wie man Menschen vor den Mauern der Freimaurer-Häuser neugieriger machen kann. Und ein Gästeabend ist auch ein Schritt in die richtige Richtung. Wir veranstalten mehrfach im Jahr solche öffentlichen Tage mit den unterschiedlichsten Themen. Ganz einfach, um auf unseren „Garten“ aufmerksam zu machen. Und das ist immer sehr interessant. Es hilft uns auch das Medium Internet um Aufmerksamkeit zu erlangen. Dort kann jeder, der es wünscht, mit uns vorab in Kontakt treten.
Auf Wiedersehen in einem unserer Gärten.
Siehe auch
- Freigärtner
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