Traktat: Ein Traum eines Freimaurers: Unterschied zwischen den Versionen
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− | + | Vier verschiedene deutsche Übersetzungen (frz. 1745; dt. 1745) | |
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+ | Ausgearbeitet von [[Roland Müller]] | ||
− | + | Französische Fassung: | |
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+ | L’Ordre des Francs-Maçons Trahi, et Le Secret des Mopses Revelé. Amsterdam 1745 | ||
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+ | ''Davon vier verschiedene deutsche Übersetzungen im selben Jahr: 1745'' | ||
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+ | Version I | ||
+ | ===Freymaurer, dessen Mund zu meinen Fragen still=== | ||
+ | <poem> | ||
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+ | ''Diese Übersetzung stammt von Johann Elias Schlegel'' | ||
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Die offenbarte Freymäurerey und das entdeckte Geheimniß Der Mopse. 1745, 176-185 (französisch: „Les Francs-Maçons. Songe“ und deutsch: Die Freymäurer. Ein Traum). | Die offenbarte Freymäurerey und das entdeckte Geheimniß Der Mopse. 1745, 176-185 (französisch: „Les Francs-Maçons. Songe“ und deutsch: Die Freymäurer. Ein Traum). | ||
− | '''Eine | + | ''Mit minimalen Änderungen auch in'': |
− | Der | + | Der neu-aufgesteckte Brennende Leuchter des Freymäurer-Ordens, 1746, 119-121 |
+ | (im Folgenden diese Version wiedergegeben) | ||
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+ | '''Eine neuere Übersetzung''' | ||
+ | des vorhin schon beygebrachten [115-116] Traums, welche wegen ihrer schönen Pöesie, und vortrefl. Ausdrucks lesens würdig ist. | ||
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+ | Freymaurer, dessen Mund zu meinen Fragen still, | ||
+ | Der Freundschafft ihren Zoll durch schweigen rauben will: | ||
+ | Die Nacht ist nun verklährt, die dein Geheimniß deckte, | ||
+ | Ein Traum hat mir gezeigt, was mir dein Hertz versteckte. | ||
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+ | Eh' der gewünschte Schlaff mein Auge zugedrückt, | ||
+ | War mein vergnügter Geist von jener Zeit entzückt, | ||
+ | Da noch kein Selbst-Betrug die Welt in Ketten führte, | ||
+ | Der Mensch noch weise war, und ihn nichts eitels rührte, | ||
+ | Da noch kein falscher Glantz beneidens-würdig hieß | ||
+ | Und da die Tugend blos der Menschen Grösse wieß. | ||
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+ | Ach! ist diß Alter nun auf ewig weggegangen? | ||
+ | Erweicht der Himmel denn kein sehnliches Verlangen, | ||
+ | Daß dieser Unschuld Reitz, der jene Zelt geschmückt | ||
+ | Die fast verfallne Welt nur noch einmahl beglückt? | ||
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+ | So seuffz' ich, als '''ein Traum''' den Schlaff, der mich umschliesset, | ||
+ | Begleitet, und sogleich durchs schönste Bild versüsset | ||
+ | Und wo ich nichts gehofft, mir Trost und Hoffnung beut. | ||
+ | „Des ersten Alters Glück wird bald vielleicht verneut. | ||
+ | Es wird mein glücklich Reich sich durch gantz Franckreich breiten | ||
+ | Was ietzt ist, zeigt mir schon die Wohlfahrt ferner Zeiten.“ | ||
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+ | So sagte die Natur, in ungeschmünckter Zier, | ||
+ | Von tausend Reitz umgläntzt. Es traten hinter ihr | ||
+ | Vergnügen ohne Schuld, und Tugend als Gefärten, | ||
+ | Die, was ihr Blick entflammt, in festen Hertzen nährten. | ||
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+ | Komm, sprach die Göttin, sieh! wie zahlreich man mir dient. | ||
+ | Wie mein erwachsend Reich in schnellsten Fortgang grünt: | ||
+ | Dir öffn ich, um den Wunsch der Sehnsucht zu gewähren, | ||
+ | Ein Schauspiel, das zu sehn die Götter selbst begehren. | ||
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+ | Hier weide deinen Blick, sieh meinen Tempel an. | ||
+ | Wer hier versammlet ist, ist auch ein Unterthan. | ||
+ | Hier sieh, bey einen Band, daß keine Fessel schliessen, | ||
+ | Die Tugend ans dem Schooß vereinter Freude spriessen. | ||
+ | Man flieht des Hofs Geräusch und sucht mein ruhig Fest, | ||
+ | Wo hoher Seelen-Stoltz die Flügel sincken läßt, | ||
+ | Des grossen Nahmens Pracht zu meinen Füssen leget, | ||
+ | Die Geister niederdrückt, die ihm sein Stand erreget, | ||
+ | Und meinem Willen treu, so sehr das Glück ihn liebt, | ||
+ | Selbst denen, die es haßt, den Bruder Nahmen giebt. | ||
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+ | Wie kont ich rühmlicher der grossen Hertz bezwingen, | ||
+ | Als dieß vergeßne Recht der Gleichheit wiederbringen, | ||
+ | Das vor dem Thron, auf dem sich hier die Freyheit.weist, | ||
+ | Der Ehrsucht Götzen-Bild getrümmert niederreißt? | ||
+ | Nicht froher [Schlegel: frecher] Ubermuth, den kein Gesetz umschräncket, | ||
+ | Der selbst die Götter höhnt, der Fürsten Rechte kräncket, | ||
+ | Nein, Freyheit herrschet hier, die unterwürffig ist, | ||
+ | Der Götter Donner ehrt, der Fürsten Zepter küßt. | ||
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+ | Verwundre dich nicht mehr, stimmt mit beglückten Flammen | ||
+ | Der Hertzen Eintracht hier durchs schönste Band zusammen. | ||
+ | Der Hauffe, den du siehst, den mein Bemühn gesellt, | ||
+ | Hat sich die güldne Zeit zum Muster vorgestellt. | ||
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+ | Nicht Argwohn, daß diß Glück Verrähter finden möchte | ||
+ | Verbannet hier mit Schimpf das reitzende Geschlechte. | ||
+ | Wenn mit der Schönheit sich hieher die Liebe schleicht, | ||
+ | So fürcht ich, daß vor ihr die Brüderschafft entweicht. | ||
+ | Vor bittre Eyffersucht, die schönen Blick' erhitzen | ||
+ | Kan weder Freundschaffts-Pflicht, noch Bruder-Nahmen schützen; | ||
+ | Ihr Strahl zwingt Seufzer ab, lockt Thränen aus der Brust, | ||
+ | So stört die Wollust leicht der Freundschafft stille Lust. | ||
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+ | Gnug! fuhr die Göttin fort, nun kennst du meine Söhne, | ||
+ | Nun denck, ob ich ein Hertz zu trüben Ernst gewöhne. | ||
+ | Du siehst mein Bild in dem, was ich dir kund gethan. | ||
+ | Geh, zeige nun der Welt der Brüder Sitten an. | ||
+ | Beschäm des tollen Volcks beschimpfende Gerüchte, | ||
+ | Und mach das Hirn-Gespinnst, das Rätzel sucht, zunichte. | ||
+ | Was man von Zeichen sagt, ist nichts und nur erdacht, | ||
+ | Nur ihre Tugenden sind, was sie kenntlich macht. | ||
+ | Hier sucht der Pöbel blos ein unbegreifflich Wissen, | ||
+ | Denn so viel Tugenden sind vor ihm Finsternissen. | ||
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+ | Nun wichen Traum und Schlaff; Freymaurer gebt es zu, | ||
+ | Daß ich der Göttin Winck euch zu entdecken thu. | ||
+ | Was waget ihr hierbey? Ihr braucht nur euch zu zeigen, | ||
+ | Um Franckreich und die Welt in euer Joch zu beugen. | ||
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+ | </poem> | ||
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− | '''Ein Traum, aus dem Frantzösischen''' | + | Version II |
+ | ===Erlauchter Mäurer, hör‘! dein zuverschwiegenes Herze=== | ||
+ | <poem> | ||
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+ | ''Eine andere Übersetzung in'': | ||
+ | Der verrathene Orden der Freymäurer, Und das offenbarte Geheimniß der Mopsgesellschaft. Frankfurt und Leipzig 1745, | ||
+ | im Anhang unter „Lieder der ehrwürdigen Brüderschaft der Freymäurer“, 6-12. | ||
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+ | '''Die Freymäurer.''' | ||
+ | '''Ein Traum.''' | ||
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+ | Erlauchter Mäurer, hör'! dein zuverschwiegnes Herze | ||
+ | Versagt der Freundschaft zwar den Zoll der Heimlichkeit; | ||
+ | Doch siegt' ich, und durchbrach derselben dunkle Schatten; | ||
+ | Vernimm jetzt einen Traum, der mir ein Licht aufsteckt: | ||
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+ | Noch eh' der Gott des Schlafs die Augen zugedrücket, | ||
+ | Rührt meinen Geist ein Bild von schimmernder Gestalt: | ||
+ | Es war das holde Bild der ersten göldnen Zeiten | ||
+ | Die von der Sclaverey, und eitlem Stolz befreyt. | ||
+ | Mich reuten jene Tag', wo wahre Weise lebten, | ||
+ | Die mit gesetztem Muth ein glänzend Nichts verlacht, | ||
+ | Und durch die Tugend nur der Hoheit Grad bestimmten! | ||
+ | Beglücktes Alterthum! voll Reiz und Lieblichkeit; | ||
+ | Sind deine frohen Tag' auf ewig uns verschwunden? | ||
+ | Und bringt mein Seufzen euch nicht wieder zu uns her? | ||
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+ | Die Wehmuth klagt noch mehr, so folgt ein angenehmer, | ||
+ | Und schöner Traum dem Schlaf gleich auf dem Fusse nach; | ||
+ | Der in den, schattichten und dunkeln Augenblicke | ||
+ | Auf der Verzweiflung Wuth die Hofnung folgen ließ; | ||
+ | Es hieß: „Die göldne Zeit kann endlich wieder kommen, | ||
+ | Wenn über Gallien wird herrschen mein Gesetz. | ||
+ | Das gegenwärtige verbürget künftigs Glücke.“ | ||
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+ | So redte die Natur. Ihr edler Schmuck bestuhnd | ||
+ | In tausend ungeschminkt- und holden Lieblichkeiten; | ||
+ | Die Unschuld-volle Lust und Tugend gieng mit ihr; | ||
+ | Ihr Reitz bevestigte den Tritt beglückter Herzen, | ||
+ | Die sie ietzt an sich zog mit zärtlicher Gewalt. | ||
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+ | „Komm, folge mir, (so ruft der Göttin holde Stimme:) | ||
+ | Komm, schau Erstaunung-voll den schnellen Wachsthum an | ||
+ | Von meinem Königreich, das erst gebohren worden. | ||
+ | Jetzt soll dein lüsternd Aug ein prächtig Schauspiel sehen, | ||
+ | Das zu der Götter Lust bezaubernd aufgerüst'; | ||
+ | Versenke deine Blick in diesen grossen Tempel, | ||
+ | Wo meiner Knechte Heer vor mir versammelt ist. | ||
+ | Hier sieh’st du nur ein Herz bey Zügellosen Lüsten, | ||
+ | Wo Tugend ohne Zahl im Schoos der Freude keimt, | ||
+ | Wo man der Höfe Lerm an meine Feste tauschet; | ||
+ | Wo grosse Könige Kron, Ehre Majestät, | ||
+ | Und Pracht vor mein Altar Kniebiegend niederlegen; | ||
+ | Die, welche seltnes Glück sonst aufgeblasen macht | ||
+ | Bezwingt hier unter sich ein allgemein Gesetze; | ||
+ | Der höchst' und niederste hat Bruder-Nam und Recht. | ||
+ | Das war mein schönster Sieg, ihr Menschen über euch; | ||
+ | Den Fürst erinnert er der gleichen Menschlichkeit; | ||
+ | Und tritt' das Götzenbild der eitlen Ehr zu Boden, | ||
+ | Daß sie der Freyheit süß- und edles Opfer wird. | ||
+ | Die Freiheit, welche nichts von wilder Frechheit leidet; | ||
+ | Verehrt der Götter Recht; sie schützt der Fürsten Thron; | ||
+ | Und sie bezäumt den Trieb zur Unabhänglichkeit. | ||
+ | Sie heiliget die Macht der Götter, und der Prinzen. | ||
+ | Lass diese Harmonie dir nicht mehr fremde seyn, | ||
+ | Dies Kind von schimmernder Gleichförm- und Eingkeit. | ||
+ | Das Heer, das du erblickst, durch meine Sorg vereinigt, | ||
+ | Erwehlt sich zum Gesetz die Sitten göldner Zeit. | ||
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+ | Ihr Schönen! zörnet nicht, dass ihr von da verbannet; | ||
+ | Man schimpft nicht eure Treu; man denkt nicht arg von euch; | ||
+ | Man fürchtet nur den Reiz und Süssigkeit der Liebe, | ||
+ | Die leicht vergessen macht der treuen Brüderschaft; | ||
+ | Da Freund- und Bruder-Nam zu schwache Waffen wären, | ||
+ | Die Nebenbuhlerey, die bange Eifersucht, | ||
+ | Die schmachtende Begierd’ im Herzen zu besiegen! | ||
+ | Du bist, liebwürdiges Geschlecht, zu angenehm; | ||
+ | Dein Zauber-Reiz gebihrt viel tausend Ach und Thränen; | ||
+ | Die Liebe würde denn der Freundschaft Abbruch thun. | ||
+ | |||
+ | Genug; (so spricht nunmehr der Göttin holder Mund:) | ||
+ | Dir hab' ich nichts verheelt; nun kennst du meine Kinder! | ||
+ | Zeigt das Geheimniß jetzt, das ich dir aufgedecket, | ||
+ | Ein wild' und rohes Bild tyrann’scher Tugend an? | ||
+ | Nein! Nein! Entdecke denn zum Schutz gekränkter Brüder | ||
+ | Der Sitten Reinigkeit, die ihren Wandel ziert. | ||
+ | Nichts kräftigers beschämt des eiteln Pöbels Stolz: | ||
+ | Nichts bessers kann den Tand der Träumer wiederlegen, | ||
+ | Von einem Räthselding, das ihr Gehirn erfand. | ||
+ | Die Zeichen sind ein Traum; die Tugend ists allein, | ||
+ | Die von dem grossen Volk sie kennbar unterscheidet! | ||
+ | Ist was geheims dabey, so ist es nur dem Schwarm; | ||
+ | Der Tugenden Begrif bleibt ihm Geheimnlß immer.“ | ||
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+ | Die Göttin schwieg' nunmehr; so Traum als Schlaf verschwand. | ||
+ | Ihr Mäurer ! Nun will ich euch wachend kennbar machen. | ||
+ | Besorget nichts dabey; durchlauchte Bürger kömmt; | ||
+ | Zeigt euch nur, wer ihr seyd; so wird das Rund der Erden, | ||
+ | Und Gallien zugleich, euch unterthänig werden. | ||
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+ | </poem> | ||
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+ | Version IIIa | ||
+ | ===Erlauchter Freymäurer, dessen allzuverschwiegenes Herz=== | ||
+ | <poem> | ||
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+ | ''Eine andere Übersetzung, die ein Jahr später verkürzt wiedergegeben wurde, in'': | ||
+ | Der verrathene Orden der Freymäurer, Und das offenbarte Geheimniß der Mopsgesellschaft. Leipzig bey Arkstee und Merkus, 1745, im Anhang: | ||
+ | Lieder der ehrwürdigen Brüderschaft der Freymäurer, nebst einigen vorhergehenden poetischen Stücken, 8-13 | ||
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+ | '''Die Freymäurer.''' | ||
+ | '''Ein Traum. | ||
+ | ''' | ||
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+ | ''kursiv = einige der vielen Stellen die in Version IIIb weggelassen (oder verändert) wurden | ||
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+ | Erlauchter Freymäurer, dessen allzuverschwiegenes Herz der Freundschaft den Zoll eines Geheimnisses versaget, wisse, daß ich die Finsterniß des Geheimnisses durchbrochen habe, höre die Erzählung eines Traums, der mir Licht giebet. | ||
+ | |||
+ | Ehe der Gott des Schlafes noch meine Augen zudrückte: belauerte ich, von dem schimmernden Bilde derjenigen ''glücklichen Jahrhunderte'' gerührt, welche von der Sclaverey und eitlem Stolze befreyet waren, ''diejenigen'' Tage, wo der wahrhaftig weise, und über einen eitlen Glanz wenig eifersüchtige Mensch, durch die Tugend allein die Hoheit entschiede. ''Ist denn dieses Weltalter voller Anzüglichkeiten ohne Wiederkehr verflossen? Wird es der über meine Klagen empfindliche Himmel nicht wieder hervorbringen? | ||
+ | ''Ich seufzete noch, als ein angenehmer Traum, der dem Schlafe in diesen dunkeln Minuten auf dem Fuße folgte, auf meine Verzweiflung die Hoffnung folgen ließ. | ||
+ | ::„Diese glückliche Zeit wird wieder kommen, meine Gesetze werden über Frankreich herrschen, das Gegenwärtig ist mir Bürge ''für eine'' glückliche Zukunft". | ||
+ | Dieß war die Stimme der Natur. ''Ihr Schmuck bestund aus tausend ungeschminkten Annehmlichkeiten; die unschuldigen Ergetzlichkeiten, die Tugenden befestigten die glücklichen Herzen auf ihren Schritten, welche ihre Liebreize an sich zogen.'' Folge mir, sagte die Göttin, und dein Herz bewundre den schnellen Fortgang meiner anfangenden Herrschaft. Deine Begierden zu vergnügen, will ich deinen Augen ein von den Göttern zubereitet bezauberndes Schauspiel entdecken: | ||
+ | |||
+ | thue deinen Blicken Einhalt, und dein Herz betrache [!] meine getreuen, in meinem Tempel versammlet, Unterthanen. Daselbst lassen alle vereinige Herzen, ohn daß sie ihren Ergetzlichkeiten Zwang anthun, die Tugenden in dem Schooße der Vergnügen keimen. Sie ziehen meine Feste dem Tumulte der Höfe vor; | ||
+ | |||
+ | hier stehet man die allerhochmüthigsten Köpfe ihre großen Namen vor dem Fuße meiner Altäre niederlegen; und ungeachtet des Stolzes, welchen das Glück einbläßt, stellen sich seine Lieblinge unter ein allgemeines Gesetz, sie geben dem geringsten Sterblichen den Brudernamen. | ||
+ | ''Dieß ist mein schönster Sieg über die Sterblichen''; er erinnert die Größen des Gesetzes der Gleichheit, und tritt das Götzenbild der Ehre, das Opfer einer liebenswürdigen und edlen Freyheit, unter die Füße, welche Könige und Götter ihre Rechte verehren läßt: | ||
+ | mein Reich hat die ''gerechte'' Unabhänglichkeit geheiliget, welche die Macht der Götter sowohl als der Könige aufleget. Verwundre dich also nicht mehr, über die glückliche Einigkeit, welche die Vereinigung dieser schimmernden Uebereinstimmung gebieret. Der durch meine Sorgfalt vereinigte Haufen, den du siehest, hat zu seinen Gesetzen die Sitten des goldenen Weltalters erwählt. | ||
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+ | ''Wenn das weibliche Geschlecht davon verbannet ist, so darf es deswegen keine Unruhe haben; dieß ist keine Beschimpfung für ihre Treue: allein ich fürchte, daß die Liebe, wenn sie mit ihren Reizen einträte, die Brüderschaft in Vergessenheit bringen möchte: die Namen eines Bruders u. Freundes, würden schlechte Waffen seyn, die Herzen vor der Nebenbuhlschaft zu verwahren: die allzugroße Liebenswürdigkeit in dem reizenden Geschlechte erfordert Seufzer, und manchmal Thränen; die Wollust würde dem Vergnügen Freunde zu seyn, schaden''. | ||
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+ | ''Du kennest meine Kinder, ich habe dir nichts verheelet; urtheile nach dem Geheimnisse, das ich dir offenbaret habe, ob ich eine strenge Tugend von den Herzen fordre. Zur Beschämung eines stolzen Volkes und thörichter Träumer mache die Sitten beleidigter Brüder bekannt, und argwohne kein erdichtetes Räthsel''. | ||
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+ | Ihre Zeichen sind nichts: sie brauchen kein ander Merkmaal erkannt zu werden, als ihre Tugenden. Wenn irgend ein Geheimniß ist, so ist es vor den Augen des Pöbels, für welchen so viel Tugenden allezeit ein Geheimniß gewesen. | ||
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+ | ''Bey diesen Worten'' verschwand der Traum und der Schlaf. Erlaubet mir, ''ihr Freymäurer'', daß ich euch wachend bekannt zu machen suche. Fürchtet keine Widerwärtigkeiten. Vortreffliche Bürger ihr dürfet euch nur zeigen, um Frankreich und die ganze Welt unter eure Gesetze zu bringen. | ||
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+ | Version IIIb | ||
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+ | ''Version IIIa verändert und gekürzt in'': | ||
+ | Der neu-aufgesteckte Brennende Leuchter des Freymäurer-Ordens, 1746, 115-116 | ||
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+ | '''Ein Traum, aus dem Frantzösischen.''' | ||
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Erlauchter Freymaurer, dessen allzuverschwiegenes Hertz, der Freundschafft den Zoll eines Geheinmisses versaget: wisse, daß ich die Finsterniß des Geheimnisses durchbrochen habe: Höre die Erzehlung eines Traumes, der mir Licht giebet. | Erlauchter Freymaurer, dessen allzuverschwiegenes Hertz, der Freundschafft den Zoll eines Geheinmisses versaget: wisse, daß ich die Finsterniß des Geheimnisses durchbrochen habe: Höre die Erzehlung eines Traumes, der mir Licht giebet. | ||
− | Ehe der Gott des Schlaffes noch meine Augen zudrückte, wurde ich von dem schimmernden Bilde derjenigen | + | Ehe der Gott des Schlaffes noch meine Augen zudrückte, wurde ich von dem schimmernden Bilde derjenigen glückseligen Zeiten gerühret, welche von der Sclaverey, und dem eiteln Stoltz befreyet waren. Da bedaurete ich diejenigen Tage, wo der wahre weise, und über einen eiteln Glantz wenig eyffersichtige Mensch, durch die Tugend allein, die Hoheit entschiede. |
Ich seuffzete noch, als ein angenehmer Traum, der dem Schlaffe in diesen dunckeln Minuten auf den Fuß folgete, auf meine Verzweifflung die Hoffnung geben ließ: diese glückselige Zeit wird wiederkommen. Meine Gesetze werden über Franckreich herrschen, das Gegenwärtige ist mir Bürge vor das Zukünfftige, und zwar vor eine glückliche Zukunfft. Diß war die Stimme der Natur. Folge mir, sagte die Göttin, so mir erschien, und dein Hertz bewundere den schnellen Fortgang meiner anfangenden Herrschafft. Deine Begierden zu vergnügen, will ich dir und deinen Augen ein von den Göttern zubereitetes bezauberndes Schauspiel entdecken. | Ich seuffzete noch, als ein angenehmer Traum, der dem Schlaffe in diesen dunckeln Minuten auf den Fuß folgete, auf meine Verzweifflung die Hoffnung geben ließ: diese glückselige Zeit wird wiederkommen. Meine Gesetze werden über Franckreich herrschen, das Gegenwärtige ist mir Bürge vor das Zukünfftige, und zwar vor eine glückliche Zukunfft. Diß war die Stimme der Natur. Folge mir, sagte die Göttin, so mir erschien, und dein Hertz bewundere den schnellen Fortgang meiner anfangenden Herrschafft. Deine Begierden zu vergnügen, will ich dir und deinen Augen ein von den Göttern zubereitetes bezauberndes Schauspiel entdecken. | ||
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Da verschwand der Traum und der Schlaff. Erlaubet mir, daß ich euch wachned [!] bekannt zu machen suche, daß ihr keine Widerwärtigkeiten fürchten dürfft. Ihr dürfft euch nur zeigen, vortrefflichen Bürger, um Franckreich und die gantze Welt, unter eure Gesetze zu bringen. | Da verschwand der Traum und der Schlaff. Erlaubet mir, daß ich euch wachned [!] bekannt zu machen suche, daß ihr keine Widerwärtigkeiten fürchten dürfft. Ihr dürfft euch nur zeigen, vortrefflichen Bürger, um Franckreich und die gantze Welt, unter eure Gesetze zu bringen. | ||
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+ | </poem> | ||
− | + | Version IV | |
− | '''Eine | + | === Der vornehme Freymaurer, dessen allzu bescheidenes Herz=== |
+ | <poem> | ||
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+ | ''Eine weitere Übersetzung in'': | ||
+ | Das entdeckte Geheimniß der Frey-Mäurer und Mops-Gesellschafft. Berlin: Bey Johann Neaulme, und Stephani De Bourdeaux 1745, im Anhang: | ||
+ | Lieder der ehrwürdigen Brüderschafft der Freymäurer, vor welchen einige Poetische Stücke vorhergehen, 168-171 | ||
+ | Eine 2. Aufl. erschien 1756 in Berlin bei Klüter, ist aber laut Wolfstieg Nr. 29962 „sehr selten“ – nur in den Universitätsbibliotheken Leipzig Berlin und Erlangen-Nürnberg vorhanden. | ||
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+ | '''Die''' | ||
+ | '''Freymäurer.''' | ||
− | + | Ein Traum. | |
+ | Der vornehme Freymaurer, dessen allzu bescheidenes Hertz der Freundschaft den Zoll des Geheimnisses versaget, höre, ich bin durch die Schatten des Geheimnisses gedrungen, höre die Erzehlung des Traumes, welcher mir solches deutlich macht. | ||
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− | + | Ehe der Gott der Ruhe in meine Augen den Schlaf fallen ließ, ward ich durch das Helle Bild der jetzigen glücklichen Zeiten, welche von der Sclaverey der muthwilligen Eitelkeit abgezogen, gerühret, und ich sehnte mich nach diesen Zeiten, oder einem wahrhaftig weisen Manne. | |
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− | + | Und da ich über den blossen Glantz ein wenig böse war, fiel durch die einzige Tugend die Hoheit hinweg. Ist denn diese Zeit, welche voller Lieblichkeiten ist, gantz verschwunden, und will sich nicht weiter sehen lassen? Ist denn der Himmel über mein Klagen empfindlich, und will selbigen nicht wieder erscheinen lassen? | |
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− | + | Ich seufzete annoch, als ein angenehmer Traum im Schlaf, in diesem finstern Augenblick mir auf meine Verzweiflung einige Hofnung anscheinen ließ. | |
− | : | + | ::Diese glückliche Zeit kan wiederkommen. Meine Gesetze werden bald über Franckreich herrschen, |
− | : | + | ::dieser Augenblick versichert mich künftiger glücklichen Zeiten. |
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− | + | Diß war die Stimme der Natur. Ich sahe dieselbe mit tausend ungeschmeichelten Annehmlichkeiten, die unschuldigen Vergnügungen, die Tugenden, welche auf dem Schritt nachfolgten, befestigten diejenige glückliche Herzen, welche ihre Anmuth an sich zöge. | |
− | : | + | Die Göttin sprach: |
− | + | Folge mir, und den geschwinden Fortgang meines entstehenden Reichs, worüber dein Herz sich verwundert. Um dein Verlangen zu stillen, entdecke ich deinen Augen ein vor die Götter zubereitetes recht bezauberndes Schauspiel. Stehe mit deinen Betrachtungen stille, und laß dein Gemüth in eine Betrachtung, über die in meinem Tempel versammlete. getreue Unterthanen, ein. Dort sind alle Hertzen vereiniget, und lassen ohne Zwang ihres Verlangens die Tugenden mitten in ihren Vergnügungen hervorsprossen. | |
− | + | Dem Geräusch des Hofes ziehen sie meine Feyerlichkeiten vor; hier siehet man, daß die grösten Häupter ihre grosse Nahmen vor meinen Altären niederlegen, und auch wieder Willen des hohen Geistes, den ihnen das Glück einbläset, ihre Lieblinge unterwerffen sich einem gemeinem Gesetz, und geben auch geringern Leuten den Bruder-Nahmen. | |
− | + | Sehet meinen überaus schönen Sieg über die menschlichen Dinge, dieser bringet das Gesetz der Gleichheit über die Grossen, und macht, daß sie den Götzen der Ehre mit Füssen treten, und einer liebenswürdigen und edlen Freyheit aufopfern. Es ist eine Freyheit, welche nichts von einem unbilligen Muthwillen an sich hat, und welche die Gesetze der Könige und Götter zu verehren weiß. Mein Reich ist einer gerechten Unterwerfung, welche die Macht der Götter und Könige erfodert, gewiedmet. | |
− | + | Erschrick demnach nicht über die glückselige Übereinstimmung, welche die Einigkeit dieses glänzenden Verständnisses hervorbringet. Der Haufe, welchen du durch meine Vorsorge wieder vereinigt siehest, hat die Sitten der güldnen Zeiten sich zum Gesetz erwehlet. Ist ein Geschlecht vertrieben, welches davon kein Geschrey macht, so ist es nicht eine Hinderung seiner Treue, sondern ich befürchte, daß die Liebe, welche mit ihren Reitzungen sich nähert, die Bruderschaft nicht vergessen macht. Der Bruder- und Freundes-Nahme möchten die Waffen seyn, um die Hertzen für der Eifersucht zu gewähren: zuviel Lieblichkeit bey dem reizenden Geschlechts erfodert Seufzer, und bißweilen Unruhe. An dem Vergnügen ein Freund zu werden, möchte die Wollust schaden. | |
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− | + | Genug hievon, sagte die liebenswürdige Göttin, du kennest meine Kinder, ich habe dir nichts verschwiegen, urtheile aus dem Geheimniß, welches ich dir entdeckt habe, wenn ich eine strenge Klugheit der Herzen verlange. Um das eitle Volk und das thörichte Gerücht in eine Unordnung zu bringen, so mache die Aufführung der beschimpften Brüder der Welt bekannt, und muthmasse nicht von eingebildeten Räzeln. | |
− | + | Ihre Zeichen sind nicht vor lange Weile; um erkannt zu werden, haben sie keine andere Zeichen, als diejenigen, welche ihre Tugenden machen. Ist einiges Geheimniß, so ist es in den Augen der gemeinen Leute, welchen so grosse Tugenden allezeit ein Geheimniß sind. | |
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− | + | Hierauf verschwand der Traum und Schlaf. Erlaubet ihr Freymäurer, daß ich bey instehenden Morgen euch bekannt zu werden suche. Befürchtet nur keinen Unfall. Ihr vortreflichen Bürger, ihr dürft nur erscheinen, Frankreich und die ganze Welt nach euren Gesetzen einzurichten. | |
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− | : | + | [[Kategorie:Traktate|Traum]] |
− | : | + | [[Kategorie: Lieder]] |
− | : | + | [[Kategorie: Roland Müller]] |
− | : | + | [[Kategorie:Wolfstieg-Gesellschaft]] |
Aktuelle Version vom 15. Januar 2022, 17:13 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Ein Traum eines Freimaurers
Vier verschiedene deutsche Übersetzungen (frz. 1745; dt. 1745)
Ausgearbeitet von Roland Müller
Französische Fassung:
L’Ordre des Francs-Maçons Trahi, et Le Secret des Mopses Revelé. Amsterdam 1745
Davon vier verschiedene deutsche Übersetzungen im selben Jahr: 1745
Version I
Freymaurer, dessen Mund zu meinen Fragen still
Diese Übersetzung stammt von Johann Elias Schlegel
Die offenbarte Freymäurerey und das entdeckte Geheimniß Der Mopse. 1745, 176-185 (französisch: „Les Francs-Maçons. Songe“ und deutsch: Die Freymäurer. Ein Traum).
Mit minimalen Änderungen auch in:
Der neu-aufgesteckte Brennende Leuchter des Freymäurer-Ordens, 1746, 119-121
(im Folgenden diese Version wiedergegeben)
Eine neuere Übersetzung
des vorhin schon beygebrachten [115-116] Traums, welche wegen ihrer schönen Pöesie, und vortrefl. Ausdrucks lesens würdig ist.
Freymaurer, dessen Mund zu meinen Fragen still,
Der Freundschafft ihren Zoll durch schweigen rauben will:
Die Nacht ist nun verklährt, die dein Geheimniß deckte,
Ein Traum hat mir gezeigt, was mir dein Hertz versteckte.
Eh' der gewünschte Schlaff mein Auge zugedrückt,
War mein vergnügter Geist von jener Zeit entzückt,
Da noch kein Selbst-Betrug die Welt in Ketten führte,
Der Mensch noch weise war, und ihn nichts eitels rührte,
Da noch kein falscher Glantz beneidens-würdig hieß
Und da die Tugend blos der Menschen Grösse wieß.
Ach! ist diß Alter nun auf ewig weggegangen?
Erweicht der Himmel denn kein sehnliches Verlangen,
Daß dieser Unschuld Reitz, der jene Zelt geschmückt
Die fast verfallne Welt nur noch einmahl beglückt?
So seuffz' ich, als ein Traum den Schlaff, der mich umschliesset,
Begleitet, und sogleich durchs schönste Bild versüsset
Und wo ich nichts gehofft, mir Trost und Hoffnung beut.
„Des ersten Alters Glück wird bald vielleicht verneut.
Es wird mein glücklich Reich sich durch gantz Franckreich breiten
Was ietzt ist, zeigt mir schon die Wohlfahrt ferner Zeiten.“
So sagte die Natur, in ungeschmünckter Zier,
Von tausend Reitz umgläntzt. Es traten hinter ihr
Vergnügen ohne Schuld, und Tugend als Gefärten,
Die, was ihr Blick entflammt, in festen Hertzen nährten.
Komm, sprach die Göttin, sieh! wie zahlreich man mir dient.
Wie mein erwachsend Reich in schnellsten Fortgang grünt:
Dir öffn ich, um den Wunsch der Sehnsucht zu gewähren,
Ein Schauspiel, das zu sehn die Götter selbst begehren.
Hier weide deinen Blick, sieh meinen Tempel an.
Wer hier versammlet ist, ist auch ein Unterthan.
Hier sieh, bey einen Band, daß keine Fessel schliessen,
Die Tugend ans dem Schooß vereinter Freude spriessen.
Man flieht des Hofs Geräusch und sucht mein ruhig Fest,
Wo hoher Seelen-Stoltz die Flügel sincken läßt,
Des grossen Nahmens Pracht zu meinen Füssen leget,
Die Geister niederdrückt, die ihm sein Stand erreget,
Und meinem Willen treu, so sehr das Glück ihn liebt,
Selbst denen, die es haßt, den Bruder Nahmen giebt.
Wie kont ich rühmlicher der grossen Hertz bezwingen,
Als dieß vergeßne Recht der Gleichheit wiederbringen,
Das vor dem Thron, auf dem sich hier die Freyheit.weist,
Der Ehrsucht Götzen-Bild getrümmert niederreißt?
Nicht froher [Schlegel: frecher] Ubermuth, den kein Gesetz umschräncket,
Der selbst die Götter höhnt, der Fürsten Rechte kräncket,
Nein, Freyheit herrschet hier, die unterwürffig ist,
Der Götter Donner ehrt, der Fürsten Zepter küßt.
Verwundre dich nicht mehr, stimmt mit beglückten Flammen
Der Hertzen Eintracht hier durchs schönste Band zusammen.
Der Hauffe, den du siehst, den mein Bemühn gesellt,
Hat sich die güldne Zeit zum Muster vorgestellt.
Nicht Argwohn, daß diß Glück Verrähter finden möchte
Verbannet hier mit Schimpf das reitzende Geschlechte.
Wenn mit der Schönheit sich hieher die Liebe schleicht,
So fürcht ich, daß vor ihr die Brüderschafft entweicht.
Vor bittre Eyffersucht, die schönen Blick' erhitzen
Kan weder Freundschaffts-Pflicht, noch Bruder-Nahmen schützen;
Ihr Strahl zwingt Seufzer ab, lockt Thränen aus der Brust,
So stört die Wollust leicht der Freundschafft stille Lust.
Gnug! fuhr die Göttin fort, nun kennst du meine Söhne,
Nun denck, ob ich ein Hertz zu trüben Ernst gewöhne.
Du siehst mein Bild in dem, was ich dir kund gethan.
Geh, zeige nun der Welt der Brüder Sitten an.
Beschäm des tollen Volcks beschimpfende Gerüchte,
Und mach das Hirn-Gespinnst, das Rätzel sucht, zunichte.
Was man von Zeichen sagt, ist nichts und nur erdacht,
Nur ihre Tugenden sind, was sie kenntlich macht.
Hier sucht der Pöbel blos ein unbegreifflich Wissen,
Denn so viel Tugenden sind vor ihm Finsternissen.
Nun wichen Traum und Schlaff; Freymaurer gebt es zu,
Daß ich der Göttin Winck euch zu entdecken thu.
Was waget ihr hierbey? Ihr braucht nur euch zu zeigen,
Um Franckreich und die Welt in euer Joch zu beugen.
Version II
Erlauchter Mäurer, hör‘! dein zuverschwiegenes Herze
Eine andere Übersetzung in:
Der verrathene Orden der Freymäurer, Und das offenbarte Geheimniß der Mopsgesellschaft. Frankfurt und Leipzig 1745,
im Anhang unter „Lieder der ehrwürdigen Brüderschaft der Freymäurer“, 6-12.
Die Freymäurer.
Ein Traum.
Erlauchter Mäurer, hör'! dein zuverschwiegnes Herze
Versagt der Freundschaft zwar den Zoll der Heimlichkeit;
Doch siegt' ich, und durchbrach derselben dunkle Schatten;
Vernimm jetzt einen Traum, der mir ein Licht aufsteckt:
Noch eh' der Gott des Schlafs die Augen zugedrücket,
Rührt meinen Geist ein Bild von schimmernder Gestalt:
Es war das holde Bild der ersten göldnen Zeiten
Die von der Sclaverey, und eitlem Stolz befreyt.
Mich reuten jene Tag', wo wahre Weise lebten,
Die mit gesetztem Muth ein glänzend Nichts verlacht,
Und durch die Tugend nur der Hoheit Grad bestimmten!
Beglücktes Alterthum! voll Reiz und Lieblichkeit;
Sind deine frohen Tag' auf ewig uns verschwunden?
Und bringt mein Seufzen euch nicht wieder zu uns her?
Die Wehmuth klagt noch mehr, so folgt ein angenehmer,
Und schöner Traum dem Schlaf gleich auf dem Fusse nach;
Der in den, schattichten und dunkeln Augenblicke
Auf der Verzweiflung Wuth die Hofnung folgen ließ;
Es hieß: „Die göldne Zeit kann endlich wieder kommen,
Wenn über Gallien wird herrschen mein Gesetz.
Das gegenwärtige verbürget künftigs Glücke.“
So redte die Natur. Ihr edler Schmuck bestuhnd
In tausend ungeschminkt- und holden Lieblichkeiten;
Die Unschuld-volle Lust und Tugend gieng mit ihr;
Ihr Reitz bevestigte den Tritt beglückter Herzen,
Die sie ietzt an sich zog mit zärtlicher Gewalt.
„Komm, folge mir, (so ruft der Göttin holde Stimme:)
Komm, schau Erstaunung-voll den schnellen Wachsthum an
Von meinem Königreich, das erst gebohren worden.
Jetzt soll dein lüsternd Aug ein prächtig Schauspiel sehen,
Das zu der Götter Lust bezaubernd aufgerüst';
Versenke deine Blick in diesen grossen Tempel,
Wo meiner Knechte Heer vor mir versammelt ist.
Hier sieh’st du nur ein Herz bey Zügellosen Lüsten,
Wo Tugend ohne Zahl im Schoos der Freude keimt,
Wo man der Höfe Lerm an meine Feste tauschet;
Wo grosse Könige Kron, Ehre Majestät,
Und Pracht vor mein Altar Kniebiegend niederlegen;
Die, welche seltnes Glück sonst aufgeblasen macht
Bezwingt hier unter sich ein allgemein Gesetze;
Der höchst' und niederste hat Bruder-Nam und Recht.
Das war mein schönster Sieg, ihr Menschen über euch;
Den Fürst erinnert er der gleichen Menschlichkeit;
Und tritt' das Götzenbild der eitlen Ehr zu Boden,
Daß sie der Freyheit süß- und edles Opfer wird.
Die Freiheit, welche nichts von wilder Frechheit leidet;
Verehrt der Götter Recht; sie schützt der Fürsten Thron;
Und sie bezäumt den Trieb zur Unabhänglichkeit.
Sie heiliget die Macht der Götter, und der Prinzen.
Lass diese Harmonie dir nicht mehr fremde seyn,
Dies Kind von schimmernder Gleichförm- und Eingkeit.
Das Heer, das du erblickst, durch meine Sorg vereinigt,
Erwehlt sich zum Gesetz die Sitten göldner Zeit.
Ihr Schönen! zörnet nicht, dass ihr von da verbannet;
Man schimpft nicht eure Treu; man denkt nicht arg von euch;
Man fürchtet nur den Reiz und Süssigkeit der Liebe,
Die leicht vergessen macht der treuen Brüderschaft;
Da Freund- und Bruder-Nam zu schwache Waffen wären,
Die Nebenbuhlerey, die bange Eifersucht,
Die schmachtende Begierd’ im Herzen zu besiegen!
Du bist, liebwürdiges Geschlecht, zu angenehm;
Dein Zauber-Reiz gebihrt viel tausend Ach und Thränen;
Die Liebe würde denn der Freundschaft Abbruch thun.
Genug; (so spricht nunmehr der Göttin holder Mund:)
Dir hab' ich nichts verheelt; nun kennst du meine Kinder!
Zeigt das Geheimniß jetzt, das ich dir aufgedecket,
Ein wild' und rohes Bild tyrann’scher Tugend an?
Nein! Nein! Entdecke denn zum Schutz gekränkter Brüder
Der Sitten Reinigkeit, die ihren Wandel ziert.
Nichts kräftigers beschämt des eiteln Pöbels Stolz:
Nichts bessers kann den Tand der Träumer wiederlegen,
Von einem Räthselding, das ihr Gehirn erfand.
Die Zeichen sind ein Traum; die Tugend ists allein,
Die von dem grossen Volk sie kennbar unterscheidet!
Ist was geheims dabey, so ist es nur dem Schwarm;
Der Tugenden Begrif bleibt ihm Geheimnlß immer.“
Die Göttin schwieg' nunmehr; so Traum als Schlaf verschwand.
Ihr Mäurer ! Nun will ich euch wachend kennbar machen.
Besorget nichts dabey; durchlauchte Bürger kömmt;
Zeigt euch nur, wer ihr seyd; so wird das Rund der Erden,
Und Gallien zugleich, euch unterthänig werden.
Version IIIa
Erlauchter Freymäurer, dessen allzuverschwiegenes Herz
Eine andere Übersetzung, die ein Jahr später verkürzt wiedergegeben wurde, in:
Der verrathene Orden der Freymäurer, Und das offenbarte Geheimniß der Mopsgesellschaft. Leipzig bey Arkstee und Merkus, 1745, im Anhang:
Lieder der ehrwürdigen Brüderschaft der Freymäurer, nebst einigen vorhergehenden poetischen Stücken, 8-13
Die Freymäurer.
Ein Traum.
kursiv = einige der vielen Stellen die in Version IIIb weggelassen (oder verändert) wurden
Erlauchter Freymäurer, dessen allzuverschwiegenes Herz der Freundschaft den Zoll eines Geheimnisses versaget, wisse, daß ich die Finsterniß des Geheimnisses durchbrochen habe, höre die Erzählung eines Traums, der mir Licht giebet.
Ehe der Gott des Schlafes noch meine Augen zudrückte: belauerte ich, von dem schimmernden Bilde derjenigen glücklichen Jahrhunderte gerührt, welche von der Sclaverey und eitlem Stolze befreyet waren, diejenigen Tage, wo der wahrhaftig weise, und über einen eitlen Glanz wenig eifersüchtige Mensch, durch die Tugend allein die Hoheit entschiede. Ist denn dieses Weltalter voller Anzüglichkeiten ohne Wiederkehr verflossen? Wird es der über meine Klagen empfindliche Himmel nicht wieder hervorbringen?
Ich seufzete noch, als ein angenehmer Traum, der dem Schlafe in diesen dunkeln Minuten auf dem Fuße folgte, auf meine Verzweiflung die Hoffnung folgen ließ.
„Diese glückliche Zeit wird wieder kommen, meine Gesetze werden über Frankreich herrschen, das Gegenwärtig ist mir Bürge für eine glückliche Zukunft".
Dieß war die Stimme der Natur. Ihr Schmuck bestund aus tausend ungeschminkten Annehmlichkeiten; die unschuldigen Ergetzlichkeiten, die Tugenden befestigten die glücklichen Herzen auf ihren Schritten, welche ihre Liebreize an sich zogen. Folge mir, sagte die Göttin, und dein Herz bewundre den schnellen Fortgang meiner anfangenden Herrschaft. Deine Begierden zu vergnügen, will ich deinen Augen ein von den Göttern zubereitet bezauberndes Schauspiel entdecken:
thue deinen Blicken Einhalt, und dein Herz betrache [!] meine getreuen, in meinem Tempel versammlet, Unterthanen. Daselbst lassen alle vereinige Herzen, ohn daß sie ihren Ergetzlichkeiten Zwang anthun, die Tugenden in dem Schooße der Vergnügen keimen. Sie ziehen meine Feste dem Tumulte der Höfe vor;
hier stehet man die allerhochmüthigsten Köpfe ihre großen Namen vor dem Fuße meiner Altäre niederlegen; und ungeachtet des Stolzes, welchen das Glück einbläßt, stellen sich seine Lieblinge unter ein allgemeines Gesetz, sie geben dem geringsten Sterblichen den Brudernamen.
Dieß ist mein schönster Sieg über die Sterblichen; er erinnert die Größen des Gesetzes der Gleichheit, und tritt das Götzenbild der Ehre, das Opfer einer liebenswürdigen und edlen Freyheit, unter die Füße, welche Könige und Götter ihre Rechte verehren läßt:
mein Reich hat die gerechte Unabhänglichkeit geheiliget, welche die Macht der Götter sowohl als der Könige aufleget. Verwundre dich also nicht mehr, über die glückliche Einigkeit, welche die Vereinigung dieser schimmernden Uebereinstimmung gebieret. Der durch meine Sorgfalt vereinigte Haufen, den du siehest, hat zu seinen Gesetzen die Sitten des goldenen Weltalters erwählt.
Wenn das weibliche Geschlecht davon verbannet ist, so darf es deswegen keine Unruhe haben; dieß ist keine Beschimpfung für ihre Treue: allein ich fürchte, daß die Liebe, wenn sie mit ihren Reizen einträte, die Brüderschaft in Vergessenheit bringen möchte: die Namen eines Bruders u. Freundes, würden schlechte Waffen seyn, die Herzen vor der Nebenbuhlschaft zu verwahren: die allzugroße Liebenswürdigkeit in dem reizenden Geschlechte erfordert Seufzer, und manchmal Thränen; die Wollust würde dem Vergnügen Freunde zu seyn, schaden.
Du kennest meine Kinder, ich habe dir nichts verheelet; urtheile nach dem Geheimnisse, das ich dir offenbaret habe, ob ich eine strenge Tugend von den Herzen fordre. Zur Beschämung eines stolzen Volkes und thörichter Träumer mache die Sitten beleidigter Brüder bekannt, und argwohne kein erdichtetes Räthsel.
Ihre Zeichen sind nichts: sie brauchen kein ander Merkmaal erkannt zu werden, als ihre Tugenden. Wenn irgend ein Geheimniß ist, so ist es vor den Augen des Pöbels, für welchen so viel Tugenden allezeit ein Geheimniß gewesen.
Bey diesen Worten verschwand der Traum und der Schlaf. Erlaubet mir, ihr Freymäurer, daß ich euch wachend bekannt zu machen suche. Fürchtet keine Widerwärtigkeiten. Vortreffliche Bürger ihr dürfet euch nur zeigen, um Frankreich und die ganze Welt unter eure Gesetze zu bringen.
Version IIIb
Version IIIa verändert und gekürzt in:
Der neu-aufgesteckte Brennende Leuchter des Freymäurer-Ordens, 1746, 115-116
Ein Traum, aus dem Frantzösischen.
Erlauchter Freymaurer, dessen allzuverschwiegenes Hertz, der Freundschafft den Zoll eines Geheinmisses versaget: wisse, daß ich die Finsterniß des Geheimnisses durchbrochen habe: Höre die Erzehlung eines Traumes, der mir Licht giebet.
Ehe der Gott des Schlaffes noch meine Augen zudrückte, wurde ich von dem schimmernden Bilde derjenigen glückseligen Zeiten gerühret, welche von der Sclaverey, und dem eiteln Stoltz befreyet waren. Da bedaurete ich diejenigen Tage, wo der wahre weise, und über einen eiteln Glantz wenig eyffersichtige Mensch, durch die Tugend allein, die Hoheit entschiede.
Ich seuffzete noch, als ein angenehmer Traum, der dem Schlaffe in diesen dunckeln Minuten auf den Fuß folgete, auf meine Verzweifflung die Hoffnung geben ließ: diese glückselige Zeit wird wiederkommen. Meine Gesetze werden über Franckreich herrschen, das Gegenwärtige ist mir Bürge vor das Zukünfftige, und zwar vor eine glückliche Zukunfft. Diß war die Stimme der Natur. Folge mir, sagte die Göttin, so mir erschien, und dein Hertz bewundere den schnellen Fortgang meiner anfangenden Herrschafft. Deine Begierden zu vergnügen, will ich dir und deinen Augen ein von den Göttern zubereitetes bezauberndes Schauspiel entdecken.
Thue deinen Blicken Einhalt, und dein Hertze betrachte meine getreuen in meinem Tempel versammleten Unterthanen. Daselbst lassen alle vereinigte Hertzen, ohne daß sie ihren Ergötzlichkeiten Zwang anthun, die Tugenden in dem Schoos der Vergnügen keimen. Sie ziehen meine Feste dem Tumult der Höfe vor.
Hier siehet man die allerhochmüthigsten Köpfe, ihre grosse Nahmen vor dem Fuß meiner Altäre niederlegen! Und ungeachtet des Stoltzes, welchen das Glück einbläset, stellen sich seine Lieblinge unter ein allgemeines Gesetze: Sie geben dem allergeringsten Sterblichen den Bruder Nahmen.
Er erinnert die grossen des Gesetzes der Gleichheit, und tritt das Götzen-Bild der Ehre, das Opffer einer edlen und liebens-würdigen Freyheit, unter die Füsse, welche Könige und Götter ihre Rechte verehren lässet.
Mein Reich hat die billige Unterthänigkeit geheiliget, welche die Macht der Götter sowohl als der Könige aufleget. Verwundere dich also nicht mehr über diese glückselige Einigkeit, welche die Vereinigung dieser schimmernden Übereinstimmung gebühret. Der durch meine Sorgfalt vereinigte Hauffen, den du siehest, hat zu seinen Gesetzen die Sitten des goldnen Weltalters erwählet.
Ihre Zeichen sind nichts. Sie brauchen kein anderes Merckmahl, erkannt zu werden, als ihre Tugenden. Wenn irgend ein Geheimniß ist, so ist es vor den Augen des Pöbels, für welchen so viel Tugenden allezeit ein Geheimniß gewesen.
Da verschwand der Traum und der Schlaff. Erlaubet mir, daß ich euch wachned [!] bekannt zu machen suche, daß ihr keine Widerwärtigkeiten fürchten dürfft. Ihr dürfft euch nur zeigen, vortrefflichen Bürger, um Franckreich und die gantze Welt, unter eure Gesetze zu bringen.
Version IV
Der vornehme Freymaurer, dessen allzu bescheidenes Herz
Eine weitere Übersetzung in:
Das entdeckte Geheimniß der Frey-Mäurer und Mops-Gesellschafft. Berlin: Bey Johann Neaulme, und Stephani De Bourdeaux 1745, im Anhang:
Lieder der ehrwürdigen Brüderschafft der Freymäurer, vor welchen einige Poetische Stücke vorhergehen, 168-171
Eine 2. Aufl. erschien 1756 in Berlin bei Klüter, ist aber laut Wolfstieg Nr. 29962 „sehr selten“ – nur in den Universitätsbibliotheken Leipzig Berlin und Erlangen-Nürnberg vorhanden.
Die
Freymäurer.
Ein Traum.
Der vornehme Freymaurer, dessen allzu bescheidenes Hertz der Freundschaft den Zoll des Geheimnisses versaget, höre, ich bin durch die Schatten des Geheimnisses gedrungen, höre die Erzehlung des Traumes, welcher mir solches deutlich macht.
Ehe der Gott der Ruhe in meine Augen den Schlaf fallen ließ, ward ich durch das Helle Bild der jetzigen glücklichen Zeiten, welche von der Sclaverey der muthwilligen Eitelkeit abgezogen, gerühret, und ich sehnte mich nach diesen Zeiten, oder einem wahrhaftig weisen Manne.
Und da ich über den blossen Glantz ein wenig böse war, fiel durch die einzige Tugend die Hoheit hinweg. Ist denn diese Zeit, welche voller Lieblichkeiten ist, gantz verschwunden, und will sich nicht weiter sehen lassen? Ist denn der Himmel über mein Klagen empfindlich, und will selbigen nicht wieder erscheinen lassen?
Ich seufzete annoch, als ein angenehmer Traum im Schlaf, in diesem finstern Augenblick mir auf meine Verzweiflung einige Hofnung anscheinen ließ.
Diese glückliche Zeit kan wiederkommen. Meine Gesetze werden bald über Franckreich herrschen,
dieser Augenblick versichert mich künftiger glücklichen Zeiten.
Diß war die Stimme der Natur. Ich sahe dieselbe mit tausend ungeschmeichelten Annehmlichkeiten, die unschuldigen Vergnügungen, die Tugenden, welche auf dem Schritt nachfolgten, befestigten diejenige glückliche Herzen, welche ihre Anmuth an sich zöge.
Die Göttin sprach:
Folge mir, und den geschwinden Fortgang meines entstehenden Reichs, worüber dein Herz sich verwundert. Um dein Verlangen zu stillen, entdecke ich deinen Augen ein vor die Götter zubereitetes recht bezauberndes Schauspiel. Stehe mit deinen Betrachtungen stille, und laß dein Gemüth in eine Betrachtung, über die in meinem Tempel versammlete. getreue Unterthanen, ein. Dort sind alle Hertzen vereiniget, und lassen ohne Zwang ihres Verlangens die Tugenden mitten in ihren Vergnügungen hervorsprossen.
Dem Geräusch des Hofes ziehen sie meine Feyerlichkeiten vor; hier siehet man, daß die grösten Häupter ihre grosse Nahmen vor meinen Altären niederlegen, und auch wieder Willen des hohen Geistes, den ihnen das Glück einbläset, ihre Lieblinge unterwerffen sich einem gemeinem Gesetz, und geben auch geringern Leuten den Bruder-Nahmen.
Sehet meinen überaus schönen Sieg über die menschlichen Dinge, dieser bringet das Gesetz der Gleichheit über die Grossen, und macht, daß sie den Götzen der Ehre mit Füssen treten, und einer liebenswürdigen und edlen Freyheit aufopfern. Es ist eine Freyheit, welche nichts von einem unbilligen Muthwillen an sich hat, und welche die Gesetze der Könige und Götter zu verehren weiß. Mein Reich ist einer gerechten Unterwerfung, welche die Macht der Götter und Könige erfodert, gewiedmet.
Erschrick demnach nicht über die glückselige Übereinstimmung, welche die Einigkeit dieses glänzenden Verständnisses hervorbringet. Der Haufe, welchen du durch meine Vorsorge wieder vereinigt siehest, hat die Sitten der güldnen Zeiten sich zum Gesetz erwehlet. Ist ein Geschlecht vertrieben, welches davon kein Geschrey macht, so ist es nicht eine Hinderung seiner Treue, sondern ich befürchte, daß die Liebe, welche mit ihren Reitzungen sich nähert, die Bruderschaft nicht vergessen macht. Der Bruder- und Freundes-Nahme möchten die Waffen seyn, um die Hertzen für der Eifersucht zu gewähren: zuviel Lieblichkeit bey dem reizenden Geschlechts erfodert Seufzer, und bißweilen Unruhe. An dem Vergnügen ein Freund zu werden, möchte die Wollust schaden.
Genug hievon, sagte die liebenswürdige Göttin, du kennest meine Kinder, ich habe dir nichts verschwiegen, urtheile aus dem Geheimniß, welches ich dir entdeckt habe, wenn ich eine strenge Klugheit der Herzen verlange. Um das eitle Volk und das thörichte Gerücht in eine Unordnung zu bringen, so mache die Aufführung der beschimpften Brüder der Welt bekannt, und muthmasse nicht von eingebildeten Räzeln.
Ihre Zeichen sind nicht vor lange Weile; um erkannt zu werden, haben sie keine andere Zeichen, als diejenigen, welche ihre Tugenden machen. Ist einiges Geheimniß, so ist es in den Augen der gemeinen Leute, welchen so grosse Tugenden allezeit ein Geheimniß sind.
Hierauf verschwand der Traum und Schlaf. Erlaubet ihr Freymäurer, daß ich bey instehenden Morgen euch bekannt zu werden suche. Befürchtet nur keinen Unfall. Ihr vortreflichen Bürger, ihr dürft nur erscheinen, Frankreich und die ganze Welt nach euren Gesetzen einzurichten.