Traktat: Begegnungen mit Rintelner Freimaurern: Unterschied zwischen den Versionen

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== Traktat: Begegnungen mit Rintelner Freimaurern ==
 
== Traktat: Begegnungen mit Rintelner Freimaurern ==
 
  
 
'''Königliche Kunst 1776 bis 1976'''
 
'''Königliche Kunst 1776 bis 1976'''
  
Von Uwe Kurt Stade
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Von '''Uwe Kurt Stade'''
  
 
Prolog, oder wie es gewesen sein könnte
 
Prolog, oder wie es gewesen sein könnte
  
{Alle Namen und Logenämter sind durch gedruckte oder handgeschriebene Mitgliederverzeichnisse verbürgt, die Quellen sind seriös. Diese Geschichte des Prologs und Epilogs ist fiktiv, das freimaurerische Ritualgeschehen vor und nach der Tempelarbeit ist dagegen originär. Das entsprechende Mitgliederverzeichnis von 1824 der Loge „Wilhelm zum Nesselblatt“ liegt mir als verbürgte Kopie vor.
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Alle Namen und Logenämter sind durch gedruckte oder handgeschriebene Mitgliederverzeichnisse verbürgt, die Quellen sind seriös. Diese Geschichte des Prologs und Epilogs ist fiktiv, das freimaurerische Ritualgeschehen vor und nach der Tempelarbeit ist dagegen originär. Das entsprechende Mitgliederverzeichnis von 1824 der Loge „[[Wilhelm zum Nesselblatt]]“ liegt mir als verbürgte Kopie vor.
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Wir schreiben das Jahr 1824. Trotz sommerlicher Wärme an diesem Donnerstagabend des 24. Juni gehen mehrere festlich schwarz gekleidete, distinguierte Herren gemessenen Schrittes unauffällig durch die Straßen Rintelns. Es sind Freimaurer, die zu einer Johannisfestarbeit, dem Höhepunkt eines Freimaurerjahres in ihren Tempel der 1814 wieder gegründete Freimaurerloge Wilhelm zum Nesselblatt streben. Sie wollen heute ihr Rosen- oder auch Johannisfest feiern. Es ist vielleicht die letzte Möglichkeit zu einer solchen Feier, denn es zeichnet sich auch in unserer hessischen Exklave mehr und mehr ab, dass Landgraf Wilhelm die Freimaurerei wegen einer angeblich von Freimaurern angezettelten Verschwörung und seines schon fast pathologischen Franzosenhasses, in ganz Hessen verbieten wird. Die Brüder des Beamtenrates haben Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um auch wirklich alle Brüder der Loge zu diesem Fest zusammen zu bekommen.
 
Wir schreiben das Jahr 1824. Trotz sommerlicher Wärme an diesem Donnerstagabend des 24. Juni gehen mehrere festlich schwarz gekleidete, distinguierte Herren gemessenen Schrittes unauffällig durch die Straßen Rintelns. Es sind Freimaurer, die zu einer Johannisfestarbeit, dem Höhepunkt eines Freimaurerjahres in ihren Tempel der 1814 wieder gegründete Freimaurerloge Wilhelm zum Nesselblatt streben. Sie wollen heute ihr Rosen- oder auch Johannisfest feiern. Es ist vielleicht die letzte Möglichkeit zu einer solchen Feier, denn es zeichnet sich auch in unserer hessischen Exklave mehr und mehr ab, dass Landgraf Wilhelm die Freimaurerei wegen einer angeblich von Freimaurern angezettelten Verschwörung und seines schon fast pathologischen Franzosenhasses, in ganz Hessen verbieten wird. Die Brüder des Beamtenrates haben Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um auch wirklich alle Brüder der Loge zu diesem Fest zusammen zu bekommen.
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Der Adjutant von Major Brinkmann setzt sich auf einen Stuhl direkt vor die Tempeltür, seinen Säbel quer über die Knie gelegt und wird garantiert niemanden einlassen, selbst wenn es der Kaiser persönlich wäre.
 
Der Adjutant von Major Brinkmann setzt sich auf einen Stuhl direkt vor die Tempeltür, seinen Säbel quer über die Knie gelegt und wird garantiert niemanden einlassen, selbst wenn es der Kaiser persönlich wäre.
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=== B.W. Wiederhold– Henriette Meyer – J. J. Lotheisen ===
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Eine romantische Liebesgeschichte.
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Henriette Meyer, Tochter des seinerzeit sehr bekannten und berühmten Chirurgen und Regimentsarztes in Rinteln ist verliebt. Es ist keine jugendliche Schwärmerei, sondern diese Liebe ist tiefgehend und in ihrer Treue dem heutigen Betrachter noch immer nahe gehend. Ihre Liebe gilt dem Fähnrich und späteren Lieutenant im Hessischen Leibregiment Bernhard Wilhelm Wiederhold.
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Wiederhold hält sich zurzeit in Amerika auf, kämpft dort für England im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Er ist ein charmanter Bursche und nicht nur im Dienst ein Draufgänger. Dort wird er gut beurteilt, das Regiment auch nicht gefangengenommen, so übersteht er die Strapazen.
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Er dient im Kasseler Leibregiment unter dem Freimaurer Generalmajor Friedrich Wilhelm von Wurmb, sein Kollege, der Stabsauditeur, Regimentsquartiermeister und Freimaurer Johann Jacob Lotheisen kämpft mit Ihm Seite an Seite im gleichen Regiment. Die Information, wo und wann Wiederhold in den Bund aufgenommen wurde, kann ich nicht gesichert nachweisen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass der General in seinem Stab üblicherweise nur Gleichgesinnte um sich versammelt.
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Im Leibregiment waren zudem noch weitere Offiziere Freimaurer geworden (Major Ludwig Friedrich von Stamford, der Verwandte Wiederholds, von Porbeck, Leutnant und Adjutant Johann Martin Meltzheimer, u.a.m).
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Sie alle waren freimaurerisch aktiv in der Loge [[Zum gekrönten Löwen]]. Diese war eine Loge der Strikten Observanz (s. dort, uks), wurde dann aber wieder umgewidmet.
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Im Staat Virginia hätten sich viele der Offiziere, unter ihnen auch Wiederhold, gut verheiraten können. Nicht nur, dass der deutsche Charme bei den Amerikanerinnen wirkte, sondern Washington ordnete eine Kampagne zur Verleitung zur Desertion hessischer Offiziere und Mannschaften an. Washingtons Schwester suchte mehrfach die Nähe Wiederholds. Dieser ordnete aber diesen Verführungen seinem Gefühl für Ehre und Pflicht unter. Er korrespondierte nach Rinteln mit „einer gewissen H. M.“ , hält also zu Henriette, seiner Liebe in der Heimat, die Treue. Auch lebt er sparsam, sendet sogar Geld in die Heimat.
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Nach seiner Rückkehr aus Amerika im Jahre 1784 dient Wiederhold in Rinteln und Kassel. Henriettes Vater, der Operateur Meyer, lehnt den eloquenten jungen Mann rundweg ab, Briefe zwischen den beiden laufen dennoch, immer über Henriettes Freundin Charlotte Hildebrandt aus Lüdershausen, der späteren Frau Diede, einer engen Freundin Wilhelm von Humboldts.
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Dennoch hält Wiederhold um die Hand Henriettes bei dem wohlhabenden Regimentsarzt Dr. Meyer an. Dieser gibt ihm zur Antwort, „…seine Tochter gäbe er keinem Leutnant zur Frau, sie sei eines Generals wert.“ Das ist sehr kränkend für den jungen Offizier. Der kühne Bewerber läßt sich deswegen nach Kassel versetzen , wird dort Stabs-Kapitän, nimmt aber Abschied und kämpft in verschiedenen Regimentern u.a. auch im Rheinkrieg, wo er sich den preussischen Orden pour le merite verdient. tritt durch Vermittlung des Grafen Waldeck in die portugiesische Armee als Offizier ein. Er nennt sich ab nun von Wiederhold. Aber auch während des Portugal-Aufenthaltes wird die Korrespondenz des Liebespaares niemals aufgegeben und läuft, wie immer, über Charlotte Diede, geb. Hildebrandt in Lüdershausen.
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In der Heimat Rinteln muss nun Vater Meyer schnellstens seine Tochter Henriette verheiraten. Zeitzeugen beschreiben Henriette wie folgt: (Sie) „… war ein kokettes, leichtfertiges, wenig tiefes Mädchen von allerdings auffälliger Schönheit.“ und „Sie verbreitet starken Zauber im Raum“.
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Der 1745 geborene Amerikakämpfer Johann Jacob Lotheisen, gewesener Regiments-Quartiermeister im Hessischen Leib Infanterie Regiment, jetziger Regierungssekretär und Konsistorial-Sekretär in Rinteln hat schon lange ein Auge auf das schöne Mädchen geworfen. Er stammt aus einer in Hessen-Kassel und in Rinteln gut angesehenen Familie Er wurde zum Freimaurer in der Loge Zum gekrönten Löwen in Kassel aufgenommen, hier in Rinteln besucht er die Loge Wilhelm zum Nesselblatt, der er später beitritt. Mehrere Familienmitglieder seiner Familie sind ebenfalls Freimaurer, ein Großmeister ist ebenfalls darunter.
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Seine 1775 anlässlich einer Fahnenweihe des Regimentes in Kassel gehaltene Rede „Von dem Vorgange und den vornehmsten Pflichten des Militairstandes“ hat große Wirkung in Kassel erzielt, sodass diese auf einem Quartbogen gedruckt und verkauft wird.
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In Rinteln tritt Lotheisen 1788 als Mitglied der Loge Wilhelm zum Nesselblatt auf der Spenderliste von Geld oder Büchern für North Carolina neben u.a. den Professoren Hassencamp und Rullmann in Erscheinung.
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Kaum hat Wiederhold Rinteln verlassen, taucht der ehemalige Kriegskamerad aus Amerika Lotheisen bei Dr. Meyer als Bewerber für Henriette auf. Lotheisen ist ein ernsthafter junger Mann aus gutem, wohlhabenden Hause. Schon lange verkehrt er freundschaftlich im Hause Meyer. Dieser Mann war Vater Meyer als Freier willkommen. Henriette aber erklärt, sie werde niemals von dem Geliebten Wiederhold lassen, auch wenn dieser in am Ende der Welt weilen würde. Wenn aber der Bewerber Lotheisen damit einverstanden wäre, dass sie nur seinen Namen tragen würde, nicht aber eine liebende Gattin werden könne, würde sie ihn heiraten. Lotheisen ist in schwerem Konflikt, er kennt Wiederhold aus Amerika, wo er ja selbst mit ihm als Offizier gedient hatte, ist durch seine Ehrbegriffe hin- und hergerissen, stimmt aber letztlich diesem Arrangement zu. Henriette wird allerdings nicht müde, zu betonen, dass sie vor der Welt zwar Frau Lotheisen sei, in Wirklichkeit aber die Braut Wiederholds bleibe. Ständig versicherte sie in Briefen Wiederhold ihrer Treue.
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Die Ehe bleibt naturgemäß kinderlos, die Ehrbegriffe der damaligen Zeit zollen Tribut an die Gefühle.
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Wiederhold zeichnet sich in Portugal aus und macht schnell Karriere, wird schließlich sogar General-Major. Er kehrt nach Kassel und Rinteln zurück und wird wieder in hessischen Diensten in Kassel aufgenommen.
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In angemessener Zeit nach Lotheisens tödlichen Schlaganfall vom 27. Juni 1792 hält Wiederhold erneut bei Dr. Meyer um die Hand seiner Tochter an, jetzt sei er ja General, denn nur einem solchen wolle er ja seine Tochter anvertrauen und wird erhört. Endlich, endlich wird aus dem romantischen Liebespaar ein Ehepaar. Man nimmt Wohnung in Kassel. Dort werden dem Paar zwei Söhne, Friedrich Henrich Wilhelm im Oktober 1795 und Friedrich Wilhelm Christian im September 1796 geboren. Der ältere Sohn stirbt kurz vor der Geburt des Jüngeren.
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Erneut zieht von Wiederhold mit seiner kleinen Familie nach Portugal. Hier stirbt seine geliebte Henriette 1796 im Kindbett des dritten Kindes.
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Die kurze Ehe und das verwehrte Glück hat von Wiederhold nie wirklich verkraftet, wird zu einem einsamen Mann, der sich mehr und mehr auf militär-schriftstellerische Arbeiten stürzt.
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Am 26. Oktober 1810 stirbt Bernhard Wilhelm von Wiederhold in Lissabon. Sein Ruf in Portugal ist dem des Schaumburg-Lipper Grafen ebenbürtig. Noch heute existiert in Lissabon ein Denkmal von ihm.
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Die 1814/15 wiedergegründete Loge [[Wilhelm zum Nesselblatt]] in Rinteln führt im ersten gedruckten Mitgliederverzeichnis von 1816 einen Leutnant Philipp Wiederhold als Freimaurergeselle aus Kassel bis ins Jahr 1820 auf. Er ist es natürlich nicht, aber wäre das nicht ein schönes Ende der Geschichte, wäre er ein Sohn dieses Liebespaares?
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=== Professor  an der Universität Rinteln Johann Matthäus Hassencamp ===
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Ein Forscher, ein Netzknüpfer trifft Lessing und [[Benjamin Franklin]].
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… war Mathematiker, Physiker, Freimaurer, theologischer Aufklärer, Orientalist, Dichter und sozusagen erster deutscher Professor für Experimentalphysik. Er ließ Drachen steigen, um die Elektrizität zu messen, genauso prall voller Leben und Experimentierfreudigkeit sind seine theologischen und physikalischen Schriften.
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Wer war dieser Mann, der, wie seinerzeit schon Pythagoras, Mathematik und Religion verbindet und das Gedankengut der Freimaurer gleichermaßen verinnerlichte und lehrte? In allen dreien konnte Hassencamp seinen Hang zur Mystik ausleben, seine Neugier, immer wieder neue Erkenntnisse zu gewinnen, verwirklichen. In einer Schrift von 1797  charakterisieren ihn die Autoren: „Sollte man je wieder auf den Einfall kommen, in Rinteln die Professur der Mathematik und der morgenländischen Sprachen miteinander zu verbinden; so wird man Mühe haben, ein Subjekt ausfindig zu machen, welches zu beiden ungleichen Prädikaten so gut paßte, als dieses.“
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Verfolgen wir sein Leben und sein europaweites Wirken von Rinteln aus:
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Johann Matthäus Hassencamp wird am 28. Juli 1743 in Marburg als Sohn eines erfolgreichen Kaufmanns, Philipp Hassencamp, geboren. Sein Vater kann ihm seinen Beruf nicht vermitteln, denn bereits, als der kleine Matthäus 5 Jahre alt ist, verstirbt dieser. Hätte es damals schon den „TRIX-Stabilbaukasten“ gegeben, der Junge wäre sicher einer der ersten Kunden gewesen, denn schon früh ist sein Hang zum Experimentieren und zu wissenschaftlichen Dingen sehr ausgeprägt. Obwohl seine Ausbildung  auf dem Marburger Pädagogium nur als dürftig bezeichnet wird, der hier unterrichtende Professor Diel verstand es dennoch, ihm eine höhere Geistesbildung zu vermitteln .
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Mit 17 Jahren beginnt er 1760 in Marburg das Studium der orientalischen und griechischen Literatur, der Philosophie und der Mathematik, dazu noch allgemeine und besondere Staaten- und Kirchengeschichte. 1765 legt er eine textkritische Arbeit als Dissertation über den Pentateuch in lateinischer Sprache vor . Im Frühjahr 1766 wird er examiniert und verlässt Marburg, um in Göttingen weiter zu studieren. Hier wird Professor Johann David Michaelis sein Vorbild, Mentor, Förderer und väterlicher Freund. Sie liefern sich einige heftige schriftstellerische Dispute zu Bibelthemen, ohne dass ihre Freundschaft darunter leidet. Immer wieder gibt es in ihren Werken Hinweise auf Werke des anderen. Später wird Hassencamp die selbst verfasste Lebensbeschreibung Michaelis’ mit Anmerkungen und Hinzufügung eigenen Erlebens herausgeben.
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Als am 19. Juli 1766 die Herren Robert Lowth, Bishop of Oxford und Benjamin Kennicott, Oxford Bible Scholar in einer außergewöhnlich feierlicher Runde in die Göttinger Royal Society of Science (Sozietät der Wissenschaften, der heutigen Akademie der Wissenschaften) aufgenommen werden, sind auch Sir Dr. John Pringle, kgl. Brit. Leibarzt, und der amerikanische Buchdrucker, Verleger, Politiker, Diplomat, Schriftsteller und Naturwissenschaftler Benjamin Franklin, der spätere amerikanische Präsident (er wohnte zu dieser Zeit in London) anwesend.
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Beide Männer sind bereits Mitglieder in der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Gesellschaft. Die Herren werden Professor Michaelis vom hannoverschen Minister v. Münchhausen und von Behr, dem hannöverschen Staatsminister in London brieflich sehr warm und freundlich anempfohlen, Pringle korrespondierte schon seit Jahren mit Michaelis.
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Hassencamp wird später hierzu schreiben:
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„Gerade dahmals, ich war um diese Zeit auch schon beynahe ein Vierteljahrhundert alt, studirte ich in Göttingen und hatte Gelegenheit, beide Männer kennen zu lernen. Franklin, das erinnere ich mich noch wohl, war mir, ich weiß selbst nicht warum, weit interessanter, wie Pringle; vielleicht, weil ich jenen für einen practischen Philosophen und grossen Naturkenner (denn seine nachher gespielte grosse politische Rolle hätte ich mir dahmals nicht träumen lassen), und diesen nur für einen bloßen Arzt hielt.“
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Franklin selbst beschwerte sich nach der Reise über die Deutschen. Deren Hautfarbe gefiel ihm nicht, und er meinte, sie würden nur Unsitten einführen.
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Der damals schon mehr als dreißig Jahre dem Bund der Freimaurer angehörende Franklin richtete sich in seinem Leben an einen von ihm selbst aufgestellten dreizehn Punkte umfassenden freimaurerischen Tugendkatalog aus. Gern sprach er auch darüber und hatte diesbezüglich ein hohes Sendungsbewusstsein.
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Die Unterzeichner der Unabhängigkeitserklärung 1776 als auch der Verfassung der USA waren mehrheitlich Freimaurer, unter ihnen [[George Washington]] und [[Benjamin Franklin]].
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Jedenfalls keimte aus dieser Begegnung bei Hassencamp der Elektrizitätsgedanke, der letztlich zu dem 1783 und 1784 weltweit beachteten, erfolgreichen Experiment Hassencamps, erst den Pulverturm der Stadt und dann die gesamte Stadt Rinteln vor Blitzeinschlag zu schützen, führt.
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Eine weitere wichtige Begegnung hat Hassencamp am 2. August 1766: Der große Dichter und Aufklärer Gotthold Ephraim Lessing (wird 1771 Freimaurer) macht auf der Durchreise von Pyrmont bei Michaelis Station. Hassencamp schreibt über seine Begegnung mit Lessing :
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„In eben dem Sommer kam auch Lessing nach Göttingen; und der sel. Dietz (der nachher noch nach Mainz gekommen und dort gestorben ist) stellte mich ihm auf der Bibliothek vor. Dieser unser sonst grosse Landsmann, gefiel mir doch bey weitem nicht so gut, wie jene beiden Engländer. Diese, sonst als stolz verschriene Britten waren sehr leutselig und herablassend; jener Deutsche hingegen sehr hoch einherfahrend und absprechend in seinen Urtheilen, worüber der gute Dietz, der freilich auch eben so wenig, wie jener Adam, Gesellschafter des Voltaire le premier des hommes, war, mehr wie einmahl in grosse Verlegenheit gerieth.
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Doch ich kann mich irren, ich habe den Mann nachher nie wieder gesehen, noch gesprochen, und der erste Anblick, die erste Entrevue kann bisweilen trügen.“
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1781 trifft auch Goethe (wird 1780 Freimaurer) zu einem Besuch bei Michaelis in Göttingen ein, Hassencamp lehrte jedoch bereits in Rinteln, kann für diese Reise nicht so lange dem Universitätsbetrieb fernbleiben.
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Seine 1769 in Rinteln veröffentliche Schrift „Kurze Geschichte der Bemühungen, die Meereslänge zu bestimmen“, erhält in Hamburg und in Schifffahrtskreisen zeitweise ziemliche Berühmtheit.
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Nach Beendigung seiner Studienzeit beginnt Hassencamp, seinem Vorbild Michaelis gleichtuend, im Mai 1767 eine literarische Reise durch einige Teile Deutschlands nach Holland, England (hier besucht er, wie Michaelis, die Universitäten Oxford und Cambridge) und Frankreich, er kehrt Pfingsten 1768 nach Marburg zurück. Dort wird er Magister der Philosophie, aber seine kaum begonnenen Vorlesungen bricht er ab, weil ihn am 14. Juni aus Rinteln der Ruf als ordentlicher Professor der Mathematik und der orientalischen Sprachen an der dortigen Universität erreicht. Er tritt diese Stellung jedoch erst im Oktober 1768 an, ordnet in Marburg erst seine Verhältnisse.
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Der Sommer 1770 ist durch eine Rundreise Hassencamps durch das damalige Obersachsen, Niedersachsen und durch die brandenburgischen Länder geprägt.
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Am 6. Oktober 1771 heiratet Hassencamp die Tochter des Sachsen-Eise-nachschen Rathes von Avemann. In der Ehe gab es einen Sohn, Johann Friedrich Carl Gotthelf, geboren am 6. Juni 1774 in Rinteln, der aber offensichtlich das Erwachsenenalter nicht erreichen konnte. 
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Frau Hassencamp stirbt 1791.
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Trotz anstrengender Arbeit an der Universität in den Jahren knüpft Hassencamp ein umfangreiches Netzwerk, überall wird er als ein großer und fantasievoller Redner und Wortzusammensetzer gefeiert. Später wird er für das Wort Freimaurer „Schurzfellchrist“ kreieren. Mehr und mehr wird er ein „großer Aufklärer“ genannt; als Redner ist er an den Universitäten Deutschlands sehr begehrt. Anlässlich des im Juli/August 1782 begangenen 200-jährigen Universitätsjubiläums der katholischen Julius Universität  in Würzburg hält der protestantische Professor aus Rinteln eine Festrede und würdigt in dieser die Würzburger Schuleinrichtungen, sie seien: „… so vortrefflich, daß wir wenig dabei zu erinnern, um desto mehr aber zu bewundern fanden. Wir pflegen über Erziehungsanstalten und Schuleinrichtungen viel zu reden und zu schreiben, aber wenig zu tun; hier hingegen ist es gerade umgekehrt.
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Dabei muss bemerkt werden, dass Hassencamp auch einen hervorragen Geschäftssinn hat. Neben der Universität unterhält Hassencamp ein Privatinstitut, „…in welcher Kinder von 7 bis 15 Jahren für ein jährliches Kostgeld von 100 Thalern Logis, Kost, Aufwartung, und unter der väterlichen Aufsicht des Herrn Consistorialraths Hassencamp Unterricht in der Religion, alten Litteratur, französischen und englischen Sprache, in der Mathematik, Geschichte, Geographie, Naturlehre, im deutschen Stile und im Zeichnen erhalten.“ 
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Im Januar 1778 wird Hassencamp auch noch - als Nachfolger von Nic. Funck (Funccius) - ordentlicher Professor der Beredsamkeit, Historie und Politik. In diesem Jahr wird er dann noch zum Universitätsbibliothekar ernannt. Damit ist Hassencamp zum einflussreichsten Professor der Universität geworden.
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In der Kassellischen „Antiquarischen Gesellschaft“ nimmt man ihn 1779 als ordentliches Mitglied auf.
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Trotz aller seiner Bemühungen wird er nie Professor der Theologie, lehrt in seinen Fächern weiter. Sein jüngerer Kollege und spätere Freimaurer-Bruder Georg Wilhelm Rullmann wird 1779/1780 Magister, 1786 dritter Professor der Theologie und wird 1794 2. Professor theol.
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Seinen geschäftlichen Aktivitäten treu bleibend und um ein hohes Einkommen im Alter zu sichern, kauft Hassencamp 1773 von Amtmann Beneke den ehemaligen Kühneschen Hudekamp am Harrl bei Bückeburg  und 1½ Morgen Eixisches Saatland am Harrl ebenfalls bei Bückeburg. 1784 kaufte er Land von den Post’schen Erben.  Nach seinem Tod 1799 wird das ihm ebenfalls gehörende Gut Bergdorf bei Bückeburg verkauft.
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1785 hält Hassencamp in Rinteln eine Trauer- und Gedächtnisrede bey dem Ableben Friedrich des Zweyten, Landgraf von Hessen, die dann auch als gedrucktes Heft käuflich wurde.
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Im „Kirchen- und Ketzer Almanach“ von C. Fr. Bahrdt mit dem fingierten Verlagsort  Häresiopel liest man über Hassencamp: „Das ist ein andere Mann, hellen Kopfes und edlen Herzens. Schade, daß er die Ruhe so sehr liebt! Er könnte, besonders zu Berichtigung der Bibelerklärung, viel thun“.
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Prof. Piderit nennt Hassencamp in seiner Geschichte Schaumburgs: „vielseitig gebildet“.
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Hassencamp geht keinem Streit aus dem Wege, fühlt er sich sicher. Einen Prozess, den er 1791 gegen Göschen (Verleger) wegen unerlaubten Nachdrucks seiner Übersetzung der Reisetagebücher von Bruce anstrengt, verliert er allerdings am 11. Oktober des Jahres mit Pauken und Trompeten und muss dann auch noch die gesamten Kosten des Verfahrens tragen. Umgekehrt wird ihm sogar der Plagiatsvorwurf gemacht.
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Noch bekannter am Hofe zu Kassel, als ohnehin schon, brilliert Hassencamp mit einer von ihm gestalteten: Einladung zur Feyer des Geburtsfestes Wilhelm IX in Form einer „sinnreichen Erklärung eines alten Kunstwerks im Fürstl. Cabinet zu Cassel, aus Bronze; es ist ein Ibis, auf eine Schildkröte gestellt, mit einem hornförmigen Instrument im Schnabel.“
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1785 ist Professor Hassencamp gemeinsam mit seinem Professorenkollegen Georg Wilhelm Rullmann, der Logenmeister wird, unter den Gründern der zweiten Rintelner Freimaurerloge Wilhelm zum Nesselblatt, zu deren deputierten (stellvertretenden) Logen-Meister er sich 1788 mehrfach in Briefen an den schon oben erwähnten C. Fr. Bahrdt bekennt.
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Bahrdt war Gründer der Union der Zwey und Zwanziger, oder auch Deutsche Union genannt. Dies ist eine Hallesche Winkelloge, der 16 Studenten und 6 Bürger angehören; sie wird später verboten. Eine neue Vereinigung mit diesem  Namen, als Aufklärervereinigung angekündigt, bildete nun ebenfalls Logen, „… die an jedem Ort eine Lesegesellschaft errichteten soll und den dortigen Buchhändler oder sonst einen geschickten Mann anwirbt, welcher die mechanische Leitung der Lesegesellschaft besorgt und zugleich der Kollekteur und Spediteur der Union ist, sodass von Stund an die Union an allen Orten Deutschlands ihre Komptoirs hat, durch die die Mitglieder der Union ihren Buchhandel betreibet“.
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In geheimen Anwerbeschreiben gelingt es zuerst tatsächlich, diese Union als Ableger der Illuminaten darzustellen, in Wirklichkeit will diese Vereinigung sich nur mit fremden Federn schmücken, Werbung machen und den gesamten Buchhandel Deutschlands schnell in die Hand bekommen. Den Mitgliedern werden schwere Eide und striktes Stillschweigen auferlegt, jedoch kommt der „Orden“ nicht über die ersten Ansätze hinaus. Der berühmte Freimaurer und Illuminat Bode, enthüllte die Absichten Bahrdts als einen Versuch, der lediglich auf Geldschneiderei hinauslief.
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Dieser  Gründer der Deutschen Union Bahrdt hat dadurch keinen guten Ruf. Verschiedentlich nannte man ihn sogar den „Thersites der Aufklärungszeit“ (gr. Mythologie: schmähsüchtig und daher verachtenswerter und erfolgloser Demagoge). Als feststeht, dass er, der rechtskräftig Verurteilte hinter allem steckt, ziehen sich viele der schon angeworbenen Männer, besonders Professoren, Theologen und überregional agierende Kaufleute und Beamte wieder zurück. Noch im Gefängnis gibt Degenhardt Pott im Auftrag Bahrdts eine Mitgliederliste, in der auch Hassencamp angeführt wird, heraus. Sie stellt sich aber schnell an vielen Stellen als gefälscht heraus. Es werden oft lediglich die Namen, die für eine Mitgliedschaft vorgesehenen, seinerzeit angeschriebenen Herren aufgeführt.
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Professor Hassencamp, der lebenslang auf der Suche nach neuen Erkenntnissen ist, führte mit diesen unbekannten „Würdigen Männern“ im Jahre 1788 ernsthaft gemeinte Korrespondenz und bietet sich devot an, im Falle der Aufnahme in diesen Kreis, „… werde ich Ihnen noch einige vielleicht nicht unangenehme Eröffnungen machen.“  Welcher Art diese Erkenntnisse wohl sein sollten, ist nicht aktenkundig.
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Aus entsprechenden Forschungen von Professor Dr. Günther Mühlpfordt, Halle zur Deutschen Union wissen wir, dass Hassenkamp auf seinen Reisen zur Leipziger Messe, stets auch in Halle, einer der beiden Zentralen (die andere ist in Leipzig) die Deutsche Union besucht hat. Er ist Mitglied in beiden Leitungsgremien. Des Geschäftstüchtigen persönliches Ziel aber ist es, mit Hilfe der Deutschen Union seine „Theologischen Annalen“ zu verkaufen, jeder Korrespondent und jedes Mitglied sollte seine Zeitschrift abonnieren.  Seine Mitgliedschaft hatte also auch hier ganz handfeste geschäftliche Motive.
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Durch seine aktive Mitgliedschaft in der Deutschen Union, die selbstverschuldet von den Gegnern in die Richtung der Illuminaten gedrängt wird, haftet Prof. Hassencamp bis heute unberechtigterweise der Ruf eines führenden Illuminaten an.
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Bei seinen freimaurerischen Aktivitäten und gegenseitigen Logenbesuchen trifft Hassencamp auch den mit Kapitän Cook gereisten Johann Georg Forster zusammen.
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Dieser Forster ist seinerzeit in Deutschland sehr angesehen und ist enthusiastischer Freimaurer, reist viel und hält Vorträge. Er wird später einer der Gründer der sog. Mainzer Republik, wendet sich aber der Freimaurerei ab.
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Neben den philosophischen Gedanken der Freimaurerei und dem symbolsprachlichen Lehrinhalt wird in der jungen Loge auch fleissig der freimaurerische Gedanke der Caritas gepflegt. Dies hatte die erste Rintelner Loge nicht geschafft. Wir wissen von einer nicht unbeträchtlichen Spende von Büchern und Geld der Loge Wilhelm zum Nesselblatt und seinen Mitgliedern an die deutschen, lutherischen Kinder in North Carolina . Sicher bewirkten die Kollektengelder der Loge auch in Rinteln positive Effekte. Unterlagen hierüber sind allerdings nicht mehr zu finden, schon damals gingen Freimaurer ungern an die Öffentlichkeit: Tue Gutes und rede nicht darüber!
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Die bekanntesten Werke Hassencamps werden nun die von ihm seit 1789 periodisch herausgegebenen Annalen der neuesten theologischen Literatur- und Kirchengeschichte, die nach seinem Tode von seinem Freund und Freimaurer Professor Wachler und danach von Professor Schwarz weitergeführt werden. Sie sind bis heute unbestechliche Quellen kirchlicher Forschung. Auch seinem Bruder Rullmann gibt er breiten Raum bei dessen Veröffentlichungen.
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Hassencamps vielfache exegetische und mathematische Abhandlungen finden in ganz Europa Gehör, folgerichtig wird Prof. Hassencamp 1789 zum „Hessen-Casselischen Consistorialrath mit Regierungsrathsrang“  ernannt. Mit dem Aufklärer, Schriftsteller und Herausgeber, einer des sog. Weimarer Viergestirns, [[Christoph Martin Wieland]] korrespondierte er im September 1790 wegen der Ablehnung der Lehren Lavaters.
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Als sich im Jahre 1793 in Rinteln das erste hessische Freimaurerverbot zu greifen droht, er hatte davon über sein geknüpftes Netzwerk und in seiner Funktion als Konsistorialrat rechtzeitig aus Kassel erfahren, weicht Hassencamp, gemeinsam mit seinem Freund und Logenbruder Advokat Dr. jur. König aus Rinteln nach Rotenburg an der Fulda aus. Man hofft, dass hier im Unter-Herrschaftsbereich Hessen-Rotenburg, er kannte auch Carl Landgraf von Hessen-Philippsthal persönlich, das Hessen-Kasselische Verbot nicht greifen würde. Dort sind beide schon 1793 im handgeschriebenen Mitgliederverzeichnis der Loge Constantin zu den 3 Kränzen  aufgeführt. Dieser schnelle Kontakt lief sicherlich über den Kanzleirat Dr. König aus Rotenburg, einem Verwandten des Rintelner Anwalts und ebenfalls Mitglied der Rotenburger Loge. Hier treffen sie u.a. auf Dr. Faust aus Bückeburg und weitere für Hassencamps Netzwerk wichtige Persönlichkeiten, wie Mitglieder der Familie des Kanzleirates Hüpeden, wovon bereits ein Familienmitglied als Rintelner Student in der ersten Rintelner Loge Zum Löwen  mitwirkte.
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Doch auch diese Loge kann dem Freimaurerverbot nicht entgehen. Über weitere Aktivitäten Hassencamps freimaurerischen Inhaltes wird nun nichts mehr bekannt.
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Am 6. Oktober 1797 stirbt Professor Hassencamp in Rinteln. Selbst eine Viertelstunde vor seinem Tod soll er noch Pakete und Briefe, die mit der Post versendet werden sollten, durchgesehen haben. Diese Geschichte würde, wenn sie wahr wäre, zu diesem umtriebigen Universalgelehrten, ständig Suchenden, gläubigen Christ Aufklärer und Freimaurer passen.
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Rinteln und die deutsche Freimaurerei halten ihm ein ehrendes Angedenken.
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=== Johann Jacob Piel ===
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Ein Rintelner Leutnant trifft General Washington
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Am 20. April 1776 traten in Rinteln 9 Männer zusammen, um die Loge ZUM LÖWEN zu gründen, unter ihnen die Leutnants Johann Jacob Piel und Hermann Henrich George Zoll des Füsilierregimentes von Loßberg.
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Piel war 1743 in Bremen geboren und bei der Logengründung bereits Freimaurermeister, wir wissen allerdings nicht, bei welcher Loge er aufgenommen (als Lehrling) und seine maurerische Belohnungen (als Geselle und Meister) erhalten hat. Piel wurde 1776 als Regiments-Adjutant von Oberst Rall Amerikakämpfer im Loßbergschen Regiment, welches Landgraf Friedrich II aufgrund von Verträgen mit Großbritannien als Kampftruppe in Amerika einsetzte, zeichnete sich dort aus. Nach der durch General Washington erlittenen schmachvollen Niederlage Weihnachten 1776 in Trenton geriet Piel in Gefangenschaft. Sein bekanntes Tagebuch von 1776 - 1783 ist in der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek in Kassel unter der Signatur 4° Ms. Hass.188 verwahrt.
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Dieses Tagebuch wird noch heute in Amerika als ehrlichste und akkurateste Schilderung der Vorgänge um Trenton und besonders für die Zeit der Gefangenschaft und der Zeit in Kanada anerkannt. Noch immer sind Bücher, die Auszüge des Piel’schen Tagebuchs in ihren Inhalt einbinden, Bestseller in den USA. Seine Lagezeichnung nach der verlorenen Schlacht von Trenton ist Legende.
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Die damaligen Verhörprotokolle der amerikanischen Armee 1777 charakterisieren Leutnant Piel wie folgt:
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„He spoke but little in his favour, yet he won all our hearts by his kind and friendly conduct. “ Übersetzung: „Er sprach nur wenig zu seinen Gunsten, schnell gewann er durch sein liebenswertes und freundliches Auftreten alle unsere Herzen.“
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General Washington lädt einige Offiziere der englischen und hessischen Regimenter, die er sich in seinem Tagebuch vermerkt hatte,  in Newton zu einem halb privaten, gemeinsamen Essen ein, unter ihnen auch Leutnant Piel. Die anderen Offiziere speisten bei General Stirling. Nun muß man wissen, dass Washington und viele seiner Offiziere ebenfalls überzeugte Freimaurer waren und diese Gemeinsamkeit bestimmt neben der zeittypischen Ehrung des Gegners auf Offiziersebene ein bedeutendes Kriterium bei seiner Auswahl für diese Einladung war.
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Piel schreibt über Washington in seinem Tagebuch: „Aus dem Gesicht dieses Generals leuchtet der große Mann nicht hervor, wofür er durchgängig gehalten wird. Seine Augen haben gar kein Feuer. Allein sein lächelnder Zug seiner Miene, wenn er spricht, flößt Liebe und Hochachtung für ihn ein.“ Washington hatte sich bereits in Trenton den Namen Piel in seinem Notizbuch notiert.
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Nach der Freilassung 1778 wird Leutnant Piel noch in Amerika anlässlich der Kanada-Expedition zum Capitain befördert. In den Hessischen Kalendern wird er 1784 als „Staabs Capitain“ beim Regiment Alt-Loßberg gemeldet.
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1784 ist Kapitän Piel wieder aktives Mitglied der Loge Zum Löwen. In Rinteln. In Amerika hatte Piel sich mit Major von Altenbockum angefreundet; nach der Rückkehr führte er diesen der Freimaurerei zu und arbeiteten gemeinsam in unserer Rintelner Loge.1790 verlieren wir beide freimaurerisch aus den Augen.
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In den Einwohnerbüchern des Bremer Stadtteils „Der Schnoor“ von 1796 wird [[Johann Jacob Piel]], Grenadier-Capitain aufgeführt.
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Piel starb unverheiratet am 19.11.1806 in Bremen als Grenadier-Hauptmann in Stadt-Bremischen Diensten. Das Intelligenzblatt der Allg. Literatur-Zeitung vom 3. Januar 1807 ehrt ihn in einem Nachruf:
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„Er war ein gebildeter Mann und genoss die Achtung aller, die ihn  kannten. In den früheren Musen-Almanachen finden sich mehrere Gedichte von ihm.“
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Ob Johann Jakob Piel in Bremen in einer Loge eingetreten ist, konnte nicht ermittelt werden, die entsprechenden Matrikeln der Bremischen Logen weisen seinen Namen nicht aus.
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=== Johann Heinrich Beermann, Oberkammerrat ===
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*[[Carl Philipp Brinkmann]], Platzmajor
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*[[Johann Carl W.S. von Westphalen]], Stadtkommandant
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*[[Philipp Carl Süß]], Regierungsprocurator
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Das Drama um ein kleines Gärtchen und vorbildliches Freimaurerisches Verhalten
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Die im Titel genannten Herren sind Hauptpersonen in einem durch unehrenhaftes Verhalten eines unwürdigen und teilweise ehrabschneidenden Geschehens zwischen 1821 und 1830, angezettelt durch einen habsüchtigen, gewalttätigen, egozentrischen , und herrschsüchtigen Stadt-/Festungs-Kommandanten, des Generalmajors Johann Ernst Friedemann Wilhelm von Westernhagen. Er glaubt fest an seine bevorzugte und herausragende Stellung, seinen Rang und an die persönliche Rückenstärkung durch den Kurfürsten Wilhelm II.
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Schulrat Karl Vogt hat 1952 diesen Streit im Kommandantenhaus ausführlich dokumentiert . Auf seiner Dokumentation beruht nachstehende Schilderung des Geschehens.
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Wir kennen Rintelns Freimaurer dieser Zeit bereits aus dem Prolog, erfahren Ihren Beruf und ihre Funktionen in der Loge.
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Zur Begriffsbestimmung der damaligen militärischen Ränge beginnen wir unsere kleine Geschichte mit deren Definitionen.
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Die Stellung des Festungskommandanten unter dem Festungsgouverneur war hauptsächlich eine Versorgungsstelle für verdiente Truppenoffiziere, die nicht mehr für den Kriegsdienst verwendungsfähig waren, gedacht. Sie wurden damit allerdings auch zu militärischer Untätigkeit verdammt. Eine Festung hatte dieses Amt nicht, denn Rintelns Wälle waren geschleift. Zudem war damals die kurhessische Exklave Grafschaft Rinteln mit seiner Hauptstadt Rinteln als „hessisches Sibirien“ verschrien. Die Aufgabe des Kommandanten bestand vor allem in der Organisation und Aufrechterhaltung der militärischen Funktion der Festung und des Wachdienstes.
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Ein Platzmajor (ehemals Wachtmeister-Leutnant) ist derjenige Offizier, der dem Kommandanten von Festungen zugeteilt ist und der meistens in dessen Auftrag den Garnisons- und Wachdienst regelt. Der Platzmajor gibt die Parole und die Befehle aus, ordnet ggfs. auch die Einquartierung der Garnison und durchmarschierender Truppen .
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Früher war der Platzmajor stets auch ein Major, später mitunter auch ein Hauptmann. Er stand in einem ähnlichen Verhältnis zum Kommandanten wie ein Adjutant zum Truppenkommandeur.
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In unserer Geschichte stoßen drei Generationen aufeinander; hier der alternde, sich abgeschoben fühlende, befehlsgewohnte Generalmajor, dort der junge, kompetente Platzmajor, der nichts weiter, als sein ihm zustehendes Recht bekommen (seine Gerechtsame wahren), und damit sein Einkommen sichern will. Mittendrin und ungewollt in diesen Streit hineingezogen die mittlere Generation der Beamten von Behörden der Stadt und der Regierung in Kassel.
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Bruder Johann Carl Wilhelm Sittig von Westphalen , bis 1819 Festungskommandant, und sein Platzmajor Dietrich, der bis 1820 das Amt innehatte, regelten Ihr Zusammenleben und ihre Einkünfte, es gab keinerlei Streitigkeiten. 1817 wurden für beide Ämter umfangreiche Vereinbarungen getroffen. Dabei verzichten beide auf Territorien gegen Entschädigung und auch das Zusammenleben im Kommandantenhaus. Sie waren u.a. nötig, um den zurückgekehrten Gouverneur von Biesenrodt ein anständiges Einkommen zu gewährleisten. In diese Vereinbarungen steigt 1821 der Festungsgouverneur Prinz zu Solms-Braunfels ohne weitere Veränderungswünsche ein. Das Amt übernimmt er deswegen erst jetzt, weil sich seit Ende des Königreiches Westfalens bis jetzt sich kein Offizier für dieses Amt fand.
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Das Amt des Festungskommandanten wird bereits 1814 mit Br. Oberstleutnant von Westphalen besetzt. Der Festungskommandant v. Westphalen, Mitgründer der Loge Wilhelm zum Nesselblatt wird 1819 nach Karlshafen versetzt, tritt aber diese Stellung offensichtlich gar nicht an. Er wird bereits1820 als Oberst i.R. wohnhaft in Rinteln aufgeführt. Seine Stelle bleibt 2 Jahre unbesetzt, bis Generalmajor v. Westernhagen im Juli 1821 zum Kommandanten ernannt wird.
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Platzmajor Dietrich demissionierte im März 1819 zeitgleich mit der Versetzung von Kommandant v. Westphalen. Am 17. Februar 1820 zieht der neue Platzmajor, Stabskapitän im Gardegrenadierregiment Bruder Carl Philipp Brinkmann (manchmal auch Brinckmann geschrieben) in das Kommandantenhaus ein und übernimmt die Arbeit und die Einkommensquellen, die zu diesem Amt gehören. Er war am 18. April 1772 in Rinteln geboren, trat am 10. Oktober 1787 als Fahnenjunker in das Regiment v. Loßberg ein, wurde darin am 27. April 1797 Fähnrich, am 8. Juni 1798 Second- und am 6. Juni1806 Premierleutnant.
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Brinkmann hat die Feldzüge 1793 und 1794 gegen Frankreich, auch die sog. Expedition nach der Insel Wight mitgemacht und war 1794 in Ypern in französische Gefangenschaft gefallen. Am 1. November 1806 (Königreich Westphalen) wurde er „beurlaubt“, war dann ohne Dienst, wurde 1809 kgl. westphälischer Kreiseinnehmer (Cantonsreceveur) in Eimbeck, trat aber am 16. Januar 1814 erneut in das kurhessische Militär als Stabskapitän im Regiment von Biesenrodt ein und ging mit diesem am 2. Mai 1816 in das Garderegiment über, erhielt dann die Platzmajorstelle in Rinteln.
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Brinkmann ist Gründungsmitglied der Freimaurerloge Wilhelm zum Nesselblatt in Rinteln, übernimmt auch hier Amt und Verantwortung. Brinkmann stirbt am 19. März 1842 in Rinteln.
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Im Herbst des Jahres 1821 zieht Generalmajor Johann Ernst Friedemann Wilhelm v. Westernhagen in die Wohnung des Kommandanten im Kommandanturhaus ein, und es gibt sofort Streit.
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Von allen bestehen alten Vereinbarungen zwischen Kommandanten und Platzmajor für die Gärten vor und hinter dem Kommandantenhaus, sowie des kleine Baum- und Gemüsegarten beim Eingang in den Wall links vom weißen Turm (Das Plätzchen) will der neue Kommandant nun nichts mehr wissen. Bisher gelang immer freundliche, gütige Einigung. Doch nun plötzlich entzündet sich daran ein Streit in einem unfassbaren Umfang, angezettelt vom Kommandanten. Diese Affäre erinnert stark an den in moderner Zeit durch die Medien gelaufenen Streit mit dem Spottnamen „Maschendrahtzaun“.
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Im Kommandantenhaus mit seinen „Wohnungen auf dem Wesertor“ wurde lange einträchtig nebeneinander gewohnt, auch die ebenfalls hier wohnenden Ingenieur-Offiziere, Oberstleutnants und Hauptleute. Nun aber fordert dieser neue Kommandant die „Wiederherstellung seiner zerrütteten Vermögensumstände“ und die „Verbesserung der schlechten Lage seiner Kasse“. Wenigstens war er deutlich.
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Die Wohnung sei ihm nicht rechtzeitig ausgehändigt worden beschwert sich der Kommandant. Es wäre Aufgabe des Platzmajors gewesen, ihm bei der Ankunft in Rinteln die Wohnung sofort zu übergeben. Stattdessen habe sie der doch schon ab 2.3.1819 nach Karlshafen versetzte ehemalige Kommandant v. Westphalen bis zum 19. Oktober 1820 inne gehabt. Er habe sich deshalb mit seiner zahlreichen Familie bis zu diesem Tage mit zwei schmutzigen Gasthauszimmern behelfen und im Gasthaus 121 Taler verzehren müssen.
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Platzmajor Brinkmann stellt diese Beschuldigungen richtig, indem er konstatiert: Die Wohnung sei zwar bei der Ankunft des Generals noch nicht frei gewesen und erst am 10.10. von Kommandant v. Westphalen geräumt worden, allein die Verzögerung könne nicht ihm zur Last gelegt werden, denn er habe alles getan, was er gegenüber der Würde des Obersten v. Westphalen vermochte. Außerdem sei ja sowieso erst am 16.10. die Wohnungseinrichtung des neuen Kommandanten in Rinteln angekommen. Das Logis im besten Gasthaus am Platz habe übrigens die Stadt bezahlt.
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Das war nun zu viel Recht, das ein ihm untergeordneter Offizier bekommt. Als nächstes beschwert sich der Kommandant, der Platzmajor hätte die bessere Wohnung im Haus, auch verfüge diese über den größeren Hofraum, über mehr „Gebäulichkeiten“ als der Kommandantenhof und über einen Stall für 12 Pferde, während er, Kommandant v. Westernhagen, auf einen kleinen Holzstall beschränkt sei, den er für seine Pferde habe extra bauen lassen müssen.
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Erneut muss Platzmajor Brinkmann klar- und richtig stellen: Seine Wohnung gehörte schon immer dem Platzmajor und macht hierzu lange, sachliche Beweisangaben, widerspricht dem Kommandanten, dass 12 Pferde in der kleinen Krippe, die er zudem nur für seine eigene Ökonomie verwende, Platz hätten. Der Stall auf der Hofseite des Kommandanten sei auch bereits durch Oberst Bauer (Kommandant von 1801 – 1806) vor 1806 an den vorhandenen zweistöckigen Stall angebaut worden. Es sei darin Platz für drei Pferde und es wären lange Zeit sogar 4 Pferde in diesem Stall gestanden. Es sei wohl nicht zu bezweifeln, dass darin auch das einzige Pferd des Generals Platz finde.
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Sauber und ordentlich argumentiert Platzmajor Brinkmann, und Gouverneur Prinz zu Solms-Braunfels bemüht sich, Ruhe und Frieden einkehren zu lassen. Er durchschaut nicht sofort die miese Taktik des Kommandanten, lässt daher ein Gutachten erstellen, welches zu dem Ergebnis kommt, beide Wohnungen seien völlig gleich, die Kommandantenwohnung befinde sich sogar im besseren Zustand.
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Nun zerrt v. Westernhagen den Platzmajor vor das Geheime Kriegskollegium, lässt dabei gegenüber dem rangniedrigen Platzmajor jegliche Offiziersehre und Fairness fallen. Obwohl sich Brinkmann, wie er sich ausdrückt, „…trotzdem jederzeit bemüht ist, die Grenzen der Ehrerbietung zu halten“, lässt ihn v. Westernhagen nicht zufrieden. Er sucht immer wieder Grund zum Streit, schiebt für seine Querelen ständig seinen höheren Dienstgrad vor, beschuldigt den Platzmajor in einem Schreiben an das Geheime Kriegskollegium sogar der Subordination. Das ist das schlimmste Verbrechen eines Offiziers. Ständig umgeht der Kommandant aber selber den Dienstweg, am Gouverneur von Rinteln vorbei.
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Jetzt reicht es, meinte nun auch das Kriegskollegium in Kassel. Man bezeichnete die Briefe v. Westernhagens als „ungebührlich“, ja sie trügen „den Stempel des Unschicklichen und Unanständigen“ konstatierte das Gremium, nachdem alle Unterlagen gesichtet wurden. Man befahl dem Gouverneur Prinz zu Solms-Braunfels den Kommandanten v. Westernhagen „zur Ruhe ernstlich anzuhalten“.
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Das schmerzt den Generalmajor und er denkt sich immer perfidere Beschuldigungen für den Platzmajor aus.
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Jetzt geht es um das sog. Plätzchen, ein Fleckchen Gartenland von 14 Fuß Breite und Tiefe am Exter-Mühlenkanal, das er widerrechtlich in Besitz nimmt, dann wieder um das zur Wohnung des Platzmajors gehörenden Stallgebäude; schließlich lässt er von einem Rintelner Tischlermeister an der Laube auf dem Plätzchen unerlaubt Arbeiten durchführen. Platzmajor Brinkmann bleibt bei seiner untadeligen Haltung gegenüber seinem Vorgesetzten, dennoch verteidigt er erfolgreich auch diese Angriffe.
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Es wird geschrien und gepöbelt, erneut Subordination skandiert; jetzt beschuldigt der Kommandant den Platzmajor beim Gouverneur, Brinkmann würde ihn durch seine ausgebreitete Verwandtschaft in Rinteln in ein nachteiliges Licht setzen. Prinz zu Solms-Braunfels antwortet auf solche lächerlichen Beschwerden überhaupt nicht mehr. Was macht v. Westernhagen? Er bombardiert erneut das Geheime Kriegskollegium in Kassel mit Schreiben und Beschwerden wegen des „Plätzchens“. Dieses aber entscheidet eindeutig, es gehöre dem Platzmajor. Wumms, wieder eine Niederlage, doch Brinkmann zeigt seinen Triumph nicht öffentlich, er bleibt besonnen. Da braust der Kommandant auf, er hätte dieses Plätzchen „direkt vom Kurfürsten“ erhalten und nur dieser könne es ihm wegnehmen. Auf diese seltsame Argumentation geht niemand in Rinteln und Kassel mehr ein.
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Weil er so gar nicht weiterkommt, greift v. Westernhagen jetzt seinen Vorgesetzten Gouverneur Prinz zu Solms-Braunfeld direkt an, beschuldigt ihn der zu großen Nachsicht gegenüber dem doch eigentlich ihm untergeordneten Platzmajor und verlangt zunächst erfolgreich eine Neuaufnahme der Verhandlungen. Noch einmal werden Beschwerden, Berichte, Reskripte hin und her geschrieben, doch nun verliert der Prinz endgültig die Geduld. Er bittet Kassel, den Generalmajor auszuschalten. Zeitgenossen bezeichnen den Prinzen als überlegenen, taktvollen und gütigen Menschen, doch irgendwann reißt auch ihm der Geduldsfaden.
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Die Entscheidung des Kollegiums ist wieder einmal eindeutig: Das „Plätzchen“ ist Teil der Emulente (Dienstnutzung) zum Einkommen des Platzmajors. Punkt! Der Chef des General-Kriegsdepartments, Cochenhausen, bittet den Kurfürsten, anzuordnen „dass der Generalmajor zur Ruhe und Eintracht mit dem Platzmajor und zur Folgsamkeit gegen den es mit ihm wohlmeinenden Gouverneur verwiesen werde“.
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Als nun alles nichts genützt hat, denn Platzmajor Brinkmann hat mit seiner sachlichen, offenen und ehrlichen Art und Weise, freimaurerische Gesinnung bewiesen und sich durchsetzen können, geht v. Westernhagen zu einem weiteren Angriff über. Er beschuldigt den Platzmajor Schifffahrts- und Kommandantengelder zu unterschlagen.
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Dieses wird von beladenen Schiffen erhoben, die die Fährlinie oder Brücke passierten, und zwar nach dem sog. Bauerschen Tarif. Für Leerschiffe ist ein Schreibgeld zu entrichten.
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Wieder geht es vor das Kriegskollegium in Kassel. Der ehemalige Kommandant v. Westphalen wird um ein Gutachten gebeten. Er kommt zu dem Ergebnis, das dieser vom Zaun gebrochene Streit dem Kommandanten nicht zur Ehre gereicht, denn Platzmajor Brinkmann, der seit 1820 die Abgaben erhebt, habe überaus korrekt gehandelt und abgerechnet. Da der Kommandant sich nun auch persönlich an der Mautstelle sehen lässt, mit den hier herrschenden tumultartigen Zuständen jedoch nicht klar kommt, legt Brinkmann ihm spöttisch nahe, seinen Anteil an ihn zu verpachten. Brüsk lehnt der Stadtkommandant ab. Er beschuldigt Brinkmann aber weiterhin der Unterschlagung von eigentlich ihm zustehenden Geldern.
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Wir erinnern uns, der Stadt- und Festungskommandant von Westernhagen war angetreten, „seine Vermögensverhältnisse in Rinteln zu sanieren“ und „sein Einkommen zu verbessern“ (s.o.).
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Oberkammerrath zu Rinteln, Joh. Henr. Beermann, späterer Köngl. Preuss. Regierungsrath in Aachen, führte schon damals den zivilen Schriftwechsel. Beermann ist in ganz Hessen als eine absolute Vertrauensperson bekannt und beliebt. Er ist Freimaurer und Ehrenmitglied der Rintelner und weiterer Logen, hat ein umfangreiches Netzwerk bis ins Preußische. Letztlich führt ein Zerwürfnis mit dem Kurfürsten und dessen intoleranten Regierungsführung dazu, dass Beermann in preußische Dienste tritt und in Aachen, dass damals zu Preussen gehörte, als Regierungsrat unterkommt, weit weg von den hessischen Angriffen gegen ihn.
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Beermann wirkt schon in den April- und Maiwochen des Jahres 1814 an der Verteilung und Privatisierung im Auftrag des General-Kriegskollegiums in Kassel des durch die Schleifung der Wälle entstandenen Landes mit, insbesondere die Überführung der Festungswälle in Erbpacht. Er verantwortet auch die Verhandlungen und Festlegungen der Abfindungen an Festungskommandant und Platzmajor.
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In Aachen erreichen ihn aus Rinteln immer wieder Bitten, im Streit zwischen Kommandant und Platzmajor zu vermitteln, allein Beermann betritt kurhessischen Boden nicht. Selbst 1824 folgt er der Einladung zu dem wohl letzten Johannisfest der Rintelner Loge nicht .
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Philipp Carl Süß, der spätere Bürgermeister Rintelns, wird als Untergerichtsanwalt, Auditeur und Prokurator, später als Kommissionsrath gleichermaßen immer wieder in diese unerfreulichen Streits hineingezogen. Süß ist ebenfalls Freimaurer der Loge in Rinteln und ist entsetzt über die Art und Weise der Streitführung durch den Stadtkommandanten. Er legitimiert, als Garnisonsauditeur, anschließend an das Gutachten des ehemaligen Stadtkommandanten v. Westphalen: das sog. Schreibgeld sei herkömmliches Einkommen des Platzmajors. Brinkmann selbst hält sich zurück, hat ja auch hier stichhaltige Beweise. Wieder wird allen Beteiligten deutlich, dass offensichtlich nur Habgier und Machtmissbrauch das Handeln des Stadtkommandanten zu beherrschen scheint.
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Erneut gibt sich v. Westernhagen nicht zufrieden und zettelt ein Verfahren gegen den Platzmajor wegen dienstwidrigen Verhaltens bei der Auszahlung der Schifffahrtsgelder an, obwohl er selbst, ungeachtet der Verordnungen des Kriegskollegiums in Kassel aus dem Jahre 1800, den Anteil, der dem Platzmajor zusteht, erhebt, ohne diesem den entsprechenden Anteil auszuzahlen.
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Dem Garnisons-Gouverneur, Prinz Wilhelm Heinrich Kasimir zu Solms-Braunfels, wird die Sache zu bunt, er schaltet jetzt das Kriegsdepartement in Kassel ein. Ehe aber hier über den Streitfall entschieden werden kann, ergeht eine neue Verordnung, die den Wegfall bestehender Zollabgaben, Erhebungen und Auflagen festlegt und durch eine allgemeine Abgabe ersetzt wird.
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Die schwierigen Verhandlungen der Verteilung dieser Abgabe enden 1824. Durch allerhöchster Entscheidung vom 13.7.1825 wird festgelegt, dass eine jährliche Entschädigung zu zahlen sein wird, nämlich 200 Taler an den Kommandanten und 100 Taler an den Platzmajor.
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Selbst nach seiner Pensionierung fühlt sich Generalmajor von Westernhagen „nicht pensioniert“, versucht bis zu seinem Tode am 7. 02. 1835 an zusätzliches Einkommen zu kommen. Sein Nachfolger hat es nicht leicht.
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Platzmajor Brinkmann obsiegt über die Jahre mit Ehrlichkeit, Offenheit und der Sicherheit seiner inneren freimaurerischen Haltung auf allen Gebieten. Der neue Stadtkommandant (1832-1844) Generalmajor A. C. L. v. Bardeleben wird ihm ein fairer Vorgesetzter.
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=== Epilog oder wie es gewesen sein könnte, Teil 2 ===
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Nach fast zwei Stunden lässt ein sanftes, kaum hörbares Klopfen von innen an der Tempeltür den vor sich hindösenden Adjutanten schlagartig wach werden. Kaum hat er Zeit, seinen Stuhl beiseite zu stellen, da öffnet der Wacht habende Bruder von innen weit die Tür. Heraus kommt, unter Begleitung des Zeremonienmeisters, der Repräsentant der Großloge, Br. von Westphalen, wieder ist rhythmisches Klopfen zu hören, hinter ihm schließt sich die Tür, geht aber nach ein paar Minuten wieder auf.
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Paarweise, Arm in Arm, treten die Brüder der „Kolonnen“ aus dem Tempel, ihre Gesichter sind heiter und ergriffen; und sie schweigen. Drei Schritte gehen sie, dann wenden sie sich einander zu, geben sich die Hand. Man sieht sie sich umarmen, manche sich auf die Wangen küssen, alles ist ausgesprochen herzlich. Jeder Bruder hat jetzt ein kleines Blumenbouquet am Anzug. Es sind ein weißes, ein rosa und ein blutrotes Röschen. Der Meister hatte im Tempel mit dem jüngsten Lehrling, der den Korb mit den Blumenbouquetten trug, in einem Rundgang durch die Reihen jedem Einzelnen dieses kleine Andenken an diese Arbeit in die Tasche für das Kavalierstuch gesteckt, ein paar Worte gesprochen und sich dann dem nächsten Bruder zugewandt. Eine wunderschöne Geste, finden die Brüder, sie kannten es so noch nicht.
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Zum Abschluss hatte sie der Bruder Meister und die beiden Aufseher in einem Frage- und Antwort-Dialog alle ermahnt: „Auf welcher Ebene sollen Freimaurer einander begegnen?“, fragt der Meister den ersten Aufseher und bekommt zur Antwort: „Auf gleicher Ebene, auf der Winkelwaage“. Auf die nächste Frage des Meister, „Wie sollen Freimaurer handeln?“, antwortet der zweite Aufseher: „Mit dem Senkblei in der Hand.“ Daraufhin sagt der Meister: „Und auf dem rechten Winkel wollen wir uns trennen, so sind wir zusammengekommen und so trennen wir uns nun. Mögen wir uns alle so wiederfinden.“ Jeder der Anwesenheit versteht heute die doppelte Bedeutung dieser rituellen Ermahnung.
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Es folgte ein Moment der Stille, dann dringt die Stimme des Meisters vom Stuhl erneut durch den Raum: „Gehet nun in die Welt, meine Brüder, und bewähret Euch als Freimaurer. Wehret dem Unrecht, wo es sich zeigt, kehret niemals der Not und dem Elend den Rücken und seid wachsam auf Euch selbst! Es geschehe also – ziehet hin in Frieden.“
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Das Erlebte wird besprochen, das zu erwartende Verbot - geht es vielleicht doch gut mit der hessischen Freimaurerei? Die Sorgen über fehlende Gewissheit überschattet das heitere Johannisfest.
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Hinter den Brüdern schließt sich erneut die Tür. Der Meister und die Beamten werden nun in einem kurzen Ritualgeschehen den Arbeitsteppich einrollen, die Kerzen zum Meisterpult bringen, die aufgelegten „Großen Lichter“  einräumen, dann entlässt sie der Meister formell. Durch die Tür treten mit den Ritualbeamten auch der Wachthabende und der Zeremonienmeister, der vorsitzende Meister ist nun allein. Er wird das sog. Freimaurerische Licht löschen. Damit ist der Raum wieder profanisiert. Er klopft mit dem Hammer auf sein Pult, der Zeremonienmeister hört dies, öffnet von außen die Tür, die Brüder erweisen dem heraustretenden Meister die Ehre in einem Spalier.
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Ein gemeinsames, rituell gestaltetes Essen, die Tafelloge, wird sich jetzt anschließen. Die Dienenden Brüder haben dem Gastwirt bei der Tischdekoration geholfen und werden die Brüder bei Tisch bedienen.
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Wir verlassen die Versammlung, bleiben aber in Gedanken bei Ihnen, wie sie die Ritualgeräte einsammeln, die Bestuhlung wieder Gastraum-gerecht zurechtrücken und noch einmal traurig den Blick in die Runde „Ihres“ Tempels werfen. Dann ist alles verpackt und wird auf die einzelnen Brüder zur Verwahrung verteilt. Gern würde ich im damaligen Protokollbuch stöbern, ich konnte es aber bei meinen Recherchen nicht ausfindig machen.
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Heute wissen wir, es war tatsächlich die letzte Arbeit der gerechten und vollkommenen Freimaurerloge Wilhelm zum Nesselblatt im Orient von Rinteln. Am 19. Juli 1824 erfolgte das erwartete zweite Freimaurerverbot in Hessen.
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Diese Loge konnte nie wieder zum Leben erweckt werden. Die Brüder traten in Logen in benachbarten, auch nicht hessischen Orte ein, zerstreuten sich.
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Erst mehr als 70 Jahre später trafen sich wieder Freimaurer in Rinteln, gründeten ein Freimaurerkränzchen mit dem Traditionsnamen Wilhelm zum Nesselblatt. Doch davon an andere Stelle.
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PS: Alle im Prolog und Epilog erwähnten Freimaurer findet man wieder in der Mitgliederliste der Loge Wilhelm zum Nesselblatt von 1824.
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[[Kategorie:Traktate]]

Aktuelle Version vom 22. Februar 2017, 08:32 Uhr

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Traktat: Begegnungen mit Rintelner Freimaurern

Königliche Kunst 1776 bis 1976

Von Uwe Kurt Stade

Prolog, oder wie es gewesen sein könnte


Alle Namen und Logenämter sind durch gedruckte oder handgeschriebene Mitgliederverzeichnisse verbürgt, die Quellen sind seriös. Diese Geschichte des Prologs und Epilogs ist fiktiv, das freimaurerische Ritualgeschehen vor und nach der Tempelarbeit ist dagegen originär. Das entsprechende Mitgliederverzeichnis von 1824 der Loge „Wilhelm zum Nesselblatt“ liegt mir als verbürgte Kopie vor.


Wir schreiben das Jahr 1824. Trotz sommerlicher Wärme an diesem Donnerstagabend des 24. Juni gehen mehrere festlich schwarz gekleidete, distinguierte Herren gemessenen Schrittes unauffällig durch die Straßen Rintelns. Es sind Freimaurer, die zu einer Johannisfestarbeit, dem Höhepunkt eines Freimaurerjahres in ihren Tempel der 1814 wieder gegründete Freimaurerloge Wilhelm zum Nesselblatt streben. Sie wollen heute ihr Rosen- oder auch Johannisfest feiern. Es ist vielleicht die letzte Möglichkeit zu einer solchen Feier, denn es zeichnet sich auch in unserer hessischen Exklave mehr und mehr ab, dass Landgraf Wilhelm die Freimaurerei wegen einer angeblich von Freimaurern angezettelten Verschwörung und seines schon fast pathologischen Franzosenhasses, in ganz Hessen verbieten wird. Die Brüder des Beamtenrates haben Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um auch wirklich alle Brüder der Loge zu diesem Fest zusammen zu bekommen.

Umso höher sind die Erwartungen der Brüder, wie sich Freimaurer untereinander anreden, an dieses jährlich stattfindende Fest der Rosen. Alles ist von den Stewards, den Dienenden Brüdern und dem Zeremonienmeister aufs Sorgfältigste vorbereitet worden.

Die gesamten von den Freimaurern heute Abend genutzten Räume werden mit Rosen geschmückt sein, und nach der Tempelarbeit werden sie gemeinsame eine fröhliche Tafelloge feiern. In einem ungeschmückten Abstellraum stehen bereits Kisten und Koffer zur Aufnahme freimaurerischer Utensilien nach dieser Arbeit für den Abtransport bereit. Man hat Bedenken, dass die Staatsgewalt diese beschlagnahmen könne und wird sie auf die verschiedenen Privathaushalte verteilen.

Die Dienenden Brüder Heinrich Koch, Thorschreiber und Ferdinand Mesembrinck, Schneidermeister, beide aus Rinteln, hatten viel vorzubereiten. Nach und nach füllen Männer die Räume. Zuerst trifft Professor Franz Wilhelm Kahler aus Rinteln ein; er ist seit 1820 Vorsitzender dieser Loge, der Meister vom Stuhl, nachdem er vorher schon einige Jahre stellvertretender Meister war. Sein Amt hat er von Carl Henr. Gottlieb Wigand, Prediger aus Weibeck, später Apelern, nach freier Wahl aller Brüder übernommen. Mit ihm kommt sein Freund Dr. phil. Caspar Garthe, Mathematiklehrer am hiesigen Gymnasium. Beide sind Ehrenmitglieder des Apothekervereins in Norddeutschland von 1820. Einige Minuten später erreicht Kahlers Stellvertreter im Logenamt, Friedrich Meyer, Commercien-Assessor in Rinteln, die Gruppe. Unter dem Arm Kopien der Logenrituale für diese Festarbeit, sie sind bestimmt für die handelnden Brüder Beamten des Fest-Rituals.

Der Logenmitbegründer Obrist Carl Wilhelm Sittich von Westphalen, ehemaliger Rintelner Stadtkommandant, jetzt pensionierter kurhessischer Obrist in Karlshafen und Joh. Heinrich Eskuchen, Commissions-Rath zu Kassel, ein Verwandter des gleichnamigen Rintelner reformierten Predigers von 1734-1755 und Ehrenmitglied der Loge, begleitet von Ludwig Boclo, dem Rektor des Gymnasiums in Rinteln, treffen lauthals diskutierend an der Garderobe ein, entledigen sich der Staubmäntel und gehen, weiterhin diskutierend in die freimaurerisch geschmückten Räume. Wir wissen nicht, wes Themas diese Diskussion war. Aber Carl v. Westphalen ist heute in seiner Eigenschaft als Repräsentant der Grossen Mutterloge von Churhessen hier. Er ist mit einer schweren Ehrenkette geschmückt. Die anderen Herren sind langjährige ordentliche Mitglieder in verschiedenen Ämtern dieser Rintelner Loge.

In einer etwas abgeschiedenen Ecke des sich angliedernden Restaurants sitzen schon seit dem frühen Nachmittag die Herren Adolph von Trott, Capitain bei der Jäger-Garde in Kassel, J. Christian Mooyer und Ferdinand Osterwald bei einem Kaffee mit Cognac. Sie reisten schon gestern an, schliefen hier im Hotel. Mooyer ist Oeconom zu Burguffeln bei Kassel und Osterwald Lieutenant im 3ten Linienregiment zu Marburg. Sie kennen sich schon länger, reisen immer einen Tag vorher an.

C.H.G. Wigand, jetzt Prediger in Apelern, der ehemalige Meister vom Stuhl, trifft zu Fuß ein, er hatte tagsüber Besuche in Rinteln getätigt.

Draußen rollen die ersten Kutschen auswärtiger Mitglieder an. Die Bückeburger Mitglieder haben gemeinsam eine Droschke gemietet. Nacheinander steigen aus der Kutsche die Herren Clem. Theodor Cäsar, Privatier, Prediger Fr. Wilhelm Köchling, der Bückeburger Hofmusicus Küster und sein Kollege Georg Martin Lübke.

Mit den Sporen verheddert sich Hauptmann Philipp Heinrich Funk in der Treppenschnur der Kutsche und stolpert fast. Hoffentlich haben es nicht zu viele gesehen. Er hatte seinen schwarzen Anzug über dem rechten Arm und keine Hand frei, sich festzuhalten, denn die linke Hand lag ja am Säbel. Es ist kein distinguierter Anblick, einen Offizier ohne Haltung stolpernd zu beobachtend. Ehe sich hilfreiche Hände regen, hat sich der Erste Steward der Loge gefangen; mit geradem Rücken tritt er ins Haus.

Aus der nächsten Kutsche steigt zuerst der Prediger Gottlieb Christian Kahler aus Segelhorst, dann Amtmann Philipp Schuhmacher und Christian Gottwerth Meine, Dr. der Medizin. Sie sind alle drei in Oldendorf zuhause. Unterwegs haben sie C.W.E. von Bartel, Forstmeister in Schaumburg aufgelesen. Die Pferde dampfen, man scheint flott unterwegs gewesen zu sein.

Mit Schwung öffnet sich nun die Tür und schneidig, zackig hat Rintelns Platzmajor Carl Philipp Brinkmann in voller Ausgeh-Uniform seinen „Auftritt“. Er ist bei der heutigen Festarbeit der Zeremonienmeister. Bei einer Aufnahme hat er auch das Amt des Vorbereitenden Bruders, doch heute gibt es keine Aufnahme, es wird Johannisfest gefeiert. Sein Adjutant, ein Name ist nicht überliefert, 2 Schritte hinter ihm, trägt dessen dunklen Anzug über dem Arm und den Zylinder in der Linken. Der Major wird sich nun erst einmal umziehen. Der Adjutant sitzt später in Uniform die ganze Zeit, während hinter verschlossenen Türen Loge gehalten wird, als Wache vor der Tür. Gleich hinter dem Major erscheint Hauptmann Carl Schorre, Rentmeister der Stadt Rinteln. Sein Auftritt ist etwas unauffälliger.

Die Obernkirchner Kutsche hält und es steigen aus, der Churhessische Bergrath zu Obernkirchen, Carl Fröhlich, bei der Tempelarbeit der Erste Aufseher, Ludwig Bradt, Stifts-Amtmann, Ludwig H. von Colson, Ober-Berginspektor, Wilhelm Drucker, Obernkirchner Amts-Aktuar und der Prediger Friedrich Kahler. Bruder Dietrich Wittlich, Mitbegründer der Loge und heute Berginspektor zu Stadthagen logierte bei seinem Kollegen Fröhlich, wurde als Fahrgast von Obernkirchen mitgenommen.

Nun gesellt sich auch Dr. med. J.F.L. Wilhelmi aus Rinteln zur Gruppe der Brüder, sucht die Nähe von Hauptmann Funk, denn Wilhelmi als Zweiter Steward hat eng abgestimmt mit dem Ersten Steward seine Ritualpflichten zu erfüllen. Gemeinsam treten nun die Herren Dr. phil Eduard Jacobi, Lehrer am Gymnasium und Rudolph Osterwald, Lehrer an der Töchter-Schule ein und begrüßen den fast unbemerkt eingetretenen Forstverwalter und Regierungsprocur in Rinteln, Philipp Carl Süß, der Erste Aufseher der Loge. Logenmeister Franz Wilhelm Kahler atmet erleichtert auf, alle 11 Brüder, die für diese Festarbeit benötigt werden, sind vollzählig anwesend; fehlt nur noch ein Musikus. Nun kann er ganz beruhigt mit den letzten Vorbereitungen, die nur ihm kraft seines Amtes zustehen, beginnen. Er fordert durch leichtes Kopfnicken Bruder Meyer auf, die Kopien für die handelnden Beamten zu verteilen, damit sich jeder noch ein wenig vorbereiten kann. Eigentlich sollte jeder seinen Text auswendig kennen, doch darauf verlässt sich Prof. Kahler nicht – es soll rundherum ein wunderbares und auf- und erbauendes Johannisfest werden.

Der Vorraum füllt sich, völlig Außer Atem erscheint Ludwig König. Er ist Rentmeister in Blomberg und den ganzen Weg geritten. Er wird nach der Arbeit bei seinem befreundeten Amtsbruder Carl Schorre aus Rinteln übernachten, ebenso wie Bruder Conrad Deichmann, Amtmann aus Rodenberg, der schon seit gestern in Rinteln weilt. Deichmann war einige Jahre Sekretär der Loge, hatte 1819 Ludwig Boclo im Amt abgelöst, der das Amt in diesem Maurerjahr nun wieder innehat. Nachdem nun auch Franz Heinze, Musiker aus Kassel sein Instrument aus dem Nebenraum geholt, ziehen sich die drei Musikanten zu einer Probe in den Keller zurück. Sie wollen heute versuchen, die Arie aus der Zauberflöte „In diesen heilgen Hallen kennt man die Rache nicht.“ instrumental würdig zu interpretieren. Das wird nicht einfach, denn sie spielen ja nur selten zusammen.

Mit einer einspännigen Gig erreicht Heinrich Reinicke; Oeconom in Helpensen bei Hameln, das Lokal. Er hat schlechte Wegverhältnisse zwischen Rumbeck und Hohenrode vorgefunden. In Exten konnte er zudem wegen landwirtschaftlicher Arbeiten den Weg durch das Exterfeld nicht nehmen. Er musste die regulären Straße verlassen und an der Exter entlang querfeldein fahren. Neben ihm hält die Kutsche von Postmeister J. Christian Mirbach aus Rodenberg. Er kommt immer allein, versteht sich nicht besonders gut mit Bruder Deichmann.

Mittlerweile befinden sich mehr als 50 Männer im Raum; das Stimmengewirr ist laut. Aus einer Tür des Raumes, der heute zum freimaurerischen Tempel ausgeschmückt wurde, tritt der Zeremonienmeister in ritueller Kleidung, ein weißes Schurzfell umgebunden, eine blaue Halsschärpe mit dem Emblem seines Logenamtes um den Hals, weiße Handschuhe an den Händen und auf dem Kopf einen Zylinder. In der Hand trägt er einen zwei Meter hohen, wunderschön gedrechselten Stab, klopft damit dreimal kräftig auf.

Sofort verstummen die Stimmen. Mit befehlsgewohnter Stimme fordert Zeremonienmeister Brinkmann die Männer auf, sich „maurerisch zu bekleiden“; weiter: „Auf Geheiß des ehrwürdigen Meisters bitte ich Sie, sich schweigend auf eine Johannis-Festarbeit vorzubereiten!“

Nun folgt ein vielfältiges Klacken der Faltzylinder, Taschen und Kleinkoffer. Die Männer helfen sich gegenseitig beim Anlegen ihrer Schurzfelle, den Abzeichen und Halsschärpen. Nun fordert der Zeremonienmeister: „Die Brüder Beamten mögen mir in den Tempel folgen!“

In feierlichen Zug treten die Brüder Beamten schweigend zusammen. Sie hatten sich in dem Gewirr schon vorbereitet, so sind sie daher die ersten, die fertig sind. Auf ein Klopfen öffnet von innen der Wachthabende die Tür und der feierliche Zug der Beamten verschwindet. Die Tür schließt sich. Die bleibenden Brüder wissen, dass es nun ungefähr 5 Minuten dauern wird, bis auch sie in den Tempel zur Arbeit gerufen werden. Aus dem Flüstern wird wieder ein vielfach zu lautes Gerede, bis der Zeremonienmeister erneut heraustritt, mit dem Stab dreimal kräftig aufschlägt.

Er fordert nun auch die verbliebenen Brüder ohne Amt zum Betreten des Tempels auf. Dabei empfiehlt er den Brüdern: „Meine Brüder, treten Sie schweigend mit mir in den Tempel hinein. Seien Sie eingedenk dessen, dass Sie heute vielleicht zum letzten Male in unserem geliebten Hessenland den Lehrlingsschurz werden tragen können.“

Carl v. Westphalen, der wegen dieser Aussage des Zeremonienmeisters schwer schluckt, wird von ihm gebeten, noch vor der Tempeltür zu warten. Er wartet geduldig und wird jetzt durch den erneut heraustretenden Zeremonienmeister gebeten, in seiner Eigenschaft als Repräsentant der Großloge einzutreten. Man hört aus dem Tempel ein rhythmisches Klopfen, dann schließt sich die Tür.

Der Adjutant von Major Brinkmann setzt sich auf einen Stuhl direkt vor die Tempeltür, seinen Säbel quer über die Knie gelegt und wird garantiert niemanden einlassen, selbst wenn es der Kaiser persönlich wäre.

B.W. Wiederhold– Henriette Meyer – J. J. Lotheisen

Eine romantische Liebesgeschichte.

Henriette Meyer, Tochter des seinerzeit sehr bekannten und berühmten Chirurgen und Regimentsarztes in Rinteln ist verliebt. Es ist keine jugendliche Schwärmerei, sondern diese Liebe ist tiefgehend und in ihrer Treue dem heutigen Betrachter noch immer nahe gehend. Ihre Liebe gilt dem Fähnrich und späteren Lieutenant im Hessischen Leibregiment Bernhard Wilhelm Wiederhold. Wiederhold hält sich zurzeit in Amerika auf, kämpft dort für England im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Er ist ein charmanter Bursche und nicht nur im Dienst ein Draufgänger. Dort wird er gut beurteilt, das Regiment auch nicht gefangengenommen, so übersteht er die Strapazen.

Er dient im Kasseler Leibregiment unter dem Freimaurer Generalmajor Friedrich Wilhelm von Wurmb, sein Kollege, der Stabsauditeur, Regimentsquartiermeister und Freimaurer Johann Jacob Lotheisen kämpft mit Ihm Seite an Seite im gleichen Regiment. Die Information, wo und wann Wiederhold in den Bund aufgenommen wurde, kann ich nicht gesichert nachweisen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass der General in seinem Stab üblicherweise nur Gleichgesinnte um sich versammelt.

Im Leibregiment waren zudem noch weitere Offiziere Freimaurer geworden (Major Ludwig Friedrich von Stamford, der Verwandte Wiederholds, von Porbeck, Leutnant und Adjutant Johann Martin Meltzheimer, u.a.m).

Sie alle waren freimaurerisch aktiv in der Loge Zum gekrönten Löwen. Diese war eine Loge der Strikten Observanz (s. dort, uks), wurde dann aber wieder umgewidmet.

Im Staat Virginia hätten sich viele der Offiziere, unter ihnen auch Wiederhold, gut verheiraten können. Nicht nur, dass der deutsche Charme bei den Amerikanerinnen wirkte, sondern Washington ordnete eine Kampagne zur Verleitung zur Desertion hessischer Offiziere und Mannschaften an. Washingtons Schwester suchte mehrfach die Nähe Wiederholds. Dieser ordnete aber diesen Verführungen seinem Gefühl für Ehre und Pflicht unter. Er korrespondierte nach Rinteln mit „einer gewissen H. M.“ , hält also zu Henriette, seiner Liebe in der Heimat, die Treue. Auch lebt er sparsam, sendet sogar Geld in die Heimat.

Nach seiner Rückkehr aus Amerika im Jahre 1784 dient Wiederhold in Rinteln und Kassel. Henriettes Vater, der Operateur Meyer, lehnt den eloquenten jungen Mann rundweg ab, Briefe zwischen den beiden laufen dennoch, immer über Henriettes Freundin Charlotte Hildebrandt aus Lüdershausen, der späteren Frau Diede, einer engen Freundin Wilhelm von Humboldts.

Dennoch hält Wiederhold um die Hand Henriettes bei dem wohlhabenden Regimentsarzt Dr. Meyer an. Dieser gibt ihm zur Antwort, „…seine Tochter gäbe er keinem Leutnant zur Frau, sie sei eines Generals wert.“ Das ist sehr kränkend für den jungen Offizier. Der kühne Bewerber läßt sich deswegen nach Kassel versetzen , wird dort Stabs-Kapitän, nimmt aber Abschied und kämpft in verschiedenen Regimentern u.a. auch im Rheinkrieg, wo er sich den preussischen Orden pour le merite verdient. tritt durch Vermittlung des Grafen Waldeck in die portugiesische Armee als Offizier ein. Er nennt sich ab nun von Wiederhold. Aber auch während des Portugal-Aufenthaltes wird die Korrespondenz des Liebespaares niemals aufgegeben und läuft, wie immer, über Charlotte Diede, geb. Hildebrandt in Lüdershausen.

In der Heimat Rinteln muss nun Vater Meyer schnellstens seine Tochter Henriette verheiraten. Zeitzeugen beschreiben Henriette wie folgt: (Sie) „… war ein kokettes, leichtfertiges, wenig tiefes Mädchen von allerdings auffälliger Schönheit.“ und „Sie verbreitet starken Zauber im Raum“.

Der 1745 geborene Amerikakämpfer Johann Jacob Lotheisen, gewesener Regiments-Quartiermeister im Hessischen Leib Infanterie Regiment, jetziger Regierungssekretär und Konsistorial-Sekretär in Rinteln hat schon lange ein Auge auf das schöne Mädchen geworfen. Er stammt aus einer in Hessen-Kassel und in Rinteln gut angesehenen Familie Er wurde zum Freimaurer in der Loge Zum gekrönten Löwen in Kassel aufgenommen, hier in Rinteln besucht er die Loge Wilhelm zum Nesselblatt, der er später beitritt. Mehrere Familienmitglieder seiner Familie sind ebenfalls Freimaurer, ein Großmeister ist ebenfalls darunter.

Seine 1775 anlässlich einer Fahnenweihe des Regimentes in Kassel gehaltene Rede „Von dem Vorgange und den vornehmsten Pflichten des Militairstandes“ hat große Wirkung in Kassel erzielt, sodass diese auf einem Quartbogen gedruckt und verkauft wird.

In Rinteln tritt Lotheisen 1788 als Mitglied der Loge Wilhelm zum Nesselblatt auf der Spenderliste von Geld oder Büchern für North Carolina neben u.a. den Professoren Hassencamp und Rullmann in Erscheinung.

Kaum hat Wiederhold Rinteln verlassen, taucht der ehemalige Kriegskamerad aus Amerika Lotheisen bei Dr. Meyer als Bewerber für Henriette auf. Lotheisen ist ein ernsthafter junger Mann aus gutem, wohlhabenden Hause. Schon lange verkehrt er freundschaftlich im Hause Meyer. Dieser Mann war Vater Meyer als Freier willkommen. Henriette aber erklärt, sie werde niemals von dem Geliebten Wiederhold lassen, auch wenn dieser in am Ende der Welt weilen würde. Wenn aber der Bewerber Lotheisen damit einverstanden wäre, dass sie nur seinen Namen tragen würde, nicht aber eine liebende Gattin werden könne, würde sie ihn heiraten. Lotheisen ist in schwerem Konflikt, er kennt Wiederhold aus Amerika, wo er ja selbst mit ihm als Offizier gedient hatte, ist durch seine Ehrbegriffe hin- und hergerissen, stimmt aber letztlich diesem Arrangement zu. Henriette wird allerdings nicht müde, zu betonen, dass sie vor der Welt zwar Frau Lotheisen sei, in Wirklichkeit aber die Braut Wiederholds bleibe. Ständig versicherte sie in Briefen Wiederhold ihrer Treue. Die Ehe bleibt naturgemäß kinderlos, die Ehrbegriffe der damaligen Zeit zollen Tribut an die Gefühle.

Wiederhold zeichnet sich in Portugal aus und macht schnell Karriere, wird schließlich sogar General-Major. Er kehrt nach Kassel und Rinteln zurück und wird wieder in hessischen Diensten in Kassel aufgenommen.

In angemessener Zeit nach Lotheisens tödlichen Schlaganfall vom 27. Juni 1792 hält Wiederhold erneut bei Dr. Meyer um die Hand seiner Tochter an, jetzt sei er ja General, denn nur einem solchen wolle er ja seine Tochter anvertrauen und wird erhört. Endlich, endlich wird aus dem romantischen Liebespaar ein Ehepaar. Man nimmt Wohnung in Kassel. Dort werden dem Paar zwei Söhne, Friedrich Henrich Wilhelm im Oktober 1795 und Friedrich Wilhelm Christian im September 1796 geboren. Der ältere Sohn stirbt kurz vor der Geburt des Jüngeren.

Erneut zieht von Wiederhold mit seiner kleinen Familie nach Portugal. Hier stirbt seine geliebte Henriette 1796 im Kindbett des dritten Kindes. Die kurze Ehe und das verwehrte Glück hat von Wiederhold nie wirklich verkraftet, wird zu einem einsamen Mann, der sich mehr und mehr auf militär-schriftstellerische Arbeiten stürzt.

Am 26. Oktober 1810 stirbt Bernhard Wilhelm von Wiederhold in Lissabon. Sein Ruf in Portugal ist dem des Schaumburg-Lipper Grafen ebenbürtig. Noch heute existiert in Lissabon ein Denkmal von ihm.

Die 1814/15 wiedergegründete Loge Wilhelm zum Nesselblatt in Rinteln führt im ersten gedruckten Mitgliederverzeichnis von 1816 einen Leutnant Philipp Wiederhold als Freimaurergeselle aus Kassel bis ins Jahr 1820 auf. Er ist es natürlich nicht, aber wäre das nicht ein schönes Ende der Geschichte, wäre er ein Sohn dieses Liebespaares?

Professor an der Universität Rinteln Johann Matthäus Hassencamp

Ein Forscher, ein Netzknüpfer trifft Lessing und Benjamin Franklin.

… war Mathematiker, Physiker, Freimaurer, theologischer Aufklärer, Orientalist, Dichter und sozusagen erster deutscher Professor für Experimentalphysik. Er ließ Drachen steigen, um die Elektrizität zu messen, genauso prall voller Leben und Experimentierfreudigkeit sind seine theologischen und physikalischen Schriften.

Wer war dieser Mann, der, wie seinerzeit schon Pythagoras, Mathematik und Religion verbindet und das Gedankengut der Freimaurer gleichermaßen verinnerlichte und lehrte? In allen dreien konnte Hassencamp seinen Hang zur Mystik ausleben, seine Neugier, immer wieder neue Erkenntnisse zu gewinnen, verwirklichen. In einer Schrift von 1797 charakterisieren ihn die Autoren: „Sollte man je wieder auf den Einfall kommen, in Rinteln die Professur der Mathematik und der morgenländischen Sprachen miteinander zu verbinden; so wird man Mühe haben, ein Subjekt ausfindig zu machen, welches zu beiden ungleichen Prädikaten so gut paßte, als dieses.“

Verfolgen wir sein Leben und sein europaweites Wirken von Rinteln aus: Johann Matthäus Hassencamp wird am 28. Juli 1743 in Marburg als Sohn eines erfolgreichen Kaufmanns, Philipp Hassencamp, geboren. Sein Vater kann ihm seinen Beruf nicht vermitteln, denn bereits, als der kleine Matthäus 5 Jahre alt ist, verstirbt dieser. Hätte es damals schon den „TRIX-Stabilbaukasten“ gegeben, der Junge wäre sicher einer der ersten Kunden gewesen, denn schon früh ist sein Hang zum Experimentieren und zu wissenschaftlichen Dingen sehr ausgeprägt. Obwohl seine Ausbildung auf dem Marburger Pädagogium nur als dürftig bezeichnet wird, der hier unterrichtende Professor Diel verstand es dennoch, ihm eine höhere Geistesbildung zu vermitteln .

Mit 17 Jahren beginnt er 1760 in Marburg das Studium der orientalischen und griechischen Literatur, der Philosophie und der Mathematik, dazu noch allgemeine und besondere Staaten- und Kirchengeschichte. 1765 legt er eine textkritische Arbeit als Dissertation über den Pentateuch in lateinischer Sprache vor . Im Frühjahr 1766 wird er examiniert und verlässt Marburg, um in Göttingen weiter zu studieren. Hier wird Professor Johann David Michaelis sein Vorbild, Mentor, Förderer und väterlicher Freund. Sie liefern sich einige heftige schriftstellerische Dispute zu Bibelthemen, ohne dass ihre Freundschaft darunter leidet. Immer wieder gibt es in ihren Werken Hinweise auf Werke des anderen. Später wird Hassencamp die selbst verfasste Lebensbeschreibung Michaelis’ mit Anmerkungen und Hinzufügung eigenen Erlebens herausgeben.

Als am 19. Juli 1766 die Herren Robert Lowth, Bishop of Oxford und Benjamin Kennicott, Oxford Bible Scholar in einer außergewöhnlich feierlicher Runde in die Göttinger Royal Society of Science (Sozietät der Wissenschaften, der heutigen Akademie der Wissenschaften) aufgenommen werden, sind auch Sir Dr. John Pringle, kgl. Brit. Leibarzt, und der amerikanische Buchdrucker, Verleger, Politiker, Diplomat, Schriftsteller und Naturwissenschaftler Benjamin Franklin, der spätere amerikanische Präsident (er wohnte zu dieser Zeit in London) anwesend.

Beide Männer sind bereits Mitglieder in der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Gesellschaft. Die Herren werden Professor Michaelis vom hannoverschen Minister v. Münchhausen und von Behr, dem hannöverschen Staatsminister in London brieflich sehr warm und freundlich anempfohlen, Pringle korrespondierte schon seit Jahren mit Michaelis. Hassencamp wird später hierzu schreiben:

„Gerade dahmals, ich war um diese Zeit auch schon beynahe ein Vierteljahrhundert alt, studirte ich in Göttingen und hatte Gelegenheit, beide Männer kennen zu lernen. Franklin, das erinnere ich mich noch wohl, war mir, ich weiß selbst nicht warum, weit interessanter, wie Pringle; vielleicht, weil ich jenen für einen practischen Philosophen und grossen Naturkenner (denn seine nachher gespielte grosse politische Rolle hätte ich mir dahmals nicht träumen lassen), und diesen nur für einen bloßen Arzt hielt.“

Franklin selbst beschwerte sich nach der Reise über die Deutschen. Deren Hautfarbe gefiel ihm nicht, und er meinte, sie würden nur Unsitten einführen. Der damals schon mehr als dreißig Jahre dem Bund der Freimaurer angehörende Franklin richtete sich in seinem Leben an einen von ihm selbst aufgestellten dreizehn Punkte umfassenden freimaurerischen Tugendkatalog aus. Gern sprach er auch darüber und hatte diesbezüglich ein hohes Sendungsbewusstsein. Die Unterzeichner der Unabhängigkeitserklärung 1776 als auch der Verfassung der USA waren mehrheitlich Freimaurer, unter ihnen George Washington und Benjamin Franklin.

Jedenfalls keimte aus dieser Begegnung bei Hassencamp der Elektrizitätsgedanke, der letztlich zu dem 1783 und 1784 weltweit beachteten, erfolgreichen Experiment Hassencamps, erst den Pulverturm der Stadt und dann die gesamte Stadt Rinteln vor Blitzeinschlag zu schützen, führt.

Eine weitere wichtige Begegnung hat Hassencamp am 2. August 1766: Der große Dichter und Aufklärer Gotthold Ephraim Lessing (wird 1771 Freimaurer) macht auf der Durchreise von Pyrmont bei Michaelis Station. Hassencamp schreibt über seine Begegnung mit Lessing :

„In eben dem Sommer kam auch Lessing nach Göttingen; und der sel. Dietz (der nachher noch nach Mainz gekommen und dort gestorben ist) stellte mich ihm auf der Bibliothek vor. Dieser unser sonst grosse Landsmann, gefiel mir doch bey weitem nicht so gut, wie jene beiden Engländer. Diese, sonst als stolz verschriene Britten waren sehr leutselig und herablassend; jener Deutsche hingegen sehr hoch einherfahrend und absprechend in seinen Urtheilen, worüber der gute Dietz, der freilich auch eben so wenig, wie jener Adam, Gesellschafter des Voltaire le premier des hommes, war, mehr wie einmahl in grosse Verlegenheit gerieth.

Doch ich kann mich irren, ich habe den Mann nachher nie wieder gesehen, noch gesprochen, und der erste Anblick, die erste Entrevue kann bisweilen trügen.“ 1781 trifft auch Goethe (wird 1780 Freimaurer) zu einem Besuch bei Michaelis in Göttingen ein, Hassencamp lehrte jedoch bereits in Rinteln, kann für diese Reise nicht so lange dem Universitätsbetrieb fernbleiben.

Seine 1769 in Rinteln veröffentliche Schrift „Kurze Geschichte der Bemühungen, die Meereslänge zu bestimmen“, erhält in Hamburg und in Schifffahrtskreisen zeitweise ziemliche Berühmtheit.

Nach Beendigung seiner Studienzeit beginnt Hassencamp, seinem Vorbild Michaelis gleichtuend, im Mai 1767 eine literarische Reise durch einige Teile Deutschlands nach Holland, England (hier besucht er, wie Michaelis, die Universitäten Oxford und Cambridge) und Frankreich, er kehrt Pfingsten 1768 nach Marburg zurück. Dort wird er Magister der Philosophie, aber seine kaum begonnenen Vorlesungen bricht er ab, weil ihn am 14. Juni aus Rinteln der Ruf als ordentlicher Professor der Mathematik und der orientalischen Sprachen an der dortigen Universität erreicht. Er tritt diese Stellung jedoch erst im Oktober 1768 an, ordnet in Marburg erst seine Verhältnisse. Der Sommer 1770 ist durch eine Rundreise Hassencamps durch das damalige Obersachsen, Niedersachsen und durch die brandenburgischen Länder geprägt.

Am 6. Oktober 1771 heiratet Hassencamp die Tochter des Sachsen-Eise-nachschen Rathes von Avemann. In der Ehe gab es einen Sohn, Johann Friedrich Carl Gotthelf, geboren am 6. Juni 1774 in Rinteln, der aber offensichtlich das Erwachsenenalter nicht erreichen konnte.

Frau Hassencamp stirbt 1791.

Trotz anstrengender Arbeit an der Universität in den Jahren knüpft Hassencamp ein umfangreiches Netzwerk, überall wird er als ein großer und fantasievoller Redner und Wortzusammensetzer gefeiert. Später wird er für das Wort Freimaurer „Schurzfellchrist“ kreieren. Mehr und mehr wird er ein „großer Aufklärer“ genannt; als Redner ist er an den Universitäten Deutschlands sehr begehrt. Anlässlich des im Juli/August 1782 begangenen 200-jährigen Universitätsjubiläums der katholischen Julius Universität in Würzburg hält der protestantische Professor aus Rinteln eine Festrede und würdigt in dieser die Würzburger Schuleinrichtungen, sie seien: „… so vortrefflich, daß wir wenig dabei zu erinnern, um desto mehr aber zu bewundern fanden. Wir pflegen über Erziehungsanstalten und Schuleinrichtungen viel zu reden und zu schreiben, aber wenig zu tun; hier hingegen ist es gerade umgekehrt.

Dabei muss bemerkt werden, dass Hassencamp auch einen hervorragen Geschäftssinn hat. Neben der Universität unterhält Hassencamp ein Privatinstitut, „…in welcher Kinder von 7 bis 15 Jahren für ein jährliches Kostgeld von 100 Thalern Logis, Kost, Aufwartung, und unter der väterlichen Aufsicht des Herrn Consistorialraths Hassencamp Unterricht in der Religion, alten Litteratur, französischen und englischen Sprache, in der Mathematik, Geschichte, Geographie, Naturlehre, im deutschen Stile und im Zeichnen erhalten.“ Im Januar 1778 wird Hassencamp auch noch - als Nachfolger von Nic. Funck (Funccius) - ordentlicher Professor der Beredsamkeit, Historie und Politik. In diesem Jahr wird er dann noch zum Universitätsbibliothekar ernannt. Damit ist Hassencamp zum einflussreichsten Professor der Universität geworden. In der Kassellischen „Antiquarischen Gesellschaft“ nimmt man ihn 1779 als ordentliches Mitglied auf.

Trotz aller seiner Bemühungen wird er nie Professor der Theologie, lehrt in seinen Fächern weiter. Sein jüngerer Kollege und spätere Freimaurer-Bruder Georg Wilhelm Rullmann wird 1779/1780 Magister, 1786 dritter Professor der Theologie und wird 1794 2. Professor theol.

Seinen geschäftlichen Aktivitäten treu bleibend und um ein hohes Einkommen im Alter zu sichern, kauft Hassencamp 1773 von Amtmann Beneke den ehemaligen Kühneschen Hudekamp am Harrl bei Bückeburg und 1½ Morgen Eixisches Saatland am Harrl ebenfalls bei Bückeburg. 1784 kaufte er Land von den Post’schen Erben. Nach seinem Tod 1799 wird das ihm ebenfalls gehörende Gut Bergdorf bei Bückeburg verkauft.

1785 hält Hassencamp in Rinteln eine Trauer- und Gedächtnisrede bey dem Ableben Friedrich des Zweyten, Landgraf von Hessen, die dann auch als gedrucktes Heft käuflich wurde.

Im „Kirchen- und Ketzer Almanach“ von C. Fr. Bahrdt mit dem fingierten Verlagsort Häresiopel liest man über Hassencamp: „Das ist ein andere Mann, hellen Kopfes und edlen Herzens. Schade, daß er die Ruhe so sehr liebt! Er könnte, besonders zu Berichtigung der Bibelerklärung, viel thun“. Prof. Piderit nennt Hassencamp in seiner Geschichte Schaumburgs: „vielseitig gebildet“.

Hassencamp geht keinem Streit aus dem Wege, fühlt er sich sicher. Einen Prozess, den er 1791 gegen Göschen (Verleger) wegen unerlaubten Nachdrucks seiner Übersetzung der Reisetagebücher von Bruce anstrengt, verliert er allerdings am 11. Oktober des Jahres mit Pauken und Trompeten und muss dann auch noch die gesamten Kosten des Verfahrens tragen. Umgekehrt wird ihm sogar der Plagiatsvorwurf gemacht.

Noch bekannter am Hofe zu Kassel, als ohnehin schon, brilliert Hassencamp mit einer von ihm gestalteten: Einladung zur Feyer des Geburtsfestes Wilhelm IX in Form einer „sinnreichen Erklärung eines alten Kunstwerks im Fürstl. Cabinet zu Cassel, aus Bronze; es ist ein Ibis, auf eine Schildkröte gestellt, mit einem hornförmigen Instrument im Schnabel.“

1785 ist Professor Hassencamp gemeinsam mit seinem Professorenkollegen Georg Wilhelm Rullmann, der Logenmeister wird, unter den Gründern der zweiten Rintelner Freimaurerloge Wilhelm zum Nesselblatt, zu deren deputierten (stellvertretenden) Logen-Meister er sich 1788 mehrfach in Briefen an den schon oben erwähnten C. Fr. Bahrdt bekennt.

Bahrdt war Gründer der Union der Zwey und Zwanziger, oder auch Deutsche Union genannt. Dies ist eine Hallesche Winkelloge, der 16 Studenten und 6 Bürger angehören; sie wird später verboten. Eine neue Vereinigung mit diesem Namen, als Aufklärervereinigung angekündigt, bildete nun ebenfalls Logen, „… die an jedem Ort eine Lesegesellschaft errichteten soll und den dortigen Buchhändler oder sonst einen geschickten Mann anwirbt, welcher die mechanische Leitung der Lesegesellschaft besorgt und zugleich der Kollekteur und Spediteur der Union ist, sodass von Stund an die Union an allen Orten Deutschlands ihre Komptoirs hat, durch die die Mitglieder der Union ihren Buchhandel betreibet“.

In geheimen Anwerbeschreiben gelingt es zuerst tatsächlich, diese Union als Ableger der Illuminaten darzustellen, in Wirklichkeit will diese Vereinigung sich nur mit fremden Federn schmücken, Werbung machen und den gesamten Buchhandel Deutschlands schnell in die Hand bekommen. Den Mitgliedern werden schwere Eide und striktes Stillschweigen auferlegt, jedoch kommt der „Orden“ nicht über die ersten Ansätze hinaus. Der berühmte Freimaurer und Illuminat Bode, enthüllte die Absichten Bahrdts als einen Versuch, der lediglich auf Geldschneiderei hinauslief.

Dieser Gründer der Deutschen Union Bahrdt hat dadurch keinen guten Ruf. Verschiedentlich nannte man ihn sogar den „Thersites der Aufklärungszeit“ (gr. Mythologie: schmähsüchtig und daher verachtenswerter und erfolgloser Demagoge). Als feststeht, dass er, der rechtskräftig Verurteilte hinter allem steckt, ziehen sich viele der schon angeworbenen Männer, besonders Professoren, Theologen und überregional agierende Kaufleute und Beamte wieder zurück. Noch im Gefängnis gibt Degenhardt Pott im Auftrag Bahrdts eine Mitgliederliste, in der auch Hassencamp angeführt wird, heraus. Sie stellt sich aber schnell an vielen Stellen als gefälscht heraus. Es werden oft lediglich die Namen, die für eine Mitgliedschaft vorgesehenen, seinerzeit angeschriebenen Herren aufgeführt. Professor Hassencamp, der lebenslang auf der Suche nach neuen Erkenntnissen ist, führte mit diesen unbekannten „Würdigen Männern“ im Jahre 1788 ernsthaft gemeinte Korrespondenz und bietet sich devot an, im Falle der Aufnahme in diesen Kreis, „… werde ich Ihnen noch einige vielleicht nicht unangenehme Eröffnungen machen.“ Welcher Art diese Erkenntnisse wohl sein sollten, ist nicht aktenkundig.

Aus entsprechenden Forschungen von Professor Dr. Günther Mühlpfordt, Halle zur Deutschen Union wissen wir, dass Hassenkamp auf seinen Reisen zur Leipziger Messe, stets auch in Halle, einer der beiden Zentralen (die andere ist in Leipzig) die Deutsche Union besucht hat. Er ist Mitglied in beiden Leitungsgremien. Des Geschäftstüchtigen persönliches Ziel aber ist es, mit Hilfe der Deutschen Union seine „Theologischen Annalen“ zu verkaufen, jeder Korrespondent und jedes Mitglied sollte seine Zeitschrift abonnieren. Seine Mitgliedschaft hatte also auch hier ganz handfeste geschäftliche Motive. Durch seine aktive Mitgliedschaft in der Deutschen Union, die selbstverschuldet von den Gegnern in die Richtung der Illuminaten gedrängt wird, haftet Prof. Hassencamp bis heute unberechtigterweise der Ruf eines führenden Illuminaten an.

Bei seinen freimaurerischen Aktivitäten und gegenseitigen Logenbesuchen trifft Hassencamp auch den mit Kapitän Cook gereisten Johann Georg Forster zusammen.

Dieser Forster ist seinerzeit in Deutschland sehr angesehen und ist enthusiastischer Freimaurer, reist viel und hält Vorträge. Er wird später einer der Gründer der sog. Mainzer Republik, wendet sich aber der Freimaurerei ab. Neben den philosophischen Gedanken der Freimaurerei und dem symbolsprachlichen Lehrinhalt wird in der jungen Loge auch fleissig der freimaurerische Gedanke der Caritas gepflegt. Dies hatte die erste Rintelner Loge nicht geschafft. Wir wissen von einer nicht unbeträchtlichen Spende von Büchern und Geld der Loge Wilhelm zum Nesselblatt und seinen Mitgliedern an die deutschen, lutherischen Kinder in North Carolina . Sicher bewirkten die Kollektengelder der Loge auch in Rinteln positive Effekte. Unterlagen hierüber sind allerdings nicht mehr zu finden, schon damals gingen Freimaurer ungern an die Öffentlichkeit: Tue Gutes und rede nicht darüber!

Die bekanntesten Werke Hassencamps werden nun die von ihm seit 1789 periodisch herausgegebenen Annalen der neuesten theologischen Literatur- und Kirchengeschichte, die nach seinem Tode von seinem Freund und Freimaurer Professor Wachler und danach von Professor Schwarz weitergeführt werden. Sie sind bis heute unbestechliche Quellen kirchlicher Forschung. Auch seinem Bruder Rullmann gibt er breiten Raum bei dessen Veröffentlichungen.

Hassencamps vielfache exegetische und mathematische Abhandlungen finden in ganz Europa Gehör, folgerichtig wird Prof. Hassencamp 1789 zum „Hessen-Casselischen Consistorialrath mit Regierungsrathsrang“ ernannt. Mit dem Aufklärer, Schriftsteller und Herausgeber, einer des sog. Weimarer Viergestirns, Christoph Martin Wieland korrespondierte er im September 1790 wegen der Ablehnung der Lehren Lavaters.

Als sich im Jahre 1793 in Rinteln das erste hessische Freimaurerverbot zu greifen droht, er hatte davon über sein geknüpftes Netzwerk und in seiner Funktion als Konsistorialrat rechtzeitig aus Kassel erfahren, weicht Hassencamp, gemeinsam mit seinem Freund und Logenbruder Advokat Dr. jur. König aus Rinteln nach Rotenburg an der Fulda aus. Man hofft, dass hier im Unter-Herrschaftsbereich Hessen-Rotenburg, er kannte auch Carl Landgraf von Hessen-Philippsthal persönlich, das Hessen-Kasselische Verbot nicht greifen würde. Dort sind beide schon 1793 im handgeschriebenen Mitgliederverzeichnis der Loge Constantin zu den 3 Kränzen aufgeführt. Dieser schnelle Kontakt lief sicherlich über den Kanzleirat Dr. König aus Rotenburg, einem Verwandten des Rintelner Anwalts und ebenfalls Mitglied der Rotenburger Loge. Hier treffen sie u.a. auf Dr. Faust aus Bückeburg und weitere für Hassencamps Netzwerk wichtige Persönlichkeiten, wie Mitglieder der Familie des Kanzleirates Hüpeden, wovon bereits ein Familienmitglied als Rintelner Student in der ersten Rintelner Loge Zum Löwen mitwirkte.

Doch auch diese Loge kann dem Freimaurerverbot nicht entgehen. Über weitere Aktivitäten Hassencamps freimaurerischen Inhaltes wird nun nichts mehr bekannt. Am 6. Oktober 1797 stirbt Professor Hassencamp in Rinteln. Selbst eine Viertelstunde vor seinem Tod soll er noch Pakete und Briefe, die mit der Post versendet werden sollten, durchgesehen haben. Diese Geschichte würde, wenn sie wahr wäre, zu diesem umtriebigen Universalgelehrten, ständig Suchenden, gläubigen Christ Aufklärer und Freimaurer passen.

Rinteln und die deutsche Freimaurerei halten ihm ein ehrendes Angedenken.

Johann Jacob Piel

Ein Rintelner Leutnant trifft General Washington

Am 20. April 1776 traten in Rinteln 9 Männer zusammen, um die Loge ZUM LÖWEN zu gründen, unter ihnen die Leutnants Johann Jacob Piel und Hermann Henrich George Zoll des Füsilierregimentes von Loßberg.

Piel war 1743 in Bremen geboren und bei der Logengründung bereits Freimaurermeister, wir wissen allerdings nicht, bei welcher Loge er aufgenommen (als Lehrling) und seine maurerische Belohnungen (als Geselle und Meister) erhalten hat. Piel wurde 1776 als Regiments-Adjutant von Oberst Rall Amerikakämpfer im Loßbergschen Regiment, welches Landgraf Friedrich II aufgrund von Verträgen mit Großbritannien als Kampftruppe in Amerika einsetzte, zeichnete sich dort aus. Nach der durch General Washington erlittenen schmachvollen Niederlage Weihnachten 1776 in Trenton geriet Piel in Gefangenschaft. Sein bekanntes Tagebuch von 1776 - 1783 ist in der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek in Kassel unter der Signatur 4° Ms. Hass.188 verwahrt.

Dieses Tagebuch wird noch heute in Amerika als ehrlichste und akkurateste Schilderung der Vorgänge um Trenton und besonders für die Zeit der Gefangenschaft und der Zeit in Kanada anerkannt. Noch immer sind Bücher, die Auszüge des Piel’schen Tagebuchs in ihren Inhalt einbinden, Bestseller in den USA. Seine Lagezeichnung nach der verlorenen Schlacht von Trenton ist Legende. Die damaligen Verhörprotokolle der amerikanischen Armee 1777 charakterisieren Leutnant Piel wie folgt:

„He spoke but little in his favour, yet he won all our hearts by his kind and friendly conduct. “ Übersetzung: „Er sprach nur wenig zu seinen Gunsten, schnell gewann er durch sein liebenswertes und freundliches Auftreten alle unsere Herzen.“

General Washington lädt einige Offiziere der englischen und hessischen Regimenter, die er sich in seinem Tagebuch vermerkt hatte, in Newton zu einem halb privaten, gemeinsamen Essen ein, unter ihnen auch Leutnant Piel. Die anderen Offiziere speisten bei General Stirling. Nun muß man wissen, dass Washington und viele seiner Offiziere ebenfalls überzeugte Freimaurer waren und diese Gemeinsamkeit bestimmt neben der zeittypischen Ehrung des Gegners auf Offiziersebene ein bedeutendes Kriterium bei seiner Auswahl für diese Einladung war.

Piel schreibt über Washington in seinem Tagebuch: „Aus dem Gesicht dieses Generals leuchtet der große Mann nicht hervor, wofür er durchgängig gehalten wird. Seine Augen haben gar kein Feuer. Allein sein lächelnder Zug seiner Miene, wenn er spricht, flößt Liebe und Hochachtung für ihn ein.“ Washington hatte sich bereits in Trenton den Namen Piel in seinem Notizbuch notiert. Nach der Freilassung 1778 wird Leutnant Piel noch in Amerika anlässlich der Kanada-Expedition zum Capitain befördert. In den Hessischen Kalendern wird er 1784 als „Staabs Capitain“ beim Regiment Alt-Loßberg gemeldet.

1784 ist Kapitän Piel wieder aktives Mitglied der Loge Zum Löwen. In Rinteln. In Amerika hatte Piel sich mit Major von Altenbockum angefreundet; nach der Rückkehr führte er diesen der Freimaurerei zu und arbeiteten gemeinsam in unserer Rintelner Loge.1790 verlieren wir beide freimaurerisch aus den Augen. In den Einwohnerbüchern des Bremer Stadtteils „Der Schnoor“ von 1796 wird Johann Jacob Piel, Grenadier-Capitain aufgeführt.

Piel starb unverheiratet am 19.11.1806 in Bremen als Grenadier-Hauptmann in Stadt-Bremischen Diensten. Das Intelligenzblatt der Allg. Literatur-Zeitung vom 3. Januar 1807 ehrt ihn in einem Nachruf:

„Er war ein gebildeter Mann und genoss die Achtung aller, die ihn kannten. In den früheren Musen-Almanachen finden sich mehrere Gedichte von ihm.“ Ob Johann Jakob Piel in Bremen in einer Loge eingetreten ist, konnte nicht ermittelt werden, die entsprechenden Matrikeln der Bremischen Logen weisen seinen Namen nicht aus.

Johann Heinrich Beermann, Oberkammerrat

Das Drama um ein kleines Gärtchen und vorbildliches Freimaurerisches Verhalten

Die im Titel genannten Herren sind Hauptpersonen in einem durch unehrenhaftes Verhalten eines unwürdigen und teilweise ehrabschneidenden Geschehens zwischen 1821 und 1830, angezettelt durch einen habsüchtigen, gewalttätigen, egozentrischen , und herrschsüchtigen Stadt-/Festungs-Kommandanten, des Generalmajors Johann Ernst Friedemann Wilhelm von Westernhagen. Er glaubt fest an seine bevorzugte und herausragende Stellung, seinen Rang und an die persönliche Rückenstärkung durch den Kurfürsten Wilhelm II. Schulrat Karl Vogt hat 1952 diesen Streit im Kommandantenhaus ausführlich dokumentiert . Auf seiner Dokumentation beruht nachstehende Schilderung des Geschehens.

Wir kennen Rintelns Freimaurer dieser Zeit bereits aus dem Prolog, erfahren Ihren Beruf und ihre Funktionen in der Loge. Zur Begriffsbestimmung der damaligen militärischen Ränge beginnen wir unsere kleine Geschichte mit deren Definitionen.

Die Stellung des Festungskommandanten unter dem Festungsgouverneur war hauptsächlich eine Versorgungsstelle für verdiente Truppenoffiziere, die nicht mehr für den Kriegsdienst verwendungsfähig waren, gedacht. Sie wurden damit allerdings auch zu militärischer Untätigkeit verdammt. Eine Festung hatte dieses Amt nicht, denn Rintelns Wälle waren geschleift. Zudem war damals die kurhessische Exklave Grafschaft Rinteln mit seiner Hauptstadt Rinteln als „hessisches Sibirien“ verschrien. Die Aufgabe des Kommandanten bestand vor allem in der Organisation und Aufrechterhaltung der militärischen Funktion der Festung und des Wachdienstes.

Ein Platzmajor (ehemals Wachtmeister-Leutnant) ist derjenige Offizier, der dem Kommandanten von Festungen zugeteilt ist und der meistens in dessen Auftrag den Garnisons- und Wachdienst regelt. Der Platzmajor gibt die Parole und die Befehle aus, ordnet ggfs. auch die Einquartierung der Garnison und durchmarschierender Truppen .

Früher war der Platzmajor stets auch ein Major, später mitunter auch ein Hauptmann. Er stand in einem ähnlichen Verhältnis zum Kommandanten wie ein Adjutant zum Truppenkommandeur.

In unserer Geschichte stoßen drei Generationen aufeinander; hier der alternde, sich abgeschoben fühlende, befehlsgewohnte Generalmajor, dort der junge, kompetente Platzmajor, der nichts weiter, als sein ihm zustehendes Recht bekommen (seine Gerechtsame wahren), und damit sein Einkommen sichern will. Mittendrin und ungewollt in diesen Streit hineingezogen die mittlere Generation der Beamten von Behörden der Stadt und der Regierung in Kassel.

Bruder Johann Carl Wilhelm Sittig von Westphalen , bis 1819 Festungskommandant, und sein Platzmajor Dietrich, der bis 1820 das Amt innehatte, regelten Ihr Zusammenleben und ihre Einkünfte, es gab keinerlei Streitigkeiten. 1817 wurden für beide Ämter umfangreiche Vereinbarungen getroffen. Dabei verzichten beide auf Territorien gegen Entschädigung und auch das Zusammenleben im Kommandantenhaus. Sie waren u.a. nötig, um den zurückgekehrten Gouverneur von Biesenrodt ein anständiges Einkommen zu gewährleisten. In diese Vereinbarungen steigt 1821 der Festungsgouverneur Prinz zu Solms-Braunfels ohne weitere Veränderungswünsche ein. Das Amt übernimmt er deswegen erst jetzt, weil sich seit Ende des Königreiches Westfalens bis jetzt sich kein Offizier für dieses Amt fand.

Das Amt des Festungskommandanten wird bereits 1814 mit Br. Oberstleutnant von Westphalen besetzt. Der Festungskommandant v. Westphalen, Mitgründer der Loge Wilhelm zum Nesselblatt wird 1819 nach Karlshafen versetzt, tritt aber diese Stellung offensichtlich gar nicht an. Er wird bereits1820 als Oberst i.R. wohnhaft in Rinteln aufgeführt. Seine Stelle bleibt 2 Jahre unbesetzt, bis Generalmajor v. Westernhagen im Juli 1821 zum Kommandanten ernannt wird. Platzmajor Dietrich demissionierte im März 1819 zeitgleich mit der Versetzung von Kommandant v. Westphalen. Am 17. Februar 1820 zieht der neue Platzmajor, Stabskapitän im Gardegrenadierregiment Bruder Carl Philipp Brinkmann (manchmal auch Brinckmann geschrieben) in das Kommandantenhaus ein und übernimmt die Arbeit und die Einkommensquellen, die zu diesem Amt gehören. Er war am 18. April 1772 in Rinteln geboren, trat am 10. Oktober 1787 als Fahnenjunker in das Regiment v. Loßberg ein, wurde darin am 27. April 1797 Fähnrich, am 8. Juni 1798 Second- und am 6. Juni1806 Premierleutnant.

Brinkmann hat die Feldzüge 1793 und 1794 gegen Frankreich, auch die sog. Expedition nach der Insel Wight mitgemacht und war 1794 in Ypern in französische Gefangenschaft gefallen. Am 1. November 1806 (Königreich Westphalen) wurde er „beurlaubt“, war dann ohne Dienst, wurde 1809 kgl. westphälischer Kreiseinnehmer (Cantonsreceveur) in Eimbeck, trat aber am 16. Januar 1814 erneut in das kurhessische Militär als Stabskapitän im Regiment von Biesenrodt ein und ging mit diesem am 2. Mai 1816 in das Garderegiment über, erhielt dann die Platzmajorstelle in Rinteln.

Brinkmann ist Gründungsmitglied der Freimaurerloge Wilhelm zum Nesselblatt in Rinteln, übernimmt auch hier Amt und Verantwortung. Brinkmann stirbt am 19. März 1842 in Rinteln.

Im Herbst des Jahres 1821 zieht Generalmajor Johann Ernst Friedemann Wilhelm v. Westernhagen in die Wohnung des Kommandanten im Kommandanturhaus ein, und es gibt sofort Streit.

Von allen bestehen alten Vereinbarungen zwischen Kommandanten und Platzmajor für die Gärten vor und hinter dem Kommandantenhaus, sowie des kleine Baum- und Gemüsegarten beim Eingang in den Wall links vom weißen Turm (Das Plätzchen) will der neue Kommandant nun nichts mehr wissen. Bisher gelang immer freundliche, gütige Einigung. Doch nun plötzlich entzündet sich daran ein Streit in einem unfassbaren Umfang, angezettelt vom Kommandanten. Diese Affäre erinnert stark an den in moderner Zeit durch die Medien gelaufenen Streit mit dem Spottnamen „Maschendrahtzaun“.

Im Kommandantenhaus mit seinen „Wohnungen auf dem Wesertor“ wurde lange einträchtig nebeneinander gewohnt, auch die ebenfalls hier wohnenden Ingenieur-Offiziere, Oberstleutnants und Hauptleute. Nun aber fordert dieser neue Kommandant die „Wiederherstellung seiner zerrütteten Vermögensumstände“ und die „Verbesserung der schlechten Lage seiner Kasse“. Wenigstens war er deutlich. Die Wohnung sei ihm nicht rechtzeitig ausgehändigt worden beschwert sich der Kommandant. Es wäre Aufgabe des Platzmajors gewesen, ihm bei der Ankunft in Rinteln die Wohnung sofort zu übergeben. Stattdessen habe sie der doch schon ab 2.3.1819 nach Karlshafen versetzte ehemalige Kommandant v. Westphalen bis zum 19. Oktober 1820 inne gehabt. Er habe sich deshalb mit seiner zahlreichen Familie bis zu diesem Tage mit zwei schmutzigen Gasthauszimmern behelfen und im Gasthaus 121 Taler verzehren müssen.

Platzmajor Brinkmann stellt diese Beschuldigungen richtig, indem er konstatiert: Die Wohnung sei zwar bei der Ankunft des Generals noch nicht frei gewesen und erst am 10.10. von Kommandant v. Westphalen geräumt worden, allein die Verzögerung könne nicht ihm zur Last gelegt werden, denn er habe alles getan, was er gegenüber der Würde des Obersten v. Westphalen vermochte. Außerdem sei ja sowieso erst am 16.10. die Wohnungseinrichtung des neuen Kommandanten in Rinteln angekommen. Das Logis im besten Gasthaus am Platz habe übrigens die Stadt bezahlt.

Das war nun zu viel Recht, das ein ihm untergeordneter Offizier bekommt. Als nächstes beschwert sich der Kommandant, der Platzmajor hätte die bessere Wohnung im Haus, auch verfüge diese über den größeren Hofraum, über mehr „Gebäulichkeiten“ als der Kommandantenhof und über einen Stall für 12 Pferde, während er, Kommandant v. Westernhagen, auf einen kleinen Holzstall beschränkt sei, den er für seine Pferde habe extra bauen lassen müssen.

Erneut muss Platzmajor Brinkmann klar- und richtig stellen: Seine Wohnung gehörte schon immer dem Platzmajor und macht hierzu lange, sachliche Beweisangaben, widerspricht dem Kommandanten, dass 12 Pferde in der kleinen Krippe, die er zudem nur für seine eigene Ökonomie verwende, Platz hätten. Der Stall auf der Hofseite des Kommandanten sei auch bereits durch Oberst Bauer (Kommandant von 1801 – 1806) vor 1806 an den vorhandenen zweistöckigen Stall angebaut worden. Es sei darin Platz für drei Pferde und es wären lange Zeit sogar 4 Pferde in diesem Stall gestanden. Es sei wohl nicht zu bezweifeln, dass darin auch das einzige Pferd des Generals Platz finde.

Sauber und ordentlich argumentiert Platzmajor Brinkmann, und Gouverneur Prinz zu Solms-Braunfels bemüht sich, Ruhe und Frieden einkehren zu lassen. Er durchschaut nicht sofort die miese Taktik des Kommandanten, lässt daher ein Gutachten erstellen, welches zu dem Ergebnis kommt, beide Wohnungen seien völlig gleich, die Kommandantenwohnung befinde sich sogar im besseren Zustand. Nun zerrt v. Westernhagen den Platzmajor vor das Geheime Kriegskollegium, lässt dabei gegenüber dem rangniedrigen Platzmajor jegliche Offiziersehre und Fairness fallen. Obwohl sich Brinkmann, wie er sich ausdrückt, „…trotzdem jederzeit bemüht ist, die Grenzen der Ehrerbietung zu halten“, lässt ihn v. Westernhagen nicht zufrieden. Er sucht immer wieder Grund zum Streit, schiebt für seine Querelen ständig seinen höheren Dienstgrad vor, beschuldigt den Platzmajor in einem Schreiben an das Geheime Kriegskollegium sogar der Subordination. Das ist das schlimmste Verbrechen eines Offiziers. Ständig umgeht der Kommandant aber selber den Dienstweg, am Gouverneur von Rinteln vorbei.

Jetzt reicht es, meinte nun auch das Kriegskollegium in Kassel. Man bezeichnete die Briefe v. Westernhagens als „ungebührlich“, ja sie trügen „den Stempel des Unschicklichen und Unanständigen“ konstatierte das Gremium, nachdem alle Unterlagen gesichtet wurden. Man befahl dem Gouverneur Prinz zu Solms-Braunfels den Kommandanten v. Westernhagen „zur Ruhe ernstlich anzuhalten“. Das schmerzt den Generalmajor und er denkt sich immer perfidere Beschuldigungen für den Platzmajor aus.

Jetzt geht es um das sog. Plätzchen, ein Fleckchen Gartenland von 14 Fuß Breite und Tiefe am Exter-Mühlenkanal, das er widerrechtlich in Besitz nimmt, dann wieder um das zur Wohnung des Platzmajors gehörenden Stallgebäude; schließlich lässt er von einem Rintelner Tischlermeister an der Laube auf dem Plätzchen unerlaubt Arbeiten durchführen. Platzmajor Brinkmann bleibt bei seiner untadeligen Haltung gegenüber seinem Vorgesetzten, dennoch verteidigt er erfolgreich auch diese Angriffe.

Es wird geschrien und gepöbelt, erneut Subordination skandiert; jetzt beschuldigt der Kommandant den Platzmajor beim Gouverneur, Brinkmann würde ihn durch seine ausgebreitete Verwandtschaft in Rinteln in ein nachteiliges Licht setzen. Prinz zu Solms-Braunfels antwortet auf solche lächerlichen Beschwerden überhaupt nicht mehr. Was macht v. Westernhagen? Er bombardiert erneut das Geheime Kriegskollegium in Kassel mit Schreiben und Beschwerden wegen des „Plätzchens“. Dieses aber entscheidet eindeutig, es gehöre dem Platzmajor. Wumms, wieder eine Niederlage, doch Brinkmann zeigt seinen Triumph nicht öffentlich, er bleibt besonnen. Da braust der Kommandant auf, er hätte dieses Plätzchen „direkt vom Kurfürsten“ erhalten und nur dieser könne es ihm wegnehmen. Auf diese seltsame Argumentation geht niemand in Rinteln und Kassel mehr ein.

Weil er so gar nicht weiterkommt, greift v. Westernhagen jetzt seinen Vorgesetzten Gouverneur Prinz zu Solms-Braunfeld direkt an, beschuldigt ihn der zu großen Nachsicht gegenüber dem doch eigentlich ihm untergeordneten Platzmajor und verlangt zunächst erfolgreich eine Neuaufnahme der Verhandlungen. Noch einmal werden Beschwerden, Berichte, Reskripte hin und her geschrieben, doch nun verliert der Prinz endgültig die Geduld. Er bittet Kassel, den Generalmajor auszuschalten. Zeitgenossen bezeichnen den Prinzen als überlegenen, taktvollen und gütigen Menschen, doch irgendwann reißt auch ihm der Geduldsfaden.

Die Entscheidung des Kollegiums ist wieder einmal eindeutig: Das „Plätzchen“ ist Teil der Emulente (Dienstnutzung) zum Einkommen des Platzmajors. Punkt! Der Chef des General-Kriegsdepartments, Cochenhausen, bittet den Kurfürsten, anzuordnen „dass der Generalmajor zur Ruhe und Eintracht mit dem Platzmajor und zur Folgsamkeit gegen den es mit ihm wohlmeinenden Gouverneur verwiesen werde“. Als nun alles nichts genützt hat, denn Platzmajor Brinkmann hat mit seiner sachlichen, offenen und ehrlichen Art und Weise, freimaurerische Gesinnung bewiesen und sich durchsetzen können, geht v. Westernhagen zu einem weiteren Angriff über. Er beschuldigt den Platzmajor Schifffahrts- und Kommandantengelder zu unterschlagen.

Dieses wird von beladenen Schiffen erhoben, die die Fährlinie oder Brücke passierten, und zwar nach dem sog. Bauerschen Tarif. Für Leerschiffe ist ein Schreibgeld zu entrichten. Wieder geht es vor das Kriegskollegium in Kassel. Der ehemalige Kommandant v. Westphalen wird um ein Gutachten gebeten. Er kommt zu dem Ergebnis, das dieser vom Zaun gebrochene Streit dem Kommandanten nicht zur Ehre gereicht, denn Platzmajor Brinkmann, der seit 1820 die Abgaben erhebt, habe überaus korrekt gehandelt und abgerechnet. Da der Kommandant sich nun auch persönlich an der Mautstelle sehen lässt, mit den hier herrschenden tumultartigen Zuständen jedoch nicht klar kommt, legt Brinkmann ihm spöttisch nahe, seinen Anteil an ihn zu verpachten. Brüsk lehnt der Stadtkommandant ab. Er beschuldigt Brinkmann aber weiterhin der Unterschlagung von eigentlich ihm zustehenden Geldern. Wir erinnern uns, der Stadt- und Festungskommandant von Westernhagen war angetreten, „seine Vermögensverhältnisse in Rinteln zu sanieren“ und „sein Einkommen zu verbessern“ (s.o.).

Oberkammerrath zu Rinteln, Joh. Henr. Beermann, späterer Köngl. Preuss. Regierungsrath in Aachen, führte schon damals den zivilen Schriftwechsel. Beermann ist in ganz Hessen als eine absolute Vertrauensperson bekannt und beliebt. Er ist Freimaurer und Ehrenmitglied der Rintelner und weiterer Logen, hat ein umfangreiches Netzwerk bis ins Preußische. Letztlich führt ein Zerwürfnis mit dem Kurfürsten und dessen intoleranten Regierungsführung dazu, dass Beermann in preußische Dienste tritt und in Aachen, dass damals zu Preussen gehörte, als Regierungsrat unterkommt, weit weg von den hessischen Angriffen gegen ihn. Beermann wirkt schon in den April- und Maiwochen des Jahres 1814 an der Verteilung und Privatisierung im Auftrag des General-Kriegskollegiums in Kassel des durch die Schleifung der Wälle entstandenen Landes mit, insbesondere die Überführung der Festungswälle in Erbpacht. Er verantwortet auch die Verhandlungen und Festlegungen der Abfindungen an Festungskommandant und Platzmajor.

In Aachen erreichen ihn aus Rinteln immer wieder Bitten, im Streit zwischen Kommandant und Platzmajor zu vermitteln, allein Beermann betritt kurhessischen Boden nicht. Selbst 1824 folgt er der Einladung zu dem wohl letzten Johannisfest der Rintelner Loge nicht .

Philipp Carl Süß, der spätere Bürgermeister Rintelns, wird als Untergerichtsanwalt, Auditeur und Prokurator, später als Kommissionsrath gleichermaßen immer wieder in diese unerfreulichen Streits hineingezogen. Süß ist ebenfalls Freimaurer der Loge in Rinteln und ist entsetzt über die Art und Weise der Streitführung durch den Stadtkommandanten. Er legitimiert, als Garnisonsauditeur, anschließend an das Gutachten des ehemaligen Stadtkommandanten v. Westphalen: das sog. Schreibgeld sei herkömmliches Einkommen des Platzmajors. Brinkmann selbst hält sich zurück, hat ja auch hier stichhaltige Beweise. Wieder wird allen Beteiligten deutlich, dass offensichtlich nur Habgier und Machtmissbrauch das Handeln des Stadtkommandanten zu beherrschen scheint.

Erneut gibt sich v. Westernhagen nicht zufrieden und zettelt ein Verfahren gegen den Platzmajor wegen dienstwidrigen Verhaltens bei der Auszahlung der Schifffahrtsgelder an, obwohl er selbst, ungeachtet der Verordnungen des Kriegskollegiums in Kassel aus dem Jahre 1800, den Anteil, der dem Platzmajor zusteht, erhebt, ohne diesem den entsprechenden Anteil auszuzahlen. Dem Garnisons-Gouverneur, Prinz Wilhelm Heinrich Kasimir zu Solms-Braunfels, wird die Sache zu bunt, er schaltet jetzt das Kriegsdepartement in Kassel ein. Ehe aber hier über den Streitfall entschieden werden kann, ergeht eine neue Verordnung, die den Wegfall bestehender Zollabgaben, Erhebungen und Auflagen festlegt und durch eine allgemeine Abgabe ersetzt wird. Die schwierigen Verhandlungen der Verteilung dieser Abgabe enden 1824. Durch allerhöchster Entscheidung vom 13.7.1825 wird festgelegt, dass eine jährliche Entschädigung zu zahlen sein wird, nämlich 200 Taler an den Kommandanten und 100 Taler an den Platzmajor.

Selbst nach seiner Pensionierung fühlt sich Generalmajor von Westernhagen „nicht pensioniert“, versucht bis zu seinem Tode am 7. 02. 1835 an zusätzliches Einkommen zu kommen. Sein Nachfolger hat es nicht leicht. Platzmajor Brinkmann obsiegt über die Jahre mit Ehrlichkeit, Offenheit und der Sicherheit seiner inneren freimaurerischen Haltung auf allen Gebieten. Der neue Stadtkommandant (1832-1844) Generalmajor A. C. L. v. Bardeleben wird ihm ein fairer Vorgesetzter.

Epilog oder wie es gewesen sein könnte, Teil 2

Nach fast zwei Stunden lässt ein sanftes, kaum hörbares Klopfen von innen an der Tempeltür den vor sich hindösenden Adjutanten schlagartig wach werden. Kaum hat er Zeit, seinen Stuhl beiseite zu stellen, da öffnet der Wacht habende Bruder von innen weit die Tür. Heraus kommt, unter Begleitung des Zeremonienmeisters, der Repräsentant der Großloge, Br. von Westphalen, wieder ist rhythmisches Klopfen zu hören, hinter ihm schließt sich die Tür, geht aber nach ein paar Minuten wieder auf.

Paarweise, Arm in Arm, treten die Brüder der „Kolonnen“ aus dem Tempel, ihre Gesichter sind heiter und ergriffen; und sie schweigen. Drei Schritte gehen sie, dann wenden sie sich einander zu, geben sich die Hand. Man sieht sie sich umarmen, manche sich auf die Wangen küssen, alles ist ausgesprochen herzlich. Jeder Bruder hat jetzt ein kleines Blumenbouquet am Anzug. Es sind ein weißes, ein rosa und ein blutrotes Röschen. Der Meister hatte im Tempel mit dem jüngsten Lehrling, der den Korb mit den Blumenbouquetten trug, in einem Rundgang durch die Reihen jedem Einzelnen dieses kleine Andenken an diese Arbeit in die Tasche für das Kavalierstuch gesteckt, ein paar Worte gesprochen und sich dann dem nächsten Bruder zugewandt. Eine wunderschöne Geste, finden die Brüder, sie kannten es so noch nicht.

Zum Abschluss hatte sie der Bruder Meister und die beiden Aufseher in einem Frage- und Antwort-Dialog alle ermahnt: „Auf welcher Ebene sollen Freimaurer einander begegnen?“, fragt der Meister den ersten Aufseher und bekommt zur Antwort: „Auf gleicher Ebene, auf der Winkelwaage“. Auf die nächste Frage des Meister, „Wie sollen Freimaurer handeln?“, antwortet der zweite Aufseher: „Mit dem Senkblei in der Hand.“ Daraufhin sagt der Meister: „Und auf dem rechten Winkel wollen wir uns trennen, so sind wir zusammengekommen und so trennen wir uns nun. Mögen wir uns alle so wiederfinden.“ Jeder der Anwesenheit versteht heute die doppelte Bedeutung dieser rituellen Ermahnung.

Es folgte ein Moment der Stille, dann dringt die Stimme des Meisters vom Stuhl erneut durch den Raum: „Gehet nun in die Welt, meine Brüder, und bewähret Euch als Freimaurer. Wehret dem Unrecht, wo es sich zeigt, kehret niemals der Not und dem Elend den Rücken und seid wachsam auf Euch selbst! Es geschehe also – ziehet hin in Frieden.“ Das Erlebte wird besprochen, das zu erwartende Verbot - geht es vielleicht doch gut mit der hessischen Freimaurerei? Die Sorgen über fehlende Gewissheit überschattet das heitere Johannisfest.

Hinter den Brüdern schließt sich erneut die Tür. Der Meister und die Beamten werden nun in einem kurzen Ritualgeschehen den Arbeitsteppich einrollen, die Kerzen zum Meisterpult bringen, die aufgelegten „Großen Lichter“ einräumen, dann entlässt sie der Meister formell. Durch die Tür treten mit den Ritualbeamten auch der Wachthabende und der Zeremonienmeister, der vorsitzende Meister ist nun allein. Er wird das sog. Freimaurerische Licht löschen. Damit ist der Raum wieder profanisiert. Er klopft mit dem Hammer auf sein Pult, der Zeremonienmeister hört dies, öffnet von außen die Tür, die Brüder erweisen dem heraustretenden Meister die Ehre in einem Spalier.

Ein gemeinsames, rituell gestaltetes Essen, die Tafelloge, wird sich jetzt anschließen. Die Dienenden Brüder haben dem Gastwirt bei der Tischdekoration geholfen und werden die Brüder bei Tisch bedienen.

Wir verlassen die Versammlung, bleiben aber in Gedanken bei Ihnen, wie sie die Ritualgeräte einsammeln, die Bestuhlung wieder Gastraum-gerecht zurechtrücken und noch einmal traurig den Blick in die Runde „Ihres“ Tempels werfen. Dann ist alles verpackt und wird auf die einzelnen Brüder zur Verwahrung verteilt. Gern würde ich im damaligen Protokollbuch stöbern, ich konnte es aber bei meinen Recherchen nicht ausfindig machen.

Heute wissen wir, es war tatsächlich die letzte Arbeit der gerechten und vollkommenen Freimaurerloge Wilhelm zum Nesselblatt im Orient von Rinteln. Am 19. Juli 1824 erfolgte das erwartete zweite Freimaurerverbot in Hessen. Diese Loge konnte nie wieder zum Leben erweckt werden. Die Brüder traten in Logen in benachbarten, auch nicht hessischen Orte ein, zerstreuten sich. Erst mehr als 70 Jahre später trafen sich wieder Freimaurer in Rinteln, gründeten ein Freimaurerkränzchen mit dem Traditionsnamen Wilhelm zum Nesselblatt. Doch davon an andere Stelle.

PS: Alle im Prolog und Epilog erwähnten Freimaurer findet man wieder in der Mitgliederliste der Loge Wilhelm zum Nesselblatt von 1824.