Bauopfersagen: Unterschied zwischen den Versionen
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+ | :Gluthen in dem dunkeln Auge | ||
+ | :Der Bestürzung Conterfei. |
Version vom 16. Juni 2012, 11:58 Uhr
Bauopfersagen
im Aufbau
Es gibt viele Bauopfersagen, die bekanntest ist wohl die von Hiram, oder die von der Lehrlingssäule in der Roslyn chapel.
Die unglückliche Wette
ober Die Erbauung der Dreifaltigkeitskirche in Zittau
- Seht ihr dort das Kirchlein leuchten,
- Das vor alter grauer Zeit
- Frommer Andacht heil`ger Eifer
- Der Dreisaltigkeit geweiht?
- Wo noch heut in frommem Liede
- Andacht himmelan sich hebt,
- Und der hohe Geist der Liebe
- Durch die heil´gen Räume schwebt?
- Doch wo jetzt der Geist der Liebe
- Hoch in Gottes Hause thront,
- Hat einst Haß und blut´ger Frevel,
- Hat die Liebe nicht gewohnt.
- Denn des Kirchleins stille Mauern,
- Jetzt der Andacht heil´ger Hort,
- Wo der Friede Gottes wohnet,
- Sie entweihte einst der Mord.
- Als vor langen, langen Jahren,
- Wie die graue Sage spricht,
- Zu des Kirchleins frommem Baue
- Stein zu Steinen ward gefügt,
- Ward der rüst´gen Hand des Meisters,
- Die schon oft und viel gebaut
- Auch dies :Kirchlein aufzuführen,
- von den Gläudigen vertraut.
- Durch Italiens Gefilde,
- Wo die Kunst den Künstler preist,
- Fern aus Deutschlands düstern Gauen
- War der Meister weit gereist,
- Hatte Romas Wunderwerke,
- Kühn von Künstlerhand gebaut,
- Die Paläste all´ und Kirchen
- Und Sanct Petri Dom geschaut.
- Und so kehrt´ er reich erfahren
- Und mit kunstgeübter Hand
- Wieder heimwärts zu den Seinen
- In das deutsche Vaterland.
- Doch die Kunst allein nicht brachte
- Heimgekehrt er mit dahin -
- Auch das heiße Blut des Südens
- Und des Römers wilden Sinn.
- Seinen Kunstsinn zu erproben,
- Führt er jetzt das Kirchlein auf,
- Und es ging der Bau in Eile
- Vorwärts seinen schnellen Lauf.
- Hundert rüst´ge Hände führten
- Treu des Meisters Willen aus,
- Und schon zeigte dem Beschauer
- Seine Form das Gotteshaus.
- Mit dem Meister, den Gesellen
- Baut ein Jüngling. Ernst und mild
- War des stillen Jünglings Sitte
- Und er selbst der Demuth Bild,
- Vorwärts aber schritt er eilig
- Auf der Kunst erhab´ner Bahn,
- Zu des Ruhmes ew´gem Tempel.
- Da trat einst der Meister an.
- Und sprach mit bescheid´nem Worte,
- Wie's dem Lernenden geziemt:
- "Lieber Meister, weit im Lande
- Seid als Künstler ihr berühmt:
- Mach´ ich eurem Beispiel Ehre,
- So erlaubt die Bitte mir:
- Laßt uns Jeder um die Wette
- Bauen eine Säule hier!"
- Lächelnd sprach darauf der Meister
- In verächtlich stolzem Ton:
- "Künstlerstolz mag ich wohl loben,
- Was wär sonst der Arbeit Lohn?
- Doch wenn Knaben sich erfrechen,
- Um des Künstlers höchstes Gut
- Mit dem Meister sich zu messen,
- Sei bestraft ihr Uebermuth!"
- "Darum baue, Knabe baue,
- Bis zum Himmel bau´ hinauf,
- Und des Uebermuthes Strafe
- Folgt dir doch in schnellem Lauf!"
- Nahm den Hammer und die Kelle
- Und das Richtmaß mit dem Blei
- Und des Meisels scharfe Schneide.
- Auf daß Alles tüchtig sei.
- Und sie bauten emsig Beide,
- Und nach kurzer banger Zeit
- War der Säulen eine fertig,
- Kunstgerecht in Läng´ und Brei´ -
- Ach, es war des Lehrlings Säule
- Und der Meister stand dabei,
- Gluthen in dem dunkeln Auge
- Der Bestürzung Conterfei.