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Version vom 20. Juni 2012, 19:24 Uhr
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Prag
1768 bis 1932
Quelle: Internationales Freimaurer-Lexikon von Eugen Lennhoff und Oskar Posner (1932)
Prag, Hauptstadt der Tschechoslowakischen Republik, Landeshauptstadt von Böhmen (s.d.), eines der altesten Freimaurerzentren Mitteleuropas.
Nach einer hauptsächlich von Abafi (s. d.) gestützten überlieferung soll in Prag 1726 durch den Grafen Franz Anton von Sporck (s. d.) eine Loge unter dem Namen "Zu den dei Sternen" gegründet worden sein, auf die sogar eine Erinnerungstafel am Prager Hauptpostgebäude in der Heinrichsgasse verweist. Diese Loge soll sich zur Zeit des Österreichischen Erbfolgekrieges in drei Parteien, eine Österreichische, eine bayrische und eine neutrale, geteilt haben. Irgendwelche Belege sind bisher nicht erbracht worden. Posner, der diese Gründungsgeschichte ablehnt, hat die Vermutung geaüßert, daß die Prager Freimaurerei wahrscheinlich überhaupt erst zur Zeit des Erbfolgekrieges entstanden ist.
Diese Vermutung, bei der besonders an den Logen gründer Marschall Rutowski (s. d.) gedacht war, hat 1931 durch einen Archivfund von Dr. Josef Volf eine Bestätigung erfahren. In einem Briefe der Prager Loge "Zu den drei gekrönten Sternen und Redlichkeit" an die Loge "Zu den drei Schlüsseln" in Regensburg vom 24. Juni 1795 erwähnt diese Loge ihr fünfzigjähriges Jubiläum im Jahre 1791 und bezeichnet sich selbst als die älteste Loge Böhmens. Es heißt dort: "Vor 50 Jahren traten einige hier anwesende Brr. öfter zu den geheiligten Arbeiten zusammen, ohne unter einem besonderen Logennamen verbunden zu sein. In weiterer Zeitfolge ward die Loge unter dem Namen "Zu den drei Kronen" nach englischem System förmlich bestellet, nahm in weiterer Zeit den Namen "Zu den drei Sternen" an, den sie sodann im Jahre 1763 in jenen, den sie jetzt führt, verwandelte."
Von einer englischen Konstitution an eine Prager Loge "Zu den drei Kronen" war bisher nichts bekannt. Vielleicht erklärt aber diese englische Konstitution die falsche Überlieferung, daß bei der angeblich im Jahre 1726 von Sporck gegründeten Loge "Zu den drei Sternen" der gewesene englische Großmeister Sayer anwesend gewesen sein soll. (Vergl. Josef Volf, Prager Presse", 24. Juni 1931.)
Die weitere wichtigen Daten der Prager Freimaurereigeschichte gind in chronologischer Reihenfolge:
- 1763 ein Kapitel ,,Zu den vier Evangelisten".
- 1765 P. unterstellt sich als Priorat von Droysig der Strikten Observanz.
- 1766 Auftauchen der Rosenkreuzer.
- 1766 Verbot der Freimaurer- und Rosenkreuzerlogen.
- 1770 Grundung der Loge ,,Zu den drei gekronten Säulen" mit Londoner Patent.
- 1771/72 Eroffnung des Waisenhauses ,,Zu St. Johann dem Taufer".
- 1773 Auch die Säulenloge erklärt sich jetzt für die Strikte Observanz, daher bildet sich eine Schottenloge ,,Zu den drei gekronten Sternen und den drei gekrönten Säulen", die sich den Namen Kasimir Usw. nach dem Prinzen Albert Kasimir von Sachsen-Teschen beilegt.
- 1775 Prafekturkapitel ,,Kasimir zu den neun Sternen".
- 1780 Graf Barbo gründet die Loge ,,Zum grünen Löwen", die sich aber bereits *1781 wieder auflöst.
- 1782 Die Prager Logen unterstellen sich als Provinzial-Großloge von Böhmen der Großen Landesloge von Österreich.
- 1783 Gründung der Logen ,,Zur Wahrheit", ,,Einigkeit" und ,,Union".
- 1785 Freimaurerpatent Josephs II. Danach dürfen in P. nur drei Logen bestehen. Die Loge ,,Sincérité" in Klattau wird von der Loge ,,Zu den drei Sternen" übernommen, die sich, Zu den drei gekrönten Sternen und Redichkeit" nennt. Die anderen Logen vereinigen sich als ,,Wahrheit und Einigkeit zu den drei gekrönten Säulen".
- 1787 wird die Schottenloge unter dem Namen Zu neun Sternen" wieder belebt.
- 1792 bezeichnet der Wiener Denunziant Aloys Hoffmann (s.d.) P. als ein besonders gefährliches Freimaurer- und Verschwörerzentrum, der Kaiser Franz II. besucht noch das Waisenhaus und die Taubstummenanstalt, veranlaßt aber zugleich die freiwillige Schließung der Logen.
- 1794 1. Mai. Die P. Logen lösen sich auf, behalten aber das Recht, ihre Wohlfahrtsanstalten als Profanvereine weiterzafähren.
- 1811 Josef Graf Auersperg versucht die Wiedererrichtung einer Loge, wird aber daraufhin nach Brünn strafversetzt. Die Loge bestand trotzdem mit Patent der Großloge von Preußen, wurde jedoch 1818 polizeilich gesperrt.
- 1848 Zwei verschiedene Freimaurergruppen versuehen die Wiederbelebung der Freimaurerei. Die behördliche Genehmigung wird jedoch verweigert.
- 1870 Ch. Fr. Jahn versucht die Errichtung einer Loge in P., die jedoch von der Behörde nicht bewilligt wird.
Gründung des unpolitischen Vereins ,,Harmonie".
- 1872 Gründung eines zweiten Freimaurervereins unter dem Namen ,,Amicitia".
- 1909 Prager Brüder gründen in Preßburg die Loge ,,Hiram zu den drei Sternen" unter der Symbolischen Großloge von Ungarn, der in P. der Verein ,,Charitas" entspricht.
- 1918 Freimaurer tschechischer Nation gründen am 26. Oktober eine Loge ,,Jan Amos Komensky". Der P. Verein ,,Harmonie" bildet sich zu einer Loge um.
- 1920 Die neugegründete Großloge ,,Lessing zu den drei Ringen" verlegt ihren Sitz nach P.
Von italienischen Freimaurern werden in P. tschechische Logen gegründet.
- 1923 Gründung der Narodni Velika Loze Ceskoslovenska in P.
P. ist heute Sitz zweier Großlogen: der deutschen G.-L. ,,Lessing zu den drei Ringen" in der Tschechoslowakischen Republik, die fünf, und der Narodni Velika Loze Ceskoslovenska (Tschechoslowakische National-Großloge), die- gleichfalls fünf Logen in P. vereinigt. Die Tschechoslowakische National-Großloge gehört dem Schottischen Ritus an und hat auch, ebenfalls mit Sitz in P., einen Obersten Rat des Alten und Angenommenen Schottischen Ritus, der 1922 begründet wurde.