Rezension: Freimaurerei im Elbland: Unterschied zwischen den Versionen
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Frau Krüger-Mlaouhia beschliesst den ungemein reichhaltigen Band mit dem – unnötigen – Abdruck der sogenannten „Alten Pflichten“ der Freimaurer von 1723, der – auch nicht unbedingt nötigen - Schilderung eines Lehrlingsrituals (183-190), einer Tafel- und Trauerloge und fügt ein kurzes Glossar wichtiger maurerischer Ausdrücke von Alexander Giese an (192-195). Bereits bei der Auswertung der Dokumente der Loge in Grossenhain hat sie ein Ritual zum Weihefest (67-68) sowie die Rituale der drei blauen Grade und einer Schwesternloge kurz skizziert (70-72). | Frau Krüger-Mlaouhia beschliesst den ungemein reichhaltigen Band mit dem – unnötigen – Abdruck der sogenannten „Alten Pflichten“ der Freimaurer von 1723, der – auch nicht unbedingt nötigen - Schilderung eines Lehrlingsrituals (183-190), einer Tafel- und Trauerloge und fügt ein kurzes Glossar wichtiger maurerischer Ausdrücke von Alexander Giese an (192-195). Bereits bei der Auswertung der Dokumente der Loge in Grossenhain hat sie ein Ritual zum Weihefest (67-68) sowie die Rituale der drei blauen Grade und einer Schwesternloge kurz skizziert (70-72). | ||
− | Zahlreiche Farbfotos, welche die Autorin selbst in der Loge Luckau gemacht hat, bereichern den schön aufgemachten Band. Er gibt einen lebendigen Einblick in das Logenleben von Freimaurern in | + | Zahlreiche Farbfotos, welche die Autorin selbst in der Loge Luckau gemacht hat, bereichern den schön aufgemachten Band. Er gibt einen lebendigen Einblick in das Logenleben von Freimaurern in Deutschland. |
Version vom 4. Oktober 2012, 18:50 Uhr
Inhaltsverzeichnis
- 1 Ein lebendiges Bild der Freimaurerei im Elbland
- 2 Maurerische Tätigkeit in Meissen
- 3 Akribische Schilderung des Logenlebens und der Mitglieder
- 4 Schwierige Neugründung nach 1989
- 5 Weitere Logen in Riesa und Grossenhain
- 6 Bedeutende Freimaurer in schwieriger Zeit
- 7 Weitere Freimaurerklubs in Sachsen
- 8 Ein lebendiger Einblick in das Logenleben
Ein lebendiges Bild der Freimaurerei im Elbland
Rezension von Roland Müller
Kathrin Krüger-Mlaouhia: Die Logen.
Verschwiegene Gesellschaften mit offenen Herzen
Freimaurer im Elbland 1800 bis 1935
Logen, Klubs und Kränzchen in Riesa, Meissen, Grossenhain, in der Lössnitz und Umgebung.
Grossenhain: activ Verlag 2009.
Das Elbland ist nicht, wie man vermuten möchte, am Unterlauf der Elbe zu finden, sondern ziemlich weit oben, im Herzen von Sachsen, etwas unterhalb von Dresden. Über die Freimaurer in diesem Gebiet wusste man bisher fast nichts. „Zur Loge zu gehören musste ein Geheimnis bleiben. Nicht einmal enge Angehörige wussten etwas darüber zu erzählen. Als die Freimaurerei dann 1935 von den Nazis zwangsaufgelöst wurde, verschwanden auch die spärlichen regionalen Quellen“ (3).
Nun hat sich die Journalistin Kathrin Krüger-Mlaouhia auf die Suche nach Dokumenten gemacht und ist im Geheimen Staatsarchiv Preussischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem fündig geworden. Mit Unterstützung des Freimaurers Karl-Dieter Holz von der Loge „Zum Goldenen Apfel“ in Dresden wertete sie das umfangreiche Material aus und stellte auf 200 reich bebilderten Seiten vor. Sie hat sehr sorgfältig gearbeitet und ein ausserordentlich informatives Buch geschaffen. Es sorgte seit seinem Erscheinen 2009 in Sachsen für viel Resonanz, denn es scheut sich nicht, Höhen und Tiefen der Freimaurerei zu benennen.
Was war die Motivation der fleissigen Autorin? Sie ist der Überzeugung, dass die Freimaurer einen beachtlichen Beitrag zur freiheitlichen Entwicklung der Menschheit leisteten. „Ihr Ziel war und ist die Vervollkommnung der Menschen. Wahrheit, Recht und Bruderleibe standen als Massstab für die Freimaurer seit den Zeiten der Aufklärung … Im Bewusstsein der Freimaurer sind zwischenmenschliche Konflikte unvermeidbar, aber sie können ohne zerstörerische Folgen ausgetragen werden … Die Logen im Elbland zeichneten sich zudem, wie auch anderswo, durch grosse Mildtätigkeit aus. Die Hilfe für Arme war Programm (3-4).“
Maurerische Tätigkeit in Meissen
Bereits zwei Jahrzehnte nach der Gründung der modernen Freimaurerei in London (1717) erreichte das maurerische Licht Hamburg und Dresden. Maurerische Tätigkeit in Meissen lässt sich bereits 1768 nachweisen, doch erst 1836 gründete sich hier ein Freimaurerklub und 1847 die Johannisloge „Zur Akazie“ (8). Schade, dass die Autorin offenbar fast keine Dokumente fand, welche über die ersten 100 Jahre der Freimaurerei in Sachsen Auskunft gegeben hätten. Immerhin konnte sie feststellen, dass zwischen 1768 und 1836 zahlreiche Meissner Einwohner als Logenbrüder in Dresden und Leipzig aufgelistet sind (93). Und: „Aus England erhielten die Freimaurer in Sachsen erhebliche Geldmittel, so dass 1814 in Meissen eine Waisen-Erziehungs- und Versorgungsanstalt gegründet werden konnte. Sie existierte unter Verwaltung des mehrheitlich von Freimaurern geleiteten Waisenhausvereins in späterer Gemeinschaft mit der Stadt Pirna bis zur Zwangsauflösung 1934.“
Zehn Jahre nach einem kurzlebigen Freimaurerklub bildete sich 1847 die Loge „Zur Akazie“ in Meissen. 26 Interessenten fanden sich auf dem Rittergut Cölln unter dem poetischen Motto ein: „Jedem Menschen tut es ja herzlich wohl, eine Stätte zu haben, an welche die Politik nicht ihre Sonde legt, zu welcher der kirchliche Hader den Weg nicht findet, wohin der Handel seine Ziffern, die Mode ihre Ketten, das Herkommen seine Schranken, das Haus seine Sorgen nicht bringt, wo die Selbstsucht keinen Boden findet, sondern die Liebe ihre Friedenskronen webt“ (103).
Akribische Schilderung des Logenlebens und der Mitglieder
Anhand der Jahresberichte verfolgt die Autorin akribisch das Leben und Weben der Loge. „Viele Berufe waren vertreten: Handwerker, Landwirte, Unternehmer, Ärzte, Lehrer, Beamte und Amtsträger des kirchlichen Dienstes. Zum 25-jährigen Stiftungsfest 1872 konnten 110 aktive Mitglieder gezählt werden“ (105-106). Ein weiteres Vierteljahrhundert später zählte die Loge gar 330 Mitglieder.„Sofort nach Ausbruch des Krieges 1914 beteiligte sich die Loge an der Linderung der Kriegsnöte … Viele Vorträge beschäftigten sich mit dem Krieg. Und die Frauen strickten fleissig aus Wolle Liebesgaben“ (110). Ab 1916 wurden die Zeiten schwerer – auch nach Kriegsende. „In Zeiten der Geldentwertung (1923 betrug die Aufnahmegebühr 40 000 Mark) erhielten die Meissner Brüder Unterstützung aus Chicago und Prag zur Hilfe für hungernde Kinder“ (112). Dann fing die Loge an zu erlahmen und wurde wie alle andern in Deutschland 1933 zwangsaufgelöst.
Auf insgesamt 31 Seiten listet die Autorin sämtliche 604 Mitglieder der Loge mit Aufnahmejahr, Wohnort und Beruf, ab 1872 zusätzlich mit Geburtsjahr und Geburts- oder Wohnort. Mit viel Liebe schildert sie ausserdem den Lebensgang von fast zwanzig bedeutenden Meissner Freimaurern (138-145).
Schwierige Neugründung nach 1989
Als „der braune Spuk vorbei war“, wollte ein Meissner Arzt 1949 die Freimaurerlogen wiederbeleben. Doch die Behörden verboten ihm dies. „Ein Wiederaufbau der Meissner Bauhütte war erst nach der politischen Wende 1989 möglich“ (173). Die Gründungsversammlung fand 1992 im Bonner Logenhaus statt, die Lichteinbringung drei Monate später in Meissen. Seit 1995 versuchte die Loge, sich das angestammte Logenhaus am Fusse der Albrechtsburg wieder dienstbar zu machen und nahm langwierige Renovationen vor. Im Jahre 2008 ging der Loge das Geld aus, und aus dem Gebäude wurde ein Bankettzentrum.
Weitere Logen in Riesa und Grossenhain
Im weiteren schildert Frau Krüger-Mlaouhia auch das Logenleben in den Städten Riesa und Grossenhain (wo sie selber wohnt) nach 1850. An beiden Orten gingen die Logen aus Freimaurerkränzchen hervor, die sich später in Freimaurerklubs wandelten. 1894 fand die Lichteinbringung in die Loge „Herkules an der Elbe“ in Riesa statt, erst 1923 in die Loge „Zur festen Burg an der Hohen Strasse“ in Grossenhain. Wiederum listet die Autorin die knapp 200 Brüder der Loge von Riesa sowie die 125 Brüder des Freimaurerklubs und die rund 40 neu dazugekommenen Brüder der nachfolgenden Loge in Grossenhain auf.
Anhand der Dokumente konnte die Autorin die Zeit von 1900 bis 1933 viel ausführlicher schildern als für Meissen, nämlich auf 12 Seiten für Riesa und auf 15 Seiten für Grossenhain. Sehr kritisch schildert sie die Anpassungsversuche der Logen an den herrschenden Geist der damaligen Zeit und die Naziideologie. Mitte 1933 wandelte sich die Loge von Riesa zu einem „Verein“ und gab ihre Beziehung zur Freimaurerei auf; sie bezeichnete sich nun als Ordensgruppe des „Christlichen Ordens Deutscher Dom“. Es sollten nur noch arische Mitglieder aufgenommen, Juden und Marxisten waren ausgeschlossen. Doch nach zwei Monaten löste sich dieser Verein bereits auf (30-31).
Deutlicher bekannte sich die Loge in Grossenhain zum nationalsozialistischen Gedankengut. Schon einen Monat nach der Gründung eröffnete der Stuhlmeister eine Arbeitsloge mit dem Verweis „auf die gegenwärtige Not unseres Volkes, das unter der Bedrückung eines rachgierigen Feindes seufzt“ (74). Ein Jahr später tauchte der Vorschlag auf, man sollte im Fragebogen für die Suchenden ein „Bekenntnis zur vaterländischen Gesinnung“ aufnehmen. „Anfang 1931 erging von der Grossen Landesloge in Sachsen die Empfehlung, so genannte Vaterlandslogen zu veranstalten und die Baustücke (Vorträge) in der Tageszeitung zu veröffentlichen“ (74). Im der ersten Hälfte des Jahres 1933 kam es zur Auflösung der Loge.
Bedeutende Freimaurer in schwieriger Zeit
Wiederum schildert die Autorin Leben und Wirken von bedeutenden Freimaurern aus Riesa (5) und Grossenhain (27).
Als betrüblichen Fall sieht sie G. T. (1891-1962). Er war Lehrer und verfasste, da musisch begabt, Gedichte und Theaterstücke. 1923 wurde er Mitbegründer der Loge in Grossenhain und ihr Schatzmeister.
Doch schon bald hatte er sich „offensichtlich von den humanistischen Zielen der Freimaurerei verabschiedet und folgte stattdessen der Rassenideologie der Nazis. Seit 1924 war er Stadtverordneter als Mitglied der Deutsch-Nationalen Volkspartei. 1926 wurde er sogar zum Vorsteher gewählt. Dort wirkte er mit seinen Mitlogenbrüdern … Auch bei der Neuwahl im Mai 1933 behielt Thomann als Mitglied der Hitlerbewegung diese Stellung … Sein antidemokratischer Wahlspruch im Oktober 1933 war: ‚Ein Führer, ein Volk, ein Vaterland’ … Bis 1937 blieb er stellvertretender Schulleiter, 1940 wurde er eingezogen.
Obwohl er strammer Nazi gewesen ist, gelang es ihm erstaunlicherweise, ab etwa 1950 bis 1957 wieder im Schuldienst in der Grossenhainer Goetheschule zu arbeiten“ (84).
Weitere Freimaurerklubs in Sachsen
Der Vollständigkeit halber widmet sich die eifrige Autorin auf 27 Seiten noch einigen Freimaurerklubs in Sachsen, nämlich
- in der Lössnitz (Radebeul und Umgebung,1912-1932; hervorgegangen aus einer 1878 gebildeten Vereinigung in Kötzschenbroda)
- in Oschatz (seit 1857 mehrmals gegründet; bis 1932)
- in Wilsdruff (1919 bis 1931)
- in Weinböhla (1922 bis 1932; von der Meissner Akazienloge aus gegründet)
- in Lommatzsch (1874 als Freimaurerkränzchen on der Meissner Akazienloge aus gegründet; 1928 in einen Klub umgewandelt, bis 1932)
sowie einem Freimaurerkränzchen
- in Nossen (1922 bis 1932; von der Meissner Akazienloge aus gegründet).
Ein lebendiger Einblick in das Logenleben
Frau Krüger-Mlaouhia beschliesst den ungemein reichhaltigen Band mit dem – unnötigen – Abdruck der sogenannten „Alten Pflichten“ der Freimaurer von 1723, der – auch nicht unbedingt nötigen - Schilderung eines Lehrlingsrituals (183-190), einer Tafel- und Trauerloge und fügt ein kurzes Glossar wichtiger maurerischer Ausdrücke von Alexander Giese an (192-195). Bereits bei der Auswertung der Dokumente der Loge in Grossenhain hat sie ein Ritual zum Weihefest (67-68) sowie die Rituale der drei blauen Grade und einer Schwesternloge kurz skizziert (70-72).
Zahlreiche Farbfotos, welche die Autorin selbst in der Loge Luckau gemacht hat, bereichern den schön aufgemachten Band. Er gibt einen lebendigen Einblick in das Logenleben von Freimaurern in Deutschland.