Traktat: Anthroposophie – Science oder Fiction?: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 10. Januar 2015, 23:04 Uhr
Inhaltsverzeichnis
- 1 Anthroposophie – Science oder Fiction?
- 2 Standortbestimmung, persönlich
- 3 1. Rudolf Steiner und seine Autobiographie
- 4 Theosophie
- 5 III. Die geistige Wesenheit des Menschen
- 6 Die Nebenübungen
- 7 3. Beispiele für die Wirkung der Anthroposophie im realen Leben
- 8 Persönliche Literaturempfehlungen zum Thema
Anthroposophie – Science oder Fiction?
Vortrag vom 15. September 2014 Loge Zur Wahrheit und Freundschaft Nr. 201 i.O. Fürth
Dieser Untertitel mag oberflächlich gesehen provokant klingen, das Gegenteil einer Provokation
jedoch ist mir Bedürfnis und Absicht. Lasst mich dies zunächst mithilfe einer Annäherung dieser
drei mit Bedacht gewählten Wörter umreissen:
„Anthroposophie“
• Anthropos – griech. für MENSCH (vg. Anthropologie – Duden: „Wissenschaft vom Menschen und seiner Entwicklung“)
• Sophia – griech. für Weisheit
Die Weisheit vom Menschenwesen. Vom Begründer der Anthroposophie Rudolf Steiner selbst bezeichnet als „Geisteswissenschaft“. Ich hab ja mit diesem komplizierten Thema doch ein bisschen Glück gehabt. In unserem Kreis steht ja immer der Mensch im Mittelpunkt, also brauche ich zumindest DAS schonmal nicht eigens zu erläutern.
Der geistige Entwicklungsweg, wie er von Rudolf Steiner angegeben wird, um zu gesicherten Erkenntnissen über das Geistige zu kommen, kann nur individuell gegangen werden.
„Science“
Wissenschaft – kann die Anthroposophie einen Zusammenhang haben mit wissenschaftlichen Methoden oder gar wissenschaftlich Erkenntnisse hervorbringen?
„Fiction“
Wir wollen diesen Begriff, der dem literarischen Genre „Science-Fiction“ entlehnt ist, möglichst weit fassen, als Fiktion (also Erschaffung), als reine Annahme gleichwohl aber auch als Erfindung. Immerhin gilt es, mannigfache kritische Gedanken gegenüber der Anthroposophie im Auge zu haben von Menschen, die sich der Aufklärung verpflichtet fühlen, mit manchen oder auch vielen Inhalten der Anthroposophie wenig bis gar nichts anfangen können und dadurch das eine und andere gerne als Phantasie-Gespinste bezeichnen.
Standortbestimmung, persönlich
Mein offenes und liebevolles Verhältnis zur Anthroposophie ist geprägt durch eine tiefgehende Beschäftigung meiner engsten Familienmitglieder und durch die ersten sieben Schuljahre in der Esslinger Waldorfschule, in denen nicht nur mein Klassenlehrer die Anthroposophie sehr ernst nahm und die darin enthaltenen Hinweise zu einer kindgerechten Pädagogik intensiv versuchte, umzusetzen. Auch eine kleine Kirche, die Christengemeinschaft, wurde gegründet vom evangelischen Pfarrer Friedrich Rittelmeyer, mithilfe mannigfacher Hinweise, sogar bis hin zu einzelnen liturgischen Texten, von Rudolf Steiner. In dieser Kirche wurde ich getauft und konfirmiert. Nachdem meine liebe Frau Isidora und ich diese Kirche in Fürth und die darin zelebrierende Priesterin Frau Cordelia Böttcher kennengelernt hatten, revidierten wir unseren vorherigen Plan, nicht kirchlich zu heiraten, und wurden am 29.7.2012 in der Fürther Christengemeinschaft in der Amalienstrasse getraut.
Ich selbst kann und will mich aber nicht als Anthroposoph im geläufigen Sinn bezeichnen. Zu viele unangenehme und manchmal verbohrte und überhebliche Menschen, die sich nicht ohne Stolz „Anthroposophen“ nennen, sind mir im Laufe meines noch jungen Lebens schon begegnet, mit denen es schwierig ist, eine vernünftige Konversation zu führen. Wirklich ZU viele – so als ob das System hätte.
Es ist mit den meisten sich selbst als Anthroposophen bezeichnenden Menschen so gut wie unmöglich, vor allem Erkenntnisse aus der Anthroposophie kritisch zu erörtern. Schon das Aufwerfen von Fragen alleine, etwa zu den von Steiner in Vorträgen gemachten Äußerungen über die menschlichen Rassen, führt zu erbosten Reaktionen. „Immerhin hat Rudolf Steiner das gesagt und nicht irgendein dahergelaufener Philosophist“ tönte mir da einmal wörtlich und vielfach sinngemäß entgegen. Befremdlich und unbefriedigend, eine solche Gesellschaft.
Ich habe zudem den immer wieder Verdacht gewonnen, dass die Beschäftigung mit geistigen Fragen und Antworten zu einem Zeitpunkt, an dem die eigene geistige Entwicklung noch nicht weit genug fortgeschritten ist, zu einem Erleben führt, das man große Geheimnisse über die Welt kenne, zu denen andere Menschen aber noch nicht fähig und daher ein wenig rückständig seien. Ein solches Erleben kann bei mangelnder Selbsteinschätzung schnell zu einer deutlich spürbaren Überheblichkeit führen, die mir zutiefst unangenehm ist. Ich möchte jetzt niemanden pauschal verurteilen für diese menschlich vielleicht erklärbaren Entwicklungen – jedenfalls ist mir persönlich mit der Winkelwaage in der Hand wesentlich wohler zumute!
Daher finde ich mich auch gerne mit der Position zurecht, dass ich nicht wirklich Anthroposoph BIN, mich aber sehr dafür interessiere.
Nun möchte ich gerne in drei Teilen mit diesem Vortrag fortfahren. Zunächst möchte ich anhand von Rudolf Steiners Autobiographie ein wenig die Entstehung dieser „Geisteswissenschaft“ und dem daraus gewonnenen Menschenbild skizzieren, dann möchte ich einen kurzen Überblick über die Vielfalt der Publikationen geben und schließlich möchte ich gerne auf einige beispielhafte gesellschaftsrelevante Aspekte eingehen, an denen man lebenspraktische Ergebnisse Anthroposophischer Forschung und Lebenshaltung erkennen kann. Darf ich Euch darum bitten, meine lieben Brüder, Euch möglichst viele Fragen, die in Euch aufkommen, oder bestimmte Punkte, die Euch näher interessieren, zu merken oder zu notieren, damit wir die anschließende Gesprächsrunde zu unser aller Nutzen gestalten können? Denn was wäre schon ein freimaurerischer Vortrag mit seinen Abwägungen ohne die Hilfe aller anwesenden Brüder, die mit ihrem geistigen Licht das Thema umso mehr erhellen können?
1. Rudolf Steiner und seine Autobiographie
Ein Schlüsselwerk für das Verständnis von Anthroposophie ist Rudolf Steiners Autobiographie „Mein Lebensgang“. Beschreibt er doch darin, wie er schon in seiner Jugend das Denken als etwas entdeckte, das von nichts und niemand abhängig ist. Gestattet mir, dazu einige Zitate anzuführen:
(Kindheit)
„Ich sagte mir: die Gegenstände und Vorgänge, welche die Sinne wahrnehmen, sind im Raume. Aber ebenso wie dieser Raum außer dem Menschen ist, so befindet sich im Innern eine Art Seelenraum, der der Schauplatz geistiger Wesenheiten und Vorgänge ist. In den Gedanken konnte ich nicht etwas sehen wie Bilder, die sich der Mensch von den Dingen macht, sondern Offenbarungen einer geistigen Welt auf diesem Seelen-Schauplatz. Als ein Wissen, das scheinbar von dem Menschen selbst erzeugt wird, das aber trotzdem eine von ihm ganz unabhängige Bedeutung hat, erschien mir die Geometrie. Ich sagte mir als Kind natürlich nicht deutlich, aber ich fühlte, so wie Geometrie muß man das Wissen von der geistigen Welt in sich tragen. Denn die Wirklichkeit der geistigen Welt war mir so gewiß wie die der sinnlichen. Ich hatte aber eine Art Rechtfertigung dieser Annahme nötig. Ich wollte mir sagen können, das Erlebnis von der geistigen Welt ist ebenso wenig eine Täuschung wie das von der Sinnenwelt. Bei der Geometrie sagte ich mir, hier darf man etwas wissen, was nur die Seele selbst durch ihre eigene Kraft erlebt; in diesem Gefühle fand ich die Rechtfertigung, von der geistigen Welt, die ich erlebte, ebenso zu sprechen wie von der sinnlichen. Und ich sprach so davon. Ich hatte zwei Vorstellungen, die zwar unbestimmt waren, die aber schon vor meinem achten Lebensjahr in meinem Seelenleben eine große Rolle spielten. Ich unterschied Dinge und Wesenheiten, «die man sieht» und solche, «die man nicht sieht».“ (Während des Mathematiksudiums) „Die Vorstellung des Raumes bot mir die größten inneren Schwierigkeiten. Er ließ sich als das allseitig ins Unendliche laufende Leere, als das er den damals herrschenden naturwissenschaftlichen Theorien zugrunde lag, nicht in überschaubarer Art denken.
Durch die neuere (synthetische) Geometrie, die ich durch Vorlesungen und im Privatstudium kennen lernte, trat vor meine Seele die Anschauung, daß eine Linie, die nach rechts in das Unendliche verlängert wird, von links wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurückkommt. Der nach rechts liegende unendlich ferne Punkt ist derselbe wie der nach links liegende unendlich ferne. Mir kam vor, daß man mit solchen Vorstellungen der neueren Geometrie den sonst in Leere starrenden Raum begrifflich erfassen könne. Die wie eine Kreislinie in sich selbst zurückkehrende gerade Linie empfand ich wie eine Offenbarung. Ich ging aus der Vorlesung, in der mir das zuerst vor die Seele getreten ist, hinweg, wie wenn eine Zentnerlast von mir gefallen wäre. Ein befreiendes Gefühl kam über mich. Wieder kam mir, wie in meinen ganz jungen Knabenjahren, von der Geometrie etwas Beglückendes.“
(Als Hilfslehrer)
Ich fand, daß man das Licht und den Schall in der naturwissenschaftlichen Betrachtung in einer Analogie dachte, die unstatthaft ist. Man sprach von «Schall im Allgemeinen» und «Licht im Allgemeinen». Die Analogie lag im Folgenden: man sieht die einzelnen Töne und Klänge als besonders modifizierte Luftschwingungen an, und das Objektive des Schalles, außer dem menschlichen Erlebnis der Schallempfindung, als einen Schwingungszustand der Luft. Ähnlich dachte man für das Licht. Man definierte, was außer dem Menschen sich abspielt, wenn er eine durch das Licht bewirkte Erscheinung wahrnimmt, als Schwingung im Äther. Die Farben sind dann besonders gestaltete Ätherschwingungen. Mir wurde damals diese Analogie zu einem wahren Peiniger meines Seelenlebens. Denn ich vermeinte, völlig im klaren darüber zu sein, daß der Begriff «Schall» nur eine abstrakte Zusammenfassung der einzelnen Vorkommnisse in der tönenden Welt Ist, während «Licht» für sich ein Konkretes gegenüber den Erscheinungen in der beleuchteten Welt darstellt. .— «Schall» war für mich ein zusammengefaßter abstrakter Begriff, «Licht» eine konkrete Wirklichkeit. Ich sagte mir, das Licht wird gar nicht sinnlich wahrgenommen; es werden «Farben» wahrgenommen durch Licht, das sich in der Farbenwahrnehmung überall offenbart, aber nicht selbst sinnlich wahrgenommen wird. «Weißes» Licht ist nicht Licht, sondern schon eine Farbe.“
== 2. Gesamtausgabe von Rudolf Steiner … - Die Geheimwissenschaft im Umriss, GA 13 ==
Dieses erstmals 1910 erschienene Werk enthält die umfassendste Darstellung vom Wesen und der Entwicklung der Menschheit und ihrer Zugehörigkeit zu einem selbst in beständiger Entwicklung begriffenen Kosmos. Zugleich werden die in den Schriften «Theosophie» (GA 9) und «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» (GA 10) dargestellten Erkenntnisse über das Wesen des Menschen und den geistigen Schulungsweg ergänzt und erweitert bis hin zu den großen kosmischen Zusammenhängen in der Welt- und Menschenentwicklung. Das Menschenbild, das in der Anthroposophie im allgemeinen und in der „Geheimwissenschaft im Umriss“ im besonderen geschildert wird, ist zunächst ein dreifältiges und gleichzeitig ein viergliedriges. Neben der Dreiheit von Körper, Seele und Geist wird die Leiblichkeit des Menschen auch viergliedrig geschildert in der Art, dass ausser dem physischen Körper auch ein sog. „ätherischer Leib“ und ein „Astralleib“ sowie als höchstes und menschlich Individuellstes Wesensglied das „höhere Ich“ existieren. - Der physische Leib ist derjenige, den wir sehen und angreifen können. Er besteht aus allen Stoffen, die eben Teil unseres Planeten Erde sind und die nach unserem Tode wieder zu einem Teil der Erde werden. Diese Stoffe haben alle Lebewesen, Tiere, Pflanzen und eben Menschen gemeinsam. [„Wohnsitz und Werkzeug“ heißt es in unserem Aufnahmeritual.] Nach unserem Tod sind diese Stoffe eben wieder den Gesetzen der Natur, und nur diesen, unterworfen. - Der „ätherische Leib“ wird auch als Lebensleib bezeichnet und umfasst all jene Kräfte, die den Menschen am Leben erhalten. Er hat seine wesentliche Kraft im Rhythmischen und ist physisch besonders im Flüssigkeitshaushalt zu finden – im rhythmisch pulsierenden Blutkreislauf sowie auch im Flüssigkeitsstoffwechsel. - Der „Ästralleib“ trägt eher die Gefühlswelt in Bezug auf Sympathie und Antipathie, aber auch die sonstigen Emotionen. Körperlich ist er am stärksten in der Luftorganisation, also hauptsächlich im Atmen verortet.
Das „höhere Ich“ ist nun nach der Anthroposophie jenes Wesensglied, das den Menschen von allen anderen Erscheinungen und Lebensformen auf der Erde unterscheidet. Es ist sozusagen das urmenschliche Element, stark verbunden mit dem geistigen, nicht immer bewusst wahrzunehmen und im physischen in der Wärmeorganisation beheimatet.
Am Beispiel des Blutes sei angedeutet, dass es abgesehen von seiner physikalischen Materialität durch das gleichmäßig rhythmische Pulsieren mit den Ätherleib, durch die Schwankungen des Pulses im Falle von Gefühlsschwankungen eher mit dem Astralleib und durch den Transport der Wärme mit Hilfe der roten Blutkörperchen mit dem „höheren Ich“ verbunden ist. Diese Verbindung mit mehreren Wesensgliedern trifft analog natürlich auch auf andere Substanzen sowie Organe des menschlichen Körpers zu.
Über die Verständnisschwierigkeiten, die einer solchen Darstellung aus dem heutigen Zeitgeist notwendig entgegenstehen müssen, war sich Rudolf Steiner ganz klar bewusst: "Wenn man heute mit jemandem, der an solchen Dingen Interesse hat, zu diskutieren beginnt über die Möglichkeit einer Erkenntnis des geistigen Lebens in Verbindung mit der sinnlich-physischen Welt, so findet man im allgemeinen Entgegenkommen, so daß wenigstens die Frage aufgeworfen wird: Kann der Mensch durch irgendwelche Wege zu einer Art geistiger Erkenntnis kommen? - wenn es sich auch oftmals im weiteren Verlaufe zeigt, daß man nicht mehr zulassen will als eine Erkenntnis einer geistigen Welt ganz in allgemeinen Begriffen und Ideen, vielleicht in irgendeiner Form eines verschwommenen Pantheismus oder auch einer mehr oder weniger an das Mystische anklingenden Lebensauffassung: Wenn man dagegen dann so weit geht, wie mir das in meiner «Geheimwissenschaft» notwendig geworden ist, daß man zu schildern versucht eine wirkliche Kosmologie, eine Wissenschaft von Weltenwerden und Weltenentwickelung in einzelnen konkreten Gestaltungen, dann hört heute zumeist dem aufgeklärten Menschen gegenüber die Diskussion auf. Daß irgend jemand in unserer Zeit imstande sein könnte, aus irgendwelchen Erkenntnisuntergründen heraus etwas zu sagen über einen geistigen Ursprung der Welt, über geistig wirksame Kräfte in der Weltentwickelung, über die Möglichkeit, daß die Weltentwickelung wiederum in eine geistige Form des Daseins zurückkehre, nachdem sie ihre sinnlich-physische Phase durchgemacht hat, das wird, wenn es zum Beispiel in meiner «Geheimwissenschaft» in einzelnen konkreten Schilderungen auftritt, mehr oder weniger so angesehen, daß man dann mit dem, der so etwas behauptet, als aufgeklärter Mensch nicht mehr viel zu tun haben will. Denn man denkt ja wohl: Wenn sich jemand anheischig macht, über solche Dinge im einzelnen etwas zu sagen, dann ist er wohl im Grunde nahe daran, den Verstand zu verlieren; mindestens kann man sich nicht so kompromittieren, in die Diskussion solcher Einzelheiten sich einzulassen." - Die Philosophie der Freiheit, GA 4 In seinem philosophischen Hauptwerk, das zugleich das Fundament der anthroposophischen Geisteswissenschaft bildet, setzt sich Rudolf Steiner mit Grundfragen des Erkenntnisprozesses auseinander und begründet eine auf die freie geistige Individualität gegründete Ethik. Die Philosophie der Freiheit gliedert sich in zwei größere Kapitel – die „Wissenschaft der Freiheit“ und die „Wirklichkeit der Freiheit“. Der Begriff der moralischen Intuition wird entwickelt und die Grundmaxime der freien Menschen formuliert. Gestattet mir auch hier ein Zitat aus dem ersten Teil, aus dem Kapitel „Die Welt als Wahrnehmung“ das die Notwendigkeit des Denkens für Wissenschaftlichkeit, überhaupt als Grundlage der Erkenntnis am Beispiel von Ursache und Wirkung, von Beobachtung und Begriff erläutert: „Der Begriff kann nicht aus der Beobachtung gewonnen werden. Das geht schon aus dem Umstande hervor, daß der heranwachsende Mensch sich langsam und allmählich erst die Begriffe zu den Gegenständen bildet, die ihn umgeben. Die Begriffe werden zu der Beobachtung hinzugefügt. Ein vielgelesener Philosoph der Gegenwart (Herbert Spencer) schildert den geistigen Prozeß, den wir gegenüber der Beobachtung vollziehen, folgendermaßen: [Zitat Spencer...] «Wenn wir an einem Septembertag durch die Felder wandelnd, wenige Schritte vor uns ein Geräusch hören und an der Seite des Grabens, von dem es herzukommen schien, das Gras in Bewegung sehen, so werden wir wahrscheinlich auf die Stelle losgehen, um zu erfahren, was das Geräusch und die Bewegung hervorbrachte. Bei unserer Annäherung flattert ein Rebhuhn in den Graben, und damit ist unsere Neugierde befriedigt: wir haben, was wir eine Erklärung der Erscheinungen nennen. Diese Erklärung läuft, wohlgemerkt, auf folgendes hinaus: weil wir im Leben unendlich oft erfahren haben, daß eine Störung der ruhigen Lage kleiner Körper die Bewegung anderer zwischen ihnen befindlicher Körper begleitet, und weil wir deshalb die Beziehungen zwischen solchen Störungen und solchen Bewegungen verallgemeinert haben, so halten wir diese besondere Störung für erklärt, sobald wir finden, daß sie ein Beispiel eben dieser Beziehung darbietet.» [Zitat Spencer Ende] Genauer besehen stellt sich die Sache ganz anders dar, als sie hier beschrieben ist. Wenn ich ein Geräusch höre, so suche ich zunächst den Begriff für diese Beobachtung. Dieser Begriff erst weist mich über das Geräusch hinaus. Wer nicht weiter nachdenkt, der hört eben das Geräusch und gibt sich damit zufrieden. Durch mein Nachdenken aber ist mir klar, daß ich ein Geräusch als Wirkung aufzufassen habe. Also erst wenn ich den Begriff der Wirkung mit der Wahrnehmung des Geräusches verbinde, werde ich veranlaßt, über die Einzelbeobachtung hinauszugehen und nach der Ursache zu suchen. Der Begriff der Wirkung ruft den der Ursache hervor, und ich suche dann nach dem verursachenden Gegenstande, den ich in der Gestalt des Rebhuhns finde. Diese Begriffe, Ursache und Wirkung, kann ich aber niemals durch bloße Beobachtung, und erstrecke sie sich auf noch so viele Fälle, gewinnen. Die Beobachtung fordert das Denken heraus, und erst dieses ist es, das mir den Weg weist, das einzelne Erlebnis an ein anderes anzuschließen. Wenn man von einer «streng objektiven Wissenschaft» fordert, daß sie ihren Inhalt nur der Beobachtung entnehme, so muß man zugleich fordern, daß sie auf alles Denken verzichte. Denn dieses geht seiner Natur nach über das Beobachtete hinaus.“
Theosophie
In der Theosophie wird zunächst systematisch das anthroposophische Menschenbild mit den drei Begriffen Leib, Seele und Geist beschrieben. Das „eigene“ eines jeden Menschen, die Sinnesempfindung, an die sich unmittelbar ein Gefühl anschließen kann, sowie auch ein Wille, zu einer Handlung zu kommen, können als das Seelenleben bezeichnet werden. Anders formuliert und ich Anbetracht der Wahrnehmung des Gehirns als das am feinsten ausgebildete Organ, das die physische Grundlage für die Gedanken bereitet, werden auch Denken, Fühlen und Wollen als die drei Seelentätigkeiten wahrgenommen, die den einen Menschen zu einem „eigenen“ machen, ihn von seinen Mitmenschen unterscheiden.
III. Die geistige Wesenheit des Menschen
Das Seelische des Menschen wird nicht allein durch den Leib bestimmt. Der Mensch schweift nicht richtungs- und ziellos von einem Sinneseindruck zum andern; er handelt auch nicht unter dem Eindrucke jedes beliebigen Reizes, der von außen oder durch die Vorgänge seines Leibes auf ihn ausgeübt wird. Er denkt über seine Wahrnehmungen und über seine Handlungen nach. Durch das Nachdenken über die Wahrnehmungen erwirbt er sich Erkenntnisse über die Dinge; durch das Nachdenken über seine Handlungen bringt er einen vernunftgemäßen Zusammenhang in sein Leben. Und er weiß, daß er seine Aufgabe als Mensch nur dann würdig erfüllt, wenn er sich durch richtige Gedanken sowohl im Erkennen wie im Handeln leiten läßt. Das Seelische steht also einer zweifachen Notwendigkeit gegenüber. Von den Gesetzen des Leibes wird es durch Naturnotwendigkeit bestimmt; von den Gesetzen, die es zum richtigen Denken führen, läßt es sich bestimmen, weil es deren Notwendigkeit frei anerkennt. Den Gesetzen des Stoffwechsels ist der Mensch durch die Natur unterworfen; den Denkgesetzen unterwirft er sich selbst. – Dadurch macht sich der Mensch zum Angehörigen einer höheren Ordnung, als diejenige ist, der er durch seinen Leib angehört. Und diese Ordnung ist die geistige. So verschieden das Leibliche vom Seelischen, so verschieden ist dieses wieder vom Geistigen. Solange man bloß von den Kohlenstoff-, Wasserstoff-, Stickstoff-, Sauerstoffteilchen spricht, die sich im Leibe bewegen, hat man nicht die Seele im Auge. Das seelische Leben beginnt erst da, wo innerhalb solcher Bewegung die Empfindung auftritt: ich schmecke süß oder ich fühle Lust. Ebensowenig hat man den Geist im Auge, solange man bloß die seelischen Erlebnisse ansieht, die durch den Menschen ziehen, wenn er sich ganz der Außenwelt und seinem Leibesleben überläßt. Dieses Seelische ist vielmehr erst die Grundlage für das Geistige, wie das Leibliche die Grundlage für das Seelische ist. – Der Naturforscher hat es mit dem Leibe, der Seelenforscher (Psychologe) mit der Seele und der Geistesforscher mit dem Geiste zu tun. Durch Besinnung auf das eigene Selbst sich den Unterschied von Leib, Seele und Geist klarzumachen ist eine Anforderung, die an denjenigen gestellt werden muß, der sich denkend über das Wesen des Menschen aufklären will.“ Darauf folgen Ausführungen über Wiedergeburt des Geistes und Schicksal. In einem weiteren Kapitel namens „die Drei Welten“ wird der Versuch gemacht, die Seelenwelt und wie die Seele nach dem Tode in ihr lebt, das Geisterland und wie der Geist darin nach dem Tode besteht sowie auch die physische Welt und ihre Verbindungen mit Seelenwelt und Geisterland zu schildern.
Schließlich wird jener Pfad umrissen, auf dem jeder Mensch selbst zu diesen Erkenntnissen gelangen kann. Rudolf Steiners Mitgliedschaft und kurze Tätigkeit als Generalsekretär in der Theosophischen Gesellschaft um Helena Petrovna Blavatsky und die enttäuschenden Erfahrungen dabei mögen ein Beweggrund gewesen sein, diese Systematik auf eine dem Denken eines jeden Menschen zugängliche Art zu beschreiben, und zwar mit eben diesem Buchtitel „Theosophie“. -Wie Erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten, GA 10 Rudolf Steiner gibt für die Entwicklung hin zu einem höheren Erkennen als erstes zwei Voraussetzungen an: die Bereitschaft der „Verehrung, der Devotion gegenüber Wahrheit und Erkenntnis“ und ausserdem die „innere Ruhe“, die man aus täglich fünf Minuten meditativer Einkehr schon rasch für sich erhält.
Dann kommt die Vorbereitung, bei der man täglich in der Natur zum Beispiel Pflanzen sehr genau beobachtend wahrnimmt und sich versucht ein Gefühl dafür zu entwickeln, dass sie gerade beim Sprießen, Gedeihen, Blühen oder auch welken ist. Wenn man darauf nur lange genug die Aufmerksamkeit hält, dann entsteht ein deutliches Ahnen vom Zusammenhang der Lebensphasen. Danach kann man dies ausbauen zu einem aufmerksam vergleichenden Wahrnehmen zwischen den Erscheinungsformen des Mineral-, des Pflanzen- und des Tierreichs gegenüber dem menschlichen Leben, dabei erhält man von selbst eine gewisse Erleuchtung.
Bevor man nun auf einen höheren Pfad der Einweihung kommen möchte, empfiehlt Rudolf Steiner ganz dringend die Entwicklung der Kontrolle über die eigenen Gedanken und Gefühle. Man soll versuchen der Gefahr aus dem Wege zu gehen, dass man Erkenntnisse von einer Tragweite erhält, auf die man noch nicht vorbereitet ist, es besteht sonst rasch die Möglichkeit, sich selbst bzw. seinen inneren Halt zu verlieren. Ein Zustand, der im kleinen auch durch den Missbrauch von Medikamenten oder Drogen erfahren werden kann, wenn etwa von Halluzinationen gesprochen wird.
Die Nebenübungen
"Gedankenkontrolle. Sie besteht darin, daß man wenigstens für kurze Zeiten des Tages nicht alles mögliche durch die Seele irrlichtelieren läßt, sondern einmal Ruhe in seinem Gedankenlaufe eintreten läßt. Man denkt an einen bestimmten Begriff, stellt diesen Begriff in den Mittelpunkt seines Gedankenlebens und reiht hierauf selbst alle Gedanken logisch so aneinander, daß sie sich an diesen Begriff anlehnen. Und wenn das auch nur eine Minute geschieht, so ist es schon von großer Bedeutung für den Rhythmus des physischen und Ätherleibes. Initiative des Handelns, das heißt, man muß sich zwingen zu wenn auch unbedeutenden, aber aus eigener Initiative entsprungenen Handlungen, zu selbst auferlegten Pflichten. Die meisten Ursachen des Handelns liegen in Familienverhältnissen, in der Erziehung, im Berufe und so weiter. Bedenken Sie nur, wie wenig eigentlich aus der eigenen Initiative hervorgeht! Nun muß man also kurze Zeit darauf verwenden, Handlungen aus der eigenen Initiative hervorgehen zu lassen. Das brauchen durchaus nicht wichtige Dinge zu sein; ganz unbedeutende Handlungen erfüllen denselben Zweck. Gelassenheit. Das dritte, um was es sich handelt, kann man nennen Gelassenheit. Da lernt man den Zustand des Hin- und Herschwankens zwischen «himmelhoch jauchzend» und «zum Tode betrübt» regulieren. Wer das nicht will, weil er glaubt, daß dadurch seine Ursprünglichkeit im Handeln oder sein künstlerisches Empfinden verlorengehe, der kann eben keine okkulte Entwickelung durchmachen. Gelassenheit heißt, Herr sein in der höchsten Lust und im tiefsten Schmerz. Ja, man wird für die Freuden und Leiden in der Welt erst dann richtig empfänglich, wenn man sich nicht mehr verliert im Schmerz und in der Lust, wenn man nicht mehr egoistisch darin aufgeht. Die größten Künstler haben gerade durch diese Gelassenheit am meisten erreicht, weil sie sich dadurch die Seele aufgeschlossen haben für subtile und innere wichtige Dinge. Unbefangenheit (Positivität). Das vierte ist, was man als Unbefangenheit bezeichnen kann. Das ist diejenige Eigenschaft, die in allen Dingen das Gute sieht. Sie geht überall auf das Positive in den Dingen los. Als Beispiel können wir am besten eine persische Legende anführen, die sich an den Christus Jesus knüpft: Der Christus Jesus sah einmal einen krepierten Hund am Wege liegen. Jesus blieb stehen und betrachtete das Tier, die Umstehenden aber wandten sich voll Abscheu weg ob solchen Anblicks. Da sagte der Christus Jesus: Oh, welch wunderschöne Zähne hat das Tier! - Er sah nicht das Schlechte, das Häßliche, sondern fand selbst an diesem eklen Kadaver noch etwas Schönes, die weißen Zähne. Sind wir in dieser Stimmung, dann suchen wir in allen Dingen die positiven Eigenschaften, das Gute, und wir können es überall finden. Das wirkt in ganz mächtiger Weise auf den physischen und Ätherleib ein. Glaube (Unvoreingenommenheit). Das nächste ist der Glaube. Glauben drückt im okkulten Sinne etwas anderes aus, als was man in der gewöhnlichen Sprache darunter versteht. Man soll sich niemals, wenn man in okkulter Entwickelung ist, in seinem Urteil durch seine Vergangenheit die Zukunft bestimmen lassen. Bei der okkulten Entwickelung muß man unter Umständen alles außer acht lassen, was man bisher erlebt hat, um jedem neuen Erleben mit neuem Glauben gegenüberstehen zu können. Das muß der Okkultist bewußt durchführen. Wenn einer zum Beispiel kommt und sagt: Der Turm der Kirche steht schief, er hat sich um 45 Grad geneigt - so würde jeder sagen: Das kann nicht sein. - Der Okkultist muß sich aber noch ein Hintertürchen offen lassen. Ja, er muß so weit gehen, daß er jedes in der Welt Erfolgende, was ihm entgegentritt, glauben kann, sonst verlegt er sich den Weg zu neuen Erfahrungen. Man muß sich frei machen für neue Erfahrungen; dadurch werden der physische und der Ätherleib in eine Stimmung versetzt, die sich vergleichen läßt mit der wollüstigen Stimmung eines Tierwesens, das ein anderes ausbrüten will. Inneres Gleichgewicht. Und dann folgt als nächste Eigenschaft inneres Gleichgewicht. Es bildet sich durch die fünf anderen Eigenschaften nach und nach ganz von selbst heraus.[1]
Auf diese sechs Eigenschaften muß der Mensch bedacht sein. Er muß sein Leben in die Hand nehmen und langsam fortschreiten im Sinne des Wortes: Steter Tropfen höhlt den Stein."
3. Beispiele für die Wirkung der Anthroposophie im realen Leben
Lasst mich in möglichst kurzen Worten noch einen Überblick geben über einige praktische Ideen aus der Anthroposophie zu verschiedenen Bereichen des menschlichen Lebens.
Waldorfpädagogik
Die Anthroposophie begreift die Erziehung eines Kindes als Kunst – mit aller Freiheit und gleichzeitig mit aller Verantwortung, die sich daraus ergibt. Dadurch, dass mit jedem Kind ein individuelles menschliches Wesen im Erdenleben wiedergeboren wird, hat auch jedes Kind völlig verschiedene Voraussetzungen und Begabungen. Das bedeutet notwendigerweise, dass man eine ideale Hilfe beim Aufwachsen nur an diesen individuellen Voraussetzungen ausrichten kann. Bedingung dafür ist die Fähigkeit der Pädagogik, diese verschiedenen Voraussetzungen überhaupt erst zu erkennen und Bereitschaft, daraus immer neu aus der Freiheit der Erkenntnis den pädagogisch am ehesten geeigneten Weg zu finden. Daraus erklärt sich auch, warum „Freie Waldorfschulen“ mit Lehrplänen, wenn sie auch von noch so klugen Köpfen in den ministeriellen Kommissionen erdacht werden, wenig anfangen können und wollen. Der Name „Waldorf“ geht übrigens auf die erste freie Schule zurück, die mit Rudolf Steiners tatkräftiger Beratung für die Kinder der Arbeiter in der Zigarettenfabrik Waldorf Astoria 1919 gegründet wurde.
Anthroposophische Medizin
Auch die Anthroposophische Medizin gründet auf das geschilderte Menschenbild. Sie verwendet viele Naturstoffe, oft ähnliche Substanzen wie in der Homöopathie, allerdings oft in ganz anderen Dosierungen bzw. Potenzen. Soweit ich als Nichtmediziner da überhaupt kompetent Auskunft geben könnte, kann ich nur aus meinen eigenen Erfahrungen und Schlussfolgerungen berichten, dass die geistigen Wesenheiten, die hinter dem Entstehen verschiedener Mineralien und Pflanzen wirksam sind, in den menschlichen Organismus als unmittelbare Hilfe zugeführt werden können, wenn von ebendiesen Kräften im Menschen durch welche Umstände auch immer ein bisschen etwas abhanden gekommen ist. - Eurythmie Die Eurythmie ist die mit der Anthroposophie in innerstem Zusammenhang stehende Kunstform schlechthin. Es sieht bei so mancher Aufführung für mein Auge manchmal ein wenig nach laienhaften Tanzbewegungen aus, beabsichtigt ist aber das Darstellen von sprachlichen und Musikalischen Lauten und Klanggesten durch den menschlichen Körper. Besonders in der Eurythmie zu Musik besteht die große Herausforderung oft schon in der Voraussetzung, das musikalische Material überhaupt richtig verstehen zu können. Ich habe aber auch schon Aufführungen erlebt, die mich in meinem innersten Erleben ergriffen und beglückt haben, so dass ich danach vollkommen sprachlos war. - Soziale Dreigliederung In dem Buch „Die Kernpunkte der sozialen Frage“ sind die Bereiche des öffentlichen Lebens danach unterschieden, wie die Menschen miteinander das Leben teilen. Daraus wird die Idee der sozialen Dreigliederung entwickelt. Für die materiellen Lebensbedürfnisse der Menschen, für das gemeinschaftliche Leben und zum geistigen Leben durch das Denken des Individuums werden jene Ideale gesellt, die uns sehr vertraut sind. Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Die Forderung wird erhoben, dass die Wirtschaft so brüderlich gestaltet sei, das kein Mensch hungern müsse, dass die Organisation der Gemeinschaft, das Rechtsleben im Staate so gestaltet sei, dass alle Menschen die gleiche Behandlung erfahren und dass das Geistesleben so gestaltet sei, dass ein jeder Mensch sich seinem geistigen Leben, ob Wissenschaft, Kunst oder Religion, in völliger Freiheit widmen kann. Überflüssig zu erläutern, dass Begriffe wie das Wirtschaftswachstum, wenn es in eine Richtung immer größer werdender sozialer Schieflage geht, einer immer komplizierteren Juristensprache in den Gesetzen, die Richter und Anwälte immer mehr zu Gleicheren unter Gleichen macht oder etwa „Leitkultur“, wo ein Kanon des geistigen und kulturellen Lebens der Öffentlichkeit als verbindlich „richtig“ vorzugeben versucht wird, diesen alten und uns wohlvertrauten Idealen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit nicht standhalten können. Da steht dann auch nach meinem persönlichen Empfinden einfach nicht JEDER Mensch im Mittelpunkt, sondern immer nur einige wenige.
Da wären noch soviele andere Bereiche wie etwa die Biologisch-Dynamische Landwirtschaft, deren berühmteste Marke „Demeter“ weitherum für die hohe Qualität bekannt ist, oder etwa die GLS Bank, die sich stark an den Ideen der sozialen Dreigliederung orientiert und versucht, mit den ihr anvertrauten Geldern richtiges und gutes anstatt profitables und populäres zu tun und dabei nebenbei als wahrscheinlich eine der weltweit einzigen Banken Transparenz über die Verwendung der Gelder bietet. Und dann, ja dann wären da natürlich einige Dinge zu sagen, die Rudolf Steiner mit der Freimaurerei in Verbindung bringen.
Da existiert eine erkleckliche Menge an kritischen Äußerungen verschiedener Verschwörungstheoretiker, die Rudolf und seine Frau Marie Steiner wegen deren Mitgliedschaft und federführender Mitwirkung in einer Loge, die ihrer formellen Einrichtung nach auch als O.T.O.-Gruppierung bezeichnet werden kann, als schwarzmagische Freimaurer bezeichnen.
Ein Blick in die Autobiographie genügt allerdings, um hierfür plausible Argumente zu erfahren, die dies ebenso widerlegen könnten.
Von anderen wird Steiner gerne unterstellt, er hätte die Einleitung zu Karl Heises Buch „Entente- Freimaurerei und Weltkrieg“ geschrieben, die Juden und Freimaurer für den Ausbruch des ersten Weltkriegs verantwortlich macht. Eine Behauptung, die schon zu seinen Lebzeiten existierte und die nebst der Tatsache, dass Steiner in einigen Vorträgen über menschliche Rassen spricht, gerne von einem gewissen Herrn Hitler höchstpersönlich zum Anlass genommen wurde, Rudolf Steiner als „Vordenker der Nation“ zu loben. Besonders die Frage der Rassentheorien in Steiners Vorträgen ist ein Themenkomplex, der nicht nur einen ganzen Vortrag füllt, sondern ganze Historikerkommissionen über viele Monate beschäftigt hat. Daher kann ich diese Problematik nicht in der gebotenen Präzision, wie ich sie mir für einen Vortrag in unserer guten Loge wünsche, darstellen.
Ausserdem darf der Band 93 der Gesamtausgabe natürlich nicht unerwähnt bleiben, in dem Rudolf Steiner sich ausführlich zur Freimaurerei geäußert hat, sofern er davon Kenntnis haben konnte oder wollte, obwohl er wohl eher kein Logenbruder war. Ich habe allerdings nach wenigen Zeilen wieder aufgehört, in diesen Vorträgen zu lesen, da dort gleichmal das Passwort des Meistergrads verraten wird, ohne dass mir dazu irgendeine Notwendigkeit eingeleuchtet hätte. Da ich nicht glaube, dass ein Logenbruder dies tun würde, und mir der Wert dieser Information für die Erörterung tiefen Wissens davon abgesehen ohnehin eher dürftig schiene, fühlte ich mich eher von blankem opportunistischen Kaffeeklatsch unangenehm berührt. Ich habe das Buch also mit größtmöglicher Enttäuschung zur Seite gelegt.
Meine lieben Brüder, ich danke nun erstmal sehr herzlich für Eure Aufmerksamkeit und würde mich nun sehr freuen, wenn wir nach einer kurzen Verschnaufpause miteinander über das Gehörte ins Gespräch kommen!
Persönliche Literaturempfehlungen zum Thema
- Bodo von Plato: Von der Kraft freier Verhältnissetzung (Aufsatz, goetheanum.ch)
- Berhard Lievegoed: Der Lebenslauf des Menschen
- Pietro Archiati: Das Geheimnis der Liebe
- Judith von Halle: Rudolf Steiner – Meister der weißen Loge