Traktat: Freimaurer in der DDR: Unterschied zwischen den Versionen
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Text und Dokumente nach: Otto Werner Förster und Günter Martin Hempel, Leipzig und die Freimaurer. Eine Kulturgeschichte. Taurus Verlag Leipzig 2009 | Text und Dokumente nach: Otto Werner Förster und Günter Martin Hempel, Leipzig und die Freimaurer. Eine Kulturgeschichte. Taurus Verlag Leipzig 2009 | ||
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Aktuelle Version vom 12. Juni 2015, 23:35 Uhr
Freimaurer in der DDR
Im Osten Deutschlands, vor allem in Mitteldeutschland, waren seit dem 18. Jahrhundert zahlreiche Logen entstanden, in Leipzig (1736), Dresden (1738) und Chemnitz, aber auch in kleineren Orten wie Altenburg (1742), Bautzen, Cottbus, Delitzsch, Eisenach, Erfurt, Freiberg, Gera, Gotha, Grimma, Halberstadt, Halle, Meißen, Merseburg, Schneeberg, Weimar, Wurzen, Zeitz, Zerbst, Zittau, Zwickau u.v.a.
Nach 1945 hatte die sowjetische Besatzungsmacht Lizensierungen für die Wiederbelebung einzelner Logen erteilt, etwa in Leipzig, Dresden, Altenburg, Cottbus, Jena, Meiningen und Weimar. Diese Entwicklung endete 1949 schon wieder. So wurde der Altenburger Loge »Zu den drei Reißbretern« die Arbeit innerhalb des Kulturbunds angeboten. Die Brüder lehnten ab. Es war ihnen nicht »geheim« genug …
Von einem generellen Verbot der Freimaurerei oder gar einer »Verfolgung« in der DDR nach ihrer Gründung 1949 kann allerdings nicht die Rede sein, wie überkommene Leipziger Dokumente aus den 50er bis 70er Jahren belegen. So begannen sich zu Beginn der 50er Jahre die Leipziger Brüder allmählich wieder zu sammeln, legten Namens- und Adreßlisten an, kamen zu regelmäßigen Treffen zusammen.
Es betraf allerdings Brüder, die sich bis 1933 aus den Logen zurückgezogen hatten, also die »echten« Freimaurer. Die gleichen Brüder, insgesamt 48, davon 31 aus der alten »Minerva zu den drei Palmen«, 3 aus der Loge »Balduin zur Linde« und 14 aus kleineren Logen und Orten, hatten schon in den 20er Jahren eine »Turnerriege« gebildet, in der sie nach 1933 nahtlos im Freimaurerkreis weitermachen konnten. Dieser Begriff der »Riege«, auch »Turner«, taucht auch in den Dokumenten bis 1977 auf, mit eher heiterem Akzent, der »Vorsitzende« wurde »Polier« genannt, war also Meister vom Stuhl. Der erste Meister vom Stuhl dieser »DDR-Loge« war der Gewandhausmusiker Albin F. Man traf sich als »Stammtisch« regelmäßig jeden Freitag 17.00 Uhr eine zeitlang im Leipziger »Klub der Intelligenz«, Elsterstraße 35, und in verschiedenen anderen Gaststätten, u.a. in einer Gaststätte »hinter dem Wintergarten«.
Aufnahmen und besondere freimaurerische Feste scheinen in Privatwohnungen stattgefunden zu haben. Meister vom Stuhl waren ab 1962 Joachim K. und ab 1967 bis 1976 Wolfgang N. Die Gruppe machte mit den Ehefrauen, den »Schwestern«, regelmäßige Ausflüge und betrieb einen regen Briefwechsel untereinander, wie auch mit Brüdern in der Bundesrepublik. Selbstverständlich wird der DDR-Geheimdienst von den Aktivitäten gewußt haben; unterbunden wurden sie nie. Hier eröffnen sich Ansätze für weitere Forschungen in den Archiven.
Vor einiger Zeit meldete sich aufgrund unseres Buches der Sohn eines Freimaurers zunächst telefonisch, dann schriftlich, der mir auch Material schickte:
»… Als der Kreis der Turner immer mehr schrumpfte, sind Mitglieder einer anderen Loge hinzugekommen. Übrigens trafen sich die verbliebenen Mitglieder in den 60er Jahren auch einige Zeit – nach meiner Erinnerung – in einer Bar [Souterrain] etwa gegenüber der Ruine des ehemaligen Gewandhauses [im Musikviertel: Seit 15. Okt. 1949 Baarmanns Restaurant aus der Innenstadt gezogen in die Mozartstraße 1/vormals Wildes Weinstuben, existierte bis in die 60er Jahre, heute Neubau. W.F.]. Im Leben meines Vaters spielte die Loge eine sehr wichtige Rolle. Ich wusste als Kind allerdings nicht, dass er Logen-Mitglied ist. Mein Vater sprach stets vom »Stammtisch« und von den »Turnern«. Ich fand das als Kind etwas belustigend, da ich mir nicht vorstellen konnte, dass die alten Herren einmal geturnt hätten. Da ich den Eindruck gewann, dass er sich sehr zurückhaltend in seinen Äußerungen über die Abläufe [Rituale] in der Loge verhält, habe ich mich mit Fragen auch zurück gehalten. Daher entwickelte ich wohl auch nicht das Bedürfnis, in die Loge einzutreten – für mich als jungen Mann waren das alles alte Männer …«
Text und Dokumente nach: Otto Werner Förster und Günter Martin Hempel, Leipzig und die Freimaurer. Eine Kulturgeschichte. Taurus Verlag Leipzig 2009