Ignaz Aurelius Feßler: Unterschied zwischen den Versionen
Oberg (Diskussion | Beiträge) |
|||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
Ignaz Aurelius Feßler ungarisch: Ignácz Aurél Fessler (* 18. Mai 1756 in Zurndorf (ungarisch Zurány), Burgenland; † 15. Dezember 1839 in Sankt Petersburg) war ungarischer Geistlicher, Orientalist, Kapuziner und Freimaurer sowie lutherischer Generalsuperintendent. | Ignaz Aurelius Feßler ungarisch: Ignácz Aurél Fessler (* 18. Mai 1756 in Zurndorf (ungarisch Zurány), Burgenland; † 15. Dezember 1839 in Sankt Petersburg) war ungarischer Geistlicher, Orientalist, Kapuziner und Freimaurer sowie lutherischer Generalsuperintendent. | ||
− | + | ||
+ | Quelle: {{Wikipedia-de}} | ||
Zeile 12: | Zeile 13: | ||
== Hiramitische Freimaurerei == | == Hiramitische Freimaurerei == | ||
− | nannte Feßler die erste Bearbeitungsform seines im Auftrage der Loge Royal York angelegten Rituals der Johannisgrade, die von ihr 1797 auf drei Jahre angenommen wurde. Aus diesem Ritual entstanden dann die weiteren Feßlerschen Formen. Quelle: [[Lennhoff, Posner, Binder]] | + | nannte Feßler die erste Bearbeitungsform seines im Auftrage der Loge Royal York angelegten Rituals der Johannisgrade, die von ihr 1797 auf drei Jahre angenommen wurde. Aus diesem Ritual entstanden dann die weiteren Feßlerschen Formen. |
+ | |||
+ | Quelle: [[Lennhoff, Posner, Binder]] | ||
== Feßler, Ignaz Aurelius == | == Feßler, Ignaz Aurelius == | ||
Zeile 21: | Zeile 24: | ||
Er unterbreitete dem Kaiser einen Bericht über Greuel in einem Klostergefängnis und legte ihm zugleich seine Anschauungen über die Notwendigkeit der Verbesserung des Kirchenwesens dar er schlug vor, die Geistlichen unter den Schutz des Staates zu stellen, um sie gegen Verfolgungen durch die kirchliche Macht zu sichern, trat für die Priesterehe, Denkfreiheit bezüglich der kirchlichen Lehrbegriffe, Toleranz für jede Konfession usw. ein. Schließlich ließ er seine Gedanken über die Majestäatsrechte in kirchlichen Sachen auch drucken und öffentlich verbreiten. | Er unterbreitete dem Kaiser einen Bericht über Greuel in einem Klostergefängnis und legte ihm zugleich seine Anschauungen über die Notwendigkeit der Verbesserung des Kirchenwesens dar er schlug vor, die Geistlichen unter den Schutz des Staates zu stellen, um sie gegen Verfolgungen durch die kirchliche Macht zu sichern, trat für die Priesterehe, Denkfreiheit bezüglich der kirchlichen Lehrbegriffe, Toleranz für jede Konfession usw. ein. Schließlich ließ er seine Gedanken über die Majestäatsrechte in kirchlichen Sachen auch drucken und öffentlich verbreiten. | ||
− | == "Was ist der Kaiser?" == | + | === "Was ist der Kaiser?" === |
("Was ist der Kaiser?") Das zog ihm starke Feindschaften zu, und man machte ihm beim erzbischöflichen Konsistorium den Prozeß. F. wurde auf vier Wochen von allen priesterlichen Funktionen suspendiert. Ein kaiserliches Dekret an den Erzbischof verwendete sich für ihn. Auf Grund eines Kommissionsberichtes bezüglich der F.schen Angaben über die Klostergefängnisse wurden diese aufgehoben und zahlreiche unglückliche Mönche und Nonnen aus füchterlichen Kerkern befreit. | ("Was ist der Kaiser?") Das zog ihm starke Feindschaften zu, und man machte ihm beim erzbischöflichen Konsistorium den Prozeß. F. wurde auf vier Wochen von allen priesterlichen Funktionen suspendiert. Ein kaiserliches Dekret an den Erzbischof verwendete sich für ihn. Auf Grund eines Kommissionsberichtes bezüglich der F.schen Angaben über die Klostergefängnisse wurden diese aufgehoben und zahlreiche unglückliche Mönche und Nonnen aus füchterlichen Kerkern befreit. | ||
Zeile 27: | Zeile 30: | ||
F. wurde dann vom Kaiser als Professor für orientalische Sprachen und Auslegungskunst des Alten Testaments an die Lemberger Universität berufen. Gleichzeitig erhielt er als erster Kapuziner den theologischen Doktorgrad. Fast ware es nicht zur Abreise gekommen. Ein fanatischer Klosterbruder Pater Sergius, verübte auf den "Häretiker ' ein Attentat, dem dieser nur mit knapper Not entging. | F. wurde dann vom Kaiser als Professor für orientalische Sprachen und Auslegungskunst des Alten Testaments an die Lemberger Universität berufen. Gleichzeitig erhielt er als erster Kapuziner den theologischen Doktorgrad. Fast ware es nicht zur Abreise gekommen. Ein fanatischer Klosterbruder Pater Sergius, verübte auf den "Häretiker ' ein Attentat, dem dieser nur mit knapper Not entging. | ||
− | == Freimaurer Feßler == | + | === Freimaurer Feßler === |
In Lemberg verlangte und erhielt er durch Pater Chrysologus die Entlassung aus dem Kapuzinerorden und wurde Freimaurer, indem er sich in der Loge, "[[Phönix zur runden Tafel]]" 1783 aufnehmen ließ. Sein antijesuitisches Theaterstück, "Sidney", wegen angeblicher Ausfalle gegen die Kirche denunziert, zog ihm neuerlich den Haß der klerikalen Kreise zu, so daß er sich seines Lebens nicht sicher fühlte und 1788 nach Breslau floh. Dort nahm sich seiner ein Freimaurer, Fürst Wilhelm von Schönaich Carolath (s. Carolath) an, der ihn nach Wallisfürth als Erzieher seiner Kinder berief. Feßler trat nun mehr zum lutherischen Glauben über und schloß 1792 ein Ehebündnis, das jedoch 1802 wieder gelöst wurde. In Wallisfürth begann er eines seiner Hauptwerke, den "Marc-Aurel" von dem er drei Bände fertigstellte, die bis 1799 drei Auflagen erlebten, und siedelte 1796 nach Berlin über. | In Lemberg verlangte und erhielt er durch Pater Chrysologus die Entlassung aus dem Kapuzinerorden und wurde Freimaurer, indem er sich in der Loge, "[[Phönix zur runden Tafel]]" 1783 aufnehmen ließ. Sein antijesuitisches Theaterstück, "Sidney", wegen angeblicher Ausfalle gegen die Kirche denunziert, zog ihm neuerlich den Haß der klerikalen Kreise zu, so daß er sich seines Lebens nicht sicher fühlte und 1788 nach Breslau floh. Dort nahm sich seiner ein Freimaurer, Fürst Wilhelm von Schönaich Carolath (s. Carolath) an, der ihn nach Wallisfürth als Erzieher seiner Kinder berief. Feßler trat nun mehr zum lutherischen Glauben über und schloß 1792 ein Ehebündnis, das jedoch 1802 wieder gelöst wurde. In Wallisfürth begann er eines seiner Hauptwerke, den "Marc-Aurel" von dem er drei Bände fertigstellte, die bis 1799 drei Auflagen erlebten, und siedelte 1796 nach Berlin über. | ||
− | == Royal York-Reformator == | + | === Royal York-Reformator === |
Hier wurde er in die Untersuchung gegen die Euergeten (s. d.) verwickelt, das Verfahren gegen ihn jedoch eingestellt. Seine wirtschaftliche Lage war ziemlich trostlos. 1796 schloß er sich der Loge [[Royal York]] an und blieb in ihrem Stande bis 1802. Streitigkeiten veranlaßten ihn, 1802 auszutreten. In dieser verhältnismäßig kurzen Zeit leistete er Hervorragendstes. Er wurde Reformator der Loge [[Royal York]], Begründer und Zugeordneter Großmeister der auf ihr aufgebauten Großloge und der Erbauer ihres Systems. (Vergl. O. Kahle in Concordia-Bibliothek, Bd. 9111.) | Hier wurde er in die Untersuchung gegen die Euergeten (s. d.) verwickelt, das Verfahren gegen ihn jedoch eingestellt. Seine wirtschaftliche Lage war ziemlich trostlos. 1796 schloß er sich der Loge [[Royal York]] an und blieb in ihrem Stande bis 1802. Streitigkeiten veranlaßten ihn, 1802 auszutreten. In dieser verhältnismäßig kurzen Zeit leistete er Hervorragendstes. Er wurde Reformator der Loge [[Royal York]], Begründer und Zugeordneter Großmeister der auf ihr aufgebauten Großloge und der Erbauer ihres Systems. (Vergl. O. Kahle in Concordia-Bibliothek, Bd. 9111.) | ||
Zeile 37: | Zeile 40: | ||
Bald nach seinem Eintritt in die Oberste Leitung berufen (damals noch nach französischen Vorbild die [[Ritter vom Rosenkreuz]]) arbeitete er Rituale und Verfassung nach seinem Grundsatz um, Freimaurerei sei eine Erziehungs-anstalt zur Vernunftmäßigkeit und Sittlichkeit zum Vorteil der menschlichen Gesellschaft, erreichte durch Teilung der Loge in vier Bauhütten die Errichtung der Großloge, für die er das Protektorat des Königs erwirkte, vier Monate, bevor dessen Edikt erging, das den drei preußischen Großlogen eine Monopolstellung einräumte. | Bald nach seinem Eintritt in die Oberste Leitung berufen (damals noch nach französischen Vorbild die [[Ritter vom Rosenkreuz]]) arbeitete er Rituale und Verfassung nach seinem Grundsatz um, Freimaurerei sei eine Erziehungs-anstalt zur Vernunftmäßigkeit und Sittlichkeit zum Vorteil der menschlichen Gesellschaft, erreichte durch Teilung der Loge in vier Bauhütten die Errichtung der Großloge, für die er das Protektorat des Königs erwirkte, vier Monate, bevor dessen Edikt erging, das den drei preußischen Großlogen eine Monopolstellung einräumte. | ||
− | == Fichte == | + | === Fichte === |
− | Diese Stellungnahme Friedrich Wilhelms II. gegenüber der Feßlerschen Großloge war um so bedeutsamer, als die Große Landesloge diese der Reformen wegen als "[[Winkelloge]]" erklärt und des heimlichen "Jakobinismus" verdächtigt hatte, eine Beschuldigung, die in den damaligen Zeiten recht schwer wiegen konnte. Leider vertrug sich Feßler mit einem der größten deutschen Geister nicht, der in seiner Zeit in seine Loge eintrat, mit [[Fichte]]. Vielleicht traf diesen der größte Teil der Schuld an dem Streit, der im Juli 1800 zum Austritt des Philosophen führte (s. Fichte) . | + | Diese Stellungnahme Friedrich Wilhelms II. gegenüber der Feßlerschen Großloge war um so bedeutsamer, als die Große Landesloge diese der Reformen wegen als "[[Winkelloge]]" erklärt und des heimlichen "Jakobinismus" verdächtigt hatte, eine Beschuldigung, die in den damaligen Zeiten recht schwer wiegen konnte. Leider vertrug sich Feßler mit einem der größten deutschen Geister nicht, der in seiner Zeit in seine Loge eintrat, mit [[Johann Gottlieb Fichte|Fichte]]. Vielleicht traf diesen der größte Teil der Schuld an dem Streit, der im Juli 1800 zum Austritt des Philosophen führte (s. Fichte) . |
− | == Beseitigung der Hochgrade == | + | === Beseitigung der Hochgrade === |
Bei seinem Reformwerk drängte Feßler allerdings ohne Erfolg auf gänzliche Beseitigung der Hochgrade. Er glaubte, daß reine freimaurerische Arbeit nur auf Grund der von ihm wieder stark der ursprünglichen englischen Lehrweise angenäherten "hiramitischen Maurerei" - wie er die Johannismaurerei in der von ihm bearbeiteten Form nannte- allein möglich sei, mußte sich aber angesichts der Ablehnung, der er begegnete, doch zur Beibehaltung von Hochgraden entschließen. Das geschah, indem er zunächst auf die vier bisher bearbeiteten Hochgrade einen Innersten Orient ("[[Die Auserwählten des neuen Jerusalem]]") aufsetzte und dann die höheren Grade einer durchgreifenden Reformation unterzog, sie zu [[Erkenntnisstufen]], [[Unterrichtsgrade]]n (s.d.) gestaltete. | Bei seinem Reformwerk drängte Feßler allerdings ohne Erfolg auf gänzliche Beseitigung der Hochgrade. Er glaubte, daß reine freimaurerische Arbeit nur auf Grund der von ihm wieder stark der ursprünglichen englischen Lehrweise angenäherten "hiramitischen Maurerei" - wie er die Johannismaurerei in der von ihm bearbeiteten Form nannte- allein möglich sei, mußte sich aber angesichts der Ablehnung, der er begegnete, doch zur Beibehaltung von Hochgraden entschließen. Das geschah, indem er zunächst auf die vier bisher bearbeiteten Hochgrade einen Innersten Orient ("[[Die Auserwählten des neuen Jerusalem]]") aufsetzte und dann die höheren Grade einer durchgreifenden Reformation unterzog, sie zu [[Erkenntnisstufen]], [[Unterrichtsgrade]]n (s.d.) gestaltete. | ||
Die kirchliche Erziehung, die F. genossen hatte, führte ihn dabei auch auf gnostische Bestandteile, die in seinen Schriften häufig genug zu verfolgen sind. An dem Maßstabe seiner Zeit gemessen, hat Feßler in seinem Ritual - er arbeitete auch die Johannisgrade um -eine sehr vergeistigte und hochpoetische Auffassung und Behandlung der Freimaurerei geschaffen. | Die kirchliche Erziehung, die F. genossen hatte, führte ihn dabei auch auf gnostische Bestandteile, die in seinen Schriften häufig genug zu verfolgen sind. An dem Maßstabe seiner Zeit gemessen, hat Feßler in seinem Ritual - er arbeitete auch die Johannisgrade um -eine sehr vergeistigte und hochpoetische Auffassung und Behandlung der Freimaurerei geschaffen. | ||
− | == Formale Tendenz == | + | === Formale Tendenz === |
Alle maurerischen Rituale sollten ihrer formalen Tendenz nach sein: Nicht Mittel, die Neugierde der Brr. zu unterhalten und zu spannen nicht symbolische Vorbildungen der letzten Aufschlüsse; nicht Versprechungen einst mitzuteilender wichtiger Geheimnisse, sondern rein belehrende, auf die edleren Gefühle berechnete Darstellungen, durch welche das von dem Verstande erfaßte Wesen der Freimaurerei dem Herzen nähergelegt und dasselbe dafür erwärmt und begeistert wird." | Alle maurerischen Rituale sollten ihrer formalen Tendenz nach sein: Nicht Mittel, die Neugierde der Brr. zu unterhalten und zu spannen nicht symbolische Vorbildungen der letzten Aufschlüsse; nicht Versprechungen einst mitzuteilender wichtiger Geheimnisse, sondern rein belehrende, auf die edleren Gefühle berechnete Darstellungen, durch welche das von dem Verstande erfaßte Wesen der Freimaurerei dem Herzen nähergelegt und dasselbe dafür erwärmt und begeistert wird." | ||
− | == Das Feßlersche System == | + | === Das Feßlersche System === |
− | Zu seinem Ausscheiden führten nicht zuletzt die Anfeindungen, denen das "Feßlersche System" bald unter seinen Brr. begegnete. Aber auch weiterhin hielt ihn der Gedanke der Freimaurerei fest. Er schloß sich der Loge "[[Zu den drei Bergen]]" in Freiberg i. S. an, die sich seine Annahme von den so undankbaren Berlinern nicht verbieten ließ. 1803 zog er mit seiner ihm 1802 angetrauten zweiten Frau nach dem von ihm überzahlten Gute Kleinwall bei Berlin. Seine Verhältnisse wurden immer schlimmer, lange hielt er sich nur durch Zuwendungen auswärtiger Freimaurerfreunde über Wasser. Trotzdem literarisch ungemein tätig, wurde er schließlich 1806 als Professor für orientalische Sprachen und Philosophie an die "Geistige Akademie" des Alexander Newsky Klosters in St. Petersburg berufen. | + | Zu seinem Ausscheiden führten nicht zuletzt die Anfeindungen, denen das "Feßlersche System" bald unter seinen Brr. begegnete. Aber auch weiterhin hielt ihn der Gedanke der Freimaurerei fest. Er schloß sich der Loge "[[Zu den drei Bergen]]" in Freiberg i. S. an, die sich seine Annahme von den so undankbaren Berlinern nicht verbieten ließ. 1803 zog er mit seiner ihm 1802 angetrauten zweiten Frau nach dem von ihm überzahlten Gute Kleinwall bei Berlin. Seine Verhältnisse wurden immer schlimmer, lange hielt er sich nur durch Zuwendungen auswärtiger Freimaurerfreunde über Wasser. Trotzdem literarisch ungemein tätig, wurde er schließlich 1806 als Professor für orientalische Sprachen und Philosophie an die "Geistige Akademie" des Alexander Newsky Klosters in St. Petersburg berufen. [...] |
== Russische Periode == | == Russische Periode == | ||
Zeile 85: | Zeile 88: | ||
Ignaz Aurelius Feßler, General - Superintendant der lutherischen Kirche in Rußland und geistiger Berater der lutherischen Gemeinde in S.- Petersburg ist am 15. Dezember 1839 gestorben und auf dem lutherischen Friedhof Wolkovo in S.- Petersburg bestattet worden. | Ignaz Aurelius Feßler, General - Superintendant der lutherischen Kirche in Rußland und geistiger Berater der lutherischen Gemeinde in S.- Petersburg ist am 15. Dezember 1839 gestorben und auf dem lutherischen Friedhof Wolkovo in S.- Petersburg bestattet worden. | ||
+ | |||
+ | |||
[[Kategorie:Persönlichkeiten|Feßler]] | [[Kategorie:Persönlichkeiten|Feßler]] |
Version vom 11. August 2010, 11:44 Uhr
Ignaz Aurelius Feßler ungarisch: Ignácz Aurél Fessler (* 18. Mai 1756 in Zurndorf (ungarisch Zurány), Burgenland; † 15. Dezember 1839 in Sankt Petersburg) war ungarischer Geistlicher, Orientalist, Kapuziner und Freimaurer sowie lutherischer Generalsuperintendent.
Quelle: Wikipedia, Artikel dort: „Ignaz Aurelius Feßler“
Inhaltsverzeichnis
Hiramitische Freimaurerei
nannte Feßler die erste Bearbeitungsform seines im Auftrage der Loge Royal York angelegten Rituals der Johannisgrade, die von ihr 1797 auf drei Jahre angenommen wurde. Aus diesem Ritual entstanden dann die weiteren Feßlerschen Formen.
Quelle: Lennhoff, Posner, Binder
Feßler, Ignaz Aurelius
Quelle: Lennhoff, Posner, Binder
(Innocentius), 1756 in Czurendorf in Westungarn 15 Dezember 1839 in Petersburg. Von einer tiefgläubig katholischen Mütter für den geistlichen Beruf vorbereitet, trat er in den Kapuzinerorden ein und pilgerte, nachdem er 1774 die kleineren Weihen empfangen hatte, zur Weiterbildung durch mehrere Klöster. Mit 23 Jahren wurde er zum Priester geweiht und kam 1781 als Frater Innocentius nach Wien, wo er sich mit Anhängern der liberalisierenden Josephinischen Kirchenpolitik anfreundete und von den Ideen der Aufklärung derart gefesselt wurde, dass er selbst als Neuerer hervortrat.
Er unterbreitete dem Kaiser einen Bericht über Greuel in einem Klostergefängnis und legte ihm zugleich seine Anschauungen über die Notwendigkeit der Verbesserung des Kirchenwesens dar er schlug vor, die Geistlichen unter den Schutz des Staates zu stellen, um sie gegen Verfolgungen durch die kirchliche Macht zu sichern, trat für die Priesterehe, Denkfreiheit bezüglich der kirchlichen Lehrbegriffe, Toleranz für jede Konfession usw. ein. Schließlich ließ er seine Gedanken über die Majestäatsrechte in kirchlichen Sachen auch drucken und öffentlich verbreiten.
"Was ist der Kaiser?"
("Was ist der Kaiser?") Das zog ihm starke Feindschaften zu, und man machte ihm beim erzbischöflichen Konsistorium den Prozeß. F. wurde auf vier Wochen von allen priesterlichen Funktionen suspendiert. Ein kaiserliches Dekret an den Erzbischof verwendete sich für ihn. Auf Grund eines Kommissionsberichtes bezüglich der F.schen Angaben über die Klostergefängnisse wurden diese aufgehoben und zahlreiche unglückliche Mönche und Nonnen aus füchterlichen Kerkern befreit.
F. wurde dann vom Kaiser als Professor für orientalische Sprachen und Auslegungskunst des Alten Testaments an die Lemberger Universität berufen. Gleichzeitig erhielt er als erster Kapuziner den theologischen Doktorgrad. Fast ware es nicht zur Abreise gekommen. Ein fanatischer Klosterbruder Pater Sergius, verübte auf den "Häretiker ' ein Attentat, dem dieser nur mit knapper Not entging.
Freimaurer Feßler
In Lemberg verlangte und erhielt er durch Pater Chrysologus die Entlassung aus dem Kapuzinerorden und wurde Freimaurer, indem er sich in der Loge, "Phönix zur runden Tafel" 1783 aufnehmen ließ. Sein antijesuitisches Theaterstück, "Sidney", wegen angeblicher Ausfalle gegen die Kirche denunziert, zog ihm neuerlich den Haß der klerikalen Kreise zu, so daß er sich seines Lebens nicht sicher fühlte und 1788 nach Breslau floh. Dort nahm sich seiner ein Freimaurer, Fürst Wilhelm von Schönaich Carolath (s. Carolath) an, der ihn nach Wallisfürth als Erzieher seiner Kinder berief. Feßler trat nun mehr zum lutherischen Glauben über und schloß 1792 ein Ehebündnis, das jedoch 1802 wieder gelöst wurde. In Wallisfürth begann er eines seiner Hauptwerke, den "Marc-Aurel" von dem er drei Bände fertigstellte, die bis 1799 drei Auflagen erlebten, und siedelte 1796 nach Berlin über.
Royal York-Reformator
Hier wurde er in die Untersuchung gegen die Euergeten (s. d.) verwickelt, das Verfahren gegen ihn jedoch eingestellt. Seine wirtschaftliche Lage war ziemlich trostlos. 1796 schloß er sich der Loge Royal York an und blieb in ihrem Stande bis 1802. Streitigkeiten veranlaßten ihn, 1802 auszutreten. In dieser verhältnismäßig kurzen Zeit leistete er Hervorragendstes. Er wurde Reformator der Loge Royal York, Begründer und Zugeordneter Großmeister der auf ihr aufgebauten Großloge und der Erbauer ihres Systems. (Vergl. O. Kahle in Concordia-Bibliothek, Bd. 9111.)
Bald nach seinem Eintritt in die Oberste Leitung berufen (damals noch nach französischen Vorbild die Ritter vom Rosenkreuz) arbeitete er Rituale und Verfassung nach seinem Grundsatz um, Freimaurerei sei eine Erziehungs-anstalt zur Vernunftmäßigkeit und Sittlichkeit zum Vorteil der menschlichen Gesellschaft, erreichte durch Teilung der Loge in vier Bauhütten die Errichtung der Großloge, für die er das Protektorat des Königs erwirkte, vier Monate, bevor dessen Edikt erging, das den drei preußischen Großlogen eine Monopolstellung einräumte.
Fichte
Diese Stellungnahme Friedrich Wilhelms II. gegenüber der Feßlerschen Großloge war um so bedeutsamer, als die Große Landesloge diese der Reformen wegen als "Winkelloge" erklärt und des heimlichen "Jakobinismus" verdächtigt hatte, eine Beschuldigung, die in den damaligen Zeiten recht schwer wiegen konnte. Leider vertrug sich Feßler mit einem der größten deutschen Geister nicht, der in seiner Zeit in seine Loge eintrat, mit Fichte. Vielleicht traf diesen der größte Teil der Schuld an dem Streit, der im Juli 1800 zum Austritt des Philosophen führte (s. Fichte) .
Beseitigung der Hochgrade
Bei seinem Reformwerk drängte Feßler allerdings ohne Erfolg auf gänzliche Beseitigung der Hochgrade. Er glaubte, daß reine freimaurerische Arbeit nur auf Grund der von ihm wieder stark der ursprünglichen englischen Lehrweise angenäherten "hiramitischen Maurerei" - wie er die Johannismaurerei in der von ihm bearbeiteten Form nannte- allein möglich sei, mußte sich aber angesichts der Ablehnung, der er begegnete, doch zur Beibehaltung von Hochgraden entschließen. Das geschah, indem er zunächst auf die vier bisher bearbeiteten Hochgrade einen Innersten Orient ("Die Auserwählten des neuen Jerusalem") aufsetzte und dann die höheren Grade einer durchgreifenden Reformation unterzog, sie zu Erkenntnisstufen, Unterrichtsgraden (s.d.) gestaltete. Die kirchliche Erziehung, die F. genossen hatte, führte ihn dabei auch auf gnostische Bestandteile, die in seinen Schriften häufig genug zu verfolgen sind. An dem Maßstabe seiner Zeit gemessen, hat Feßler in seinem Ritual - er arbeitete auch die Johannisgrade um -eine sehr vergeistigte und hochpoetische Auffassung und Behandlung der Freimaurerei geschaffen.
Formale Tendenz
Alle maurerischen Rituale sollten ihrer formalen Tendenz nach sein: Nicht Mittel, die Neugierde der Brr. zu unterhalten und zu spannen nicht symbolische Vorbildungen der letzten Aufschlüsse; nicht Versprechungen einst mitzuteilender wichtiger Geheimnisse, sondern rein belehrende, auf die edleren Gefühle berechnete Darstellungen, durch welche das von dem Verstande erfaßte Wesen der Freimaurerei dem Herzen nähergelegt und dasselbe dafür erwärmt und begeistert wird."
Das Feßlersche System
Zu seinem Ausscheiden führten nicht zuletzt die Anfeindungen, denen das "Feßlersche System" bald unter seinen Brr. begegnete. Aber auch weiterhin hielt ihn der Gedanke der Freimaurerei fest. Er schloß sich der Loge "Zu den drei Bergen" in Freiberg i. S. an, die sich seine Annahme von den so undankbaren Berlinern nicht verbieten ließ. 1803 zog er mit seiner ihm 1802 angetrauten zweiten Frau nach dem von ihm überzahlten Gute Kleinwall bei Berlin. Seine Verhältnisse wurden immer schlimmer, lange hielt er sich nur durch Zuwendungen auswärtiger Freimaurerfreunde über Wasser. Trotzdem literarisch ungemein tätig, wurde er schließlich 1806 als Professor für orientalische Sprachen und Philosophie an die "Geistige Akademie" des Alexander Newsky Klosters in St. Petersburg berufen. [...]
Russische Periode
Quellen:
- Florian Maurice,"Ignaz Aurelius Feßler und die Reform der Großloge Royal York in Berlin", Tübingen 1997
- Nikolay Kiselev, "Aus der Geschichte des russischen Rosenkreuzertums", S.- Petersburg, 2005.
- Andrey Serkov, "Enzyklopädie: Russische Freimaurerei 1731-2000", Moskau, 2001.
- Andrey Serkov, "Geschichte der russischen Freimaurerei XIX Jh.", S.- Petersburg, 2000.
Sankt-Petersburg
In Petersburg betätigte er sich sofort wieder freimaurerisch. Sofort nach seiner Ankunft besuchte er die deutschsprachige Loge "Peter zur Wahrheit", aber die Brüder waren sehr zurückhaltend, weil auf die Erkundigung, die der Großmeister der Direktorialloge "Wladimir" Johann Jakob Böber in Berlin über ihn einholte, der Ordenmeister der Großen Landesloge, Friedrich August Castillon, sehr unfreundlich sich äußerte. Unter anderem warf er ihm vor, er habe einen eben getauften Juden, der von der Loge Royal York abgewiesen wurde, nach Hamburg empfohlen und dort seine Aufnahme bewirkt. Ein Jahr später gründete Feßler mit dem Stuhlmeister der Loge "Peter zur Wahrheit", Johann Georg David von Ellisen, und Michael Speransky das Kapitel "Polarstern", in welchem sich die Mitglieder der Staatskomission für die Reformierung der Freimaurerei in Rußland versammelten.
Ideen der Vereinfachung der Freimaurerei und der Übergabe derselben einer staatlichen Bedeutung waren für ihn wichtig. Einführung des Liberalismus in die Bruderschaft und dem Gedankengut von Lessing und Fichte folgend, sah Feßler allumfassende Reformen vor. Inneres Vervollkommnen und Erziehung der Bürger für eine neue Gesellschaft waren die Knackpunkte in seinem Konzept. Die Idee an sich war nicht neu, aber ihre Realisierung hatte früher nie den Charakter eines "von oben" genehmigten Planes gehabt. Im September 1810 haben Feßler und sein Kapitelbruder, Gustav Adolf von Rosenberg, den Plan der Reorganisation der russischen Freimaurerei dem Imperator Alexander I übergeben. Speransky hat dazu eine neue Freimaurer - Konstitution beigelegt. Umgehend wurde eine Kommission gerufen, in der außer Feßler und Speransky auch Vertreter anderer Freimaurersystemen und des Staatsapparates teilnahmen. Es kann aber zu keiner Einigung.
Moskau
Im Februar 1811 kam Feßler nach Moskau, wo er mit dem Historiker und Mitglied der russischen Akademie der Wissenschaften, Br. Nikolay Karamsin, mit dem Rektor der Moskauer Universität, (Prof.) Br. Johann Christian Andreas von Heim und mit dem Patriarch der russischen Freimaurerei, Br. Nikolay Novikow, sehr aktiv verkehrte. Später hat er den Universitätsverlag mitgeleitet und viele Werke von Denkern der Aufklärung übersetzt und veröffentlicht um kirchliche und staatliche Reformen vorzubereiten. Gleichzeitig formierte sich die konservative Opposition, deren Basis die Brüder aus dem "Schwedischen System" bildeten. Nicht die letzte Rolle in der Situation spielten die Änderungen in der Außenpolitik. Nach zwei Jahren der Periode von aktiven freundlichen Beziehungen mit Frankreich ist plötzlich die Frage des Krieges aktuell geworden. Der politische Bund mit Schweden führte auch zur Reaktion gegen Reformstrebungen. Den letzen Punkt im "Kampf gegen Illuminaten" hat Polizeimeister Graf Rostoptschin gestellt, der eine Welle von Diskreditierungen von Speransky und seinen Kampfgenossen als französische Spionen in Gang gebracht hat. Dazu waren alle Mittel eingesetzt wie Festnahmen, Verbannungen aus Moskau und S.- Petersburg, Pogromen in Logen, Morden.
Saratov
1813 zog Feßler nach Saratov als Aufseher eines Waisenhauses und Vorsitzender der lutherischen Konsistorien der Wolga deutscher Kolonien. Dort gründete er auch eine Loge, die seinen Namen trug und zu keiner Vereinigung, Großloge oder Bund gehörte. Damals war es die erste, unabhängige Organisation in Rußland. Dies führte dazu, daß sie mit der Dekabristen – Loge "Drei Tugenden" befreundet war und oft von ihren Brüdern besucht wurde. Die Feßler’sche Loge bestand hauptsächlich aus deutschen Kolonisten und russischen Offizieren. Eine besondere Aufmerksamkeit wurde den aufklärerischen und religiösen Aktivitäten gewidmet. In Saratov wurden ein männliches Gymnasium und ein weibliches Institut gestiftet. Für die kirchlichen Schulen hat die Loge über 500 Tausend Goldrubeln gespendet. In der deutschen Schulen verbreiteten sich "Katechismus" und "Enzyklopädie", von Feßler geschrieben. Er hat kirchliche Rituale geändert, ein besonderes Hochzeit – Gebet geschrieben und die "Kirchliche Volksbuße" eingeführt, die noch von Martin Luther abgeschafft worden war.
1814 haben die Brüder der S.- Petersburger Loge "Peter zur Wahrheit" sich unter dem großen persönlichen Einfluß von Feßler von allen Hochgraden losgesagt. Sie haben alle schottischen Logen und alle Großbeamtenpositionen verlassen, spalteten sich von anderen Logen ab und haben erst das Ritual des Tugendbundes und später das Schrödersche Ritual übernommen. Das war eine Reaktion auf den Versuch der konservativen Logen ein System, ähnlich der "Strikten Observanz", einzuführen.
Dekabristen
1822 wurde die Revolutionsbewegung so aktiv, daß der Kaiser die Freimaurerei verbot. Die meisten Logen wurden aufgelöst, Freimaurer – Angelegenheiten und Dokumente vernichtet und der Rest des Besitzes anderen karitativen Organisationen übergeben. Feßler hat das Verbot ignoriert und arbeitete weiter. Einige Brüder der geschlossenen Logen zogen nach Saratov um. Erst nach dem Dekabristen - Aufstand wurde Feßler am 14. Dezember 1826 verhaftet und nach S. – Petersburg zur Untersuchung abkonvoiert. Die Dekabristen – Mitglieder seiner Loge wurden verbannt, andere Brüder standen unter Polizeiaufsicht.
Trotz aller Verbote war er der Letzte, der die Werkzeuge auf die Seite abgelegt hat. Er hat selbst unter Polizeikontrolle wieder die Freimaurer – Versammlungen organisiert. Ein geheimer Bruderkreis hat unter seiner Leitung bis 1831 gearbeitet. Dann hat die Geheimpolizei auf Grund einer Anzeige die Gruppe aufgelöst.
Ignaz Aurelius Feßler, General - Superintendant der lutherischen Kirche in Rußland und geistiger Berater der lutherischen Gemeinde in S.- Petersburg ist am 15. Dezember 1839 gestorben und auf dem lutherischen Friedhof Wolkovo in S.- Petersburg bestattet worden.