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Unser gegenwärtiger Verfasser hat die Beschuldigung von einer lächerlichen Seite betrachtet, und da Schriften dieser Art bloß wegen der Art ihres Vortrags gefallen, und nothwendig in einem trockenen Auszuge alles Anziehende verlieren; so verweise ich jeden, der Lust hat seine Gründe zu lesen, zur Schrift selbst; doch wird man sehr wenig verlieren, wenn man sie auch ganz ungelesen läßt. | Unser gegenwärtiger Verfasser hat die Beschuldigung von einer lächerlichen Seite betrachtet, und da Schriften dieser Art bloß wegen der Art ihres Vortrags gefallen, und nothwendig in einem trockenen Auszuge alles Anziehende verlieren; so verweise ich jeden, der Lust hat seine Gründe zu lesen, zur Schrift selbst; doch wird man sehr wenig verlieren, wenn man sie auch ganz ungelesen läßt. | ||
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Aktuelle Version vom 1. Juni 2016, 08:54 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Zur Frauenfrage 1741
Über die Ausschliessung des schönen Geschlechts
Sendschreiben eines englischen Freymäurers, 1741
Sendschreiben eines Freymäurers an Mylord Robert Truell Einem Mitglied der Gesellschafft der Plauderer Über die Ausschliessung des schönen Geschlechts Aus der Freymäurer-Gesellschafft. Aus dem Englischen übersetzt. Nebst denen Gesängen. Im Jahr 1741. Seiten 1-39
Vorbericht.
Dies Schreiben, welches ich dir, geehrter Leser, mittheile, verdienet deine Aufmercksamkeit um desto mehr, weil es von einer Sache handelt, so noch niemahls untersuchet worden, und weil es aus der Feder eines, der würdigsten Obermeistere unserer Gesellschafft geflossen ist.
Das Concept davon ist unter denen Handschrifften des ohnlängst in Engelland verstorbenen Mylord Morton gefunden worden. Welchen ich auch deswegen billig vor den Verfasser halte, zumahl da das Concept nicht allein mit seiner eigenen Hand geschrieben, und an unterschiedenen Stellen geändert ist, sondern auch die Schreibart ihme gantz vollkommen ähnlich siehet, und überall zeiget, daß die Ehre, ein Freymäurer und Obermeister zu seyn, ihme zugehöret habe.
Ich habe dieses Concept von einem Freund zugeschickt bekommen, dem es in die Hände gefallen, und der es mit grösser Sorgfalt verwahret, aus Erkenntlichkeit vor die, von dem Mylord empfangene Wohlthaten. Dieser Freund hat mir auch erlaubt, es zu übersetzen: niemahlen aber haben, weder er noch ich erfahren können, wer wohl der Mylord Robert Trüell seyn könne, an den der Brief gerichtet ist.
Daß indessen einer dieses Rahmens würcklich gewesen, ist daher nicht ohne Grund zu glauben, weil Mylord Morton, (in einem Post scripto, welches dem Concept angehänget, da es aber nichts zur Haupt-Sache beyträget, in der Übersetzung weggelasssen worden,) unter andem dem Trüell vorwirfft, daß er in Lateinischer Sprache an ihn geschrieben habe, als wenn die Englische nicht Wortreich genug wäre, von dem schönen Geschlecht übel zu reden.
Ich bin fast überzeuget, Mylord Morton habe den Brief des Trüel ins Feuer geworffen, da, allem Ansehen nach, viele böse Dinge wieder das Frauenzimmer darinnen enthalten gewesen, welche er, als ein getreuer Beobachter der Freymäurerischen Gesetze, und folglich als ein wahrer Verehrer des Weiblichen Geschlechts, nicht hat wollen kund werden lassen.
Hier hast du nun die Uebersetzung, geneigter Leser. Entrüste dich aber nicht, wenn dir unsere Frau-Mutter- Sprache, hin und wieder, hart zu seyn scheinet. Wisse vielmehr, daß ich sie dem Mylord Morton, meinem gewesenen Obermeister, aufopffere, und daß ich seine Gedancken lieber von Wort zu Wort dir mittheilen, als mich bemühen wollen, solche in einer Regelmäßigen teutschen Schreibarth, vielleicht dunckel, vorzutragen. Bilde dir einmahl auf eine Stunde ein, Mylord Morton, ein gebohrner Engelländer, rede teutsch.
Hast du die Ehre ein Freymäurer zu seyn, so wirst du mir diesen Brüderlichen Gefallen schon erweisen. Bist du aber keiner, so bemühe dich, einer zu werden, und thue mir den Gefallen hernach, und sey indessen allemahl versichert, daß, wenn du das Andencken meines Mylords, und das schöne Geschlecht verehrest, ich dir mit Freymäurischer Freundschafft Lebenslang verbunden bleiben werde.
Lebe wohl.
- Die Weisheit trat herein in einem goldnen Stücke,
- Dem Bengals Reichthum sich nicht zu vergleichen traut;
- Ihr Hauptschmuck war ein Crantz der sieben nassen Sterne,
- Ihr Antlitz durch den Schein des Monden angefüllt,
- Das Kleynod hoher Brust trug einen Sonnenschild,
- Mit dieser Läuterung: Sie gläntzt auch in der Ferne.
Günther,
Mylord!
Ihr setzet mich in die größte Verwirrung, in welcher ich mich iemahls befunden habe, da ihr, in einer Zuschrifft vom 8ten Januarius, mich bey unserer Freundschaft beschwöret, die Frage zu beantworten, aus was Ursachen das schöne Geschlecht nicht könne in die Ehrwürdige Gesellschafft meiner Brüder, der Freymäurer, aufgenommen werden?
Wie ist es möglich, daß ihr auf diese Gedancken kommen könnet; und wie kommt es, daß ihr, durch eure strafbare Neugierigkeit mich dem Haß und der Verachtung eines Geschlechts aussetzen wollet, welches ich über alles liebe, und um dessen Ehre mein Leben mir allemahl zu gering scheinet.
Gewiß, Mylord, ihr seyd in eurer Freundschafft besonders, und es muß euch wenig kosten, einen Freund auf die allergefährlichste Probe zu stellen, denn sonsten würdet ihr gelinder mit mir verfahren. Oder stehet ihr vielleicht in den Gedancken, meine, vor das schöne Geschlecht jederzeit bezeigte Hochachtung, sey eine unnatürliche und erborgte politische Farbe, mit welcher ich eine heimliche Schalckheit anstreiche; und wollet dahero durch eine listige Frage mich versuchen. Wenn ihr dieses denket so beschuldiget ihr mich eines Lasters, welches euch zu allererst beyzumessen, da ihr mich verführen, und, durch angezogene Scheingründe wieder das Frauenzimmer, verleiten wollet, denen Hauptstücken meines Ordens zuwieder zu leben. Glaubet aber, daß ihr den blossen schlaget, und daß ihr weder einen ungehorsamen Freund, noch einen heimlichen Feind des Frauenzimmers, finden werdet; indem ich euch aufrichtig sagen will, warum wir dieses Geschlecht nicht aufnehmen können.
Es wundert mich, Mylord, daß ihr euch unterwindet, die Ursachen zu machen, und in eurem Vorurtheil der Gesellschafft Dinge anzusinnen, die, ich wolte fast wetten, keinem von meinen Brüdern iemahls im Sinn gekommen. Euer Brief ist mit lächerlichen Muthmassungen, und ungereimten Beysplelen angfüllet, welchen ihr, mit Ehrenrührigen Ausdrückungen, die Wahrscheinlichkeit geben wollet. Was habt ihr vor ein Absehen darunter? Wollet ihr mir vielleicht Stoff, zu einer Schmäheschrifft wieder das Frauenzimmer, geben? Verzeihet, Mylord, daß ich euch nicht gänzlich traue, indem ich euch kenne, und euer Brief mich von eurer Schalckheit überzeuget. Ich mögte fast lieber noch weiter gehen, und eure Frage gar nicht beantworten.
Allein ihr mögtet böse werden: Dahero will ich euch doch die Ehre anthun, und euren Kram zergliedern. Wiewohl ich alle wiedrige Auslegungen hiermit feyerlichst verbitte, und euch meines gänzlichen Mißtrauens nochmahlen versichere, denn ihr sehet mir aus, als einer, der von meinem Briefe einen übeln Gebrauch, zu meinem Verderben, bey Mylady C. machen werde. Doch spielet mir diesen Streich nicht, wenn gleich dessen Ausführung euch noch so leichte zu seyn schiene. Denn sonst ist es um unsere Freundschaft gethan. Ist sie euch bishero werth gewesen, so stehet es bey euch sie zu erhalten, und zu erwegen, daß es mir an Freunden nicht mangele, und daß alle meine Brüder eben so viele Schutzgötter sind, denen ich mich blindlings anvertrauen kann.
Ihr vermeynet, Mylord, wir nähmen das Frauenzimmer darum nicht in unsere Gesellschafft auf, weil wir uns vor die Schwatzhafftigkeit fürchteten, so diesem schönen Geschlecht angebohren seyn soll. Ich weiß gar wohl, daß man von Alters her, biß auf unsere Zeilen, sie ohne Unterscheid des Lasters der Plauderey beschuldiget, und ihnen die Fähigkeit ein Geheimniß zu bewahren, ganz und gar abgesprochen hat. Ich würde mich auch nicht wundern, wenn alles Frauenzimmer selbst in seine Verschwiegenheit einen Zweifel und Mißtrauen setzte: da der Fehler der Plauderey ihm, so offte und mit so vielen Beweggründen, vorgerückt worden.
Da ich nun auch alles gelesen habe, was über diese Materie in Schrifften ans Licht gekommen; so habe mich bißweilen über die sinnreichen Fantasien der Bücherschreiber, des Lachens nicht enthalten können. Sonderlich aber muß ich über euch lachen, mein lieber Mylord, wenn ihr durch phisicalische Gründe beweisen wollet, daß der Bau eines Frauenzimmer-Cörpers nicht so beschaffen sey, daß ein Geheimniß darinnen sich aufhalten könne, sondern daß die Mußkeln und Sehnen also lägen, daß ein Geheimniß dieselben den Augenblick auseinander triebe, daß darauf ein Bruch nothwendig erfolgen müsse. Ihr kommt mir bald vor, wie der Kohlenträger, der auf einem Caffeehauße, sagte, daß wenn ein Frauenzimmer sich selbst von einer Sache ein Geheimniß machte, so könne solches nicht bey ihr bleiben, sondern es frässe sich durch. Wenn nun zum guten Unglück einer Tänzerin in der Oper ein Geheimniß in die Waaden träte, und das ganze Bein aufplatzte, so könnte sie um ihren Lebens-Unterhalt kommen. Und wo blieben die Kindermütter und Hebeammen, denen die größten Geheimniße der Männer von denen Weibern in der Geburtsnoth aufgebürdet werden.
Nein, Mylord, wir fürchten uns nicht davor. Wir wissen aus Erfahrung, daß ein Frauenzimmer auch schweigen kann, und daß sie alle starck genung sind, eine Sache zu verheelen, die ihrer Ehre, oder ihren Absichten könne nachtheilig werden. Ja, daß sie mit ihren Geheimnissen gar eigensinnig seyn. Ich könnte euch vielmehr Männer nennen, welche, wenn ja das Frauenzimmer vornehmlich plauderhafft wäre, ihnen den Vorzug streitig machen könnten: und dennoch sind sie gesunde, verschwiegene und wackere Brüder. Denn unser Geheimniß, ist von der Beschaffenheit, daß es nicht verrathen werden kann, und hat man kein Exempel, daß betrunckene, in Krankheiten rasende, auch nicht einmahl diejenigen, so wegen eines groben Verbrechens, als unehrliche aus der Gesellschaft geflossen werden, das Geheimniß verrathen hätten.
Und dennoch haben wir ein Geheimniß. Dieses Geheimniß wäre sehr leicht zu offenbahren, da keine Furcht eines Unglücks die Brüder im Zaum hält, und dennoch wird es verschwiegen. Warum verlangen sie nun, Mylord, daß ein Frauenzimmer schlimmer seyn sollte, als trunckene, rasende, und unehrliche Mannspersonen?
Ihr ziehet, Mylord, aus eurem ersteren Satz, die Vermuthung, daß das Frauenzimmer ihre Schwatzhaftigkeit noch weiter getrieben, und von der Gesellschaft der Freymäurer übel und nachtheilig geredet, und damit ihre Sachen verderbet habe.
Ich muß bekennen, daß ihr hlerinnen beynahe recht hättet, wenn man denen Frauenzimmern diese Art sich zu rächen verdencken könnte. Sie haben sich allemahl viele Mühe gegeben, unser Geheimniß zu erforschen, und haben sogar kein Geld gespahret, um einen von unsern Brüdern straffällig zu machen. Sie haben ihre Schönheit zu Felde ziehen lassen, um mit süsser Gewalt dasjenige zu erpressen, was sie mit List nicht erschleichen können. Ja ich erinnere mich, daß eine der schönsten und ansehnlichsten Damen unsers Landes noch weiter gegangen, und, nachdem sie mit uns auf keine Weise fertig werden können, sich erbothen in ihrem prächtigen Gartenhause die Versammlungen derer Freymäurer zu gestatten, und ein ganzes Jahr hindurch mit ihren schönen Händen die Loge auszukehren, fals man sie nur zum Lehrling aufnehmen wollte. Sie gedachte unsere Brüder, durch diese Art von Erniedrigung, ich will nicht sagen zum Mitleid, wenigstens zur Erkenntlichkeit zu bewegen. Allein vergebens.
Die Frauenzimmer sind neugierig, und weil sie nichts erfahren können, so werden sie endlich böse, und verwandeln die Neugierigkeit in Haß. Man kan es ihnen aber billig nicht verargen, denn sie bringen es auf der andern Seite wieder ein, und loben eben die Verschwiegenheit an den Brüdern, die alle ihre neugierige Bemühungen zu Wasser gemacht hat. Sie haben es also auch in diesem Punkt nicht recht getroffen, werthester Mylord.
Noch weniger aber treffen sie es, wenn, sie einigen Frauenzimmern gewisse grobe Sünden beymessen, und das sämmtliche schöne Geschlecht überhaupt solcher Fehler beschuldigen, und diese als Ursachen ihrer Ausschliessung von der Gesellschaft angeben. Wenn nun, wie sie sagen, eine Helena den Untergang einer schönen und prächtigen Stadt verursachet; Die Dejamira einen Hercules verderbet, eine Thais, die Einäscherung Persepolis angerathen; und die Weiber von Capua gantze Kriegsheere zerstreuet, andere von ihnen angeführten Exempeln zu geschweigen; so folgt es doch nicht, daß alle Frauenzimmer dieser längst verweßten bösen Weiber Schuld büßen müssen.
Ich habe die Ehre viele Frauenzimmer zu kennen, welche gewiß an allen den alten und neuern unglücklichen Begebenheiten und Kriegen (ich wollte wohl wetten,) nicht schuld sind, und die nicht einmahl einen blossen Degen sehen können, geschweige, daß sie sollten zu öffentlichem Bluvergiesssen Anlaß geben. Gewiß diejenigen Frauenzimmer, deren Bekandschaft ich mjch bescheidentlich rühme, haben Vollkommenheiten genug, alle diese Fehler wiederum einzubringen. Ihr seyd strafenswerth, Mylord, wann ihr saget, daß kein Frauenzimmer zu finden, die nicht ein Zeichen eines Lasters sey. Man muß ja langmüthig seyn, und solches der Natur, und nicht ihnen als einen Fehler beymessen, sondern vielmehr dafür halten, daß ie lasterhaffter sie sind, desto näher sie den Vollkommenheiten ihres Geschlechts kommen
Dahero sind die begangenen Sünden der Frauenzimmer, und die, so sie noch vielleicht begehen könnten, (denn sie sind zu bescheiden, als, daß sie nicht de- Ruhms mangeln sollten,) gewiß nicht die Ursachen, warum wir nicht den Vorzug haben können, sie als recht aufgenommene Ordens-Schwestern zu verehren: sondern wir haben andere und weit wichtigere Gründe. Ich besorge aber, werther Mylord, ihr werdet solchen nicht Beyfall geben. Euer Sendschreiben verräth, daß ihr wieder das schöne Geschlecht eingenommen seyd. Oder stellet ihr euch nur darum so, damit ihr mich heraushohlet.
Wäre ich von eurer Verstellung gewiß, so würde ich mir kein Gewissen machen, euch um die Ursach zu befragen, warum ihr als ein Mitglied der Plauderer-Gesellschaft zugebet, daß die Frauenzimmer davon ausgeschlossen werden sollen, da es doch eurer Meynung nach sehr wohl angehet, den Begriff, welchen man sich von einem Frauenzimmer machet, mit dem Begriff eines Plauderers zu vereinigen.
Wollet ihr nun, Mylord, daß ich euch die Wahrheit sage, so müsset ihr euch nothwendig von allen Vorurtheilen entledigen. Ihr müsset glauben, daß ich euch, als meinen Freund, nicht mit Unwahrheit hintergehen werde. Und müsset euch vorstellen, daß ich mit meinen Brüdern insgemein, das schöne Geschlecht aus unserer Gesellschaft mit Schmertzen entbehre. Diese Bitte lasse ich an euch vornehmlich ergehen, und verspreche mir deren Gewährung um desto eher, da ihr mich wiederum besänftigen müsset, nachdem ihr mich, als einen Freymäurer, durch eure Lästerung wieder das schöne Geschlecht, an den zärtlichsten Ort angegriffen habet.
Auf eure Erzählung von unartigen Weibern gebe ich euch nochmals die vorige Antwort, und sage, daß sie der Sache überhaupt gar nichts benehmen, denn, wenn ihr auch, Mylord, noch immer auf der Meynung beharret, daß die Männer von Natur eine grössere Neigung zur Tugend haben als die Weiber, so hoffe ich doch, ihr werdet an euch selbst wahrnehmen, daß sie eine sehr gute und geziemende Sorge getragen, solche Neigung zu überwinden. Denn wenn ihr auch, wie es sich dann in der That so verhält, die schönsten und besten Neigungen hättet, habet ihr sie doch nicht zum besten angewendet. Welcher Wahrheit, euer Schreiben an mich, zum herrlichsten Beweiß dienet.
Ich glaube, werther Mylord, ihr werdet nunmehro geneigt seyn zu glauben, daß ihr mit euren Vermuthungen den rechten Fleck nicht getroffen habet: ihr werdet sehen, daß eure Meynung euch um desto eher triege, je mehr solche der Ehre des schönen Geschlechts zu nahe tritt. Die wohlanständige Art, welche alle eure Sitten begleitet, giebt zu erkennen, daß ihr, von Jugend auf, bey dem Frauenzimmer auferzogen worden, und daß ihr ihnen die Lebhaftigkeit eures Verstandes so wohl als den guten Geschmack, zu dancken habet, welcher aus allen euren Handlungen (doch den an mich gestellten letzteren Brief wohlbedächtlich ausgenommen,) hervor leuchtet.
Solltet ihr denn euch niemahlen, die Mühe gegeben haben, ein Frauenzimmer mit gehöriger, ja schuldiger, Aufmerksamkeit zu betrachten. Ich zweifle nicht daran. Und also werdet ihr auch gefunden haben, daß das schöne Geschlecht viel zu zart und eckel sey, zu dem Handwerke welches wir treiben. Denn stellet euch vor, wie schlecht eine Mauer-Kelle, die schönen Hände zieren würde: bildet euch ein Frauenzimmer ein, welche auf einem Gerüste stehet, und mit dem Bleyloth eine rauhe Mauer absenket: und erdichtet einmal ein Frauenzimmer, welche auf einen rohen Stein unterschiedenes Handwerkszeug, schärffet. Würde euch dieses nicht so ungeräumt und unnatürlich vorkommen: und würdet ihr euch nicht eben so sehr darüber aufhatten, als jener Frantzösischer Dichter über eine Dame, die mit dem Astrolabio den Jupiter abmessen wollte; und eine andere die vom Spiel-Tisch weglief, um der Cassiopé einen guten Abend zu bieten. Das lächerliche und unnatürliche von dieser Sache hat Salomon bereits eingesehen.
Ich nenne euch nur diesen, weil wir ihme die Aufnahme unseres Handwerks zu dancken haben. Dieser grosse König und Baumeister erlaubte nicht, daß ein Frauenzimmer bey dem Bau des berühmten Tempels Hand anlegen durffte. Er wuste, daß die Zärtlichkeit dieses Geschlechts sich der schweren Arbeit nicht unterziehen kann, und erkannte, weil er weise war, daß sie als Werkzeuge zum Bau edeler und beweglicher Cörper erschaffen worden.
Ich sage als Werkzeuge. Nun kann ja ein Werkzeug nicht selbst arbeiten; sondern es muß von der Hand eines Meisters ergrlffen und zum Gebrauch belebet werden. Viele glauben, Salomo habe deshalber die Weiber nicht zum Bau gezogen, weilen sie zu gewissen Zeiten, als unrein angesehen worden, und sich inne halten mußten, dahero ihre Arbeit würde unterbrochen worden seyn. Allein ich kann dieser Meynung nicht gäntzlich beypflichten, sie scheine auch so wahrscheinlich wie sie wolle.
Und könnten wir ja, ohnerachtet wir in unserer Gesellschaft denen Bau-Regeln des Salomo genau nachkommen, diesen Stein des Anstossens, dem schönen Geschlecht zu gefallen, gar leicht aus dem Wege räumen, wenn nicht eine andere, noch weit wichtigere Ursach, unsern Vater und Gesetzgeber auf die Gedancken gebracht zu haben, schiene, die Weiber von der Bau-Arbeit loßzusprechen.
Verzeihet aber, werther Mylord, wenn ich mich bey diesem Punkt nicht lange aufhalte, denn ich trage Bedencken, einen König, dem meine Bruder alles in der Welt, zu dancken haben, und der sonst starck genug war, als einen durch Liebe überwundenen vorzustellen. Diese edle Leidenschafft war noch stärcker, als das grosse Herz unseres weisen Königs, denn sie verführte ihn, durch Untreu wieder den allerhöchsten Baumeister der Welt, dem ersten und fürnehmsten Gesetz eines Freymäurers zuwieder zu leben. Meine Brüder würden ihme auch diesen Streich gewiß nicht vergeben, wenn er nicht durch den Bau des Tempels, die Gesellschafft der Freymäurer, die damahls von der Gottlosigkeit der Menschen gänzlich unterdrückt war, wiederum hervorgebracht hätte.
Wir verzeihen also dem Könige, daß er übels gethan, weil wir ihme sonst alles zu danken haben. Allein sein Beyspiel macht uns klug, gelehrt und wacker. Wir nehmen uns in acht verführt zu werden, weil wir von der Macht des schönen Geschlechts eben so vollkommen, als von unserer Schwachheit, überzeuget sind, und uns unsere Schwachheit und Ueberzeugung zur Ehre rechnen.
Aber dieser Sache wäre ja wohl vorzukommen: man dürffte ja nur lauter heßliche und garstige zu Freymäuerinnen machen.
Ja, Mylord, ich erkenne euch an dieser Frage, weil sie euch vollkommen ähnlich siehet. Gleichsam, als ob es eine leichte Sache wäre, über die Schönheit, und Heßlichkeit eines Frauenzimmers ein sicheres Urtheil zu fällen, welches ohne Ausnahm seyn könnte. Dieser wird ein Frauenzimmer von Gesicht und Gestalt schön preisen; an welcher ein anderer viele Mängel wahrzunehmen glaubet. Ein anderer wird sich in ein Frauenzimmer beym ersten Anblick verlieben, welche ein anderer in eben den Anblick abscheulich findet. Mylady S***. hat gar kein schönes Gesicht, und dennoch hat ihre Gestalt Anbeter gefunden. Die Gräfin von G***. ist verwachsen, bucklicht, und kann fast nicht reden, und dem ohngeacht, liebet sie unser Freund mit aller Treue. Habt ihr jemahlen etwas abscheulichers gesehen, als die Kauffmanns-Tochter mit dem so genannten Todten-Kopf? und dennoch hätten euch ihre schönen Hände beynahe entzückt gemacht.
Ich rede nur von dem äusserlichen; und will die Gemüths-Gaben und der Art zu leben, nicht einmahl gedenken, die man doch bey vielen unansehnlichen Schönheiten in den äussersten Grad der Vollkommenheit antrift. Und wer hat uns dann zu Richtern gesetzt? und woher haben wir Vollmacht von dieses, ohnes jenen Frauenzimmers, Schönheit oder Heßlichkeit zu urtheilen. Wir Freymäurer sind weit entfernet uns dieses Vorrechts anzumassen. Denn alles Frauenzimmer, heßliche und schöne, gerade und krumme, bucklichte und lahme etc. alles hat bey uns den Nahmen des schönen Geschlechts.
Da nun diese Sache an sich so schwer ist, und so vielen Beurtheilungen unterworffen, so könnte es ja leicht geschehen, daß irgend einer der Brüder, ein Frauenzimmer in Vorschlag brächte, und unter der Versicherung, daß sie von Hertzen garstig sey, bäte, man möchte sie aufnehmen. Ein oder zwey andere Brüder möchten hingegen auftreten und betheuren, sie wäre angenehm und schön. Ein ieder könnte seine Meynung behaupten, und sogleich würde in unsern Zusammenkünfften ein höchst verbotener Streit entstehen. Ich setze nun den Fall: Die Stimmen würden nach vielen Streit dennoch vereiniget, und das Frauenzimmer würde würcklich und zierlich aufgenommen; so könnte leicht geschehen, daß sie die Hertzen zweyer Brüder auf einmahl, ich weiß nicht durch was von einer guten Eigenschafft, rührte. Ein ieglicher von diesen beyden würde wollen Hahn im Korbe seyn, und es dem andern an Aufmercksamkeit zuvor thun, (denn das ist menschlich,) entstünde nicht daraus Uneinigkeit, Zanck, Eyffersucht und andere solche ungereimte Dinge mehr? Und wo bliebe hernach die Uebereinstimmung der Gemüther, und die brüderliche Liebe, welche das grosse Kleynod unsers Ordens ist? und die gantze Gesellschafft schätzbar macht?
Noch mehr. Wir arbeiten in unsern Zusammenkünfften: (folglich müsten die Freymäuerinnen mit Hand anlegen,) unsere Meister tadeln und verbessern die Arbeit derer die unter ihnen sind, weil diese lernen, folglich jene es besser verstehen müssen. Glaubet ihr nun, Mylord, daß einer von unsern Meistern nur einmahl die Arbeit eines Frauenzimmers zu tadeln sich unterfangen würde? Nein, keinesweges; Denn die Bescheidenheit würde sie zurück halten. Mithin aber würden unsere Freumäuerinnen [!] nichts lernen, und lauter unvollkommene und baufällige Arbeit machen, nicht aus Mangel der Geschicklichkeit, sondern weil man sie lieber verschonen, als zur Arbeit ernstlich anhalten wollte.
Ihr sehet, Mylord, daß es unsere Schuld nicht ist. Wir wollten gerne, aber es ist nicht möglich: und diese Unmöglichkeit machet den schönen Geschlechte Ehre. Wenn ihr und sie damit nicht zufrieden seyd, so können wir euch und ihnen nicht helffen.
Unsere Gesetze gebieten, daß wir das schöne Geschlecht lieben, ehren und werth achten sollen. Wir kommen ihnen genau nach, weil solches Gebot uns angenehm, und das schöne Geschlecht unserer Liebe und Ehrfurcht würdig ist. Wir sehen das Frauenzimmer an, als unsere Gebieterinnen, und geben ihnen Macht und Gewalt, unsere Arbeit zu beurtheilen, ohne daß wir uns gleichen Vorzug iemahls anmassen. Von Rechtswegen sollten uns dir Frauenzimmer nicht hassen, indem sie nicht schöner wählen können, als wenn sie einen Freymäurer ihrer Gunst würdigen. Denn ein Freymäurer ist verschwiegen, weil diese Tugend bey ihm zur andern Natur geworden. Seine Liebe ist aufrichtig, treu und beständig, und keinen Ausschweiffungen, welche die Ehre eines Frauenzimmers in Gefahr setzen könnten, unterworffen. Denn er ist gewohnt alles mit rechten Ernst anzugreiffen, und setzet alles auf guten Grund, vergisset anbey auch einmahlen seine Handlungen nach denen Regeln der richtigen Verhältniß abzumessen.
Wenn die Frauenzimmer wüsten, wie viel Gewalt sie über uns Freymäurer haben, sie würden gelinder mit uns umgehen, und ihre Schwestern bestraffen, die aus Einfalt die härtesten Schimpfworte wieder uns fahren lassen.'
Mich wundert, daß sie nicht vorlängst eine vertraute Gesellschafft unter sich aufgerichtet, und davon die Männer ausgeschlossen haben. Denn dieses wäre ein recht gefundenes Mittel, ihre Rache an uns auszulassen, ohne daß wir darüber böse werden könnten. Es muß aber wohl vermutlich nicht angehen, daß eine Gesellschafft unter ihnen bestehen könne, ohne daß etwas männliches darzu komme.
Wiewohl ich die Sache auch nicht untersuchen will, sondern mich begnügen lassen, wenn das schöne Geschlecht die Gutheit hat zu glauben, daß ihre Ausschließung aus unsern Orden uns hertzlich nahe gehe. Alle Brüder empfinden hierüber einerley Betrübniß, ohne zu wissen, auf was Art sie ihrem Kummer abhelffliche Maasse setzen können. Vielleicht könnte das Frauenzimmer sich diese Beschaffenheit der Gemüther zu Nutz machen: allein, man müßte die Sache klüger anfangen, als bishero geschehen.
Gehabt euch wohl, mein werther Mylord, und seyd versichert, daß ich mit wahrer Hochachtung Lebenslang seyn werde
Euer
eifriger Freund und Diener
M**.
Kommentar aus der Freymäurer-Bibliothek
Erstes Stück, 1778, 88-90
Schreiben eines Maurers an Mylord Robert Truell, einem Mitgliede der Gesellschaft der Plauderer über die Ausschließung des schönen Geschlechts aus dem Freymäurerorden, aus dem Englischen übersetzt, 8. 1741.
Da diese Frage in der Folge noch sehr oft aufgeworfen werden wird, so will ich hier nur etwas weniges zur Beantwortung derselben sagen, um sie hernach auf immer mit Stillschweigen zu übergehen. Es ist fast nicht der Mühe werth, darauf zu antworten, und unsere Gegner haben uns diesen Einwurf mehr in der Absicht uns zu schikaniren, und etwas drolliges vorzubringen, als daß sie es selbst für eine Sache von Erheblichkeit gehalten hätten, gemacht.
In dem Constitutionsbuche (Edit. II de anno 1743. Anhang pag. 46) wird der wichtitige [!] Grund angeführt: weil ein Frauenzimmer niemals frey ist, sondern entweder unter der Herrschaft ihrer Eltern, Verwandten oder ihres Mannes stehet, so kann sie wegen ihrer Freyheit niemals Versicherung leisten, und also kein Glied unserer Gesellschaft werden. Man hat zwar hierauf geantwortet; aber die Stärke dieses Grundes selbst nicht geschwächt, weil Wahrheit nicht zugleich Lüge seyn kann.
In einer andern Schrift eines unserer Mitglieder, wird über diesen Punkt gesagt: (Beantwortung der Schrift über die Duldung der Freymäurer 1776, pag 8.) die wahre Maurerey hat nichts mit Weibern gemein, und die wahre Ursache davon stehet im zweyten Briefe an den Timotheus Kap. II. Vers 4. Kein Kriegsmann flicht sich in Händel der Nahrung, auf daß er gefalle dem, der ihn angenommen hat.
Ich könnte noch hinzu fügen, daß da sich der Ursprung aller unserer Lehren und Gebräuche in dem entferntesten Alterthume verliehrt, auch die Ausschließung des Frauenzimmers, zu welcher unsere Vorfahren ihre guten Gründe hatten, ist beybehalten worden. Bey den Egyptern wurde kein Frauenzimmer in der heiligen Sprache, (Clemens Alexandrin. Strom VI.) den Hieroglyphen und den Lehren der Weisheit unterrichtet; sie durften nie die zehn ersten hermetischen Bücher lesen, und konnten es auch nicht, weil sie mit hieroglyphischen Charactern geschrieben waren. Sie waren daher auch zur Regierung unfähig, weil die Könige aus dem Priesterstande, welcher in eben den angeführten Wissenschaften erfahren war, genommen wurden.
In Griechenland sind zwar Frauenzimmer zu den kleinen Mysterien gelassen, in welchen die Kenntniß eines wahren Gottes gelehrt wurde: allein zu den innern konnten sie niemals gelassen werden.
In China sind noch heutigestages vermöge eines Grundgesetzes die Frauenzimmer von der Regierung ausgeschlossen, weil sie das grosse Opfer nicht bringen können, welches der Kaiser als Opferpriester jährlich viermal bringen muß.
Da wir übrigens nie die Absicht haben, eine besondere Sekte zu stiften, und uns also an einer großen und geschwinden Vermehrung wenig gelegen ist, sondern unser Endzweck mehr wissenschaftliche Gegenstände betrift; so ist es eben so lächerlich, daß man uns aus der Ausschließung des weiblichen Geschlechts ein Verbrechen macht. Könnte man den Orden des heiligen Benedicts, oder eines andern Heiligen, deswegen tadeln, weil seine Glieder in ihren Klöstern nicht in einer Gemeinschaft mit Weibern leben?
Unser gegenwärtiger Verfasser hat die Beschuldigung von einer lächerlichen Seite betrachtet, und da Schriften dieser Art bloß wegen der Art ihres Vortrags gefallen, und nothwendig in einem trockenen Auszuge alles Anziehende verlieren; so verweise ich jeden, der Lust hat seine Gründe zu lesen, zur Schrift selbst; doch wird man sehr wenig verlieren, wenn man sie auch ganz ungelesen läßt.
- Ausgearbeitet von Dr. phil. Roland Müller, Switzerland / Copyright © by Mueller Science 2001-2015 / All rights reserved - ESOTERIK von Dr. phil. Roland Müller