Brüderlichkeit: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 18. Oktober 2009, 17:08 Uhr
Inhaltsverzeichnis
Brüderlichkeit
Der Gedanke der Brüderlichkeit stammt ursprünglich aus der Philosophie der Stoa und aus dem Judentum und wurde in das Christentum übernommen. Brüderlichkeit wird hier patrilinear in der gemeinsamen Abstammung von einem Vater begründet. Im Gegensatz zum nicht-personal gedachten Gott-Vater-Begriff der Stoa wird jedoch der biblische „Gottvater“ als personales Gegenüber vorgestellt, das etwa zu seinem auserwählten Volk spricht. Die Vaterschaft Gottes im Christentum ist schließlich eine im fleischgewordenen Sohn Jesus Christus vermittelte Vaterschaft, welche die brüderliche Einheit im Sohne einschließt. Christus selbst lehrt die Brüderlichkeit im Gebot der Nächstenliebe. Auch in anderen Kulturen war das Ideal der Brüderlichkeit und der Humanität bekannt, zum Beispiel im Buddhismus. Im weiteren Sinne schließt Brüderlichkeit die Würde und die Gleichberechtigung aller Menschen, den Pazifismus, die Humanität, die Barmherzigkeit und sogar die Feindesliebe mit ein.
Brüderlichkeit der Stoa
Der Brüderlichkeitsbegriff in der Stoa beruht auf einem ursprünglichen, mythologischen Naturbegriff. Im Himmel wird eine welterzeugende Kraft gesehen, die zusammen mit der „Mutter Erde“ alles Leben der Welt erwirkt. In diesem Sinn kann dann der Himmel „Vater“ der Menschen heißen. Platon sieht in der ewigen transzendenten Idee des Guten den Vater und Herrn, aber deren Personalität bleibt zweifelhaft. Von einer persönlichen Beziehung zu den Geschöpfen der Welt kann keine Rede sein. Die Lehre von der Vaterschaft ist hier eine Umdeutung des alten Mythos vom Zeus und der Hera. Die Götter bilden lediglich die Spitze eines erhabenen Kosmos. Von einem persönlichen, zürnenden, sorgenden, verzeihenden Vater-Gott findet sich in der Stoa keine Spur.
Christliche Brüderlichkeit
Die Einswerdung mit Christus schließt die Einswerdung der Christen untereinander ein und bedeutet so die Aufhebung der trennenden natürlichen geschichtlichen Grenzen.
Ihr aber sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn nur einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder. (Mt 23,8)
Damit wird der große Hauptunterschied der bisher die Welt unüberwindlich geteilt hatte hinfällig. Der Unterschied zwischen Israel und den Heiden, zwischen Rein und Unrein, zwischen Auserwählt und Nicht-Auserwählte. Über allen ständisch-hierarchischen Ordnungen natürlich-geschichtlicher Grenzen hinweg herrscht nun der christliche Bruderbegriff.
Aufklärung und Menschenrechte
Brüderlichkeit war einerseits (als Fraternité) eine der Kampfparolen der bürgerlichen Revolution (vergleiche hierzu den ungeschminkten Volksmund: Und willst du nicht mein Bruder sein, so schlag' ich dir den Schädel ein.), während die Arbeiterbewegung überwiegend den Begriff der Solidarität verwendete. Andere sehen in der Brüderlichkeit eher eine ethische Tugend, die zu Friedfertigkeit, zu Toleranz, zu Versöhnung mit dem Feind und zu Hilfsbereitschaft führt. In diesem Sinne ist sie verwandt mit dem Begriff der Verbundenheit. Jeden März feiern in diesem Sinne viele Millionen Menschen die Woche der Brüderlichkeit mit Projekten und Veranstaltungen. Auch in die Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen floss der Gedanke der Brüderlichkeit ein. Er wird im zweiten Artikel erwähnt, wo es heißt:
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen sich zueinander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.
Brüderlichkeit im Marxismus
Im Marxismus findet wieder eine Unterscheidung zweier ethischer Zonen statt. Die Menschheit ist hier in einen historischen Gegensatz von Kapital und Proletariat zerfallen: Im Klassenkampf schließt die Bruderschaft der einen die Feindschaft gegen die Anderen ein. Erst die Überwindung der Klassengesellschaft, die kämpferische Aufhebung von (materieller) Ungleichheit und Unterdrückung in der „Klassenlosen Gesellschaft“, wird die „wahre“ Einheit der Menschheit herstellen. Quelle: Wikipedia
Brüderlichkeit im freimaurerischen Sinne
Im freimaurerischen Sinne wird Brüderlichkeit verwirklicht durch Sicherheit, Vertrauen, Fürsorge, Mitverantwortung und der Verständigung mit- und untereinander. Das Einüben des Zusammenlebens aller Brüder in der Loge erfordert Aufeinanderzugehen in allen Lebenssituationen, Verständnis der Charaktereigenschaften des anderen und Hilfsbereitschaft in Not. Freimaurerische Toleranz bedeutet nicht desinteressiertes Geltenlassen anderer Auffassungen, sondern die Bereitschaft, die Überzeugung des Partners - oder sogar Gegners - in ehrlicher Auseinandersetzung zu respektieren. All dem stehen oft egoistische Verhaltensweisen und andere menschliche Unzulänglichkeiten im Wege. Deren Überwindung durch Gespräch, Anleitung und Vorbild ist fortdauernder Gegenstand freimaurerischer Arbeit.