Hermann Hesse

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Stufen

(von Hermann Hesse)

Wie jede Blüte welkt
und jede Jugend dem Alter weicht,
blüht jede Lebensstufe,
blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
zu Ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in andr’e neue Bindungen zu geben.:
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
an keinem wie an einer Heimat hängen,
der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
er will uns Stuf’ um Stufe heben, weiten!
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
und traulich eingewohnt,
so droht Erschlaffen!
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
mag lähmender Gewohnheit sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
uns neuen Räumen jung entgegen senden:
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden.
Wohlan denn, Herz nimm Abschied und gesunde!


Siddharta

Passage aus Hermann Hesse’s Siddharta:

„Dass ich nichts von mir weiß, dass Siddhartha mir so fremd und unbekannt geblieben ist, das kommt aus einer Ursache, einer einzigen: ich hatte Angst vor mir, ich war auf der Flucht vor mir! Nun will ich mir den Siddhartha nicht mehr entschlüpfen lassen. Bei mir selbst will ich lernen, will ich Schüler sein. Will mich kennenlernen, das Geheimnis Siddhartha.“ „Er blickte um sich, als sähe er zum ersten Male die Welt. Schön war sie… nicht mehr sinnlose und zufällige Vielfalt der Erscheinungswelt… Sinn und Wesen waren nicht irgendwo hinter den Dingen, sie waren in ihnen, in allem… (und) er, der in der Tat wie ein Erwachter oder Neugeborener war, er musste sein Leben neu und völlig von vorne beginnen.“


Siehe auch:

  • Traktat: Die Morgenlandfahrt von Hermann Hesse