Eugen Lennhoff

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Ein großer Freimaurer mit Spuren ins 21. Jahrhundert


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Der Name Eugen Lennhoff ist belesenen Freimaurer ein Begriff, weil er 1932 gemeinsam mit Oskar Posner das ‚Internationale Freimaurer-Lexikon’ veröffentlichte. Überarbeitet von Dieter A. Binder ist dieses tausend Seiten starke Buch auch im frühen 21. Jahrhundert noch eines der wichtigsten masonischen Nachschlagwerke in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Über die Person Lennhoffs, sein Leben und sein vielfältiges freimaurerisches Wirken wissen jedoch nur masonische Fachleute Bescheid. Er hätte mehr Erinnerung verdient. Daher: Biographisches über Eugen Lennhoff von Rudi Rabe.

Die wichtigsten freimaurerischen Quellen für den folgenden Text sind ein Artikel von Adi Pohl im Mitteilungsblatt der ‚UFL Deutschland’ Nr. 90/2014; die Chronik der Freimaurerei in der Ersten Österreichischen Republik 1918 bis 1938 von Günter Kodek; und Lennhoff-Posners Internationales Freimaurer-Lexikon.

Zusammenfassung

Eugen Lennhoff (1891 bis 1944) wurde 1920 in die Wiener Loge ‚Zukunft’ aufgenommen. Innerhalb der Kette führte er bald ein – man kann sagen – ebenso rastloses wie fruchtbares masonisches Leben. Lennhoff wurde zu einem in Österreich und über dessen Grenzen hinaus bekannter und geachteter Freimaurer.

In Österreich und international bekleidete er verschiedene hohe Freimaurerämter: Großsekretär der österreichischen Großloge, Gründungs-Großkommandeur des Schottischen Ritus von Österreich, Geschäftsführer der durch seine Initiative reorganisierten internationalen Universellen Freimaurer-Liga/UFL. Von Beruf Journalist war er von 1923 bis 1933 Chefredakteur der "Wiener Freimaurerzeitung": Er entwickelte diese von einem Vereinsblatt zu einer international orientierten und entsprechend zur Kenntnis genommenen Fachzeitung.

1929 gab Lennhoff das Buch ‚Die Freimaurer’ heraus, ein bis heute in Fachkreisen immer noch anerkanntes Werk; sehr schnell danach 'Politische Geheimbünde im Völkergeschehen' (mehrere Bände); und schließlich 1932 im Wiener Amalthea-Verlag mit Oskar Posner das ‚Internationale Freimaurer-Lexikon’. Posner war ein Arzt aus Karlsbad in Böhmen, Mitglied der Loge ‚Kette zur Freiheit’ in Saaz (heute: Žatec) und stellvertretender Großmeister der böhmisch-deutschen Großloge ‚Lessing zu den drei Ringen’. Er starb im Erscheinungsjahr des Lexikons.

In dem vom Amalthea-Verlag 1992 neu aufgelegten und von Dieter A. Binder aktualisierten ‚Internationalen Freimaurer-Lexikon’ heißt es in der Einleitung über Lennhoffs Bücher: Sie „sind geprägt von dem Willen, in einer Zeit zunehmender antimasonischer Hetze mit nüchterner Information aufzuklären. So wie das Freimaurerlexikon richteten sich diese Bücher in gleicher Weise an Freimaurer und interessierte Profane. Die Bücher fanden eine rasche Verbreitung, letztlich wurde sie ins Englische und Französische übersetzt und wiederholt bis in die jüngste Zeit als Reprints neu aufgelegt. Das Ende Österreichs im März 1938 zwang Eugen Lennhoff zur Flucht, da er als Freimaurer und Publizist in offenem Widerspruch zu den nationalsozialistischen Machthabern stand. Im englischen Exil setzte sich der unermüdliche Journalist erneut als Aufklärer ein, diesmal aber, um der englischen Öffentlichkeit die nationalsozialistische Herrschaft zu verdeutlichen. 1944 starb Lennhoff, im Gegensatz zu seinen Büchern geriet er in Vergessenheit.“

Aus Gründen, die sich bis heute nicht zur Gänze erschließen, hatte Lennhoff schon 1930 begonnen, sich aus der Freimaurerei zurückzuziehen. Zuerst legte er während seiner zweiten Amtsperiode die Funktion des Großkommandeurs des österreichischen Schottischen Ritus zurück; und dann 1933 – fünf Jahre (!) vor seiner Flucht vor den Nazis – „aus beruflichen Gründen – und nur solchen“ (Wiener Freimaurer-Zeitung) auch die Mitgliedschaft in der Loge ‚Zukunft’ und damit der Freimaurerei: Er ‚deckte’ also, wie es in der Freimaurersprache heißt.

In seinem Abschiedsbrief (Text siehe unten) nennt er als Grund eine „neue berufliche Tätigkeit“. Angesichts seines weit überdurchschnittlichen Engagements in den Jahren zuvor, war dies ein Ausstieg, der bis heute doch Rätsel aufgibt. Auch wenn man seine beruflichen Gründe nachvollzieht, bleibt ein Rest übrig, der in der Person Eugen Lennhoffs verborgen bleibt.

Eugen Lennhoffs früher Lebensweg

Eugen Lennhoff (eigentlich: Loewy) wurde am 24.03.1891 in Basel (Schweiz) geboren. Sein Vater war der Bankier Oskar Lennhoff, der aus Lüdenscheid „in Preußen“ (heute in Nordrhein-Westfalen) stammte und 1906 in Zürich eingebürgert wurde. Eugen studierte von 1909 bis 1912 Psychologie und Geschichte in Zürich und von 1912 bis 1913 Rechts-, Sozial-und Wirtschaftswissenschaften in Berlin. Seine Weltanschauung war pazifistisch, was damals in bürgerlichen Kreisen kein populäres Programm war.

Ab 1913 schrieb Lennhoff für schweizerische Zeitungen. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs im Sommer 1914 ging er nach Wien, wo er vom kaiserlich-königlichen Kriegspressequartier als Korrespondent für Zeitungen der neutralen Schweiz zugelassen wurde. Neben Eugen Lennhoff arbeiteten für das Kriegspressequartier so prominente Schriftsteller wie Franz Kafka, Egon Erwin Kisch, Franz Molnar, Robert Musil, Leo Perutz, Roda Roda und Franz Werfel.

Eugen Lennhoff wurde bald Schweizer Kriegskorrespondent des Berliner Ullstein Verlages und der Vossischen Zeitung. Der „lange Schweizer“ erhielt wegen seiner Herkunft und der rustikalen wollenen Wadenstrümpfe, die er trug, von seinen Kollegen den Spitznamen „Hirtenknabe“. Er berichtete von der Front in Galizien, von den Kämpfen an der italienischen Front und aus Belgrad.

Das Ende der österreichisch-ungarischen Habsburgermonarchie erlebte Lennhoff in Wien, wo er auch nach Kriegsende blieb und jetzt in der kleinen Republik Österreich weiter als Journalist arbeitete. Immer wieder war der talentierte Reporter international unterwegs.

Freimaurerische Highlights

Eugen Lennhoff wurde 1920 in Wien mit erst 29 Jahren in die Loge ‚Zukunft’ aufgenommen. Sein Bürge war der schon 1888 in die damalige Grenzloge ‚Zukunft’ rezipierte Generaldirektor der ‚New-York’-Versicherung Josef Carl Löwenberg.

Von Beginn an war Lennhoff hochengagiert: Schon ab 1919 hatte er für die ‚Wiener Freimaurerzeitung’ geschrieben. Zwei Jahre nach der Rezeption war er Mitgründer „Freien Vereinigung zur Verinnerlichung und Ausbreitung der Freimaurerei“. 1923 wurde er Chefredakteur der Freimaurerzeitung, die auch außerhalb der Logen frei verkauft wurde, sowie Delegierter der Allgemeinen Freimaurer Liga für Österreich.

Ebenfalls 1923 wurde von Frankreich aus das Kapitel ‚Mozart im Tale zu Wien’ des ‚Alten und Angenommenen Schottischen Ritus’ (AASR) eingesetzt. Lennhoff war dabei. 1925 folgte ein Oberster Rat des AASR: Eugen Lennhoff wurde der erste ‚Souveräne Großkommandeur’ und übte das Amt bis 1929 aus.

1925: Auf dem 4. Konvent der ‚Assoziation Maçonnique Internationale’/A.M.I. in Genf war die Großloge von Wien durch Eugen Lennhoff vertreten. Im September 1926 nahm Eugen Lennhoff als Vertreter der Großloge von Wien an einem als Friedensdemonstration geplanten internationalen Freimaurer-Kongress in Belgrad teil, der unter der Patronanz der A.M.I. stand und von den jugoslawischen Freimaurern ausgerichtet worden war. Aus Deutschland nahm nur Leo Müffelmann von der Berliner Loge ‚Bluntschli zur reinen Erkenntnis’ teil: ohne offiziellen Auftrag. Dies verursachte in deutschen Freimaurerkreisen erhebliche Aufregung, die schließlich zum Übertritt Müffelmanns nach Wien und darauffolgend gegen viele Widerstände zur Gründung der ‚Symbolischen Großloge von Deutschland’ führte: Eugen Lennhoff half von Wien aus ganz entscheidend mit. Die etablierten deutschen Großlogen erkannten die neue Großloge nicht an. Hintergrund: Während die Wiener und die ‚Symbolische Großloge’ internationalistisch und pazifistisch waren, lehnte die große Mehrheit der deutschen Großlogen diese Linie ab. Kontakte zu den Logen der ehemaligen Feindstaaten, vor allem zu Frankreich, waren tabu.

1926 fand der 3. Weltkongress der ’Universellen Freimaurerliga/UFL’ in Wien statt, einer masonischen Vereinigung, die aus der Esperantobewegung hervorgegangen war. Lennhoff wurde ehrenamtlicher Geschäftsführer und Leiter der UFL-Zentralstelle jetzt mit Sitz in Wien (bis Ende 1930). Im August 1928 tagte dann der 5. Weltkongress der UFL in Wien: 700 Teilnehmer aus 30 Großlogen. Initiator und Organisator des Treffens war Eugen Lennhoff. Der belgische Friedensnobelpreisträger (1913) Henry La Fontaine und der Großmeister der Großloge von Wien Richard Schlesinger wurden zu UFL-Ehrenmitgliedern ernannt. Letzterer sagte in seiner Dankesrede: „Die Großloge von Wien erblickt in der Liga keineswegs einen Staat im Staate, sondern ein sehr vornehmes und ausbauwürdiges Organ, das dem freimaurerischen Gedanken, so wie wir ihn verstehen, überall in der Welt eine Heimstatt bereiten soll“. Hintergrund: Die UFL war bei manchen Logen unbeliebt, weil sie auf persönliche Einzelmitgliedschaften setzte (und setzt) und daher neben der üblichen organisatorischen Struktur existierte (und existiert). Ihr statutarischer Zweck: „die Verbesserung der Beziehungen unter den Brüdern der ganzen Welt.“

1928: In Aachen gab es eine eintägige Aussprache zwischen dem erklärten Freimaurergegner Pater Hermann Gruber S.J., einem weiteren Jesuiten, und den Wiener Freimaurern Eugen Lennhoff und Kurt Reichl. Dem war seit 1926 ein umfangreicher Briefwechsel vorausgegangen. Lennhoffs Fazit: „Das erfreuliche Ergebnis dieser Aussprache mit Gruber war, dass er seine Überzeugung darlegte, dass auch auf katholischer Seite der Kampf gegen die Freimaurerei ausschließlich auf der Ebene weltanschaulicher und wissenschaftlicher Auseinandersetzungen auszutragen und der Lügen- und Bezichtigungsliteratur ein Ende zu machen sei.“ Der Briefwechsel ging bis zum Tod Grubers 1930 weiter.

März 1929 in Prag: Vor Mitgliedern deutschsprachiger und tschechisch-sprachiger Logen der Tschechoslowakei hielt Eugen Lennhoff einen Vortrag zum Thema „Weltfreimaurerei“. Am Abend danach fand zu Ehren Lennhoffs erstmals ein die beiden tschechoslowakischen Großlogen übergreifender in beiden Sprachen geführter Diskussionsabend statt, bei dem es um eine Annäherung der ethnisch getrennten tschechoslowakischen Freimaurerei ging.

Auf dem 7. Weltkongress der UFL im August 1930 in Genf war die Großloge von Wien durch Lennhoff als Großsekretär vertreten. Der in Europa um sich greifende Faschismus bestimmte die Tagesordnung, wobei Eugen Lennhoff und vor allem auch Kurt Reichel als Wortführer für einen offenen Verteidigungskampf auftraten. Und im September 1930 fand der 6. Konvent der A.M.I. in Brüssel statt. 26 Obedienzen waren als Mitglieder, weitere elf Obedienzen als zugelassene Besucher vertreten. Die Großloge von Wien wurde durch Eugen Lennhoff repräsentiert.

Ende 1930 gab Lennhoff die internationale UFL-Geschäftsstelle ab; sie wurde nach Basel verlegt. Ebenfalls 1930 trat er auch als Großkommandeur des Schottischen Ritus von Österreich zurück. Diesen Rücktritt begründete er mit Ämter- und Arbeitsüberlastung. Es gab allerdings auch eine gewisse Unzufriedenheit mit seiner Amtsführung.

Außer in der Loge ‚Zukunft’ war Lennhoff ab 1928 als Doppelmitglied auch in der Grazer Loge ‚Wolfgang Amadeus Mozart’; ebenso in der B'nai B'rith, einem freimaurerähnlichen jüdischen System.

20. Juni 1933: Für die freimaurerische Umwelt überraschend gab Lennhoff bekannt, dass er die Freimaurerei verlasse. Schon vorher hatte er alle seine freimaurerischen Ehrenämter zurückgelegt. Mit Ende 1933 übertrug er auch die Leitung der „Wiener Freimaurer-Zeitung“ an den Großsekretär der Wiener Großloge, Wladimir Misař.

Lennhoffs Abschiedsbrief wörtlich

Adressat: Hans Schlesinger, Stuhlmeister der Loge ‚Zukunft’ und Sohn des österreichischen Großmeisters Richard Schlesinger. Politischer Hintergrund: Der Brief wurde fünf Monate nach Hitlers Machtübernahme in Deutschland geschrieben. Das war eine Zeit, als die Nazis auch Österreich ins Visier genommen hatten. Am 19. Juni 1933 wurde die Nazi-Partei in Österreich nach mehreren Anschlägen verboten. Sie setzte jedoch ihre Wühlarbeit im Untergrund fort. Lennhoff schrieb seinen Brief unmittelbar nach diesem Verbot und unter dem Eindruck der politischen Entwicklung davor.

„Lieber Bruder Meister, lieber Freund Hans,
dieser Brief mag Dir einigermaßen unerwartet kommen. Aber neue berufliche Tätigkeit, die vielleicht - gerne möchte ich sagen: hoffentlich! – Lebenswende bedeutet, drängt mir ihn gebieterisch auf. Nachdem ich mehrere Jahre hindurch die journalistische Tätigkeit hinter schriftstellerischer Arbeit hatte zurücktreten lassen – in dieser Zeit durfte ich meine freimaurerischen Bücher schreiben – bin ich nun wieder zur Journalistik zurückgekehrt. Einmal, weil die Schriftstellerei für einen humanitär eingestellten Publizisten ein mehr als hartes Brot geworden ist, zum anderen weil sich mir unverhofft die Chance bot, an einer neuen interessanten Zeitungsgründung in leitender Position mitzuwirken.

Noch ehe die erste Nummer dieses Blattes erschienen ist, wurde ich Zielscheibe nationalsozialistischer Angriffe. Mit dem Blatte ich, durch mich die österreichische Freimaurerei. Nun wird die Zeitung am Donnerstag zum ersten Mal herauskommen – die Gegenaktion wird sich sicherlich von neuem bemerkbar machen. Wenn man schon nicht direkt für den Nationalsozialismus Propaganda machen darf, ist es nur zu bequem, eine Hetze gegen die Königliche Kunst zu entfesseln. Sie wird umso heftiger werden, je geringer der Widerstand sein wird. Und wenn meine Herausgeber mich auch in jeder Beziehung decken und sich durch den Hinweis auf mein Freimaurertum nicht irritieren lassen, - Angriffen auf die Großloge von Wien können sie nicht begegnen! Da muss ich mich fragen, ob ich es in einer Zeit, da die Freimaurerei auch von anderer Seite zum Gegenstand von Attacken gemacht wird, verantworten kann, dass meinetwegen der Kampf schärfer und hässlicher auch gegen die Gesamtbrüderschaft entbrennt. Es leiden ohnehin so viele Brüder unter der Bösartigkeit der Gegner, die ihre Existenz bedroht oder doch zu gefährden scheint. Die Großloge von Wien braucht meines Erachtens Ruhe, wenn sie in dieser bösen Zeit ihren Weg fortschreiten, ihre Arbeit tun soll. So zielbewusst, so bewundernswert die Leistung unseres verehrten Großmeisters, Deines verehrten Vaters ist, sie muss leiden, wenn tagtäglich gegen unseren Bund gewühlt und gehetzt wird.

Nun sind Angriffe ja nicht zu vermeiden, sie liegen nun einmal im Zug der Zeit. Aber nun ist leider meine neue Tätigkeit geeignet, sie zu verschärfen, noch trauriger werden zu lassen. Da erscheint es mir als Pflicht, dafür zu sorgen, dass diese Schärfe mich und nicht die Kette trifft. Dazu kommt, dass die Politik, die ich nun in meinem Blatt mitverantworte, obwohl ich sie für durchaus im Einklang mit unseren Ideen halte, dem einen oder anderen Bruder nicht gefallen mag. Auch das muss ich bedenken. Es erscheint mir unmöglich, dass die Großloge von Wien immer wieder mit der Verantwortung für mich, mein Tun belastet wird. Darum glaube ich, dass es nur einen Weg für mich gibt, der Entlastung schaffen kann: die Deckung. Es erscheint mir fast unfassbar, dieses Wort niederzuschreiben, und der Stil dieses Schreibens mag beweisen, wie unendlich schwer es mir wird, daran zu denken. Aber ich glaube: es muss sein. Und so bitte ich Dich, bitte die Loge ‚Zukunft’, mich in Ehren zu entlassen.

Ich bin sicherlich eine spröde, einzelgängerische Natur, ich weiß auch, dass ich manche Schwäche habe, die nicht gerade freimaurerische Tugend genannt werden kann, aber eines darf ich sagen: ich liebte und liebe diese noble, schöne Loge, wie ich die Großloge und die Freimaurerei aus tiefstem Herzen liebe. Ob ich nun die Mitgliedschaft besitze oder nicht, ich werde nicht aufhören, den Idealen der Königlichen Kunst anzuhängen, ihr zu dienen. Das ist keine Phrase, denn ich darf ohne Unbescheidenheit feststellen, dass ich meine Arbeitsbereitschaft in den zwölf Jahren bewiesen habe, die ich im Schosse der ‚Zukunft’ verbringen durfte. Das Licht, das ich seinerzeit von Bruder Spieler empfing, und das ich vielleicht zu wenig in mich getragen habe, da ich stets bemüht war, es in die internationale Welt ausstrahlen zu lassen, leuchtet mir hell wie am ersten Tag. Aber ich sehe ein, dass, wie die politischen Dinge nun einmal liegen, ich gut daran tue, mich ein wenig abseits von seiner Quelle zu stellen. Darum muss ich mich in keiner Weise innerlich von Euch trennen. Das verspreche ich Euch in dieser schmerzlichen, schweren Stunde aufs feierlichste!

Lieber Bruder Hans, ich glaube genug gesagt zu haben. So vielen von Euch, von deinem Vater angefangen, möchte ich viel, viel mehr sagen, aber ich bringe diese wenigen Zeilen kaum richtig zu Papier. Glaubt mir: das ist der schwerste Brief, den ich je geschrieben habe.

Ich hoffe sehr, dass meine Bitte Eure Zustimmung und Erfüllung findet und grüße jeden einzelnen der Zukunftsbrüder aufs herzlichste & brüderlich Euer getreuer und insbesondere
Dein Dir von Herzen ergebener & dankbarer Eugen Lennhoff“

Auch wenn Eugen Lennhoff von 1934 bis 1938 (= Hitlereinmarsch und Ende der österreichischen Freimaurerei) keine freimaurerische Tätigkeit mehr ausübte, trat er gelegentlich noch bei UFL-Veranstaltungen als Redner auf, so im September 1933 in Den Haag.

1938: Flucht vor den Nazis nach England und Tod 1944

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Im Juli 1934 versuchten die Nazis einen Putsch. Dabei wurde der diktatorisch regierende Bundeskanzler Engelbert Dollfuss erschossen, der Putsch gelang jedoch nicht. Obwohl die Nazi-Partei verboten war, erstarkte sie jedoch im Untergrund weiter. Österreich blieben noch knappe vier Jahre, dann war das kleriko-faschistische Regime am Ende: Nach einer wochenlangen politischen Eskalation ließ Hitler seine Truppen am 12. März 1938 einmarschieren. Eugen Lennhoff war bis zu diesem Datum Herausgeber der großen Wiener Tageszeitung ‚Telegraf’; das ist die Zeitung, die er oben in seinem Abschiedsbrief meint.

Am Vorabend des deutschen Einmarschs, also am 11. März, hielt der österreichische Bundeskanzler Kurt Schnuschnigg im Radio seine berühmte Kapitulationsrede: „Wir weichen der Gewalt“. Er schloss sie mit den Worten „Gott schütze Österreich!“. Darauf vertraute Eugen Lennhoff nicht, und so floh er gemeinsam mit dem Eigentümer des ‚Telegraf’, Karl Franz Bondy, und einem weiteren Zeitungsmitarbeiter in einem Auto ins nahe Ungarn. Die Tschechoslowakei, die aus politischen Gründen als Fluchtziel logischer gewesen wäre, hatte ihre Grenzen für Österreicher bereits dicht gemacht.

Lennhoff blieb einige Tage im grenznahen Ödenburg (ungarisch: Sopron), um die Entwicklung in Österreich zu beobachten. Er konnte dann aber doch die tschechoslowakische Grenze passieren, vermutlich weil er einen Schweizer Pass hatte, und schließlich nach England emigrieren.

Für die Zeit seines Londoner Exils von 1938 bis zu seinem Tod 1944 ist keinerlei freimaurerische "Wiederbetätigung" bekannt. Er kämpfte Im englischen Exil als Journalist Eugene Lennhoff bis zu seinem Tod unermüdlich gegen Krieg und Totalitarismus. Noch im Jahr 1938 erschien als erste Exilveröffentlichung sein Buch "The Last Five Hours of Austria" gleichzeitig in London und New York und auf holländisch in den Niederlanden; bald darauf in London "In Defence of Dr. Benes and the Czech Democracy". Im Mai 1939 heiratete er in zweiter Ehe Margarethe Goldschläger.

Beim Radiosender BBC war Lennhoff dann verantwortlich für die englische Sendung "London calling Europe", und ab Februar 1941 arbeitete er für die Österreichsendungen.

Eugen Lennhoff hatte nicht mehr lange zu leben: Am 19. Oktober 1944 starb er mit nur 53 Jahren in St. Marylebone bei London.

Eintrag 'Eugen Lennhoff' im Internationalen Freimaurer-Lexikon 1932

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Lennhoff, Eugen Schriftsteller in Wien, *1891 in Basel, † 1944 in London.
Reisejournalist, Kriegsberichterstatter der Ullsteinschen Tageszeitungen u. a. im k.u.k. Kriegspressequartier, Chefredakteur, schrieb u. a. "Die Freimaurer", "Politische Geheimbünde", aufgenommen 1920 in der Loge "Zukunft", Wien, war Großbeamter der Großloge von Wien, deren offizielles Organ, die "Wiener Freimaurerzeitung", er seit 1923 leitet.
1925-1930: erster Großkommandeur des Obersten Rates des A. u. A. Schottischen Ritus von Österreich.
1926 bis 1930: ehrenamtlicher Leiter der Zentralstelle der auf seine Initiative reorganisierten Allgemeinen Freimaurerliga, führt seither deren geistige Agenden, Vertreter der Großloge von Wien im Ausschuß der "Association Maçonnique Internationale".
Das Werk "Die Freimaurer" wurde 1930 mit dem (belgischen) Peeters-Baertsoen-Preis ausgezeichnet.

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Siehe auch