Österreich 2016: Ein bisschen Freimaurerei im Wahlkampf

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Österreich 2016: Ein bisschen Freimaurerei im Wahlkampf

Die österreichische Freimaurerei lebt traditionell abseits der Politik: unbehelligt von außen und als Organisation zurückgenommen. Umso auffälliger war es, dass im Bundespräsidentenwahlkampf 2016 das Thema ein paar mal kurz aufblitzte: zum "Anschwärzen" des grünen Kandidaten Alexander van der Bellen. Von Rudi Rabe.

Hintergrund

Zum Unterschied von Deutschland wird der Bundespräsident in Österreich vom Volk gewählt. Es gibt also einen öffentlichen Wahlkampf. Seit Kriegsende 1945 siegten immer entweder der sozialdemokratische oder der konservative Kandidat. 2016 ist alles anders: Ebenso wie in vielen anderen europäischen Staaten polarisierte sich auch in Österreich das politische Klima immer mehr zwischen rechts und links. Und so landeten in der Stichwahl nicht wie früher der sozialdemokratische und der konservative Bewerber aus den Traditionsparteien der Mitte sondern der grün-liberale Alexander van der Bellen und der rechts-konservative Norbert Hofer. Was dazu führte, dass die Wahl eine weit über Österreich hinaus reichende Aufmerksamkeit erfuhr.

Wer die Wahl gewinnen wird, ist bei der Abfassung dieses Textes noch unklar. Das zu melden oder gar Partei zu ergreifen ist jedoch ganz im Sinn der Alten Pflichten nicht meine Absicht, sondern darzustellen, wie die Freimaurerei entgegen jahrzehntelanger Usancen plötzlich und ungewollt ein wenig in den österreichischen Parteiendkampf hinein gezogen wurde. Freimaurer sind diesbezüglich sensibel, weil sie ungern an alte Zeiten erinnert werden wollen, als das gang und gäbe war, nicht nur in Österreich sondern ebenso in Deutschland oder der Schweiz und in vielen anderen Ländern.

Die beiden Kandidaten

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Alexander van der Bellen war lange Zeit Obmann der österreichischen Grünen. Laut eigenem Bekunden war er in den 1970igern ein paar Jahre „in der damals einzigen Tiroler Loge“. Er sei nur ein Jahr aktiv gewesen, habe dann zehn Jahre noch den Mitgliedsbeitrag gezahlt bis er schließlich ausgetreten sei.
Weitere Details über seine Mitgliedschaft recherchierte die österreichische Tageszeitung 'Kurier':
http://kurier.at/politik/van-der-bellen-weiss-nichts-von-freimaurer-unterstuetzung/197.769.613
(Der seltsame Hinweis auf die UFL in diesem Artikel macht allerdings eher ratlos.)

Der jüngere Norbert Hofer ist führendes Mitglied der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ). Und seit ein paar Jahren ist er Ehrenmitglied bei der Pennäler-Burschenschaft Marko-Germania im burgenländischen Pinkafeld. Hier die Darstellung der Burschenschaft auf der Website der Gemeinde:
http://www.pinkafeld-online.at/?mmid=1&smid=27&offset=50&ID=10&action=detail&detailID=73&ArtikelID=240

Du Freimaurer! Du Burschenschafter!

Das ist wohl das Motiv: gegenseitiges verdächtig Machen durch eine Mitgliedschaft, die man skandalisieren kann. Dazu muss man wissen: Studentische Burschenschaften gelten manchen Österreichern als eine Art deutschnationale Verirrung, ja sogar als ewiggestrig. Und die Freimaurerei eignet sich ja seit eh und je zum Aufbau von Verschwörungspopanzen.

Also blitzten schon bald am Rande des Wahlkampfes die Mitgliedschaften der beiden Kandidaten immer wieder als Argument gegen den einen oder den anderen auf: bis das Freimaurer-Thema schließlich von Hofer selbst in einer konfrontativen Diskussion im Fernsehsender Puls4 angerissen wurde. Allerdings nicht als freistehender Angriff sondern eher aus der Defensive heraus in einem Schlagabtausch, bei dem es darum ging, wer von wem unterstützt wird.

Leicht gekürzte Zusammenfassung der TV-Passage

Van der Bellen zählt schon in den ersten Minuten der Sendung seine prominenten Unterstützer aus ganz verschiedenen politischen Richtungen auf. Und er fragt dann Hofer, ob er auch so illustre Mitstreiter anführen könne. Worauf dieser kontert, hinter Van der Bellen stünde die inländische und die ausländische „Hautvolee“, aber hinter ihm stünden die Menschen.
VdB: „Sind meine Unterstützer keine Menschen?“
H: „Doch ... (und jetzt unvermittelt) Freimaurer sind auch nette Menschen. Sie waren lange bei den Freimaurern, und sie werden unterstützt von Freimaurern aus Berlin.“
VdB estaunt: „Berlin? ... Das wusste ich gar nicht.“
H: „Sie wissen nicht, dass sie bei den Freimaurern waren?“
VdB: „Das ist eine Tatsache, aber dass jemand in Berlin für mich Werbung macht, Freimaurer oder auch nicht ...??? Keine Ahnung.
H: „Es ist jedenfalls Einmischung von außen.“

Es war nur eine kurze Passage. Ungeklärt bleibt während der Sendung aber auch danach, wer das in Berlin sein soll.

Deeskalation gegen Ende der Sendung

Eine Stunde später muss sich jetzt Hofer gegen den Vorwurf wehren, er sei bei einer deutschnationalen Studentenverbindung. Offenbar vorbereitet liest er als Antwort den Ausdruck einer Website über diese Verbindung vor, legt dann aber das Papier beiseite und sagt:

„Natürlich ist es so, dass gewisse Verschwörungstheorien aufgebaut werden, über die Burschenschaften genau so wie über die Freimaurerei, da wird ja auch alles mögliche hinein geheimnisst, die Freimaurer machen dies und das. Sie kennen das ja aus eigener Erfahrung, das trifft sie genau so (wie mich) ... Es kommt aber immer auf den Menschen an, nie auf die Gruppe: Es gibt in jeder Gruppe tolle beeindruckende Persönlichkeiten und auch immer welche, die vielleicht weniger beeindruckend sind.“

Van der Bellen bestätigt dann noch einmal seine frühere Mitgliedschaft in der Innsbrucker Loge und verlagert im Gegenangriff die Diskussion auf die Arierparagraphen von Burschenschaften in den 1920iger Jahren. (Und Hofer wusste offenbar nicht, dass es so was leider auch in deutschen Freimaurerlogen gab.)

Printmedien kochen das Thema weiter

Und zwar nicht nur Boulevardblätter, auch Qualitätszeitungen. Dies zeigt, wie sehr antimasonische Verschwörungstheorien in den Redaktionen immer noch als interessanter Lesestoff eingeschätzt werden. Damit war das Thema aber auch erschöpft: In mehreren weiteren Konfrontationen im Fernsehen und im Internet tauchte das Thema Freimaurerei nicht mehr auf.

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Siehe auch