Loge zur Erkenntnis

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1914 – 2014


100 Jahre
"Zur Erkenntnis"


Im Orient
Hamburg - Harburg
Eißendorfer Straße 27
21073 Hamburg


Geleitworte des Meisters vom Stuhl der Loge
„Zur Erkenntnis“


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Meister vom Stuhl, Br. Jürgen Lüken, mit den freimaurerischen Symbolen

Winkelmaß, Zirkel, Setzwaage, Senkblei, 24-zölliger Maßstab

und dem rauen Stein mit Spitzhammer


Im Mai 2014 begehen wir feierlich das 100-jährige Bestehen unserer Johannis-Loge

„Zur Erkenntnis“ im Orient Hamburg-Harburg. Drei bis vier Generationen Brüder und insgesamt 14 Stuhlmeister haben in diesem Zeitraum die Bauhütte gegründet, gefördert und tatkräftig mitgestaltet. Die unermüdliche Arbeit dieser Mitglieder am rauen Stein getreu unseren Wertevorstellungen von Freiheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität versetzen uns heute in die Lage, mit Dank auf das Geleistete und Erreichte zurückzublicken.

Das zurückliegende Jahrhundert war von großen politischen, sozialen und gesellschaftlichen Veränderungen geprägt. Die Bürger unseres Landes haben in dieser Zeit zwei Weltkriege, eine Monarchie, zwei Diktaturen und zwei Demokratien durchlebt. Dazu gehörten der katastrophale Niedergang und der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg ebenso, wie das sich anschließende Leben in zwei getrennten deutschen Staaten bis zur glücklichen Wiedervereinigung vor 25 Jahren.

Eines hatte in den zurückliegenden Jahren trotz aller Umstände bestand – die Freimaurerei. Auch wenn ihre Ausübung im Nationalsozialismus und in der damaligen DDR verboten war, so haben ihre Rituale und ihr philosophisches Gedankengut diese Zeiten überdauert. Demzufolge verbindet uns die Königliche Kunst bis heute mit den 22 Harburger Brüdern, welche vor 100 Jahren die Loge „Zur Erkenntnis“ installierten. Es erfüllt uns mit großer Dankbarkeit und einem gewissen Stolz, in diesen Tagen gemeinsam mit unseren Gästen dieses besondere Stiftungsfest feiern zu können und damit auch die uns in den Ewigen Osten vorangegangenen Brüder der „Erkenntnis“ zu ehren.

Die heutigen großen Herausforderungen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft werden sich nur gemeinschaftlich bewältigen lassen. Klimaveränderung, Globalisierung, Digitalisierung, demographischer Wandel, Integration und sozialer Zusammenhalt sind nur einige Aspekte, die uns derzeit beschäftigen. Hierfür werden Menschen gebraucht, welche sich mit den Problemen unserer Zeit kritisch auseinandersetzen und bereit sind, verantwortungsbewusst Aufgaben zu übernehmen. Die vergleichsweise junge Bruderschaft unserer Bauhütte ist dafür gut aufgestellt. Sie engagiert sich ehrenamtlich in zahlreichen Vereinen, Stiftungen, Parteien und sonstigen Organisationen. Unsere regelmäßigen Gesprächsrunden zu den aktuellen Themen zeugen hierdurch von Vielfalt und Kompetenz. Ich wünsche der Loge, dass sie diesen freimaurerischen Weg in der Zukunft weiterhin zuversichtlich und erfolgreich fortsetzt.

Die vorliegende Festschrift liefert einen detaillierten Einblick in die Geschichte unserer Loge. Für die umfangreichen Recherchen und die Ausarbeitung danke ich unserem zugeordneten Meister vom Stuhl, Br. Wolf-Jürgen Hutt, an dieser Stelle im Namen aller Mitglieder ausdrücklich. Es liegt damit ein zeitgeschichtliches Dokument vor, welches es nachfolgenden Generationen von Brüdern ermöglicht, sich eingehende Kenntnisse über die Entwicklung unserer Bauhütte bis zum Jahre 2014 zu verschaffen.

Ferner danke ich der gesamten Bruderschaft für die umfangreiche Planung, Vorbereitung und Ausgestaltung unseres Stiftungsfestes.

Abschließend heiße ich unsere Gäste sehr herzlich willkommen und danke für ihren Besuch und die damit verbundenen teils weiten Anreisen nach Hamburg. Ich wünsche uns allen einen schönen und würdigen Verlauf der Jubiläumsveranstaltung, welche uns stets in guter Erinnerung bleiben möge.

Es geschehe also!

Hamburg, den 3. Mai 2014

     Jürgen Lüken
Meister vom Stuhl



Geleitworte des Distriktsmeisters Hamburg
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Distriktsmeister Hamburg, Br. Thomas Stuwe
anlässlich des Distrikts-Johannisfestes 2013





Vorwort zur Geschichte der Loge „Zur Erkenntnis“

Viele deutsche Freimaurerlogen haben ihre Wurzeln im 18. Jahrhundert, beispielsweise die Loge „Absalon zu den Drei Nesseln“, gestiftet am 6. Dezember 1737. Geprägt waren diese Logen durch die Ideale der Aufklärung.

Viele deutsche Freimauererlogen sind wiederum im 19. Jahrhundert entstanden, beispielsweise die Loge „Ernst August zum Goldenen Anker“, gestiftet am 14. April 1858. Im Rahmen der fortschreitenden Industrialisierung sowie bedeutender Erfindungen fanden zunehmend Ingenieure, Techniker und Industrielle den Weg in die Freimaurerlogen.

Die deutsche Freimaurerloge „Zur Erkenntnis“, gestiftet am 3. Mai 1914, ist dagegen ein Kind des 20. Jahrhunderts, geprägt durch den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, den Nationalsozialismus, den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit Deutschlands. Geprägt wurde sie aber auch als Mitgliedsloge von sechs deutschen Großlogen. Im Einzelnen:

- 1914 Freimaurerbund zur Aufgehenden Sonne (FZAS) - 1930 Symbolische Großloge von Deutschland (SGLvD) - 1933 Symbolische Großloge von Deutschland im Exil Palästina (SGLvDiE) - 1946 Große Loge von Hamburg - 1949 Vereinigte Großloge der Freimaurer von Deutschland - 1958 Großloge der Alten Freien u. Angenommenen Maurer von Deutschland (GL AFuAMvD) unter dem Dachverband der Vereinigten Großlogen von Deutschland (VGLvD)

Erzählt wird die komplexe Logengeschichte in drei Zeitabschnitten, nämlich von 1914 bis 1924, 1924 bis 1954 sowie von 1954 bis 2014. Ein Schwerpunkt bildet dabei die Stuhlmeisterzeit von Br. Adolf Bünger, der unsere Bauhütte von 1924 bis 1954 durch schwierige Zeiten führte. Auf seine persönlichen Aufzeichnungen wurde zurückgegriffen.

Näher eingegangen wird auch auf die historisch gewachsene Beziehung unserer Loge zu Israel, wobei uns unser Ehrenmitglied, Br. Rob Heiden Heimer, von der Loge „Libanon“ im Orient Haifa (Israel) wertvolles Informationsmaterial zur Verfügung stellte.


Zeitabschnitt 1914 bis 1924

Im Jahre 1907 wurde die unabhängige Großloge des FZAS gegründet, und zwar bewusst ohne Lichteinbringung durch eine andere Großloge. Sie bezeichnete sich selbst als „Reformfreimaurerei“ und arbeitete nach frei gewählten und trotzdem schönen Ritualen in den drei Graden I bis III, und zwar unter Streichung des „A.B.A.W.“ in ihrem Ritual, mit dem Verzicht der Bibel und stattdessen unter Auflegung des „Weißen Offenen Buches“.

Der FZAS hatte ein eigenes Bundesorgan, „Sonnenstrahlen“ genannt, das den Verkehr der Brüder und Logen untereinander vermittelte. Dieser neue Bund wollte ein Bündnis von Freimaurer-Reformlogen für freie Männer von gutem Rufe sein, die die Anerkennung dogmatischer Begriffe ablehnen und der Unduldsamkeit die Gefolgschaft verweigern wollten. Toleranz und Gerechtigkeit sollten gepflegt und geübt werden.

Die erste Loge des FZAS in Hamburg was die Loge „Hansa“, die die Mutterloge der nachfolgenden Hamburger und Harburger FZAS-Logen war. Diese Loge arbeitete in Ermangelung eigener Räume in einem Raum des Wartesaales Erster Klasse im Hamburger Hauptbahnhof.

Der erste Harburger, der Mitglied der Loge „Hansa“ in Hamburg wurde, war Br. Bernhard Heinecke, der am 8. März 1909 das freimaurerische Licht erhielt. In der Folgezeit konnten weitere Harburger Brüder gewonnenen werden. Im Jahre 1911 gab es dann bereits ein Harburger Freimaurerkränzchen mit insgesamt 22 Brüdern, wobei die Zusammenkünfte im Restaurant „Kap Horn“ am Seehafen und später im „Central Hotel“ stattfanden. Die Gründung der Freimaurerloge „Zur Erkenntnis“ im Orient Harburg war beschlossen, wobei als Gründungstag der 3. Mai 1914 festgesetzt worden war. Inzwischen war auch eine ständige Unterkunft im „Weißen Schwan“ am Kanalplatz gefunden worden.

Nach Einsetzung des Beamtenrates der neuen Harburger Freimaurerloge „Zur Erkenntnis“ und Verpflichtung des ersten Stuhlmeisters, Mittelschullehrer Br. Herrmann Müller, fand eine Festarbeit im Ersten Grade statt, wobei drei Brüder aufgenommen wurden. Mit nun 25 Brüdern wurden die Arbeiten weitergeführt. Angenehm, harmonisch und anregend gestalteten sich die Zusammenkünfte. Doch trübten sich die Wolken über Deutschland und der Welt immer mehr. So wurde schließlich mit Beginn des Ersten Weltkrieges am 1. August 1914 das mit Begeisterung aufgebaute Logenwerk empfindlich gestört. Viele Brüder mussten der Einberufung zum Heeresdienst Folge leisten. Nur eine kleine Gruppe von Brüdern konnte das freimaurerische Licht brennend halten. Mit den zur Truppe eingezogenen Brüdern blieben die wenigen zurückgebliebenen Brüder in ständiger Verbindung. Zwei Brüder kehrten nicht zurück. Sie gingen als Opfer des Krieges in den Ewigen Osten ein. Ein weiterer Bruder verstarb während des Krieges.

Naturgemäß war durch den langen Krieg ein Stillstand in der Entwicklung der Loge eingetreten. Im Jahre 1918 wurde nur ein Suchender aufgenommen. Trotz der trüben und verworrenen Nachkriegszeit blieb die vorwärtstreibende Kraft der Loge erhalten. Schon 1919 setzte ein reges Logenleben ein, wobei fünf Suchende in die Bruderkette aufgenommen wurden. Es war zugleich die letzte Einführung, die von dem ersten Stuhlmeister der Loge, Br. Herrmann Müller, vorgenommen wurde. Mit Ende des Maurerjahres 1919 gab er sein Amt ab. Sein Nachfolger im Stuhlmeisteramt wurde Stadtamtmann Br. Wilhelm Haarstrich. Nach den Logenferien des Jahres 1919 trat er sein Amt an. Bereits zu Beginn seiner Stuhlmeisterzeit erhielten 21 Brüder allein im Jahre 1920 das freimaurerische Licht.

Nach diesem erfreulichen Zuwachs an Mitgliedern machte sich die Enge der gemieteten Räume störend bemerkbar. Der Stuhlmeister, Br. Haarstrich, war vor die vorrangige Aufgabe gestellt, eine Lösung zu finden. Sein Streben nach dem Erwerb eines Eigenheimes wurde im Herbst 1920 zur Wirklichkeit. Mit dem Erwerb des Gesellschaftshauses „Meyers Casino“ in der damaligen Brückenstraße (heute großer Schippsee) war diese Frage gelöst (Abb. 1). Br. Haarstrich, selbst bautechnischer Beamter, entwarf die Pläne für die Umgestaltung des Hauses. Es waren erhebliche Umbauarbeiten zu leisten. So sollten außer Tempel und Beratungszimmer auch Klub- und Gesellschaftsräume erstellt werden.

Nicht ganz drei Monate zwischen Erwerb und Bezug des Eigenheimes waren vergangen, als am 21. November 1920 die erste Festarbeit im neuen Tempel stattfand, wobei gleichzeitig 10 Suchende aufgenommen wurden. Der Mitgliederbestand Ende 1920 betrug 54 Brüder.


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Abbildung 1
Auch die folgenden Jahre brachten einen großen Zustrom von Brüdern. Nach wenigen Abgängen durch Tod und infolge Ausscheidens gab es 1924 bereits einen Bestand von

97 Mitgliedern.

Unter Ernennung zum Ehrenmeister der Loge „Zur Erkenntnis“ gab Br. Haarstrich 1924 sein Stuhlmeisteramt ab. Eine starke Bruderkette hinterließ er seinem Nachfolger.

Als Nachfolger im Amt des Stuhlmeisters der Loge wurde der bisherige Schriftführer,

Br. Adolf Bünger, gewählt, der bis 1954 Stuhlmeister unserer Bauhütte blieb.


Zeitabschnitt 1924 bis 1954
Bevor nun näher auf die große freimaurerische Leistung von Br. Adolf Bünger eingegangen wird, ist es zum besseren Verständnis erforderlich, dass nun etwas näher die Situation der deutschen Freimaurerei während der Weimarer Republik bis zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 geschildert wird.

Von einer einheitlichen deutschen Freimaurerei konnte in den Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts keine Rede sein. Etwas mehr als 80.000 Freimaurer waren in einer der zahlreichen Großlogen organisiert.

Etwa 70 % der deutschen Freimaurer waren Mitglieder einer der drei altpreußischen Großlogen, wobei ein Bekenntnis zu christlichem Glauben und deutschem Brauchtum Voraussetzung für die Mitgliedschaft war.

Darüber hinaus gab es noch fünf humanitäre Großlogen, bei denen die Aufnahme von Nichtchristen nicht satzungsgemäß ausgeschlossen war. Etwa 25 % der deutschen Freimaurer waren dort organisiert.

Eine Minderheit von etwa 3.000 Brüdern waren Mitglieder des pazifistischen und linksliberalen FZAS, dem auch die beiden unbequemen Brüder Carl von Ossietzky und Kurt Tucholsky angehörten. Auch die Loge „Zur Erkenntnis“ war zu diesem Zeitpunkt noch eine Mitgliedsloge des FZAS. Auf den FZAS sowie wenige kleinere großlogenähnliche Gruppierungen entfielen etwa 5 % der deutschen Freimaurer.

Im Jahre 1926 erlebte die deutsche Freimaurerei einen erfreulichen Höhepunkt in ihrer Geschichte, die jedoch die Problematik der fehlenden Einheit verschleierte. Der Freimaurer, Br. Gustav Stresemann, erhielt für sein Engagement für die Völkerverständigung den Friedensnobelpreis. Sein besonderes Anliegen war die Aussöhnung mit dem Erzfeind Frankreich, und zwar in brüderlicher Zusammenarbeit mit der französischen Freimaurerei unter der Federführung von Br. Aristide Briand, der ebenfalls 1926 den Friedensnobelpreis erhielt. Br. Stresemann genoss bei allen deutschen Großlogen hohes Ansehen und hatte deshalb die Bedeutung einer Integrationsfigur. Im Jahre 1929 starb jedoch Br. Stresemann. Mit seinem Tode geriet das heterogene deutsche „Freimaurerschiff“ ohne Kapitän in stürmische See. An Bord waren Großlogenoffiziere, die hinsichtlich des sinkenden Schiffes unterschiedliche Rettungsmaßnahmen anordneten.

Bei der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 arbeiteten die drei altpreußischen Großlogen in der Form von national-christlichen Orden unter gleichzeitiger Eliminierung des Begriffes „Freimaurer“ weiter, wobei nicht wenige Brüder Parteimitglieder der NSDAP waren. Diese Art der Freimaurerei als nationale Kraft stand zunächst unter dem persönlichen Schutz des Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess. Infolge des Verbotes der Freimaurerei im Jahre 1935 endete auch ihre Tätigkeit.

Die fünf humanitären Großlogen, in der auch das deutsche Judentum vertreten war, stellten 1933 ihre Logentätigkeiten ein oder wurden zur Auflösung gezwungen.

Wie verhielten sich nun der FZAS und somit auch die Loge „Zur Erkenntnis“? Um hierauf eine Antwort zu finden, ist es erforderlich, in das Jahr 1924 zurückzukehren, als Br. Bünger Stuhlmeister unserer Harburger Bauhütte wurde.

Waren auch die Neuaufnahmen während der Amtszeit von Br. Bünger nicht mehr so zahlreich, so war doch die Innenarbeit, die dem freimaurerischen Getriebe die Richtung geben sollte, umso intensiver.

Neben der freimaurerischen Arbeit wurde auch der gesellschaftliche Teil unter Heranziehung der Schwestern gepflegt.

Im Folgenden wird jedoch auf die wesentliche Aufgabe des FZAS und somit auch der Loge „Zur Erkenntnis“ näher eingegangen.

Der Umstand, dass der FZAS als Reform-Großloge von allen anderen deutschen Großlogen nicht anerkannt wurde, bewirkte auch, dass die ihm angehörenden Logen nicht anerkannt wurden. Regularität und Anerkennung bildeten daher von 1924 an immer ein Verhandlungsthema auf den Großlogentagen. In die Verhandlungen wurde dadurch eine gewisse Unruhe getragen, weil verschiedene Logen und Brüder den Standpunkt der Großloge nicht mehr teilten. Der Drang nach Regularität und Anerkennung machte sich immer stärker bemerkbar.

Der FZAS und seine Logen, die in herzlicher brüderlicher Freundschaft und freimaurerischer Arbeit mit dem Grand Orient de France und der Grande Loge de France trotzdem zusammenhielten, veranstalteten im Zeitraum 1928 bis 1930 drei internationale Freimaurerveranstaltungen in Verdun, Mannheim und Besancon. Die Loge „Zur Erkenntnis“ war auf diesen Veranstaltungen durch ihren Stuhlmeister, Br. Bünger, der zugleich Großschatzmeister des FZAS war, offiziell vertreten. Das Ziel all dieser Auslandsbesuche war die offizielle Anerkennung des FZAS und seiner Logen als „Vollkommende und Gerechte Freimaurerlogen“.

Immer war der Hintergrund die Anerkennung des „A.B.A.W“ durch den FZAS, da damit auch das Auflegen der Bibel anstelle des vom FZAS eingeführten „Weißen Offenen Buches“ verbunden war. Da dieser sich nicht zum Auflegen der Bibel entschließen konnte, wurde die Kluft zwischen den Anhängern des Regularitätsprinzips und denen der gegenteiligen Richtung immer größer.

Anlässlich des Großlogentages in Halle an der Saale 1930 kam nach Jahren unfruchtbaren Streites im FZAS schließlich die Spaltung, wobei 18 Logen ausschieden, darunter die Loge „Zur Erkenntnis“. Hinsichtlich des Ausscheidens dieser Logen muss zum besseren Verständnis folgendes festgehalten werden.

Am Anfang des Jahres 1930 wurde der Alte und Angenommene Schottische Ritus (Hochgradfreimaurerei) in Berlin etabliert und der Oberste Rat von Deutschland (ORvD), die höchste Instanz dieses Ritus, durch den Obersten Rat von Holland und der Schweiz eingesetzt.

Schon vor dem Großlogentag 1930 in Halle an der Saale hatte sich der Altstuhlmeister, Br. Haarstrich, für die Hochgradfreimaurerei eingesetzt und zunehmend gleichgesinnte Brüder gefunden. Jedoch nicht alle Brüder der Loge „Zur Erkenntnis“ teilten die Vorstellungen des Altstuhlmeisters, auch nicht Br. Bünger. Der Stuhlmeister war zwar ein Befürworter der Regularität, allerdings nicht um jeden Preis. Eine ernste Krise drohte der Loge. Die Einigkeit war gestört und die Spaltung der Loge „Zur Erkenntnis“ erschien unvermeidlich. Um diese unfruchtbaren Verhandlungen abzubrechen, die Bruderschaft nicht auseinander zu sprengen und die Ruhe und Einigkeit in der Loge wieder herzustellen, erklärte Br. Bünger, aus dem FZAS auszutreten und die Verhandlungen mit der in Vorbereitung befindlichen SGLvD aufzunehmen.

Im Juli 1930 wurden ununterbrochen Verhandlungen mit den Mitgliedern des ORvD geführt. Schließlich erhielt die Loge „Zur Erkenntnis“ gemeinsam mit sieben anderen Logen vom ORvD das freimaurerische Licht und Patent, und zwar unter der Konstitution der am 26/27. Juli 1930 ins Leben gerufenen SGLvD mit dem Sitz in Hamburg e.V. Großmeister dieser neuen Großloge wurde Br. Leo Müffelmann.

Stuhlmeister der Loge „Zur Erkenntnis“ blieb Br. Bünger, der zudem gemeinsam mit dem Altstuhlmeister, Br. Haarstrich, Mitglied des Großbeamtenrates der SGLvD war (Abb. 2).

Mit Ausnahme des Auflegens der Bibel anstelle des „Weißen Offenen Buches“ und der Aufnahme des „A.B.A.W.“ wurden Veränderungen in der Arbeitsweise bzw. der Rituale nicht vorgenommen.

Nach freimaurerischem Recht waren die Loge „Zur Erkenntnis“ wie auch die anderen Logen der SGLvD vom ORvD als „Vollkommene und Gerechte Freimaurerlogen“ eingesetzt. Die französischen Großlogen und die Großloge von Wien hatten darüber hinaus Freundschaftsgarantien mit der SGLvD ausgetauscht.

Sämtliche deutschen Großlogen erkannten aber den ORvD nicht an und sprachen ihm

– wenn auch ungerechtfertigt – die Berechtigung zum Einsetzen von Freimaurerlogen ab. Sie anerkannten auch die Gründerlogen und die später konstituierten Logen der SGLvD nicht als „Vollkommene und Gerechte Logen“. Das, was Br. Bünger befürchtet hatte, trat ein. Die neuen Logen der SGLvD wurden von den deutschen Großlogen abgelehnt und ihnen Besuchsrecht nicht eingeräumt. Das war aber das Ziel, das die Suchenden nach Regularität zur deutschen und in der Weltbruderkette erstrebt hatten. Der Anerkennungskampf ging also weiter. Die Regularität war von der Schweiz, Frankreich, Wien und Holland bestätigt worden. Die deutschen Großlogen verneinten sie.


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Abbildung 2