Traktat: Postfaktisch und Mystik

Aus Freimaurer-Wiki
Version vom 11. Januar 2017, 15:52 Uhr von Urbantactics (Diskussion | Beiträge) (Kategorisiert, Sortiervermerk)

Header800.jpg

Postfaktisch und Mystik

Traktat von Mark Karl Riemann


Das Unwort des Jahres 2016 lautet „Volksvertreter“ und für das Wort des Jahres hat die Jury sich für „postfaktisch“ entschieden.

Die Begründung der Jury für das Wort des Jahres lautet unter anderem:

„In politischen und gesellschaftlichen Diskussionen gehe es zunehmend um Emotionen anstelle von Fakten, hieß es in der Begründung der Philologen. Immer größere Bevölkerungsschichten seien aus Widerwillen gegen "die da oben" bereit, Tatsachen zu ignorieren und sogar offensichtliche Lügen zu akzeptieren. Insofern stehe das Wort für einen tief greifenden politischen Wandel.“

Doch wie gehen wir Freimaurer mit Fakten um, wie nähern uns diesen?

Also ebenso schwer greifbar greifbar wie „postfaktisch“ ist unseren Arbeiten die Mystik.

Mit dem Begriff können wir oft nicht direkt etwas anfangen, adaptieren diesen auch nicht direkt für uns. Weisen diesen sogar vielleicht vehement zurück. Möchten nicht als Spinner oder ähnliches gelten.

Und doch liebe Brüder wir sind Mystiker, denn unsere freimaurerischen Arbeiten und insbesondere in den Arbeiten unseres Ordens ist die Mystik tief verankert. Bruder Hieber schreibt hierzu u.a.: „Mystik ist die schweigende Versenkung in die innersten Vorgänge unserer Seele, die uns in das Gebiet des Überirdischen führt. Sie schenkt uns Licht und Freudigkeit und vermag uns eine unbegreifliche Kraft zu geben.“

Und das Freimaurer-Lexikon von Lennhoff & Posner definiert Mystik wie folgt: „Mystik ist die Erfassung des Übersinnlichen und Transzendenten, das zur inneren Offenbarung und Erleuchtung bzw. zur unmittelbaren Vereinigung mit der unio mystica führen kann.“

Wir Brüder haben also die Möglichkeit uns in unseren Logenarbeiten mystisch beseelen zu lassen. Wir müssen die offenen Fakten in der profanen Welt nicht für ein eigenes krudes Weltbild umdeuten, um aus bestehenden fliehen zu können. Wir haben eine besondere Möglichkeit uns diesem gefährlichen unterschwelligen gesellschaftlichen Trend entgegenzutreten. Wir müssen keine Parallel-Welten nach eigenem Gusto entwerfen, sondern wir können Kraft und Orientierung aus unseren Logenarbeiten schöpfen, indem wir der mystischen Wirkung Raum geben und uns auf diese einlassen. Unser eigen erlebtes Wechselspiel zwischen idealer Logenarbeit und profanem Leben gibt uns ein perfektes Ying/Yang an die Hand mit dem wir uns selbst immer wieder neuausrichten und justieren können.

Diese Besonderheit beschreibt Prof. Fritjof Capra in seinem Bucht „Tao der Physik“, wie folgt:

  • „Wissenschaft und Mystik sind zwei Manifestationen des menschlichen Geistes mit rationalen und intuitiven Fähigkeiten. Beide sind notwendig und ergänzen sich, wenn man die tiefen Zusammenhängeunserer Welt begreifen will.“
  • Albert Einstein sagte zur Mystik: „Das tiefste Erkennen ist das mystische Erkennen!“
  • Autor Robert Musil fasst es wie folgt zusammen: Man glaubt, dass die Mystik ein Geheimnis sei, durch das wir in eine andere Welt eintreten; sie ist aber nur, oder sogar, das Geheimnis in unserer Welt anders zu leben.
  • Und Johann Wolfgang von Goethe sagt: „Mystik deutet auf die Geheimnisse der Natur und Vernunft und sucht sie durch Wort und Bild zu lösen.“

Doch was können wir konkret tun, um diesen Empfehlungen nachzugehen und die Botschaften und Kräfte der Mystik in uns zu entwickeln. Bruder Günter Klinge empfiehlt hierzu: „Was wir Gott nennen ist rational nicht begreifbar. Es ist das Ziel aller mystischen Wege, auf einer tieferen Ebene zu erfahren, was vom Verstand nicht begriffen werden kann. Auf der mystischen Ebene geht es darum, alle Egokräfte ruhig zu stellen und die Ich-Aktivität zurückzunehmen. Das Ich soll schweigen, damit DAS auftauchen kann, was die Mystik unser wahres Wesen nennt.

Lassen wir uns also nicht vom postfaktischen Zeitgeist verführen, beseelen wir uns über die Mystik, die in unseren Ritualen tief verankert ist.