Senatsempfang 300 Jahre Freimaurer
Inhaltsverzeichnis
Senatsempfang 300 Jahre Freimaurer
Quelle: Reden des ersten Bürgermeisters auf Hamburg.de
8. Mai 2017 – Senatsempfang 300 Jahre Freimaurer
Grußwort des Ersten Bürgermeisters, Olaf Scholz
Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident,
sehr geehrter Herr Professor Roth-Kleyer,
sehr geehrter Herr Stuwe,
sehr geehrter Erster Vizepräsident der Hamburgischen Bürgerschaft,
sehr geehrte Frau Doyenne,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
1717 war ein in vielerlei Hinsicht aufregendes Jahr: Im Großen Nordischen Krieg um die Vorherrschaft im Ostseeraum zeichneten sich die Niederlage Schwedens und der Aufstieg Russlands ab. In England wurde die Pockenimpfung eingeführt und in Preußen die Allgemeine Schulpflicht. An der deutschen Nordseeküste forderte die Weihnachtsflut etwa 11.000 Menschenleben. Am 16. Mai 1717 wurde der 23-jährige Voltaire in der Bastille inhaftiert, weil er ein Spottgedicht auf den französischen Regenten Philippe von Orléans verfasst hatte. 11 Monate wegen Majestätsbeleidigung für den späteren Wortführer der Aufklärung und das Mitglied der Pariser Freimaurerloge Les Neuf Sœurs.
Das Jahr 1717 bewegte sich hin und her zwischen Altem und Neuem: Kant und der spätere Hamburger Freimaurer Lessing waren noch nicht geboren, aber in den europäischen Geisteszentren, allen voran Paris und London, kündigte sich das Zeitalter der Aufklärung längst an. Im Vereinten Königreich war der Kampf gegen den Absolutismus bereits ausgefochten und eine Parlamentarische Monarchie installiert, in Frankreich geriet das Ancien Régime zunehmend in Erklärungsnot. Die Zeit war reif für Veränderungen.
In diese Phase des Übergangs fiel die Gründung der Londoner Großloge am 24. Juni 1717. Sie war ein Signal des Aufbruchs und der bürgerlichen Emanzipation. Hamburg, das schon damals auf eine lange Tradition der Weltoffenheit und Toleranz zurückblicken konnte, war besonders empfänglich für die Ideale der Aufklärung und wie prädestiniert für die Freimaurerei, die diese Ideale aufgriff. Und so überrascht es nicht, dass die erste deutsche Loge 1737 in Hamburg entstand. Sie trug zunächst den französischen Namen „Loge d´Hambourg“ und wurde später in „Absalom zu den drei Nesseln“ umbenannt.
Meine Damen und Herren,
300 Jahre Freimaurerei – das ist ein stolzer Geburtstag. Er verweist auf 300 Jahre des Ringens um Vernunft, Freiheit, Toleranz und Humanität in Europa und erinnert daran, dass die Errungenschaften unserer liberalen, demokratischen und offenen Gesellschaft immer wieder verteidigt werden müssen.
Es passt gut, dass das Jubiläum der Freimaurer in die „Europa-Woche“ des Hamburger Senats fällt. Europa ist der Kontinent der Aufklärung. In dem europäischen Friedens- und Demokratieprojekt haben die Werte der Aufklärung ihre politische Entsprechung gefunden. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz – diese Werte halten Europa auch heute in seinem Innersten zusammen.
Toleranz und Brüderlichkeit vorzuleben und in die Öffentlichkeit zu tragen, das ist eine ganz wichtige Aufgabe der Freimaurer. Deren Relevanz für die Zukunft wird entscheidend davon abhängen, ob es ihnen gelingt, im öffentlichen Diskurs hörbar und überzeugend für die freimaurerischen Grundideale einzutreten. Weltanschaulich unabhängig, aber parteilich für Toleranz und Menschlichkeit, das ist kein Widerspruch, sondern gehört zusammen.
Wir haben in den vergangenen Monaten erfahren müssen, dass Freiheit und Toleranz auch bei uns keinesfalls für alle Zeiten garantiert sind. Mit Großbritannien wird ein Mutterland der Demokratie die Europäische Union verlassen. Autokraten und Populisten versuchen, das vereinte Europa und die westliche Nachkriegsordnung infrage zu stellen. Das fordert die demokratischen und liberalen Kräfte heraus. Es ist ein ermutigendes Zeichen, dass die Populisten in Frankreich nun – nach Österreich und den Niederlanden – zum dritten Mal in Europa mit dem Versuch gescheitert sind, ein hohes Staatsamt zu erringen. Die Hoffnung, dass es der Europäischen Union jetzt gelingen wird, ihre Aufgaben zu überdenken und neu zu justieren, ist berechtigt. Die Wahlen in Frankreich sind ein gutes Signal für alle, die sich ein starkes und liberales Europa wünschen.
Meine Damen und Herren,
die Geschichte Hamburgs ist eng mit den Freimaurern verknüpft. Die Liste berühmter Hamburger Logenbrüder ist entsprechend lang: Neben Lessing stehen darauf zum Beispiel der Dichter Friedrich Klopstock und der Philosoph Johann Gottlieb Fichte, der Buchhändler Johann Bode und der Theatermann Friedrich Ludwig Schröder, Carl Hagenbeck und Axel Springer und die Bürgermeister Amandus Augustus Abendroth, Heinrich Kellinghusen und Georg Heinrich Sieveking. Wenn Sie nachher das Rathaus verlassen, das ebenfalls von einem Freimaurer erbaut wurde, können Sie unter den 56 Hamburger Persönlichkeiten, die an den Säulen porträtiert sind, 13 Freimaurer entdecken, unter ihnen Gabriel Riesser, der erste jüdische Richter in Deutschland.
Auch an Carl von Ossietzky, den in Hamburg geborenen Friedensnobelpreisträger und Herausgeber der „Weltbühne“, der im KZ zu Tode geschunden wurde, denken wir an diesem 8. Mai. Der 72. Jahrestag der Befreiung Deutschlands von der nationalsozialistischen Herrschaft erinnert uns daran, wie schwer es auch vielen Freimaurern zunächst fiel, sich eindeutig von den Nationalsozialisten zu distanzieren.
„Freimaurerei ist nichts Willkürliches, nichts Entbehrliches, sondern etwas Notwendiges, das im Wesen der Menschen und in der bürgerlichen Gesellschaft gegründet ist“, ließ Lessing seinen Falk in den „Gesprächen für Freimaurer“ sagen. Und dieser Satz gilt immer noch. Wir brauchen die Freimaurer als gesellschaftliche Stimme für Toleranz und Menschlichkeit und für ein Europa, in dem diese Werte gelebt werden. Wir brauchen sie als gesellschaftliches Angebot, wo das „laute Denken unter Freunden“, wie Lessing es nannte, eingeübt und praktiziert werden kann – unter Frauen nicht weniger als unter Männern, unter denen, die hier geboren wurden, genauso wie unter denen, die aus aller Welt hinzugezogen sind.
Ich wünsche allen Freimaurern und Freimaurerinnen, dass sie einen guten Weg zwischen Diskretion und Öffentlichkeit finden und dass sie den Mut haben, sich weiterzuentwickeln.
Meinen Glückwunsch zum 300. Geburtstag der Freimaurerei.
Vielen Dank.
8. Mai 2017 18:00 Uhr
Kurzbericht
Quelle: Großloge AF&AM https://www.afuamvd.de/senatsempfang-fuer-freimaurer-in-hamburg/
Anlässlich des 300. Jahrestages der Gründung der weltweit ersten Großloge lud Olaf Scholz, Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg und Erster Bürgermeister zu einem Empfang in das Hamburger Rathaus. Festredner war Prof. Dr. Norbert Lammert, Präsident des Deutschen Bundestages.
Mehr als vierhundert geladene Gäste, Freimaurer, Politiker, Ehrenbürger der Stadt Hamburg kamen im Großen Festsaal des Hamburger Rathauses zusammen, um sich an dreihundert Jahre moderner Freimaurerei und die Gründung der ersten Großloge in London im Jahre 1717 zu erinnern. Hamburg scheint der passende Ort für eine solche Veranstaltung zu sein, denn immerhin wurde hier im Jahre 1737 die erste bis heute bestehende deutsche Loge gegründet. Und so wies der Hausherr in seinen Begrüßungsworten auf die lange Tradition der Weltoffenheit und Toleranz hin, die die Hamburger für die Ideale der Aufklärung empfänglich gemacht habe. „300 Jahre Freimaurerei – das ist eine stolzer Geburtstag“, sagte Scholz. „Er verweist auf 300 Jahre des Ringens um Vernunft, Freiheit, Toleranz und Humanität in Europa und erinnert daran, dass die Errungenschaften unserer liberalen, demokratischen und offenen Gesellschaft immer wieder verteidigt werden müssen.“
Toleranz und Brüderlichkeit vorzuleben und in die Öffentlichkeit zu tragen, das ist eine ganz wichtige Aufgabe der Freimaurer. Olaf Scholz
Hamburgs Erster Bürgermeister verwies auf die enge Verknüpfung der Hamburger Stadgeschichte und Hamburger Logenbrüder. Er erinnerte an Gotthold Ephraim Lessing, den Dichter Friedrich Klopstock, den Philosophen Johann Gottlieb Fichte, den Buchhändler Johann Bode, den Theatermann Friedrich Ludwig Schröder sowie an den Zoologen Carl Hagenbeck, den Verleger Axel Springer und die Bürgermeister Amandus Augustus Abendroth, Heinrich Kellinghusen und Georg Heinrich Sieveking. „Wenn Sie nachher das Rathaus verlassen, das ebenfalls von einem Freimaurer erbaut wurde, können Sie unter den 58 Hamburger Persönlichkeiten, die an den Säulen portraitiert sind, 13 Freimaurer entdecken, unter ihnen Gabriel Risser, der erste jüdische Richter in Deutschland.“
Der Hamburger Distriktmeister der Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland bedankte sich in seiner Einführungsrede, dass man in einem solchen prächtigen Rathaus feiern darf und bezeichnete dies als einen Meilenstein, erfolgte doch die Gründung der an diesem Tag gefeierten Großloge recht unprätentiös in einer Londoner Kneipe. Er wies darauf hin, dass das von einem Freimaurer miterbaute Rathaus eines sei, bei dem der Bürger keine Stufen emporsteigen müsse und bezog sich damit auf einen der Grundsätze der Freimaurerei, sich als Menschen auf gleicher Ebene zu begegnen.
Der Gastredner Prof. Dr. Norbert Lammert leitete seinen Vortrag mit einem Satz von Kurt Tucholsky ein, „einem bekennenden Freimaurer“, so Lammert: „Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein.“ Er brachte diesen Satz in Verbindung mit der Rolle der frühen Freimaurer, die sich nach seinen Worten außerhalb der Zünfte befanden und damit nicht eingebettet waren in das bestehende System. Doch eben dieser dort entwickelte und gepflegte Freiheitsgedanke habe sich zu einem Anziehungspunkt entwickelt.
Der Redner betonte, wie passend der 8. Mai als Datum sei, um auch der Gründung der Freimaurerei in einer Feierstunde zu gedenken: Am 8. Mai 1945 wurden die Kampfhandlungen des Zweiten Weltkrieges eingestellt, er wird als Tag der Befreiung gefeiert, und am 8. Mai 1949 wurde das Grundgesetz beschlossen, und fügte lächelnd hinzu: „gegen die Stimmen der der KPD und der CSU“.
Prinzipien lassen sich leichter loben als leben.
Prof. Dr. Norbert Lammert
„Freimaurer“, lobte Lammert, „fühlen sich über alle Unterschiede hinweg den gleichen Zielen verbunden.“ Er verschwieg aber nicht die Verirrungen in der Nazizeit, als große Teile der bürgerlichen Freimaurerei versuchten, sich mit den Nationalsozialisten zu arrangieren. Verirrungen, wie er es nannte, die aber nicht halfen und nicht schützten.
In seiner Rede beschäftigte er sich intensiv mit den Prinzipien der Freimaurerei. Wie viel Freiheit braucht ein Mensch und wie viel Freihet verträgt er, fragte er herausfordernd. Wie lasse sich der Anspruch auf Freiheit mit dem gleichzeitigen Anspruch auf Gleichheit vereinbaren? Muss man auch Intoleranz tolerieren? Überhaupt nahm Toleranz einen breiten Raum seiner Ausführungen ein. Er sprach von ihr als dem großen Bruder der Freiheit. „Wer wirklich individuelle Freiheit will, muss zur Toleranz bereit sein oder er muss auf Freiheit verzichten.“ Toleranz sei mehr als die Duldung des Anderen, sondern dessen Akzeptanz.
Freiheit, Gleichheit, Chancengleichheit, Teilhabe und Gerechtigkeit waren weitere Themen, und er wies darauf hin, dass es bei allem ein Mindestmaß an Verbindlichkeiten brauche, ohne die eine Gesellschaft ihre Unterschiede nicht aushalten könne. „Je unangefochtener die Errungenschaften zu sein scheinen, umso weniger gern erinnert man sich an die Mühen, mit denen sie errungen wurden.“
Am Schluss beglückwünschte er die Freimaurer „zu diesem Jubiläum mit dem ausdrücklichen Wunsch, dass in den nächsten 300 Jahren diese Prinzipien von Freiheit und Gleichheit und Brüderlichkeit und Toleranz als Voraussetzung einer humanen Gesellschaft sich unangefochtener durchsetzen als das über die letzten 300 Jahre zu beobachten war.“
Der Großmeister der Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland, Prof. Dr. Stephan Roth-Kleyer, bedankte sich beim Senat für die Möglichkeit, den Festredner „in dieser glanzvollen Atmosphäre zu empfangen“. Er bedankte sich überdies bei seinen Vorrednern für die motivierenden und zielgerichteten Perspektiven, die erkennen ließen, dass die Freimaurer auf dem richtigen Weg seien.
Künftig werden wir weiter daran arbeiten, uns von den Märchen und Mythen, die uns leider noch immer nachhängen, aktiv zu lösen. Das wird uns helfen, unsere Bedeutung offensichtlicher zu machen. Wir werden über unsere in der Aufklärung und dem Humanismus verankerten Traditionen und Ziele verstärkt informieren. Prof. Dr. Stephan Roth-Kleyer
Ferner bedankte sich der Großmeister für das große Engagement des Distriktes Hamburg und allen Freimaurern und Sympathisanten in und um Hamburg, die das Gelingen des Empfanges möglich gemacht haben, auch den zahlreichen Sponsoren.
Zum Schluss der Veranstaltung erinnerte er an die Caritas, die den Freimaurern neben allen anderen Zielen ebenfalls wichtig seien und überreichte einen Spendenscheck der Großloge über 10.000 € an die Friedrich Ludwig Schröder Kinderstiftung, die Kindern in alleinerziehenden bedürfigen Familien hilft, die in der Region Hamburg leben.
Rede Distriktmeister Thomas Stuwe
„Die Ehrfurcht vor der Vergangenheit und die Verantwortung gegenüber der Zukunft geben fürs Leben die richtige Haltung.“
Mit diesen Worten Dietrich Bonhoeffers darf ich Sie als Distriktsmeister – Landesvorsitzender -, herzlich zur Jubiläumsverfeier begrüßen.
Ich freue mich, dass wir gemeinsam der 300sten Wiederkehr der Gründung der weltweit ersten Großloge der Freimaurer vom 24. Juni 1717 und geschehen zu London und Westminster erinnern können.
Sehr verehrter Herr Bundestagspräsident, sehr geehrter HerrBürgerschaftspräsident, sehr geehrter Herr Bürgermeister,
ich begrüße Sie sehr herzlich. Wir wissen um die Ehre Ihrer Teilnahmen!
Besonders gilt mein Dank unserem Ehrengast und Festredner, unserem Bundestagspräsidenten, Herr Prof. Dr. Norbert Lammert.
Sehr geschätzter Herr Prof. Lammert danke, das Sie unsere Einladung angenommen haben und zu uns sprechen.
Ihren freundlichen Jubiläums-Besuch versuchen wir hinsichtlich unseres Stellenwertes in der Gesellschaft behutsam und ohne anmaßende Übertreibung, aber mit verständlicher Freude einzuordnen.
Unserem Ersten Bürgermeister danke ich, dass wir uns in diesem prächtigen Rathaus feierlich erinnern dürfen.
Wir wissen - das ist keine Selbstverständlichkeit. Aber für uns gewiss ein Meilenstein. Erfolgte doch die Großlogengründung selbst in einer Londoner ”Kneipe”.
Und wir dürfen in einem Rathaus sein, welches der Architekt und Freimaurer Martin Haller mitgestaltet hat. Zugleich ein Rathaus welches der Bürger betreten kann, ohne dass er Stufen empor steigen muß.
In unserem Ritual heißt es, wir begegnen uns auf der Winkelwaage - auf gleicher Ebene. Ich musste an die Symbolkraft dieses Baues denken, als wir vorhin hier hinein gingen.
Sehr herzlich und ausdrücklich begrüße ich unsere nicht-freimaurerischen Gäste. Vielen Dank, das Sie sich für uns Zeit genommen haben. Und selbstverständlich gilt mein Gruß alle FreimaurerINNEN und Freimaurern. Darunter die Würdenträger unseres Bundes, die ich heute nicht namentlich begrüßen kann.
All das darf ich stellvertretend, als Vorsitzender des Distriktes Hamburg der Großloge, also des Dachverbandes, ( sogar fünf an der Zahl gibt es derer) der „Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland“ ausüben.
Ich bin mir sicher, Ihnen unabhängig von der gastgebenden Rolle des Distriktes im Namen aller Freimaurerinnen und Freimaurer einen gemeinschaftlichen Willlkommensgruss aussprechen zu dürfen.
Aus welchem Grund feiern wir in Hamburg eine 300 Jahre zurück liegende Großlogengründung, die noch dazu in England erfolgte?
Unsere Großloge hat die Würdigung dieses Jubiläums getreu dem Leitgedanken „Einheit in der Vielfalt“ dankenswerter Weise den einzelnen Logen und Distrikten anvertraut. Gern haben wir in Hamburg diese Chance ergriffen.
Und es ist auch sehr angemessen in unser Stadt zu feiern. Wenige Jahre nach London wurde hier bereits 1737 die erste und damit älteste Loge Deutschlands gegründet. Hier steht die Wiege der deutschen Maurerei !
Brüder dieser immer noch arbeitenden Loge sind heute unter uns. Sie haben heute Mittag unserer Hauptkirche, dem Wahrzeichen, dem Michel einen wunderbaren Brunnen gespendet.
Soweit der historische Hintergrund.
Inhaltlich feiern wir, weil
"Freimaurerei nichts Willkürliches ist, nichts Entbehrliches, sondern etwas Notwendiges, das im Wesen des Menschen und der bürgerlichen Gesellschaft begründet ist."
So hat es der Dichter und Freimaurer Gotthold Ephraim Lessing ausgedrückt.
Für das Online-Lexikon der „Stiftung Historische Museen Hamburg“ und die „Gesellschaft Harmonie von 1789“ ist Lessing der „Hamburger des Monats“ Mai 2017.
Dank gilt Herrn Martin Sillem und Br. Christian Polscher, dass Lessing in diesem Monat somit ideeller Schutzpatron der Feierstunde geworden ist.
Christian Polscher zusätzlich für seine „freimaurerischen Spaziergänge“ die wir Ihnen zur Erinnerung an diese Feierstunde überreichen möchten.
Freimaurerei ist trotz all unserer Bemühungen um Information und Aufklärung für viele immer noch eine große Unbekannte. Freimaurerische Werte treten in den Hintergrund. Dafür tragen zu einem großen Teil wir Freimaurer selbst die Verantwortung, denn zu lange haben wir über uns und unseren Bund geschwiegen. Heute treten Freimaurer an die Öffentlichkeit, informieren und suchen das Gespräch.
In der Verfassung der Freimaurer, den sogenannten „Alten Pflichten“ aus dem Jahre 1723 – sie bilden gleichsam das Grundgesetz der regulären Freimaurerei und sind übrigens seit dem unverändert gültig - heißt es:
„Der Maurer ist ein friedliebender Bürger des Staates, wo er auch wohne oder arbeite. Er darf sich nie in einen Aufstand oder eine Verschwörung gegen den Frieden oder das Wohl seiner Nation verwickeln lassen und sich auch nicht pflichtwidrig gegenüber nachgeordneten Behörden verhalten….“
Wir Freimaurer bekennen uns zur Demokratie und zur offenen Gesetzgebung.
Versucht man die Alten Pflichten vor dem Hintergrund der Zeit zu verstehen, ergeben sich bis heute gültige, erstaunlich liberale und tolerante Grundregeln, die insbesondere in der humanitären Freimaurerei den besonderen Geist ausmachen.
So heißt es unter der Überschrift: ”Von Gott und der Religion”:
„Der Maurer ist als Maurer verpflichtet, dem Sittengesetz zu gehorchen; und wenn er die Kunst recht versteht, wird er weder ein engstirniger Gottesleugner, noch ein bindungsloser Freigeist sein.
In alten Zeiten waren die Maurer in jedem Land zwar verpflichtet, der Religion anzugehören, die in ihrem Lande oder Volke galt, heute (1723 niedergeschrieben!) jedoch hält man es für ratsamer, sie nur zu der Religion zu verpflichten, in der alle Menschen übereinstimmen, und jedem seine besonderen Überzeugungen selbst zu belassen.
Das paßt heute noch und ist vielleicht sogar wieder einmal notwendiger als einst.
Und damit Sie noch ein wenig mehr vom freimaurerischen Selbstverständnis kennenlernen, etwas aus der Aufnahme in die Weltbruderkette:
„Ich gelobe bei meiner Ehre und meinem Gewissen: mich der Humanität aus vollem Herzen und mit ganzer Kraft zu widmen; demgemäß meine Pflichten gegenüber meiner Familie, meiner Gemeinde, meinem Land und der Gemeinschaft aller Menschen gewissenhaft zu erfüllen.”
Wir dürfen immerhin nicht ganz unbescheiden feststellen, dass einige definierte Ziele der Freimaurer, zum Beispiel Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, zumindest teilweise in Erfüllung gegangen sind.
Herr Professor Lammert Sie sprechen heute während der Europawoche des Senates der Stadt zu uns, an der sich die Distriktsloge seit nunmehr 17 Jahren aktiv beteiligt.
Wir tragen damit unserem Gelöbnis-Gedanken der Kommune , dem Staat und der Einheit aller Menschen zu dienen, freimaurerisch Rechnung.
Herr Bundestagspräsident, Sie wissen, das viele Mitbürger Ihre Weitsicht, Wortwahl und Handlungsweisen sehr schätzen. Und das über die Parteigrenzen hinweg.
Viele Sie gern in einer protokollarisch noch exponierteren Verantwortung für unseren Staat gesehen hätten.
Die einstige Vize-Präsidentin des Bundestages, Antje Vollmer, sagte beim Staatsakt für unseren großen Bundespräsidenten Richard Freiherr von Weizsäcker:
„Er war ein Politiker anderer Art. Er war nicht allzeit auf Sendung, er war auf Empfang.“
Und das schloß und schließt erkennbar nicht aus, das Persönlichkeiten Bedeutendes auszusprechen haben.
Herr Bundestagspräsident: Sie haben das Wort. Wir freuen uns auf Ihre Ausführungen. W I R sind jetzt für Sie auf Empfang.
Dank und Verabschiedung
Distriktmeister Br Thomas Stuwe
Verehrter Herr Bundestagspräsident, den großen Applaus – welcher Zustimmung und Freude dokumentierte – unterstreichend danke ich Ihnen stellvertretend zum Schluß für Ihre Ausführungen.
Stefan Aust sprach zur „Funktionsweise des Internets von einer Echokammer. Man bewege sich dort vor allem in Räumen, in denen die eigenen Ansichten bestätigt werden.“
Sie, Herr Prof. Lammert, haben uns einen realen, leibhaftigen und vor allem einen glänzenden Gegenentwurf geboten!
Wie so oft bei Ihrer Amtsführung haben Sie auch heute treffende Worte gefunden, Haltung gezeigt und uns Orientierung gegeben. Vielen Dank!
Und Sie haben uns auch aufgezeigt, dass sich Tiefgang und Ernsthaftigkeit, Geistreiches und Nachdenklichkeit sehr wohl mit einer Prise Humor und Ironie verbinden lassen.
Mein bescheidener Rat: Da sollte sich die Maurerei bei Ihnen ab und an eine Scheibe abschneiden. Herr Prof. Lammert, ich mußte bei einigen Passagen Ihrer Rede auch an den Bertinipreis für Zivilcourage denken. Ein Preis den auch Logen begleiten. Die Losung lautet: „Hinschauen, wenn andere wegsehen. Sich einmischen, wenn andere schweigen. Erinnern, wenn andere vergessen. Eingreifen, wenn andere sich wegdrehen. Unbequem sein, wenn andere sich anpassen.“
„Es wäre anmaßend Sie als „Verbündeten“ anzusprechen, Herr Prof. Lammert.
Aber, lassen Sie mich sagen, dass wir uns Ihnen von Herzen im freimaurerischen Geiste verbunden fühlen.“
Dass wir so einen renommierten Staatsdiener und derart vorzüglichen Festredner begrüßen konnten, wäre ohne die Idee von Br. Günter Lorenzen, dem Einsatz unseres stellvertretenden Großmeisters Peter Doderer und von Herrn Dietrich Wersich nicht möglich gewesen. Ihnen gilt mein besonderer Dank.
Dank gilt auch meiner Großloge für ihre vielfältige Unterstützung.
„Beiträge zur Kultur und freimaurerische Geisteshaltung“ lautet der Untertitel einer unser Schriften. Beides haben wir heute erlebt.
Als Kind haben Sie, geschätzter Herr Prof. Lammert, Orgel gespielt, wie ich las. Das machen wir dann für Sie bei Ihrem nächsten Besuch bei uns.
Die größte – in Privatbesitz – befindliche Orgel Deutschlands befindet sich ja in einem Hamburger Logenhaus.
Heute gilt mein Dank zum kulturellen Part Br. Jean Panajotoff der hier Residenz gehalten und uns mit fabelhafter Musik, teilweise eigenen Kompositionen, erfreut hat.
Jedem Gast danke ich herzlich für sein Kommen um die Geburtsstunde der Freimaurerei mit uns zu feiern. Wir wissen es zu schätzen, dass Sie Ihre kostbare Zeit mit uns geteilt haben.
Rituelle Logenabende beendet der gewählte Vorsitzende, der Meister vom Stuhl, mit einem Appell an die Mitglieder:
„Geht nun zurück in die Welt, meine Brüder, und bewährt euch als Freimaurer. Wehret dem Unrecht, wo es sich zeigt, kehrt niemals der Not und dem Elend den Rücken, seid achtsam auf euch selbst.“ (ja, auch das!)
Vielleicht ist dass ein Aufruf mit dem sich auch Nicht-Freimaurer zum Wohle der Gesellschaft anfreunden können.
In den ”Alten Pflichten” steht für die Zeit nach geschlossener Loge: „Ihr könnt noch in harmloser Fröhlichkeit zusammenbleiben…,”
Ich wünsche uns dementsprechend einen Empfang mit guten Gesprächen.
Vielleicht auch im Sinne unseres heutigen Schutzpatrons Lessing „laut Denken mit dem Freunde“ - und Ihnen später einen sicheren Heimweg.
Die Feierstunde ist beendet. Ich danke Ihnen.
Medien
Großartiges Intro. Am Flügel: Jean Panajotoff
Ansprache Distriktsmeister Thomas Stuwe: