Friedrich Hasselbacher: Feldlogen im ersten Weltkrieg - Teil 5

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Siehe auch:

Gefangenenlogen

Aufarbeitung von Roland Müller

Quelle: Friedrich Hasselbacher: Volksverrat der Feldlogen im Weltkriege. 1941, 26-28 (= 7. erweiterte und völlig neubearbeitete Auflage von: Hoch- und Landesverrat der Feldlogen im Weltkriege. 1935)


Eine besondere Gruppe von Militärlogen stellen die sogenannten Gefangenenlogen dar. Die erste von ihnen, die sich nachweisen läßt, bildete sich - laut IFL. -

1756 unter den während des 7jährigen Krieges in England gefangen gehaltenen französischen Offizieren, die zuerst in Basingstoke, dann in Petersfield (1758) und schließlich (1759) in Leeds arbeitete. Hier verkehrten ihre Mitglieder auch als besuchende Brr. in der ortsansässigen Loge „The Talbot" (die aber heute nicht mehr in den Logenverzeichnissen zu finden ist). Mit Kriegsende wurde diese Loge 1763 aufgelöst.

1758 finden wir eine Loge kriegsgefangener französischer Offiziere, die in Magdeburg arbeitete und der Großen National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln" unterstand. Sie hieß „La Félicité". Ihr offizielles Stiftungsdatum ist der 23. Februar 1761. Aus dieser Loge ist dann die bis 1935 im Verbande der Großen National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln" bestehende Loge „Ferdinand zur Glückseligkeit" hervorgegangen.

Dies ist gewiß bezeichnend und interessant. Noch bedeutsamer aber ist die Tatsache, daß die Mitglieder dieser Gefangenenloge, weil die Großlogen in Deutschland immer das Bestreben hatten, alles, was von ausländischen Logen kam, begierig aufzugreifen, einen solchen Einfluß gewannen, daß sie das gesamte System, nach dem die „drei Weltkugeln" arbeiteten, von oben bis unten umkrempeln konnten. Sie führten Hochgrade ein, und ihre Ansichten über Freimaurerei und ihr Freimaurertum war den „deutschen" Brrn. Offenbarung und wurde kritiklos übernommen. Es wird immer soviel davon gesprochen, die Deutschen äfften alles nach und beteten alles an, was vom Ausland käme, eine Untersuchung der Freimaurerei und ihres Einflusses in Deutschland würde hierfür eine sehr überraschende Lösung bringen. Denn dieses Kopieren alles Fremden wurde auf dem Weg über die Logen den sogenannten gebildeten Ständen zuerst eingeimpft und dann von diesen dem ganzen Volk vorgemacht! Das sei hier in Kürze, aber mit aller Eindeutigkeit, klargestellt.

Der Vollständigkeit halber sei bezüglich dieser Gefangenenloge noch das hier angeführt, was das „Handbuch", 3. Aufl., Bd. 2, darüber sagt: „Eine der ersten Spuren solcher ambulanten Logen auf dem europäischen Festland finden wir in den Logen der französischen Kriegsgefangenen im Anfang der zweiten Hälfte des 18. Jahrh., denen Deutschland zum Teil seine Hochgrade zu verdanken hat, z. B. die 1861 in Magdeburg tätige Loge „Parfaite union", ferner die 1768 gestiftete Loge „Minerva" zu Potsdam, die anfangs nur aus Offizieren bestand, die Loge „Zum flammenden Stern" in Berlin 1770 usw."

1762 gestattete auch die Großloge von York die Bildung einer Loge französischer Kriegsgefangener.

1914 bis 1918 gab es im Weltkrieg ebenfalls Gefangenenlogen, und zwar unter den in Holland internierten englischen Soldaten, die in Groningen arbeitende Loge „Gastvryheid" sind eine weitere für englische Austauschgefangene im Haag, die „Willem van Oranje" hieß. Beide unterstanden dem Großorient der Niederlande, wurden bei Beendigung des Krieges nach England verpflanzt, wo sie als ständige Logen weiterexistieren.

1918 wurde auf der Ile Longue bei Brest unter deutschen und anderen Kriegsgefangenen die Feld- und Gefangenenloge „In Ketten zum Licht" gegründet, über die wir im Teil III, Kapitel 6, dieser Untersuchungen noch sehr viel mehr hören werden.



Die Feldlogenfrage auf der Entente-Seite

Quelle: Friedrich Hasselbacher: Volksverrat der Feldlogen im Weltkriege. 1941, 142-145 (= 7. erweiterte und völlig neubearbeitete Auflage von: Hoch- und Landesverrat der Feldlogen im Weltkriege. 1935)

Inhalt
  • Feldlogenverbot
  • Feldlogen im besetzten Gebiet


Feldlogenverbot

Es ist nicht uninteressant, zu erfahren, daß auf seiten der Gegner der Mittelmächte jede feldlogenartige Gruppenbildung verboten war. Im „Internationalen Freimaurerlexikon" (1932) wird berichtet, eine Anzahl Großlogen der Vereinigten Staaten von Nordamerika hätte zwar Feldlogenpatente, also logenamtliche Genehmigungen zur Bildung von Feldlogen ausgestellt, aber „die Franzosen hatten keine Feldlogen, da die Heeresleitung solche nicht zuließ. Die französische Heeresleitung ging in ihrer Abneigung gegen die Freimaurerei so weit, daß sie sogar die Gründung von Soldatenheimen hinter der Front seitens der amerikanischen Großlogen verhinderte."

Jeder Leser wird es außerordentlich bedauern, daß man in Deutschland seitens der militärischen Dienststellen nicht die gleiche strikt ablehnende Haltung hinsichtlich der Freimaurerei im allgemeinen und der Feldlogen im besonderen einnahm!


Feldlogen im besetzten Gebiet

Nach dem Kriege gestatteten dann die Militärbehörden, daß sich unter den Besatzungstruppen im Rheinland Feldlogen bildeten. Welche Erwägungen zu diesem scheinbaren Kurswechsel geführt haben, wird klar, wenn man folgende Tatsachen feststellen muß:


1. Köln

In der „Bauhütte` Nr. 27, LXII. Jahrg., Frankfurt a. M., den 5. Juli 1919, Seite 215, lesen wir: „Cöln a. Rh. Wie aus „The Cologne Post", der zu Cöln jetzt erscheinenden englischen Tageszeitung, hervorgeht, ist in der alten rheinischen Dom-Stadt eine Englische Feldloge begründet worden, in der, wie dem Schriftleiter bekanntgeworden ist, auch deutsche Brüder verkehren können und auch bereits verkehrt haben."


2. Koblenz

Hier entstand unter den amerikanischen Besatzungstruppen, deren Kommandeur selbst Freimaurer war (sehr viele amerikanische Offiziere sind Freimaurer), eine Feldloge, die sich „Lahneck-Loge" nannte. Sie arbeitete im Gebäude der „deutschen" Johannisloge „Friedrich zur Vaterlandsliebe". In dieser Feldloge hielt 1920 der Ehrengroßmeister des Großorients von Belgien, Br. Charles Magnette, einer der fanatischsten Kriegshetzer der Entente-Maurerei, über den hier noch mehr zu sagen sein wird, eine seiner wilden Brandreden gegen Deutschland.

3. Düsseldorf

Über das Logenleben in dieser Stadt während der Besatzungszeit finden wir eine bezeichnende Schilderung in der Freimaurerzeitschrift „Auf der Warte" Nr. 10, VIII. Jahrgang, 1. Oktober 1924, Leipzig, Seite 62, Rubrik „Umschau", unter der Überschrift „Der französische Freimaurer im besetzten Gebiet. (Was nicht bekannt wird)":

„Man erlebe einmal die Stimmung der Logen im besetzten Gebiet (Neustadt, Bergzabern, Pirmasens). Und doch sagen unsere Gegner: den Frmrn. passiert nichts im besetzten Gebiet, ihre französischen Brr. sorgen schon dafür! Wir können nicht alles nachprüfen, inwieweit sie recht haben. Es ereignen sich aber doch Fälle, die festgehalten werden müssen! Wird z. B. in Düsseldorf bei einem Br. ein Degen gefunden. Der franz. Offizier will zur Verhaftung schreiten, der Freimaurer als solcher erklärt seinen Besitz dahingehend, daß er ihn in der Loge benutzt habe. Der Offizier, ebenfalls Freimaurer, erwidert: ,,Das genügt mir, wenn Sie das als Frmr. erklären." So mündlich berichtet von einem Stuhlmeister des besetzten Gebietes."


4. Schlageter

Eine ganz andere Haltung aber nahm der „französische" Freimaurer gegenüber Männern ein, die ihren Degen nicht zu Logenzwecken, sondern zur Verteidigung der deutschen Ehre gebrauchten. Hierfür finden wir geradezu erschütternde Beweise in dem Buch „Der Prozeß und die Erschießung Schlageters", verfaßt von den beiden Gefängnisgeistlichen. Dort berichtet Pfr. Faßbender folgendes: „Heute wundere ich mich nicht, daß der Protest vergeblich war, denn heute weiß ich, daß Caron (der französische Gefängnisleiter in Düsseldorf; Caron, heißt das: C. Aron? F. H.) Freimaurer ist, der einige Zeit nach der Erschießung Schlageters zweimal offen erklärte: „Ich gehöre der Loge an, wenn es nach mir ginge, käme überhaupt kein Geistlicher zu den Gefangenen ..." Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß Gendarmerieleutnant Lortet seine Hand im Spiele hatte. Denn auch er galt unter denen, die ihn näher kannten, als Freimaurer. Ohne Zweifel haben auch die höheren Offiziere, wie General Simon und schließlich auch General Degoutte, ihren Teil schuld, denn sie wußten, was gespielt wurde, griffen aber nicht ein."

Seite 72-73: „Das allerwenigste Verständnis fanden wir natürlich bei Lortet, in dessen Hand die Vorbereitungen zur Exekution lagen. Dieser erklärte mit dem größten Zynismus, daß er - er war Kolonialoffizier - schon 300 Erschießungen mitgemacht habe und einer solchen ruhig beiwohnen könne mit der Zigarette im Mund. Auf seine Frage, wieviel Zeit ich für die Vorbereitung des Verurteilten wünsche, erklärte ich: 11/2 Stunden, da es üblich sei, dem Abgeurteilten Gelegenheit zu einer Lebensbeichte zu geben; ferner müsse eine heilige Messe gelesen werden, in der die heilige Kommunion empfangen würde. Höhnisch auflachend erklärte Lortet, daß so viel Zeit nicht gegeben werden könne." „Tatsächlich blieb dann auch nur eine Viertelstunde für die ganze religiöse Handlung übrig!"




Diese Verlautbarungen zeigen zunächst einmal die Tatsache auf, daß Brr. dieser „Militärlogen der Besatzungstruppen" Beziehungen zu „deutschen" Brrn. suchten und fanden. Hierfür gibt es nur zwei Erklärungen: Entweder das Benehmen der Brr. der Militärlogen war genau so würdelos wie das der Brr. der hier untersuchten „deutschen" Weltkriegsfeldlogen; oder aber man knüpfte die Beziehungen zu „deutschen" Brrn. an, um auf diese Weise Dinge in Erfahrung bringen zu können, die zu wissen den Besatzungsbehörden wichtig und wertvoll erschien (1).

Die erste Möglichkeit hat wenig Wahrscheinlichkeit. Dagegen spricht ja schon die Tatsache, daß die Besatzungskommandos die Errichtung dieser Militärlogen zuließen, dies aber nie und nimmer gestattet oder gegebenenfalls wieder rückgängig gemacht haben würden, wenn den Interessen der Alliierten daraus irgendwelche abträglichen Folgen erwachsen wären. Es bleibt also logischerweise nur die zweite Möglichkeit.

Ehe wir dies aus weiterem vorliegendem Material beweisen und damit die „sittliche Entrüstung" der „ehemaligen" „deutschen" Brr. dämpfen, muß ich rückblickend die Ergebnisse unserer bisherigen Untersuchungen einer Wertung unterziehen und dabei gleichzeitig eine wichtige Begriffsbestimmung treffen.

[Es folgt Kapitel 11: Volksverrat]


Anmerkung

1) Die dritte Möglichkeit ist, daß bestimmte Deutsche damals Freimaurer wurden, um auf diese Weise an Sitzungen der Besatzungstruppen teilnehmen und im Interesse gewisser nationaler Aktionen dort Horchposten beziehen zu können. Solche Fälle sind sehr selten gewesen und diese Männer sind uns alle genau bekannt. Sie haben aber mit der Freimaurerei und ihrer Geistesrichtung nie etwas zu tun gehabt. Einer von ihnen sei hier wenigstens genannt: mein Freund Max Göring, der den in diesem Buch (Teil IV, Kapitel 4) behandelten „Fall Magnette" aufdeckte und später wertvolle Arbeit leistete, um den maßgeblichen Einfluß der Freimaurerei im Völkerbunde zu beweisen.